Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung nach Einigungsvertrag. mangelnde Eignung
Normenkette
Einigungsvertrag Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Urteil vom 17.08.1993; Aktenzeichen 5 Sa 234/92) |
ArbG Leipzig (Urteil vom 12.11.1992; Aktenzeichen 5 Ca 11/91) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Landesarbeitsgerichts Chemnitz vom 17. August 1993 – 5 Sa 234/92 – und des Arbeitsgerichts Leipzig vom 12. November 1992 – 5 Ca 11/91 – teilweise aufgehoben.
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 18. Dezember 1991 nicht aufgelöst worden ist.
Der Beklagte trägt 4/5, der Kläger 1/5 der Kosten der Vorinstanzen. Die Kosten der Revisionsinstanz trägt der Beklagte mit Ausnahme der Kosten, die durch den zurückgenommenen Revisionsantrag entstanden sind.
Diese Kosten trägt der Kläger.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der 1948 geborene Kläger – verheiratet, ein Kind – steht seit 1970 im Schuldienst. Er ist Diplomlehrer für Staatsbürgerkunde und Geschichte. Seit 1972 war er Mitglied der SED. Ab 1975 war er stellvertretender Schuldirektor an seiner Schule. 1979/80 besuchte er das Institut für Leitung und Organisation in Potsdam. Anschließend war er – nach einer kurzzeitigen Ernennung zum Schulinspektor – Direktor der … Oberschule … in Leipzig. Im Februar 1985 wurde er während des Schuljahrs an die … Oberschule in G. versetzt. Dort hat er nach ca. sechs Monaten die Leitung der Schule als Direktor übernommen. Der Kläger hat 1981/82 ein Fernstudium an der Bezirksparteischule der SED absolviert. Mit Schreiben vom 20. August 1991 entband der Beklagte ihn von seinen Aufgaben als Schuldirektor und kündigte mit Schreiben vom 18. Dezember 1991 das Arbeitsverhältnis zum 31. März 1992.
Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam und macht geltend, weder seine fachliche Qualifikation noch seine persönliche Eignung könnten in Zweifel gezogen werden. Seit 1979 habe er das Fach Staatsbürgerkunde nicht mehr unterrichtet. Er sei auch nie als Schulinspektor tätig gewesen, sondern lediglich formal während seines Besuchs des Instituts in Potsdam als Schulinspektor geführt worden. Seine Funktion als Direktor habe er lediglich schulfachlich ausgeübt. Er habe 1984 um seine Abberufung als Direktor gebeten, weil er sich nicht mehr in der Lage gefühlt habe, die in ihn gesetzten Erwartungen, die mit dem Namensgeber der Schule … verbunden gewesen seien, zu erfüllen. Die Schulparteileitung habe von ihm ständige Berichte zur Traditionspflege – Arbeit mit dem Namen … – und zum Stand der Gewinnung militärischen Berufsnachwuchses verlangt. Seine Unfähigkeit dazu sei in der Schulkonferenz öffentlich gerügt worden. Er habe daraufhin um eine Aussprache gebeten, die im November 1984 stattgefunden habe. Für ihn unerwartet sei dabei ein Vertreter der Parteileitung anwesend gewesen. Es sei zu einem heftigen Wortwechsel gekommen, bei dem er ausfallend geworden sei und spontan den Raum verlassen habe. Aufgrund dieser Auseinandersetzung sei er dann im Februar 1985 als Direktor abberufen und nur noch als Vertretungslehrer, der keiner Schule konkret zugeordnet gewesen sei, eingesetzt worden, um ihm „Zeit zum Nachdenken” zu geben. Die spätere Übertragung der Schulleitung in G., einer aufgrund des sozialen Umfelds als schwierig eingeschätzten Schule, habe schwerlich als Entgegenkommen gewertet werden können. Bei der Bewertung seiner persönlichen Eignung müsse auch berücksichtigt werden, daß er am Wendeprozeß selbst aktiv teilgenommen habe und Teilnehmer des Runden Tisches Bildung gewesen sei. Er sei von den 30 Direktoren des ehemaligen Stadtbezirkes L. … zudem zum Sprecher gewählt worden. Noch mit Schreiben vom 27. Juni 1991 sei ihm durch das Staatliche Schulamt für die in dieser Funktion geleistete konstruktive Arbeit gedankt worden. Ein Gutachten eines Professors der Universität Gesamthochschule Siegen bestätige ihm einen echten inneren Überzeugungswandel. Personalvertretungsrechtlich sei schließlich zu beachten, daß die Kündigung nur auf die angeblich mangelnde fachliche Qualifikation gestützt worden sei. Zu den weiteren Kündigungsgründen sei der im Zeitpunkt des Nachschiebens bereits installierte Bezirkspersonalrat nicht beteiligt worden.
Der Kläger hat – soweit für die Revisionsentscheidung noch von Interesse – beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 18. Dezember 1991 nicht aufgelöst worden ist.
Der Beklagte hat zur Stützung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, der persönliche Werdegang des Klägers lasse darauf schließen, daß dieser zur Weiterverwendung im Schuldienst persönlich nicht geeignet sei. Die SED habe sich zur Umsetzung der führenden Rolle der Partei der sogenannten Kaderpolitik bedient und damit über die Besetzung von Positionen und Funktionen selbst entschieden oder die Besetzung kontrolliert. Positionen in diesem Nomenklatursystem seien mit Leuten besetzt worden, die im Rahmen des Kadersystems gewonnen und ständig von der SED auf ihre Linientreue hin überwacht und kontrolliert worden seien. Wer über mehrere Jahre hinweg eine Funktion im Rahmen dieses Nomenklatursystems wahrgenommen habe, habe sich in besonderem Maße mit den Zielsetzungen des SED-Staates identifiziert. Als wesentliche Stationen im Werdegang des Klägers seien zu berücksichtigen: Die langjährige Mitgliedschaft in der SED, der Abschluß und die Tätigkeit in staatstragenden Fächern Staatsbürgerkunde und Geschichte, seine Tätigkeit als stellvertretender Direktor und Direktor, der Besuch der Bezirksparteischule und des ILO und die mehrjährige Tätigkeit in der Schulparteileitung.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist mit dem zuletzt nur noch gestellten Feststellungsantrag begründet. Die Kündigung vom 18. Dezember 1991 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger sei für eine Weiterbeschäftigung im Schuldienst persönlich nicht geeignet. Zwar hätten die Aufgaben eines Schuldirektors nicht von vornherein eine besondere Identifikation mit dem SED-Staat gefordert. Wer jedoch aufgrund seines Werdegangs sehr schnell befördert worden sei und auch schon vorher eine besondere Identifikation mit dem Staat habe erkennen lassen, oder in jungen Jahren höhere Stellungen bevorzugt erhalten habe, zeige damit, daß er mit den Zielen des totalitären Staates besonders verbunden gewesen sei, und wecke Zweifel, ob er die Grundrechte der demokratischen Verfassung glaubwürdig vermitteln könne. Der Kläger habe als langjähriges Mitglied der SED und Dipl.-Lehrer für Geschichte und Staatsbürgerkunde durch den erfolgreichen Besuch des Instituts in Potsdam signalisiert, daß er einer Berufung durch die SED zum Nomenklaturkader entgegenstrebe, was auch aus der kurzzeitigen Zuweisung des Postens eines Schulinspektors hervorgehe. Diese Annahme werde gestützt durch sein zweijähriges Fernstudium an der Bezirksparteischule der SED. Als Parteigenosse habe der Kläger auch zeitweilig in der Schulparteileitung gewirkt. Die Tatsache, daß er schon im Alter von 27 Jahren stellvertretender Direktor und in dem Alter von 32 Jahren Direktor an einer Oberschule geworden sei, könne anders als durch eine ausgesprochene Bindung an das SED-System nicht erklärt werden. Der freiwillig/unfreiwillige Verlust der Schuldirektorposition im Jahre 1985 beweise keine Distanz des Klägers, noch weniger seine Gegnerschaft zum SED-System. Eine wirklich tiefgreifende Kritik der Genossen am Kläger sei mit der Tatsache nicht vereinbar, daß der Kläger nach seiner Abberufung bereits ein halbes Jahr später wieder Direktor an einer anderen Oberschule gewesen sei. Auch die Tatsache, daß der Kläger im Bereich des Bildungswesens an der politischen Wende mitgewirkt habe, indiziere noch nicht, daß er nunmehr zu den Werten des Grundgesetzes stehe.
II. Dem folgt der Senat nicht. Die auf Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1 des Einigungsvertrages (im folgenden: Abs. 4 Ziff. 1 EV) gestützte Kündigung des Beklagten ist nicht gerechtfertigt.
1. Da der Kläger als Lehrer dem öffentlichen Dienst in den Beitrittsländern angehörte (Art. 20 Abs. 1 EV), ist die Kündigung zulässig, wenn der Kläger wegen mangelnder persönlicher Eignung nach Abs. 4 Ziff. 1 EV den Anforderungen nicht entspricht. Dazu sind in der einschlägigen Rechtsprechung des Achten und Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts (Urteile vom 28. April 1994 – 8 AZR 57/93 – AP Nr. 22 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen, m.w.N.; vom 26. Mai 1994 – 8 AZR 248/93 – n.v.; vom 13. Oktober 1994 – 2 AZR 201/93 – AP Nr. 35 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX und – 2 AZR 261/93 –, beide auch für die Amtliche Sammlung des Gerichts vorgesehen; vgl. dazu neuerdings auch BVerfG Beschluß vom 21. Februar 1995 – 1 BvR 1397/93 –, MDR 1995, 721) zum Nachweis einer solchen mangelnden Eignung aufgrund besonderer Identifikation des Lehrers mit den grundgesetzfeindlichen Zielen der SED bzw. von Entlastungstatsachen – kurz zusammengefaßt – folgende Grundsätze entwickelt worden:
Die mangelnde persönliche Eignung im Sinne von Abs. 4 Ziff. 1 EV ist eine der Person des Arbeitnehmers anhaftende Eigenschaft, die dann indiziert ist, wenn z.B. ein in der früheren DDR tätig gewesener Lehrer sich in der Vergangenheit in besonderer Weise mit dem SED-Staat identifiziert hat. Positionen in Staat und Partei, die ein Lehrer seinerzeit innegehabt hat, können Anhaltspunkte für seine mangelnde Eignung sein. Allerdings erfordern Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 12 Abs. 1 GG) und im öffentlichen Dienst ergänzend Art. 33 Abs. 2 GG eine konkrete, einzelfallbezogene Würdigung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers, die sein Verhalten nach dem Beitritt der neuen Bundesländer unter Prüfung der Fähigkeit und inneren Bereitschaft einbezieht, seine dienstlichen Aufgaben nach den Grundsätzen der Verfassung glaubwürdig wahrzunehmen (BVerfG Beschluß vom 21. Februar 1995 – 1 BvR 1397/93 –, a.a.O.). Die Beweislast für den Nachweis der mangelnden persönlichen Eignung obliegt dem Arbeitgeber, wobei allerdings die Darlegungslast für be- und entlastendes Vorbringen abgestuft ist: Schon angesichts der Tatsache, daß zahlreiche Personalakten nach der sog. Wende „gesäubert” wurden, würden die Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers überspannt, wenn von ihm ohne konkretes Gegenvorbringen die detaillierte Darlegung verlangt würde, der mit der Umsetzung der grundgesetzfeindlichen SED-Ideologie beauftragte Funktionsträger habe im konkreten Fall die Funktion auch tatsächlich entsprechend diesen Zielen ausgeübt. Wie er im Einzelfall die Funktion tatsächlich ausübte, weiß der belastete Arbeitnehmer in aller Regel weitaus besser. Er hat sich deshalb zu der allgemeinen Funktionsbeschreibung konkret zu äußern. Das Maß der gebotenen Substantiierung von Entlastungsvorbringen hängt ebenfalls davon ab, wie sich die andere Seite darauf einläßt (§ 138 Abs. 2 ZPO). Es bedarf des Vortrages konkreter Entlastungstatsachen unter Benennung geeigneter Beweismittel. Der Arbeitgeber kann dann seine Ermittlungen auf die vorprozessual oder im Prozeß konkretisierten Tatsachen konzentrieren, wobei die Beweislast auch insoweit bei ihm verbleibt.
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist eine mangelnde persönliche Eignung des Klägers nach Abs. 4 Ziff. 1 EV nicht anzunehmen.
a) Die Tätigkeit des Klägers als stellvertretender Direktor und als Direktor begründet, wovon das Landesarbeitsgericht im Ansatz zutreffend ausgeht, für sich allein noch keine Zweifel an seiner Eignung für den Lehrerberuf. Das staatliche Amt des Schuldirektors in der ehemaligen DDR war zwar nicht nur für den organisatorischen Ablauf des Schulgeschehens zuständig, sondern parteinah ausgerichtet. Der Schulleiter hatte aber nicht – wie der Parteisekretär – überwiegend an der ideologischen Umsetzung der Ziele der SED mitzuwirken. Deshalb indiziert die bloße langjährige Ausübung des Direktorenamts nicht eine besondere Identifikation mit dem SED-Staat. Die Annahme, ein Schuldirektor und stellvertretende Direktor habe sich in besonderer Weise mit dem SED-Staat identifiziert, bedarf zusätzlicher Umstände. Es ist Sache des öffentlichen Arbeitgebers, solche Umstände, etwa zum Werdegang oder zur Tätigkeit im Einzelfall vorzutragen. Der bloße Hinweis auf die Funktion des Schulleiters genügt nicht (BAG Urteil vom 20. Januar 1994 – 8 AZR 24/93 – n.v. und vom 28. April 1994 – 8 AZR 710/92 – n.v.). Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist die rasche Beförderung des Klägers zum Schuldirektor in jungen Jahren kein Indiz für seine besondere Identifikation mit dem SED-Staat. Die berufliche Karriere des Klägers kann auch auf anderen Gründen, insbesondere auf besonderer fachlicher Qualifikation und Eignung zum Schulleiter beruht haben. Macht der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes geltend, eine rasche Beförderung zum Schuldirektor in der ehemaligen DDR lasse auf die persönliche Ungeeignetheit als Lehrer schließen, so hat er darzulegen und ggf. zu beweisen, daß die berufliche Karriere allein oder ganz überwiegend durch ein besonderes Parteiengagement bedingt war (BAG Urteil vom 23. Juni 1994 – 8 AZR 320/93 – n.v.). Der Beklagte hat hierzu keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen.
b) Die kurzfristige Ernennung des Klägers zum Schulinspektor kann schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil der Beklagte dem Vorbringen des Klägers, es habe sich insoweit nur um eine formelle Ernennung gehandelt und er habe diese Funktion nie ausgeübt, nicht entsprechend substantiiert unter Beweisantritt entgegengetreten ist.
c) Die Ausbildung des Klägers im Fach Staatsbürgerkunde läßt ebenfalls nicht auf seine mangelnde persönliche Eignung schließen, weil im Zeitpunkt der Kündigung der Kläger unbestritten schon seit vielen Jahren das Fach Staatsbürgerkunde nicht mehr unterrichtet hatte.
d) Der Besuch des Instituts für Leitung und Organisation in Potsdam stand im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers als Schulleiter. Denn nach § 28 Abs. 7 des Gesetzes über das einheitliche sozialistische Bildungssystem vom 25. Februar 1965 (GBl I, S. 83) haben sich die Schuldirektoren in einem Zusatzstudium für ihre verantwortungsvolle Tätigkeit zu qualifizieren. Aus dieser vorgeschriebenen Qualifikation lassen sich keine hinreichenden Schlüsse auf ein besonderes Engagement des Klägers für den SED-Staat ziehen.
Auch der frühere Besuch der Bezirksparteischule in Verbindung mit der Direktorentätigkeit genügt nicht, um auf eine mangelnde persönliche Eignung des Klägers zu schließen. Der Besuch solcher Schulen war eine aus der SED-Mitgliedschaft erwachsene allgemein übliche Betätigung für die Partei, aus der ein besonderes Engagement für den SED-Staat nicht hergeleitet werden kann, zumal es sich nur um kurzfristige Betätigungen handelte.
e) Auch mit der langjährigen Mitgliedschaft des Klägers in der Schulparteileitung läßt sich seine mangelnde persönliche Eignung nicht begründen, erst recht nicht mit der bloßen Mitgliedschaft in der SED. Die Kündigung wegen persönlicher Nichteignung eines Lehrers knüpft nicht an die frühere politische Überzeugung des einzelnen Lehrers an.
3. Abgesehen davon ist aber auch die Rüge der Revision berechtigt, das Landesarbeitsgericht habe das Entlastungsvorbringen des Klägers nicht hinreichend gewürdigt.
a) Zu seinem Verhalten vor der Wende hat der Kläger substantiiert dargelegt und durch Benennung des damaligen Stadtbezirksschulrats und der damaligen Schulinspektorin unter Beweis gestellt, er sei aus politischen Gründen, insbesondere wegen zu lascher Durchsetzung der Vorstellungen der SED über die „Vorzeigeschule …” mitten im Schuljahr von seinem Direktorenamt entbunden und als einfacher Vertretungslehrer eingesetzt worden, um ihm „Zeit zum Nachdenken” zu geben. Diesem Vorbringen, dem der Beklagte nicht unter Beweisantritt entgegengetreten ist und das deshalb der Entscheidung zugrunde zu legen ist, ist eher zu entnehmen, daß der Kläger schon vor der Wende gerade nicht durch eine besondere Identifikation mit den Zielen der SED aufgefallen ist.
b) Auch die Tätigkeit des Klägers nach der Wende hat das Landesarbeitsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, nicht hinreichend gewürdigt. Wenn der Kläger von der Schulkonferenz mit nur einer Gegenstimme wieder zum Direktor gewählt worden ist, als solcher vom Beklagten weiterbeschäftigt wurde, dann als Sprecher der 30 Direktoren in seinem Schulamtsbezirk gewählt wurde und vom Beklagten ein Dankschreiben für die in dieser Funktion entwickelte Tätigkeit erhalten hat, so spricht dies dafür, daß beim Kläger zumindest ein Umdenkungsprozeß eingesetzt hat, der noch bestehende Zweifel an seiner persönlichen Eignung zu beseitigen geeignet ist. Der Beklagte verhält sich widersprüchlich, wenn er u.a. mit Hilfe des Klägers die Umgestaltung des Schulwesens vorgenommen hat, ihm aber nunmehr unter dem Hinweis auf eine mangelnde persönliche Eignung kündigt.
c) Die vom Beklagten nicht hinreichend substantiiert, erst recht nicht z.B. unter Bezugnahme auf die Beweisantritte des Klägers bestrittene Behauptung, der Kläger habe als Teilnehmer am Runden Tisch Bildung in L. aktiv am Wendeprozeß teilgenommen, hat das Landesarbeitsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, ebenfalls nicht hinreichend gewürdigt. Selbst wenn man aus den vom Kläger bekleideten Funktionen – geringfügige – Zweifel an seiner persönlichen Eignung herleitet, müssen die dargelegten Umstände ausreichen, ihn zu entlasten.
4. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, daß schon erhebliche Zweifel bestehen, ob der Beklagte die Kündigung überhaupt noch auf mangelnde persönliche Eignung stützen konnte, nachdem er, wie die Revision zu Recht geltend macht, die entsprechenden Kündigungsgründe erst nach der Wahl des Bezirkspersonalrats im Januar 1992 im vorliegenden Prozeß nachgeschoben hat, ohne den Bezirkspersonalrat zuvor zu beteiligen (vgl. Senatsurteil vom 11. Mai 1995 – 2 AZR 749/94 – n.v.). Nach dem Akteninhalt spricht einiges dafür, daß für den ursprünglichen Kündigungsentschluß des Beklagten nur die Tatsache maßgeblich war, daß dieser den der Kläger als Ein-Fach-Lehrer für eine weitere Tätigkeit im Schuldienst als fachlich ungeeignet angesehen hat. Die früheren Funktionen des Klägers wollte der Beklagte offensichtlich zunächst nur zum Anlaß nehmen, ihn von seinem Direktorenamt zu entbinden. Erst aufgrund eines gesonderten Entschlusses hat er dann im September 1992 die weiteren Kündigungsgründe nachgeschoben, die eine völlige Veränderung des der Kündigung zugrundeliegenden Sachverhalts bedeuten. Trifft dies aber zu, so waren die zur mangelnden persönlichen Eignung vorgetragenen Kündigungsgründe schon aus personalvertretungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 11. Mai 1995, a.a.O.).
Unterschriften
Etzel, Bitter, Bröhl, Piper, Beckerle
Fundstellen