Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung des Personalrats bei Umsetzungen
Leitsatz (amtlich)
Der Personalrat hat nicht mitzubestimmen, wenn eine Umsetzung nicht zum Wechsel einer Lohngruppe, sondern nur zum Wegfall einer Tätigkeitszulage führt (Bestätigung der bisherigen Senatsrechtsprechung).
Normenkette
BPersVG § 75 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
LAG München (Urteil vom 19.12.1990; Aktenzeichen 7 Sa 614/89) |
ArbG München (Urteil vom 14.06.1989; Aktenzeichen 22 Ca 5643/88) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 19. Dezember 1990 – 7 Sa 614/89 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen !
Tatbestand
Der Kläger, der der Deutschen Postgewerkschaft als Mitglied angehört, wurde in der Zeit vom 1. September 1976 bis zum 25. Juli 1979 von der Beklagten beim Fernmeldeamt 2 M… zum Fernmeldehandwerker ausgebildet. Nachdem er die Fernmeldehandwerkerprüfung bestanden hatte, wurde er ab 26. Juli 1979 als Fernmeldehandwerker beim Fernmeldeamt 3 M… beschäftigt und in die Lohngruppe III eingruppiert. Mit dieser Beschäftigung sollte er als Nachwuchskraft für den einfachen bzw. mittleren fernmeldetechnischen Dienst ausgebildet werden.
Die Beklagte bildet den Nachwuchs für die Laufbahn des einfachen und mittleren fernmeldetechnischen Dienstes (AFt- bzw. BFt-Dienst) aus den bei ihr beschäftigten Fernmeldehandwerkern heran. Die Ausbildung, die dem Erwerb der entsprechenden Laufbahnbefähigung dient, wird im Arbeiterverhältnis durchgeführt.
Mit der Einstellung als Nachwuchskraft AFt/BFt – beim Kläger war dies der 26. Juli 1979 – beginnt die zweijährige Grundbeschäftigung auf Personalposten Arb/Ft oder AFt. Während dieser Grundbeschäftigung nehmen die Fernmeldehandwerker an zwei Grundlehrgängen teil. Am Ende der zweijährigen Grundbeschäftigung werden sie aufgrund ihrer fachlichen und dienstlichen Leistungen sowie eines Vorstellungsgesprächs für den BFt- oder AFt-Dienst ausgewählt.
Der Kläger wurde für den mittleren Dienst ausgewählt und mit Wirkung vom 1. Januar 1985 auf einen Beamtendienstposten A 7 Ft/L, At Nr. 43207 (mit Arbeiter BFt) des mittleren Dienstes beim Fernmeldeamt 3 M… umgesetzt. Zugleich vereinbarten die Parteien mit Wirkung ab 1. Januar 1985 die Eingruppierung des Klägers in die Lohngruppe I a. Mit der Übertragung des Beamtendienstpostens BFt auf den Kläger begann eine zweijährige einführende Beschäftigung. Während dieser Zeit nimmt der Fernmeldehandwerker an drei Aufbaulehrgängen und einem Abschlußlehrgang teil. In diesen Lehrgängen wird ihm das Wissen für die Laufbahnprüfung für den mittleren fernmeldetechnischen Dienst vermittelt. Danach wird eine Prüfung durchgeführt. Nach bestandener Prüfung ist die Übernahme in das Beamtenverhältnis des mittleren Dienstes (BFt) möglich. Der Kläger hat die Laufbahnprüfung in der Wiederholungsprüfung am 23. November 1987 endgültig nicht bestanden.
Der Dienstposten des Klägers A 7 Ft/L entfiel bereits vor Durchführung der Wiederholungsprüfung ab 1. Februar 1987. Deshalb führte die Beklagte den Kläger vom 1. Februar 1987 bis 31. Oktober 1987 personalbuchmäßig in der sogenannten Ergänzungsliste und seit 1. November 1987 auf einem Dauervertreterposten A 5/6 Ft/L. Wegen der nicht bestandenen Prüfung kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 24. März 1988 zum 31. Dezember 1988 und bot dem Kläger ab 1. Januar 1989 eine Weiterbeschäftigung nach Lohngruppe IIa an. Diese Änderungskündigung nahm die Beklagte mit Schreiben vom 30. September 1988 wieder zurück. Gleichzeitig wurde der Kläger ab 1. Oktober 1988 auf einen Dienstposten A 5/6 Ft/L, BBz 21 M… S…, umgesetzt. Hierbei sollte er die auf Dienstposten A 5 Ft/L, At Nr. 44229, eingesetzten vier Kräfte vertreten. Von diesem Dienstposten (Dauervertretungsposten A 5/6) wurde er mit Wirkung ab 1. März 1989 auf einen Dienstposten A 5 Ft/L der Dienststelle BBz 21 M… S… – umgesetzt. Der Personalrat wurde zu den Umsetzungen gehört, stimmte ihnen aber nicht zu. Seit 1. Juni 1988 erhielt der Kläger keine Tätigkeitszulage mehr.
Der Kläger hat vorgetragen, die von der Beklagten vorgenommenen Umsetzungen seien unwirksam. Sie seien sachlich nicht gerechtfertigt. Darüber hinaus habe die Beklagte den örtlichen Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger auf einem Dienstposten A 7 für Beamte bei der Dienststelle BVL beim Fernmeldeamt 3 M… zu beschäftigen und nach Lohngruppe Ia plus 10 % zu entlohnen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Umsetzungen des Klägers seien aus dienstlichen Gründen gerechtfertigt, da der Kläger wegen des Nichtbestehens der Beamtenlaufbahnprüfung für den mittleren Dienst die Voraussetzungen für die Beschäftigung auf einem Beamtendienstposten A 7 nicht mehr erfülle. Ein solcher Dienstposten sei nur für Arbeiter vorgesehen, die die Ausbildung für die Laufbahnprüfung durchführten oder die Prüfung bestanden hätten, sowie für Beamte. Der Personalrat sei zu den Umsetzungen nur zu hören gewesen, ein Mitbestimmungsrecht stehe ihm insoweit nicht zu.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte verurteilt wird, den Kläger mit einer Beamtentätigkeit der Regelbewertung A 7 beim Fernmeldeamt 3 M… zu beschäftigen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Das Landesarbeitsgericht durfte mit der von ihm gegebenen Begründung der Klage nicht stattgeben. Denn die Beklagte hat bei der Umsetzung des Klägers Mitbestimmungsrechte des Personalrats nicht verletzt. Ob sie aus anderen Gründen nicht berechtigt war, den Kläger umzusetzen, bedarf noch der Aufklärung.
Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Umsetzung des Klägers nicht wegen fehlender Mitbestimmung des Personalrats unwirksam. Der Personalrat ist zu den Umsetzungen angehört worden. Eine Zustimmung zu den Umsetzungen hat er nicht erteilt. Dies war zur Wirksamkeit der Umsetzungen auch nicht erforderlich. Ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats kommt im vorliegenden Fall nur nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG in Betracht. Diese Bestimmung lautet:
(1) Der Personalrat hat mitzubestimmen in Personalangelegenheiten der Angestellten und Arbeiter bei
…
2. Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit, Höher- oder Rückgruppierung, Eingruppierung
…
Nach ständiger Senatsrechtsprechung ist unter der Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit nur die Übertragung einer Tätigkeit zu verstehen, die zu einem Wechsel der Lohn- oder Vergütungsgruppe führt (BAG Urteil vom 27. April 1988 – 4 AZR 691/87 – AP Nr. 4 zu § 10 TV Arb Bundespost; BAG Urteil vom 6. Februar 1985 – 4 AZR 127/83 – AP Nr. 12 zu § 75 BPersVG; BAG Urteil vom 2. Dezember 1981 – 4 AZR 383/79 – AP Nr. 6 zu § 75 BPersVG; BAG Urteil vom 11. Juni 1980 – 4 AZR 437/78 – AP Nr. 6 zu § 9 MTB II; BAG Urteil vom 2. April 1980 – 4 AZR 301/78 – AP Nr. 5 zu § 9 MTB II; BAG Urteil vom 24. Januar 1979 – 4 AZR 517/77 – AP Nr. 2 zu § 28 BMT-G II; BAGE 30, 366, 369 = AP Nr. 2 zu § 75 BPersVG). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 15, 212, 213 = AP Nr. 8 zu § 71 PersVG; BVerwGE 15, 215, 216 = AP Nr. 9 zu § 71 PersVG; BVerwG vom 26. Mai 1978 – 6 P 49.78 –, zitiert bei Altvater/Bacher/Hörter/Sabottich/Schneider, BPersVG, 3. Aufl. 1990, § 75 Rz 11). Dieser Grundsatz ist insbesondere aus den Regelungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) herzuleiten, die im öffentlichen Dienst am häufigsten zur Anwendung kommen und auch die Grundlage für andere tarifliche Regelungen im öffentlichen Dienst bilden. Die §§ 23, 24 BAT verwenden den Begriff der “höherwertigen Tätigkeit” für die Tätigkeit nach einer höheren als der bisherigen Vergütungsgruppe.
Auch das Schrifttum folgt überwiegend der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts. Nach Altvater/Bacher/Hörter/Sabottich/Schneider (aaO) liegt keine Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit vor, wenn eine Tätigkeit übertragen werde, die zur Zahlung einer Zulage führt (z. B. Vorhandwerkerzulage), jedoch nicht den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren Lohngruppe entspreche; entsprechendes gelte beim Entzug einer derartigen Zulage. Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier (BPersVG, 7. Aufl. 1991, § 75 Rz 14) verneinen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Gewährung einer Funktionszulage. Lorenzen/Haas/Schmitt (BPersVG, Loseblattausgabe, § 75 Rz 42 b) verneinen ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der Zuweisung der Tätigkeit einer neuen Fallgruppe innerhalb derselben Vergütungsgruppe, auch wenn aus der neuen Fallgruppe im Gegensatz zur bisherigen Fallgruppe kein Bewährungsaufstieg in die nächsthöhere Vergütungsgruppe möglich ist. Selbst Richardi, der heute eine andere Meinung vertritt, verneint in seinem Kommentar zum Bundespersonalvertretungsgesetzes (2. Aufl, 1978. § 75 Rz 29) ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats, wenn durch die Übertragung einer Tätigkeit keine Änderung der bisherigen Vergütungsgruppe eintritt.
An der bisherigen Rechtsprechung ist festzuhalten. Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat bereits in seinem Urteil vom 5. Juli 1978 (aaO) darauf hingewiesen, daß der Gesetzgeber gerade bei der Neufassung des Bundespersonalvertretungsgesetzes vom 15. März 1974 in § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG Begriffe verwende, die im Tarifrecht einen bestimmten Inhalt haben. Es sei daher davon auszugehen, daß der Gesetzgeber diese Begriffe auch in der im Tarifrecht üblichen Weise verstanden und angewendet wissen wolle. Anhaltspunkte, die auf einen hiervon abweichenden Willen des Gesetzgebers schließen lassen, seien nicht gegeben. Die Gesetzesmaterialien ließen diesbezüglich nichts erkennen. Unter einer “höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit” im Sinne des § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG sei deshalb nur eine Tätigkeit zu verstehen, die den Tätigkeitsmerkmalen der höheren oder niedrigeren Lohngruppe entspreche. Diese Argumente gelten nach wie vor. Insbesondere hätte der Gesetzgeber bei den nachfolgenden Gesetzesänderungen vom 10. Mai 1980, 25. Juli 1984, 24. Juli 1986, 18. Dezember 1987, 13. Juli 1988, 8. Juni 1989, 10. Juli 1989 und 28. Mai 1990 wiederholt Gelegenheit gehabt, die Vorschrift des § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG zu ändern, wenn er das Mitbestimmungsrecht des Personalrats über die höchstrichterliche Rechtsprechung hinaus ausdehnen wollte. Das ist nicht geschehen. Daraus kann geschlossen werden, daß die Auslegung des § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG durch das Bundesarbeitsgericht dem Willen des Gesetzgebers entspricht.
Die hiergegen von Richardi erhobene Kritik überzeugt nicht. Richardi (Anm. zu AP Nr. 2 zu § 75 BPersVG) meint, für die Abgrenzung des Mitbestimmungstatbestands sei ausschließlich maßgebend, ob die Übertragung einer Tätigkeit sich auf die Bemessung des Arbeitsentgelts auswirke, nicht dagegen, wie das Bemessungssystem tariftechnisch gestaltet sei. Damit übersieht Richardi, daß der Gesetzgeber bei der Regelung des Bundespersonalvertretungsgesetzes die Mitbestimmung speziell im öffentlichen Dienst regelte und im öffentlichen Dienst die Tarifwerke des BAT und der ihm nachgebildeten Tarifverträge vorfand. Wenn der Gesetzgeber dann an dort und in der Rechtsprechung verwandte allgemeine tarifliche Begriffe anknüpfte, muß sich die Auslegung auch danach richten. Dies mag rechtspolitisch unbefriedigend sein, ist aber für die Gesetzesauslegung entscheidend (ebenso: Weiss, Anm. zu AP Nr. 12 zu § 75 BPersVG).
Der Hinweis von Richardi (Anm. zu AP Nrn. 5 und 6 zu § 9 MTB II) auf das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG überzeugt ebenfalls nicht. Die Regelung des § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG betrifft den öffentlichen Dienst. Wenn der Gesetzgeber hier bestimmte Begriffe verwendet, wie sie in den beteiligten Kreisen des öffentlichen Dienstes allgemein verstanden werden, muß mangels anderweitiger Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber diese Begriffe auch in diesem Sinne verwenden wollte. Wenn Richardi weiter meint, bei dieser Interpretation des § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG komme dem Mitbestimmungstatbestand einer “Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit” neben der Höher- und Rückgruppierung, die ebenfalls als selbständiger Mitbestimmungstatbestand genannt sei keine selbständige Bedeutung zu (Anm. zu AP Nrn. 5 und 6 zu § 9 MTB II), trifft dies nicht zu. Der Senat hat in seinem Urteil vom 30. Mai 1990 (– 4 AZR 74/90 – AP Nr. 31 zu § 75 BPersVG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) ausführlich den Unterschied zwischen einerseits Höher- und Rückgruppierung und andererseits “Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit” dargelegt. Höhergruppierung und Rückgruppierung betrifft die vom Arbeitgeber vorgenommene Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit des Arbeitnehmers zu einer bestimmten Vergütungsgruppe. Hierbei steht dem Personalrat ein Mitbestimmungsrecht im Sinne eines Mitbeurteilungsrechts zu. Mit der Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit hat dies noch nichts zu tun. Auch eine sogenannte korrigierende Höher- oder Rückgruppierung durch den Arbeitgeber, d. h. die Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer anderen Vergütungsgruppe ohne Änderung seiner Tätigkeit, unterliegt der Mitbestimmung des Personalrats. Demgegenüber handelt es sich bei der Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit um die Übertragung einer Tätigkeit durch den Arbeitgeber, die den Merkmalen einer höheren oder niedrigeren als der bisherigen Vergütungsgruppe entspricht. Hierbei ist es unerheblich, ob der Arbeitgeber zugleich mit der Übertragung der neuen Tätigkeit den Arbeitnehmer einer neuen Vergütungsgruppe zuordnet oder die Tätigkeit der bisherigen Vergütungsgruppe zuordnen will. “Höher- und Rückgruppierung” einerseits und “Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit” andererseits betreffen damit verschiedene Sachverhalte.
Es ist zwar einzuräumen, daß damit die Tarifvertragsparteien es in der Hand haben, durch Schaffung von Zulagen anstelle einer neuen Vergütungsgruppe das Mitbestimmungsrecht des Personalrats auszuschalten. Dies bereitet wohl Herschel (Anm. zu AP Nr. 2 zu § 28 BMT-G II) Unbehagen. Vom Gesetzgeber ist dies jedoch so gewollt. Wenn er die Mitbestimmung des Personalrats nicht nur bei einer Änderung der Vergütungsgruppe, sei es durch Zuweisung einer neuen Tätigkeit oder Zuordnung durch den Arbeitgeber, gewollt hätte, sondern auch bei der Gewährung oder dem Entzug von Zulagen sonstiger Art, hätte er dies gesetzlich regeln können. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber dies übersehen hat. Zulagen zur Vergütung nach Vergütungsgruppen gibt es seit jeher auch im öffentlichen Dienst.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit die tariflichen Vorschriften für die Arbeiter der Deutschen Bundespost mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Ein Anspruch des Klägers auf Beschäftigung mit einer Beamtentätigkeit der Regelbewertung A 7 beim Fernmeldeamt 3 M… könnte insoweit aus § 4g TV Arb Bundespost hergeleitet werden, in dem es heißt:
- Versetzung, Abordnung und Umsetzung
(1) Der Arbeiter kann aus dienstlichen Gründen versetzt, abgeordnet oder umgesetzt werden. Er ist
…
c) umzusetzen, wenn die Beschäftigung bei demselben selbständigen Amt vorgesehen ist.
…
(2) Soll der Arbeiter zu einem anderen Beschäftigungsamt außerhalb des bisherigen Dienstortes aus dienstlichen Gründen versetzt oder voraussichtlich länger als drei Monate abgeordnet werden, so ist er vorher zu hören. Das gleiche gilt für eine Umsetzung zu einer Dienststelle desselben selbständigen Amtes, die außerhalb des bisherigen Dienstortes liegt.
Zum Dienstort gehört auch das Einzugsgebiet im Sinne des Umzugskostenrechts.
Ausführungsbestimmungen:
1. Arbeiter sollen im allgemeinen nicht abgeordnet oder versetzt werden. Dies gilt auch für Umsetzungen, die zu einem Wechsel des Dienstortes führen, der nicht im Einzugsbereich des bisherigen Dienstortes liegt.
…
Dem Kläger wurde mit Schreiben vom 30. September 1988 innerhalb des Fernmeldeamts 3 M… ein anderer Arbeitsplatz zugewiesen und damit wurde er umgesetzt. In dem Schreiben vom 30. September 1988 heißt es, der Kläger werde “aus dienstlichen Gründen” umgesetzt. Es ist fraglich, ob solche dienstlichen Gründe vorliegen. Die Beklagte führt an, der dienstliche Grund für die Umsetzung des Klägers liege darin, daß der Kläger die Laufbahnprüfung für den mittleren fernmeldetechnischen Dienst endgültig nicht bestanden habe und damit endgültig aus dem Personenkreis ausgeschieden sei, mit dem der von ihm in Anspruch genommene Dienstposten besetzt werden solle. Die Beklagte trägt insoweit vor, daß der Dienstposten A 7 von ihr nur mit Nachwuchskräften für die Laufbahn des mittleren Dienstes oder mit Arbeitnehmern nach erfolgreich abgelegter Laufbahnprüfung oder mit Beamten besetzt werde. Andererseits räumt die Beklagte ein, daß die Leistungen des Klägers auf dem Dienstposten A 7 zufriedenstellend und nicht zu beanstanden waren und legt nicht dar, inwiefern die Arbeitnehmer mit erfolgreich abgelegter Prüfung für die Tätigkeit auf dem Beamtendienstposten A 7 besser geeignet sind. Ein dienstliches Interesse der Beklagten daran, Beamtendienstposten A 7 der vorliegenden Art nur mit entsprechend qualifizierten Arbeitskräften zu besetzen, könnte, wenn keine weiteren sachlichen Gründe ersichtlich sind, unter Umständen nur dann anzuerkennen sein, wenn die einschlägige Qualifikation für die auszuübende Tätigkeit irgendwie von Bedeutung ist. Dies wird das Landesarbeitsgericht noch aufzuklären haben.
Die gleiche Rechtsfolge ergibt sich auch aus dem Arbeitsvertrag der Parteien. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien vom 17. Dezember 1984 war zwischen ihnen Lohn nach Lohngruppe Ia vereinbart. Daraus folgt mangels anderweitiger Anhaltspunkte, daß der Kläger auch mit Aufgaben zu beschäftigen ist, die der Lohngruppe Ia entsprechen (vgl. BAG Urteil vom 2. Dezember 1981, BAGE 37, 145 = AP Nr. 6 zu § 75 BPersVG). Da eine weitere vertragliche Konkretisierung der Beschäftigung des Klägers nicht vorliegt, besteht hinsichtlich der Beschäftigung des Klägers mit Tätigkeiten der Lohngruppe Ia ein Direktionsrecht des Arbeitgebers. Dieses umfaßt die volle Reichweite der jeweiligen Lohngruppe (BAG Urteil vom 23. Oktober 1985 – 4 AZR 216/84 – AP Nr. 10 zu § 24 BAT; BAG Urteil vom 2. Dezember 1981, aaO). In diesem Rahmen hält sich die Umsetzung des Klägers. Nach Absatz 12 des Lohngruppenverzeichnisses zum TV Arb Bundespost gelten für Handwerker Beamtentätigkeiten der Regelbewertung A 5 oder höher als Tätigkeiten der Lohngruppe Ia. Der Kläger ist auch nach seiner endgültigen Umsetzung mit einer Beamtentätigkeit der Regelbewertung A 5 betraut und damit innerhalb seiner Lohngruppe umgesetzt.
Die Umsetzung führte jedoch zum Verlust der Tätigkeitszulage von 10 % zum Tabellenlohn der Lohngruppe Ia, da er nunmehr mit anderen Tätigkeiten betraut wurde. Damit kommt die Umsetzung dem Widerruf einer Funktionszulage gleich. Der Widerruf von Funktionszulagen darf nach der Senatsrechtsprechung nicht willkürlich und ohne sachlichen Grund erfolgen (BAG Urteil vom 17. Januar 1979 – 4 AZR 463/77 – AP Nr. 3 zu § 36 BAT). Ein solcher den Widerruf rechtfertigender sachlicher Grund ist nur dann zu bejahen, wenn dienstliche Gründe im Sinne von § 4g TV Arb Bundespost vorliegen. Insoweit ist auch die Behauptung des Klägers von Bedeutung, daß die Beklagte zahlreiche Fernmeldehandwerker auf Dienstposten des mittleren fernmeldetechnischen Dienstes beschäftige, die die Laufbahnprüfung nicht bestanden hätten. Auch dieser Behauptung des Klägers und ggf. der Stellungnahme der Beklagten hierzu wird das Landesarbeitsgericht nachzugehen haben, wenn es zutreffend beurteilen will, ob für die Umsetzung des Klägers ein sachlicher Grund bestand.
Die Umsetzung des Klägers verstößt allerdings nicht gegen die Ausführungsbestimmungen des TV Arb Bundespost. Denn die Umsetzung führt nicht zu einem Wechsel des Dienstortes, der nicht im Einzugsbereich des bisherigen Dienstortes liegt. Insoweit hat die Beklagte jedoch unbestritten vorgetragen, daß der neue Dienstort des Klägers M… S… im Einzugsgebiet des bisherigen Dienstortes M… liegt.
Das Landesarbeitsgericht wird auch über die in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten zu entscheiden haben.
Unterschriften
Schaub, Schneider, Dr. Etzel, Venzlaff, Marx
Fundstellen
Haufe-Index 838579 |
BAGE, 96 |
NZA 1992, 462 |