Entscheidungsstichwort (Thema)
Überstundenzuschläge für Teilzeitbeschäftigte
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, 3; EGVtr Art. 119 Abs. 1; BeschFG 1985 § 2 Abs. 1; BGB § 242; TVG §; Manteltarifvertrag für Arbeitnehmer des KfH Kuratoriums für Dialyse und Nierentransplantation e.V. §§ 10, 14
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 1993 – 7 Sa 466/93 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten, für 15 Arbeitsstunden einen 50 %igen Mehrarbeitszuschlag nach dem Manteltarifvertrag des Beklagten zu zahlen.
Die Klägerin ist beim Beklagten seit dem 10. Dezember 1985 als Krankenschwester für Dialyse mit einer Wochenarbeitszeit von 21 Stunden beschäftigt. Im schriftlichen Vertragsangebot des Beklagten vom 17. Dezember 1985, das die Klägerin annahm, heißt es u.a.:
„…
Sie erklären sich bereit, bei betrieblicher Notwendigkeit über die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit bis zur Erreichung der Durchschnittsarbeitszeit von wöchentlich 40 Stunden Arbeitsleistung zu erbringen. Sofern die Arbeitszeit von 40 Stunden überschritten wird, werden Überstundenzuschläge gemäß § 13 MTV vergütet.
…
Es finden die jeweiligen im Kuratorium für Heimdialyse e.V. gültigen tariflichen Regelungen Anwendung.
…”
Der Manteltarifvertrag des Beklagten in der Fassung vom 13. Dezember 1989 (MTV) enthält folgende Bestimmungen:
„§ 10
Arbeitszeit
1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt ausschließlich der Pausen im Durchschnitt 40 Stunden, ab 01.04.1989 39 Stunden und ab 01.04.1990 38,5 Stunden. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von vier Wochen zugrunde zu legen. Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit beträgt für einen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer acht Stunden, ab 01.04.1989 sieben Stunden 48 Minuten und ab 01.04.1990 sieben Stunden 42 Minuten. Sie kann bis zu zehn Stunden verlängert werden.
…
10. Überstunden sind auf Anordnung geleistete Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit nach Ziffer 1 dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich geleistet werden.
…
12. Überstunden, Feiertagsstunden und – sofern der Arbeitnehmer dies wünscht – Überstundenzuschläge sind grundsätzlich bis zum Ende des nächsten Kalendermonats durch entsprechende Arbeitsbefreiung auszugleichen, wenn dies die betrieblichen Belange gestatten. …
…
§ 14
Überstundenvergütung, Zuschläge und Ausgleich für Dienste zu ungünstigen Zeiten
1. Die Barabgeltung von Überstunden beträgt je Überstunde 1/173 des monatlichen Stufengehalts. Ab 01.04.1989 beträgt die Abgeltung von Überstunden je Überstunde 1/169 und ab 01.04.1990 1/167 des monatlichen Stufengehaltes. Folgende Überstundenzuschläge werden gezahlt:
- Mehrarbeit an Werktagen außer Samstagen 25 %
- Mehrarbeit an Samstagen 50 %
…”
Am Samstag, den 21. Dezember 1991, und am Samstag, den 11. April 1992, arbeitete die Klägerin jeweils 7 1/4 Stunden über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus.
Die Klägerin hat gemeint, ihr stünde der verlangte Überstundenzuschlag zu. Die Tarifvertragsparteien hätten die Zahlung von Überstundenzuschlägen an Teilzeitkräfte nicht von einer Überschreitung der tariflichen Arbeitszeit für Vollzeitkräfte abhängig machen dürfen. Eine derartige Regelung diskriminiere Teilzeitkräfte und damit Frauen, weil als Teilzeitkräfte ganz überwiegend Frauen beschäftigt würden.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 150,– DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat das Klagebegehren für unbegründet gehalten.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die geltend gemachten Überstundenzuschläge.
I. Weder der Arbeitsvertrag noch der auf das Arbeitsverhältnis kraft einzelvertraglicher Bezugnahme anwendbare Manteltarifvertrag enthalten eine Anspruchsgrundlage für die erhobene Forderung.
1. Die Klägerin hat sich arbeitsvertraglich verpflichtet, bei betrieblicher Notwendigkeit bis zu einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden zu arbeiten. Erst bei Überschreitung dieser Arbeitszeit sieht der Arbeitsvertrag Überstundenzuschläge nach den tarifvertraglichen Bestimmungen vor. Wenn diese Vereinbarung eine eigenständige Regelung enthält, sind die arbeitsvertraglichen Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt; denn die wöchentliche Arbeitszeit betrug jeweils nur 28 1/4 Stunden. Hat die arbeitsvertragliche Vereinbarung nur klarstellende Bedeutung und kommt es deshalb auf die tarifvertraglichen Voraussetzungen für Überstundenzuschläge an, so ändert sich im Ergebnis nichts.
2. Nach § 10 Nr. 1 und 10 MTV in Verb. mit § 14 Nr. 1 MTV steht der Klägerin kein Überstundenzuschlag zu.
a) Der Anspruch aus § 14 Nr. 1 MTV setzt die Leistung von Überstunden i.S. von § 10 Nr. 1 und 10 MTV voraus. Überstundenzuschläge stehen der Arbeitnehmerin erst dann zu, wenn die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers, die sich im Anspruchszeitraum auf 38,5 Stunden belief, oder die regelmäßige tägliche Arbeitszeit für einen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer von sieben Stunden 42 Minuten überschritten wird.
b) Die Klägerin hat im maßgeblichen Zeitraum weder über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit noch über die regelmäßige tägliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus gearbeitet. Ihre wöchentliche Arbeitszeit betrug 28 1/4 Stunden und ihre tägliche Arbeitszeit 7 1/4 Stunden.
II. Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf eine unzulässige Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer stützen.
1. § 10 Nr. 1 und 10 und § 14 Nr. 1 MTV verstoßen nicht gegen das Lohngleichheitsgebot des Art. 119 Abs. 1 EG-Vertrag.
a) Nach Art. 119 Abs. 1 EG-Vertrag steht Männern und Frauen bei gleicher Arbeit das gleiche Entgelt zu. Diese Vorschrift verpflichtet nicht nur die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, sondern enthält auch unmittelbar anwendbares nationales Recht und gibt einem Arbeitnehmer bei Verletzung einen unmittelbaren Anspruch gegen seinen Arbeitgeber (vgl. zuletzt EuGH Urteil vom 7. Februar 1991 – Rs C-184/89 – „Nimz” – EuGH Slg. 1991, I – 297 = AP Nr. 25 zu § 23 a BAT; BAGE 73, 166, 170 = AP Nr. 42 zu Art. 119 EWG-Vertrag, zu II 1 der Gründe). Art. 119 Abs. 1 EG- Vertrag hat auch Vorrang gegenüber Tarifverträgen. Dies ergibt sich aus Art. 4 der Richtlinie 75/117/EWG (EuGH Urteil vom 27. Juni 1990 – Rs C-33/89 – „Kowalska” – EuGH Slg. 1990, I – 2591 = AP Nr. 21 zu Art. 119 EWG-Vertrag; EuGH Urteil vom 7. Februar 1991, aaO; BAGE 73, 166, 170 = AP Nr. 42 zu Art. 119 EWG-Vertrag, zu II 1 der Gründe; BAG Urteile vom 20. Juni 1995 – 3 AZR 684/93 –, zur Veröffentlichung bestimmt, und – 3 AZR 539/93 – DB 1996, 685, jeweils zu II 1 a der Gründe).
b) Eine Verletzung des Art. 119 Abs. 1 EG-Vertrag scheidet nicht schon deshalb aus, weil die tariflichen Zuschlagsregelungen ihrem Wortlaut nach nicht an das Geschlecht anknüpfen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfaßt Art. 119 EG-Vertrag nicht nur die unmittelbare, sondern auch die sog. mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts (EuGH Urteil vom 13. Mai 1986 – Rs C-170/84 – „Bilka” – EuGH Slg. 1986, 1607 = AP Nr. 10 zu Art. 119 EWG-Vertrag, mit Anm. Pfarr; Urteil vom 31. Mai 1995 – Rs C-400/93 – „Dansk Industri” = EAS EG-Vertrag Art. 119 Nr. 36). Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Regelung zwar unterschiedslos auf Männer und Frauen anzuwenden ist, die Benachteiligung aber erheblich mehr Angehörige des einen als des anderen Geschlechts betrifft und nicht durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (EuGH Urteil vom 13. Juni 1989 – Rs C-171/88 – EuGH Slg. 1989, 2743 = AP Nr. 16 zu Art. 119 EWG-Vertrag; Urteil vom 31. Mai 1995 – Rs C-400/93 –, aaO).
c) Nach den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen erscheint es sehr zweifelhaft, ob von der tarifvertraglichen Einschränkung des Anspruchs auf Überstundenzuschläge wesentlich mehr Frauen als Männer betroffen sind. Im vorliegenden Fall kommt es jedoch nicht darauf an, ob im Geltungsbereich des MTV der Frauenanteil bei den Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten wesentlich voneinander abweicht. Eine mittelbare Diskriminierung nach Art. 119 Abs. 1 EG-Vertrag liegt jedenfalls deshalb nicht vor, weil die angegriffene Überstundenregelung Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte beim Entgelt nicht ungleich behandelt.
d) Der Senat schließt sich der Auslegung des Art. 119 Abs. 1 EG-Vertrag durch den Europäischen Gerichtshof im Urteil vom 15. Dezember 1994 (– Rs C-399/92 u.a. – „Helmig u.a.” – AP Nr. 7 zu § 611 BGB Teilzeit = EzA Art. 119 EWG-Vertrag Nr. 24) an. Danach stehen tarifvertragliche Regelungen, die Mehrarbeitszuschläge nur bei Überschreiten der tarifvertraglich für Vollzeitbeschäftigte festgelegten Regelarbeitszeiten vorsehen, nicht im Widerspruch zu Art. 119 Abs. 1 EG-Vertrag und Art. 1 der Richtlinie 75/117/EWG. Eine Ungleichbehandlung hinsichtlich des Arbeitsentgelts i.S.d. Art. 119 Abs. 1 EG-Vertrag liegt dann vor, wenn bei gleicher Anzahl Stunden, die aufgrund eines Arbeitsverhältnisses geleistet werden, die den Vollzeitbeschäftigten gezahlte Gesamtvergütung höher ist als die den Teilzeitbeschäftigten gezahlte. § 10 und § 14 MTV behandeln in diesem Sinne Teil- und Vollzeitkräfte gleich.
aa) Unabhängig davon, ob ein Arbeitnehmer in Teilzeit arbeitet oder vollbeschäftigt ist, erhält er bis zu sieben Stunden 42 Minuten täglich und 38,5 Stunden wöchentlich nur das der geleisteten Stundenzahl entsprechende Vielfache des Stundenentgelts. Überschreitet er diese Grenze, erhält er unabhängig von der vereinbarten Arbeitszeit einen 25 %igen bzw. 50 %igen Überstundenzuschlag.
bb) Bei besonderen Fallgestaltungen kann es zwar dazu kommen, daß Arbeitnehmer bei gleicher Wochen-, Monats- oder Jahresstundenzahl ein unterschiedliches Arbeitsentgelt erhalten. Dies geht aber nicht auf den unterschiedlichen Umfang der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit, sondern darauf zurück, wie diese Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage verteilt wurde. Das höhere Arbeitsentgelt kann einer Teilzeitkraft ebenso wie einer Vollzeitkraft zugute kommen. Darauf hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 20. Juni 1995 (– 3 AZR 539/93 –, aaO, zu II 1 c der Gründe) hingewiesen.
2. § 10 und § 14 MTV verstoßen auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, an den auch die Tarifvertragsparteien gebunden sind (vgl. u.a. BAG Urteil vom 7. März 1995 – 3 AZR 282/94 – BB 1995, 2217 f. = DB 1995, 2020 f. = NZA 1996, 48, 50 = ZTR 1995, 503 f. = EzA § 1 BetrAVG Gleichbehandlung Nr. 9, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, zu B II 2 a der Gründe; BAG Urteile vom 20. Juni 1995 – 3 AZR 539 und 684/93 –, aaO, jeweils zu II 4 der Gründe). Für eine unterschiedliche Bezahlung überobligationsmäßiger Arbeit von teilzeit- und vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern gibt es nach dem von den Tarifvertragsparteien zulässigerweise verfolgten Regelungszweck sachlich einleuchtende Gründe.
a) Mit einer tarifvertraglichen Bestimmung, die den Anspruch auf Überstundenzuschläge allein davon abhängig macht, daß über ein bestimmtes Wochenarbeitsvolumen hinaus gearbeitet wurde, wird im wesentlichen der Zweck verfolgt, eine grundsätzlich zu vermeidende, besondere Arbeitsbelastung auszugleichen (BAGE 69, 85, 94 f. = AP Nr. 2 zu § 34 BAT, zu II 4 b der Gründe; GK-TzA/Lipke, Art. 1 § 2 BeschFG 1985 Rz 140; Arndt, NZA 1989, Beil. 3, S. 10; Lorenz, NZA 1985, 473, 474). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Tarifvertrag selbst Anhaltspunkte dafür enthält, daß andere Regelungszwecke im Vordergrund stehen. Ohne solche Anhaltspunkte kann nicht davon ausgegangen werden, daß es den Tarifvertragsparteien darum geht, durch Verteuerung der über die individuell geschuldete Arbeitsleistung hinausgehenden Arbeitszeiten den individuellen Freizeitbereich zu schützen. Dies hat der Senat in den Urteilen vom 20. Juni 1995 (aaO, jeweils zu II 2 b der Gründe) näher begründet. Daran hält der Senat fest.
b) Eine für alle Arbeitnehmer in gleicher Weise geltende Wochen- und Tagesarbeitszeitgrenze, von deren Überschreitung an Überstundenzuschläge zu zahlen sind, ist nicht willkürlich. Die Tarifvertragsparteien können im Rahmen ihrer notwendigerweise auf typisierender Betrachtung beruhenden Normsetzung ebenso wie der Gesetzgeber eine starre Grenze festlegen, von der an erst von einer besonderen ausgleichsbedürftigen Belastung des Arbeitnehmers auszugehen ist. Auch insoweit wird auf die Ausführungen des Senats in den Urteilen vom 20. Juni 1995 (– 3 AZR 539 und 684/93 –, aaO, jeweils zu II 2 c der Gründe) Bezug genommen.
3. Die Überstundenzuschlagsregelung in § 10 und § 14 MTV widerspricht nicht dem Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG.
a) Die Tarifvertragsparteien haben das besondere Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG zu beachten, weil es wie Art. 3 Abs. 1 GG Teil der objektiven Wertordnung ist, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts Geltung beansprucht (BAG Urteile vom 20. Juni 1995 – 3 AZR 539 und 684/93 –, aaO, jeweils zu II 3 a der Gründe). Art. 3 Abs. 3 GG verbietet ebenso wie Art. 119 Abs. 1 EG-Vertrag nicht nur die unmittelbare, sondern auch eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts. Dabei entsprechen die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 3 GG grundsätzlich denen, die der Europäische Gerichtshof im Hinblick auf Art. 119 EG-Vertrag aufgestellt hat (BAGE 38, 232, 244 = AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu III 2 c der Gründe; BAGE 73, 166, 176 = AP Nr. 42 zu Art. 119 EWG-Vertrag, zu II 4 b der Gründe; BAG Urteile vom 20. Juni 1995 – 3 AZR 539 und 684/93 –, aaO, jeweils zu II 3 b bb der Gründe). Eine Regelung kann zwar unterschiedslos auf Männer und Frauen anzuwenden sein. Treffen ihre nachteiligen Folgen aber erheblich mehr Angehörige des einen als des anderen Geschlechts, dann ist eine solche Regelung geschlechtsdiskriminierend und deshalb nichtig, wenn sie nicht durch gewichtige objektive Gründe gerechtfertigt ist, die nichts mit der Geschlechtszugehörigkeit der benachteiligten Arbeitnehmer zu tun haben.
b) Im vorliegenden Fall ist bereits sehr zweifelhaft, ob die Gruppe der Teilzeitbeschäftigten, die unter den Geltungsbereich des MTV fallen, erheblich mehr Frauen enthält als die Gruppe der Vollzeitbeschäftigten. Dies kann jedoch offen bleiben. Ebenso kann dahinstehen, ob die typischerweise unterschiedliche Bezahlung von Arbeitsstunden, die über das einzelvertraglich geschuldete Maß hinaus geleistet werden, eine Ungleichbehandlung i.S. von Art. 3 Abs. 3 GG ist, oder ob auch hier für den Lohngleichheitssatz der Rahmen gilt, den der Europäische Gerichtshof für Art. 119 Abs. 1 EG-Vertrag gesteckt hat. Eine etwaige Ungleichbehandlung ist jedenfalls nicht geschlechtsdiskriminierend. Mit ihr wird ein hinreichend gewichtiger sachlicher, nicht auf die Geschlechtszugehörigkeit der betroffenen Arbeitnehmer bezogener Zweck verfolgt. Wie der Senat in seinen Urteilen vom 20. Juni 1995 (– 3 AZR 539 und 684/93 –, aaO, jeweils zu II 3 c der Gründe) ausgeführt hat, ergibt sich ein objektiver, die Ungleichbehandlung rechtfertigender Grund daraus, daß die Gewährung der Vergünstigung auch an die Teilzeitbeschäftigten zu einer Veränderung des Leistungszweckes führen würde. Erhielten die Teilzeitbeschäftigten einen Überstundenzuschlag nicht nur für jede Arbeitsstunde, die sie über die tarifliche Arbeitszeit hinaus erbracht haben, sondern auch dann, wenn sie unterhalb dieser Grenze bleiben, aber ihre einzelvertragliche Regelarbeitszeit überschreiten, dann würde der von den Tarifvertragsparteien zulässigerweise angestrebte Zweck des Überstundenzuschlags verfehlt. Die Arbeitnehmer erhielten die zusätzliche Leistung nicht mehr für eine besondere wöchentliche oder tägliche Arbeitsbelastung, sondern allein dafür, daß sie ein über den arbeitsvertraglich vereinbarten Regelfall hinausgehendes Freizeitopfer erbracht haben. Hierfür haben die Tarifvertragsparteien kein zusätzliches Arbeitsentgelt vereinbart und brauchten dies auch nicht zu tun.
4. Ebensowenig verstößt die Überstundenzuschlagsregelung des § 14 MTV gegen das Verbot des § 2 Abs. 1 BeschFG 1985, einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich zu behandeln. Ob eine Ungleichbehandlung wegen der Teilzeitarbeit vorliegt, kann ebenso offen bleiben wie die Frage, ob sich das Verbot des § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 nur an den einzelnen Arbeitgeber oder auch an die Tarifvertragsparteien richtet. Jedenfalls gibt es für die unterschiedliche Behandlung einen sachlichen Grund.
Unterschriften
Dr. Heither, Kremhelmer, Bepler, Furchtbar, Horst, Schmitthenner
Fundstellen