Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristungsgrund: Vorübergehend frei gewordene Mittel

 

Leitsatz (redaktionell)

Befristetes Arbeitsverhältnis einer Stationshilfe, die nur aus solchen Mitteln des Krankenhauses vergütet wurde, die während des Erziehungsurlaubs einer Arbeitnehmerin vorübergehend frei geworden waren

 

Normenkette

BGB §§ 620, 611

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Urteil vom 22.01.1992; Aktenzeichen 5 Sa 70/91)

ArbG Hamburg (Urteil vom 26.06.1991; Aktenzeichen 7 Ca 133/91)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 22. Januar 1992 – 5 Sa 70/91 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen über den 31. März 1991 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Die Klägerin war seit 10. Januar 1990 bei dem Beklagten beschäftigt, der in Hamburg ein Krankenhaus betreibt. Das Gesamtbudget des Krankenhauses, die kostenstellenmäßige Verteilung und die erforderlichen Planstellen werden mit den Krankenkassen ausgehandelt und von der Sozialbehörde genehmigt. An die Planstellenverteilung ist der Beklagte jedoch nicht gebunden.

Die Parteien vereinbarten im Arbeitsvertrag vom 29. Januar 1990, daß die Klägerin „als Vertretung zur zeitweiligen Aushilfe in der Tätigkeit als Stationshilfe” befristet vom 10. Januar 1990 bis 31. März 1990 beschäftigt werde. Anlaß für die Einstellung der Klägerin war die Erkrankung einer Stationshilfe. Am 19. April 1990 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag. Danach sollte die Klägerin in der Zeit vom 1. April 1990 bis einschließlich 31. März 1991 wiederum „als Vertretung zur zeitweiligen Aushilfe in der Tätigkeit als Stationshilfe” eingesetzt werden. In der Zeit vom 1. April 1990 bis 31. März 1991 war Frau S., eine Küchenhilfe, in Erziehungsurlaub. Ihre Tätigkeit übernahmen zwei unbefristet angestellte Mitarbeiterinnen und eine Ordensfrau. Da der tatsächliche Bedarf an Stationshilfen durch die genehmigten Planstellen nur unzureichend abgedeckt wurde, verwandte der Beklagte die während des Erziehungsurlaubs der Frau S. frei gewordenen Mittel dafür, die Klägerin befristet als Stationshilfe zu beschäftigen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses sei unwirksam. Jedenfalls für die zweite Befristung habe kein sachlicher Grund vorgelegen. Die Beschäftigung der Klägerin als Stationshilfe habe mit dem Erziehungsurlaub der Küchenhilfe S. in keinem Zusammenhang gestanden. Die Tätigkeiten in Großküche und Stationsküche gehörten zu völlig getrennten Bereichen und seien miteinander nicht vergleichbar. Die Klägerin sei als Springerin eingesetzt worden. Sie habe nacheinander auf mehreren Stationen gearbeitet und die ständige Aufgabe gehabt, vorübergehend ausgefallene Arbeitnehmer zu vertreten. Die Klägerin hat behauptet, sie habe von der Pflegeleiterin Anfang Januar 1991 die Auskunft erhalten, daß sie aller Voraussicht nach über den 31. März 1991 weiterbeschäftigt werde, weil mindestens zwei Arbeitnehmerinnen in Mutterschafts- bzw. Erziehungsurlaub gingen.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, daß zwischen den Parteien ein ungekündigtes, unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht,
  2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen als Stationshilfe vollschichtig weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen: Für die Befristung beider Arbeitsverträge habe ein sachlicher Grund vorgelegen. Die Befristung des ersten Arbeitsvertrages sei wirksam, weil die Klägerin eine erkrankte Arbeitnehmerin vertreten habe. Die Befristung des zweiten Arbeitsvertrages sei gerechtfertigt gewesen, weil die in der Großküche des Krankenhauses beschäftigte, festangestellte Mitarbeiterin S. vom 1. April 1990 bis 31. März 1991 in Erziehungsurlaub gegangen sei. Die Klägerin sei zwar nicht in der Großküche eingesetzt worden. Die durch die Beurlaubung von Frau S. freigewordenen finanziellen Mittel hätten es aber ermöglicht, die Klägerin als Stationshilfe im Arbeitsbereich „Wirtschaftshilfe/Küchenhilfe”, also insbesondere in der Stationsküche befristet zu beschäftigen. Die Tätigkeiten des Hilfspersonals in der Großküche und in den Stationsküchen wiesen keine wesentlichen Unterschiede auf und seien auch gleich eingruppiert, so daß ein Personalaustausch möglich sei und tatsächlich praktiziert werde. Eine Weiterbeschäftigung der Klägerin über den 31. März 1991 hinaus sei nicht finanzierbar gewesen, weil die Planstellen für Stationshilfen voll ausgeschöpft gewesen seien. Die Pflegeleiterin habe der Klägerin keine Weiterbeschäftigung in Aussicht gestellt, sondern in dem Gespräch lediglich zur Bitte der Klägerin, wegen der Betreuung ihres Kindes am Wochenende in der Frühschicht eingesetzt zu werden, Stellung genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete mit dem Ablauf des 31. März 1991. Das Landesarbeitsgericht hat die Befristung des Arbeitsverhältnisses zu Recht für wirksam erachtet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat sein Urteil im wesentlichen wie folgt begründet: Der Befristungskontrolle sei der zuletzt geschlossene Arbeitsvertrag vom 19. April 1990 zugrunde zu legen. Die Befristung dieses Arbeitsvertrages sei wirksam. Allein die Ungewißheit, ob ein künftiger Haushaltsplan noch Mittel für eine bestimmte Stelle vorsehe, gebe zwar keinen sachlichen Grund für die Befristung ab. Zumindest im öffentlichen Dienst sei jedoch die Befristung gerechtfertigt, wenn Haushaltsmittel, die nur für einen bereits im voraus absehbaren Zeitraum zur Verfügung stünden, dafür genutzt würden, einen anderweitigen Arbeitsbedarf abzudecken, für den ausreichende Planstellen nicht vorhanden seien. Es sei nicht erforderlich, daß der befristet eingestellte Arbeitnehmer direkt oder indirekt zur Vertretung des Beschäftigten eingesetzt werde, aus dessen Stelle die Vergütung erfolge. Obwohl das Krankenhaus des Beklagten keine Einrichtung des öffentlichen Dienstes sei, führe das mit den Krankenkassen ausgehandelte Personalbudget praktisch zu einer dem öffentlichen Dienst vergleichbaren Situation. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte die durch die Beurlaubung der Küchenhilfe S. befristet frei gewordenen Mittel zur Bezahlung der Klägerin verwendet. Daraus ergebe sich ein sachlicher Grund für die Befristung.

II. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auf den Arbeitsvertrag vom 19. April 1990 abgestellt. Für die Frage, ob die Befristung des Arbeitsverhältnisses wirksam oder unwirksam ist, kommt es in Fällen mehrfacher Befristung regelmäßig nur auf den zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrag an (ständige Rechtsprechung des Senats seit dem Urteil vom 8. Mai 1985, BAGE 49, 73, 79 f. = AP Nr. 97 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II der Gründe, unter Aufgabe der früheren gegenteiligen Rechtsprechung). Denn mit dem Abschluß eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages bringen die Vertragsparteien in der Regel zum Ausdruck, daß fortan der neue Arbeitsvertrag für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgeblich sein soll. In dem vorbehaltlosen Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages liegt zugleich die Auflösung eines früheren unbefristeten Arbeitsverhältnisses. Will der Arbeitnehmer dieses Ergebnis vermeiden und sich seine Rechte aus einer etwaigen Unwirksamkeit der Befristung des vorangegangenen Vertrages sichern, so muß er mit dem Arbeitgeber einen entsprechenden Vorbehalt dergestalt vereinbaren, daß der neue befristete Vertrag nur gelten soll, wenn die Parteien nicht schon auf Grund des vorangegangenen Vertrages in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen (BAGE 60, 1, 4 = AP Nr. 125 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 1 der Gründe). Im vorliegenden Fall haben die Parteien keine derartige Vereinbarung getroffen.

III. Dem Landesarbeitsgericht ist auch insoweit zu folgen, als es die Befristung des Arbeitsvertrages vom 19. April 1990 deshalb für wirksam erachtet hat, weil für die Beschäftigung der Klägerin nur solange Mittel aus dem Gesamtbudget des Krankenhauses zur Verfügung standen, wie sich Frau S. im Erziehungsurlaub befand.

1. Nach dem Arbeitsvertrag vom 19. April 1990 sollte die Klägerin „als Vertretung zur zeitweiligen Aushilfe” beschäftigt werden. Nach dem Sachvortrag der Parteien läßt sich allerdings die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin weder mit dem Sachgrund der unmittelbaren oder mittelbaren Vertretung eines vorübergehend ausgefallenen Mitarbeiters (Einzelvertretung) noch aus dem vom Senat als Sachgrund für eine Befristung ebenfalls anerkannten Gesichtspunkt der Deckung eines Gesamtvertretungsbedarfes rechtfertigen (vgl. hierzu BAGE 54, 10, 16 = AP Nr. 110 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II der Gründe). Die Annahme eines Vertretungsfalles als Befristungsgrund setzt voraus, daß durch den zeitweiligen Ausfall eines oder mehrerer Mitarbeiter ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf entstanden ist und die befristete Einstellung wegen dieses Bedarfs erfolgt (BAGE 49, 73, 77 f. = AP Nr. 97 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 2 b der Gründe; BAGE 55, 104, 112 = AP Nr. 112 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 2 der Gründe). Bei der Weiterbeschäftigung der Klägerin vom 1. April 1990 bis 31. März 1991 hätte es sich also um die Deckung eines Personalbedarfs handeln müssen, der ohne den Ausfall einer anderen Arbeitskraft im Krankenhaus des Beklagten gar nicht entstanden wäre. Dies war aber nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien nicht der Fall. Die Klägerin wurde nach Ablauf des ersten befristeten Arbeitsvertrages weiterbeschäftigt, weil die in der Großküche beschäftigte Arbeitnehmerin S. Erziehungsurlaub nahm. Die Klägerin wurde jedoch weder in der Großküche eingesetzt noch vertrat sie die festangestellten Mitarbeiter, denen die bisher von Frau S. verrichteten Arbeiten übertragen worden waren. Der Beklagte deckte mit der Beschäftigung der Klägerin einen Personalbedarf auf den Stationen ab, der auch ohne die Beurlaubung der Arbeitnehmerin S. bestanden hätte.

2. Die juristisch unrichtige Angabe des maßgeblichen Befristungsgrundes im Arbeitsvertrag hindert den Beklagten nicht, sich auf einen rechtlich anders einzuordnenden Sachverhalt zu berufen.

Die Befristungskontrolle beschränkt sich nicht auf den im Arbeitsvertrag genannten Befristungsgrund. Grundsätzlich können im Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer vereinbarten Befristung alle Befristungsgründe berücksichtigt werden, die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses tatsächlich vorgelegen haben. Im vorliegenden Fall schränken weder arbeitsvertragliche Vereinbarungen noch mangels Tarifbindung der Beklagten tarifvertragliche Bestimmungen den Prüfungsgegenstand ein.

3. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den sachlichen Grund für die Befristung darin gesehen, daß das Gesamtbudget des Krankenhauses die Einstellung der Klägerin nur deshalb zuließ, weil durch den Erziehungsurlaub der Arbeitnehmerin S. vorübergehend Mittel frei geworden waren.

a) Da es sich bei dem Begriff der sachlichen Rechtfertigung der Befristung um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, kann das Revisionsgericht die Würdigung des sachlichen Grundes durch das Landesarbeitsgericht nur daraufhin überprüfen, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Bewertung übersehen worden sind (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. u.a. BAG Urteil vom 29. September 1961 – 1 AZR 36/60 – AP Nr. 20 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu 2 b der Gründe; BAGE 40, 177, 179 = AP Nr. 70 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 1 der Gründe; BAG Urteil vom 22. März 1985 – 7 AZR 487/84 – AP Nr. 89 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 2 der Gründe; BAG Urteil vom 11. Dezember 1991 – 7 AZR 128/91 – AP Nr. 144 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 1 der Gründe). Ein derartiger Rechtsfehler ist dem Landesarbeitsgericht nicht unterlaufen.

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht die Rechtsprechung des Senats, insbesondere zur Befristung von Arbeitsverträgen aus Haushaltsgesichtspunkten, folgerichtig angewandt.

aa) Das Landesarbeitsgericht hat berücksichtigt, daß haushaltsrechtliche Erwägungen, soweit sie auf die zeitliche Begrenzung des Haushaltsplans oder auf die haushaltsrechtliche Anordnung lediglich allgemeiner Einsparungen abheben, für den auf arbeitsrechtlichen Gesetzen beruhenden Arbeitnehmerschutz keine Rolle spielen und dementsprechend die Ungewißheit, ob ein künftiger Haushaltsplan noch Mittel für eine bestimmte Stelle vorsieht, keinen sachlichen Grund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses abgeben können (BAGE 32, 85, 92 f. = AP Nr. 50 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAGE 55, 1, 5 f. = AP Nr. 111 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 2 a der Gründe; BAGE 55, 104, 113 f. = AP Nr. 112 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 3 a bb der Gründe; BAG Urteil vom 27. Januar 1988 – 7 AZR 292/87 – AP Nr. 116 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 3 b aa der Gründe). Da auch die dem Urteil des Senats vom 27. Januar 1988 (a.a.O.) zugrunde liegende Befristung letztlich auf der Begrenzung des Haushalts durch das Haushaltsjahr und die allgemeine Unsicherheit über die künftige Mittelentwicklung beruhte, war sie sachlich nicht zu rechtfertigen. Der Haushaltsgesetzgeber hatte zur Abdeckung eines besonders dringenden Lehrerbedarfs in einzelnen Wahlfächern Sondermittel im Haushaltsplan ausgewiesen, ohne klar und eindeutig zu bestimmen, daß diese Sondermittel nur begrenzt für eine bestimmte Zeit zur Verfügung gestellt werden sollten.

Eine verbindliche haushaltsrechtliche Vorgabe, die eine Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich zu rechtfertigen vermag, kann aber in der haushaltsrechtlichen Entscheidung gesehen werden, daß zusätzlicher, nicht durch die vorhandenen und einsetzbaren Arbeitnehmer abzudeckender Arbeitsbedarf nur befriedigt werden soll, soweit hierfür Mittel aus Planstellen beurlaubter Arbeitnehmer zur Verfügung stehen, daß aber ein bei Erschöpfung auch dieser Mittel etwa noch vorhandener weiterer Arbeitsbedarf ungedeckt bleiben soll (vgl. BAGE 55, 104, 114 f. = AP Nr. 112 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 3 a bb der Gründe; BAG Urteil vom 27. Januar 1988 – 7 AZR 292/87 – AP Nr. 116 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 3 b bb der Gründe; BAGE 60, 1, 9 = AP Nr. 125 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu IV 2 a der Gründe). Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den vorliegenden Fall als damit vergleichbar angesehen.

bb) Der Beklagte ist zwar rechtlich nicht gehindert gewesen, über das mit den Krankenkassen ausgehandelte und von der Sozialbehörde genehmigte Gesamtbudget hinaus Arbeitnehmer zu beschäftigen, hätte aber derartige Mehrkosten nicht von den Krankenkassen erstattet erhalten. Abgesehen davon, daß ein faktischer Druck bestand, bei der Stellenbesetzung das Gesamtbudget einzuhalten, entscheidet der Arbeitgeber nach seinem unternehmerischen Ermessen, welche Arbeitsleistungen in welchem Zeitraum und in welchem Umfang durch Beschäftigung von Arbeitnehmern erbracht werden sollen. Diese Entscheidung bestimmt sowohl bei privatwirtschaftlichen Unternehmen als auch bei der öffentlichen Hand den Bedarf an Arbeitskräften und unterliegt grundsätzlich einer gerichtlichen Nachprüfung nur daraufhin, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAGE 55, 1, 6 = AP Nr. 111 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 2 a der Gründe, m.w.N.). Insoweit bestehen keine grundsätzlichen Unterschiede zwischen Privatwirtschaft und öffentlicher Hand. Daran ändert es nichts, daß sich die für den Beschäftigungsumfang maßgebliche unternehmerische Entscheidung bei der öffentlichen Hand wegen ihrer Bindungen an das Haushaltsrecht im Wege der Bereitstellung der für die Durchführung der Aufgaben erforderlichen Haushaltsmittel vollzieht.

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte seinen Krankenhausbetrieb und den Beschäftigungsumfang auf das mit den Krankenkassen ausgehandelte und von der Sozialbehörde genehmigte Gesamtbudget ausgerichtet. Diese naheliegende unternehmerische Entscheidung des Beklagten ist von den Gerichten für Arbeitssachen zu respektieren.

cc) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es unerheblich, ob sie als Springerin beschäftigt wurde und ob im Bereich der Stationshilfe ein dauerhafter zusätzlicher Beschäftigungsbedarf bestand. Der Arbeitgeber bestimmt eigenverantwortlich, in welchem Umfang er den an sich bestehenden Personalbedarf deckt oder den Tätigkeitsumfang einschränkt.

Welche Tätigkeiten die Klägerin im einzelnen verrichtete, spielt keine Rolle. Vielmehr genügt es, daß die Klägerin während der gesamten Vertragsdauer nur aus solchen Mitteln vergütet werden sollte, die während des Erziehungsurlaubs der Arbeitnehmerin S. vorübergehend frei geworden waren (vgl. BAGE 60, 1, 9 ff. = AP Nr. 125 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu IV 2 a der Gründe). Diese Voraussetzung ist unstreitig erfüllt. Die vereinbarte Dauer der Befristung stand auch mit dem Sachgrund im Einklang. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin und die Dauer des Erziehungsurlaubs der Arbeitnehmerin S. stimmten sogar auf den Tag genau miteinander überein.

4. Für die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses ist das Gespräch der Klägerin mit der Pflegeleiterin unerheblich. Ein Anspruch auf Abschluß eines unbefristeten oder weiteren befristeten Arbeitsvertrages ist nicht Streitgegenstand dieses Rechtsstreits. Im übrigen fehlt eine entsprechende Vereinbarung der Parteien, und zwar unabhängig davon, ob die Pflegeleiterin zu einem Vertragsabschluß bevollmächtigt war. Selbst wenn die Behauptung der Klägerin zutrifft und die Pflegeleiterin erklärt hatte, die Klägerin werde voraussichtlich wegen der bevorstehenden Inanspruchnahme von Mutterschafts- bzw. Erziehungsurlaub anderer Arbeitnehmerinnen weiterbeschäftigt, zeigt bereits die Einschränkung „voraussichtlich”, daß der Klägerin allenfalls der Abschluß eines weiteren Arbeitsvertrages in Aussicht gestellt wurde, aber noch keine Verpflichtung eingegangen werden sollte.

IV. Die Revision der Klägerin ist auch hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsanspruchs unbegründet.

Die im Beschluß des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 1985 (BAGE 48, 122 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) entwickelten Grundsätze zum Weiterbeschäftigungsanspruch des gekündigten Arbeitnehmers während des Kündigungsschutzprozesses gelten entsprechend auch dann, wenn die Parteien darüber streiten, ob das Arbeitsverhältnis durch Ablauf einer vereinbarten Befristung endete (BAG Urteil vom 13. Juni 1985 – 2 AZR 410/84 – AP Nr. 19 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht, zu B II 5 der Gründe; BAGE 60, 1, 14 = AP Nr. 125 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu V der Gründe; BAG Urteil vom 15. März 1989 – 7 AZR 264/88 – AP Nr. 126 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu IV der Gründe). Da dieser Weiterbeschäftigungsanspruch auf dem über den vereinbarten Befristungszeitpunkt hinaus fortbestehenden unbefristeten Arbeitsverhältnis beruht, stand er der Klägerin wegen der wirksam vereinbarten Befristung nicht zu.

 

Unterschriften

Dr. Seidensticker, Dr. Steckhan, Kremhelmer, Metzinger, Prof. Dr. Knapp

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1079633

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