Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang im Bewachungsgewerbe
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 30.11.1988 2 AZR 201/88.
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 17.12.1987; Aktenzeichen 13 Sa 134/87) |
ArbG Mannheim (Entscheidung vom 31.08.1987; Aktenzeichen 3 Ca 51/87) |
Tatbestand
Der Kläger war seit dem Jahre 1982 als Wachmann bei der S GmbH mit dem Sitz in Karlsruhe (künftig: S GmbH) beschäftigt. Dieser Gesellschaft hatte die Bundesrepublik Deutschland die Bewachung militärischer Anlagen der Bundeswehr in N (künftig: Objekt N) übertragen. Dort war auch der Kläger beschäftigt.
Der Bewachungsvertrag mit der S GmbH endete infolge Fristablaufs zum 31. Dezember 1986. Auf eine von der zuständigen Standortverwaltung durchgeführte Ausschreibung bewarb sich auch die Beklagte, ein Bewachungsunternehmen mit dem Sitz in Ch, um die Bewachung des Objekts N und erhielt den Auftrag mit Wirkung vom 1. Januar 1987. Tatsächlich übernahm sie die Bewachung bereits am 31. Dezember 1986. Sie benutzt, wie zuvor die S GmbH, die im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stehenden Wachräume mit Einrichtung, Heizungs- und Beleuchtungsanlagen sowie Schlüssel, Winkerkellen, Fernsprecher, Wachbücher und sonstige Einrichtungen. Von der S GmbH erwarb sie Pistolen, Pistolentaschen und Munition. Sie hat etwa 60 der vormals bei der S GmbH tätig gewesenen Arbeitnehmer übernommen.
Auch den Kläger beschäftigte die Beklagte aufgrund eines neu abgeschlossenen Arbeitsvertrages zunächst weiter. Mit Schreiben vom 16. März 1987 kündigte sie ihm jedoch zunächst ordentlich zum 30. März 1987. In dem Schreiben heißt es, die Kündigung erfolge auf der Grundlage des MTV für die gewerblichen Arbeitnehmer des Bewachungsgewerbes in Baden-Württemberg in der Fassung vom 27. Juni 1985, gültig ab 1. Januar 1985. Mit Schreiben vom 21. März 1987 sprach sie ihm die fristlose Kündigung aus.
Mit der am 3. April 1987 bei Gericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen beide Kündigungen gewandt und die Verurteilung der Beklagten begehrt, ihn weiterzubeschäftigen.
Der Kläger hat vorgetragen, für die fristlose Kündigung liege kein wichtiger Grund vor. Die ordentliche Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Er genieße den allgemeinen Schutz des § 1 Abs. 2 KSchG. Er habe die sechsmonatige Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG erfüllt. Die Beklagte sei gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus seinem Arbeitsverhältnis mit der S GmbH eingetreten, weil sie deren Wachbetrieb in N durch Rechtsgeschäft übernommen habe. Deshalb sei seine Beschäftigung bei der S GmbH auf die Wartezeit anzurechnen.
Die S GmbH beschäftige insgesamt etwa 1500 Arbeitnehmer. Sie habe in N einen von einem Betriebsinspektor geleiteten Betrieb zur Bewachung der dortigen militärischen Anlagen der Bundeswehr mit 80 Arbeitnehmern unterhalten und zwar unter der Bezeichnung "Zivilwache S N". Diese "Zivilwache" stelle eine organisatorische Einheit mit eigener Leitungsmacht dar, zu der die Wachräume mit Ausstattung und die sonstigen beweglichen Betriebsmittel gehörten, und die von dem Betriebsinspektor zusammen mit den Schichtführern geleitet werde. Diesen Betrieb habe die Beklagte am 31. Dezember 1986 übernommen, um damit wie zuvor die S GmbH "Sicherheit" zu produzieren. Sie setze nur wenige eigene Betriebsmittel wie Uniformen, Taschenlampen und Wachhunde ein. Im übrigen verwende sie dieselben Betriebsmittel wie zuvor die S GmbH. Hierzu gehörten insbes. Pistolen, Pistolentaschen und Munition sowie wesentliche Bestandteile der Personalakten der Wachmänner, die sie von der S GmbH auf Verlangen erhalten habe. Sie führe dadurch einen schon bestehenden Betrieb in der Weise fort, daß sie mit Hilfe der vorhandenen Arbeitnehmer denselben Betriebszweck für denselben Kunden in denselben Räumlichkeiten und im wesentlichen mit denselben sächlichen Betriebsmitteln weiterverfolge. Der Betriebsübergang beruhe auch auf Rechtsgeschäft, nämlich auf dem Bewachungsvertrag der Beklagten mit der Bundesrepublik Deutschland und dem Kaufvertrag über die Pistolen nebst Zubehör mit der S GmbH. Die Beklagte habe 60 Arbeitnehmer von der S GmbH zu den bisherigen Bedingungen übernommen und setze nunmehr deren Fachwissen ein.
Der Kläger hat beantragt
1. festzustellen, daß die ordentliche Kündigung
der Beklagten vom 16. März 1987 sowie ihre
außerordentliche Kündigung vom 21. März 1987
das zwischen den Parteien bestehende Arbeits-
verhältnis nicht aufgelöst haben und das Ar-
beitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen
über den 30. März 1987 hinaus fortbesteht,
2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den
bisherigen Bedingungen weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, für die fristlose Kündigung habe ein wichtiger Grund vorgelegen. Der Kläger könne sich nicht auf den allgemeinen Kündigungsschutz berufen, weil er die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG nicht erfüllt habe. Sie sei nicht in die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der S GmbH eingetreten, weil auf sie kein Betrieb oder Betriebsteil dieser Firma übergegangen sei.
Sie beschäftige insgesamt etwa 1300 Arbeitnehmer, vorwiegend im süddeutschen Raum. Als reines Dienstleistungsunternehmen unterhalte sie in der Zentrale in Ch eine eigene Ausbildungsstätte zur Ausbildung und Fortbildung der einzusetzenden Wachleute. Sie verwende selbst ausgebildete Wachhunde. Als Bewachungsunternehmen stehe sie in Wettbewerb zur weiterhin in diesem Bereich tätigen S GmbH.
Sie habe mit der Bewachung des Objekts N keinen Betrieb oder Betriebsteil der S GmbH übernommen, sondern den Bewachungsauftrag in freiem Wettbewerb auf eine öffentliche Ausschreibung erhalten. Bewachungsverträge über staatliche Objekte seien objektbezogen auf fünf Jahre befristet. Art und Umfang der Bewachung und die Bewachungsstärke würden im einzelnen vom Objektträger vorgeschrieben. Das Wachpersonal werde ständig durch den Auftraggeber überwacht. Auch die Einsatzfähigkeit der Wachleute werde extern in jährlichem Turnus überprüft. Sie erbringe somit ausschließlich Dienstleistungen, die ihr nach Art und Weise der Ausführung bis ins einzelne vorgeschrieben würden. Ihre Leistung bestehe im Auswählen, Überwachen, Stellen und Bezahlen des eingesetzten Personals.
Das einzelne Bewachungsobjekt sei kein Betrieb, sondern nur der Einsatzort für das mit der Überwachung beauftragte Personal. Es bestehe insoweit keine organisatorische Einheit. Die Wachmänner seien vertraglich zur Dienstleistung an jedem Einsatzort verpflichtet. Sie würden zentral ausgebildet, durch Mitarbeiter eingearbeitet, überwacht und von der Zentrale aus verwaltet. Im Bereich der Objekte selbst würden nur von den Schichtführern der Arbeitseinsatz geleitet, die Urlaubsgesuche abgestimmt und die Schichten eingeteilt. Die Schichtführer würden durch überregionale Einsatzleiter angewiesen und überwacht. Der Auftraggeber stelle lediglich die Wachräume mit Ausstattung dem jeweiligen Vertragspartner zur Verfügung. Sie habe von der S GmbH kein Bewachungsmaterial erworben.
Das Arbeitsgericht hat festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung vom 21. März 1987 nicht aufgelöst worden ist. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen.
Gegen dieses Urteil hat nur der Kläger im Umfang seines Unterliegens Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat sein Rechtsmittel zurückgewiesen.
Mit der Revision verfolgt der Kläger seine erfolglos gebliebenen Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Die Entscheidung des Streitfalles hängt - wie in den zugleich entschiedenen Parallelfällen - allein davon ab, ob auf die Beklagte ein Betrieb oder Betriebsteil der S GmbH übergegangen ist. Nur unter dieser Voraussetzung könnte sich der Kläger auf den Schutz des KSchG und auf die Notwendigkeit berufen, den bei der S GmbH gebildeten Betriebsrat vor seiner Kündigung anzuhören (§ 102 BetrVG).
I. Das Berufungsgericht hat einen Betriebsübergang von der S GmbH auf die Beklagte gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB und deshalb auch einen Fortbestand des früheren Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Beklagten verneint. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, ein Bewachungsunternehmen sei ein Dienstleistungsunternehmen. Anders als im produzierenden Gewerbe machten im Dienstleistungsbereich nicht die sächlichen Einrichtungen das Wesen des Betriebes aus. Maßgebend seien hier vielmehr der Gegenstand des Betriebes und die außerhalb seiner selbst liegenden Voraussetzungen dafür, daß er betrieben werden könne.
Noch weniger charakteristisch seien die sächlichen Betriebsmittel bei Betrieben, deren Gegenstand ausschließlich in der Leistung von Diensten im Sinne des § 611 BGB bestünden. Um einen solchen Betrieb handele es sich bei einem Bewachungsunternehmen. Zwar könnten insoweit Waffen, Lampen, Wachhunde, möglicherweise auch Aufenthaltsräume für die Wachmänner charakteristische Arbeitsmittel sein. Ein Bewachungsunternehmen könne aber ebensowenig wie ein Ladengeschäft nur mit diesen Arbeitsmitteln betrieben werden.
Der Betrieb bestehe darin, daß es etwas zu bewachen gebe, also Bewachungsaufträge vorlägen. Folglich könne ein Unternehmen, das gewerbsmäßig Bewachung fremden Eigentums betreibe, nicht allein deswegen auf einen anderen Inhaber übergehen, weil verschiedene Betriebsmittel an diesen veräußert würden. Entscheidend sei vielmehr, ob die Bewachungsobjekte von dem Erwerber übernommen werden, dieser also in die Bewachungsverträge eintrete. Hieraus folge denkgesetzlich, daß die Übernehme eines einzelnen Bewachungsauftrages nur dann unter § 613 a BGB falle, wenn dieser Bewachungsauftrag der einzige des abgebenden Unternehmens sei. Dies sei hier jedoch nicht der Fall.
Dieses Ergebnis bestätige sich auch bei einer teleologischen Betrachtung von § 613 a BGB. Der hauptsächliche Zweck dieser Norm sei der Schutz bestehender Arbeitsplätze im Falle einer Betriebsveräußerung. Das bedeute aber nicht, daß hierdurch Arbeitnehmer auch gegen betriebsbedingte Kündigungen geschützt werden sollten, die durch den Verlust von Kunden an Wettbewerber bedingt seien. Um einen solchen Fall handele es sich vorliegend. § 613 a BGB bezwecke nicht die Einschränkung des Wettbewerbes. Er sei daher nicht anzuwenden, wenn bei einem Dienstleistungsunternehmen ein, sei es auch ein seit vielen Jahren bestehender Auftrag, beendet und unmittelbar anschließend einem anderen gleichartigen Unternehmen übertragen werde. Aus demselben Grund komme, auch wenn es sich bei der fraglichen Betriebsstätte wohl um einen Betriebsteil im Sinne von § 613 a BGB handele, ein Betriebsübergang ebenfalls nicht in Betracht, denn ein einzelner Auftrag bzw. Kunde könne bei teleologischer Betrachtung weder ein Betrieb noch ein Betriebsteil sein.
II. Dieser Würdigung des Berufungsgerichts ist im Ergebnis und in wesentlichen Teilen ihrer Begründung zuzustimmen.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gehören zu einem Betrieb im Sinne von § 613 a BGB nur die sächlichen und immateriellen Betriebsmittel, nicht auch die Arbeitnehmer. Der Übergang der Arbeitsverhältnisse ist Rechtsfolge, nicht Tatbestandsvoraussetzung.
a) Die sächlichen und immateriellen Betriebsmittel machen einen Betrieb dann aus, wenn der neue Inhaber mit ihnen oder mit Hilfe von Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgen kann. Nicht erforderlich ist, daß der Betriebsinhaberwechsel auch zu einem Wechsel des Eigentums führt; es genügt, wenn dem Erwerber eine Nutzungsberechtigung auf Zeit zusteht, wie etwa bei Pacht oder Nießbrauch. Entscheidend ist, ob der neue Inhaber mit den übernommenen Betriebsmitteln den Betrieb oder Betriebsteil im wesentlichen fortführen kann. Die Übertragung eines Betriebes setzt nicht die Übernahme aller, sondern nur der für die Erfüllung der arbeitstechnischen Zwecke wesentlichen Betriebsmittel voraus (vgl. BAGE 48, 365, 371, 375 = AP Nr. 42 zu § 613 a BGB, zu II 1 und 3 c, bb der Gründe; BAGE 53, 267, 273 = AP Nr. 58, aaO, zu B II 3 b, aa der Gründe).
b) Für die Frage, welche Betriebsmittel für die Erfüllung der arbeitstechnischen Zwecke wesentlich sind, ist jeweils auf die Eigenart des Betriebes abzustellen. Für Produktionsbetriebe können die - beweglichen - sächlichen Betriebsmittel wie Maschinen und Einrichtungsgegenstände prägend sein (vgl. BAGE 27, 291, 296 = AP Nr. 2 zu § 613 a BGB, zu 1 a der Gründe). Für Handels- und Dienstleistungsbetriebe, deren Betriebsvermögen hauptsächlich aus Rechtsbeziehungen besteht, sind es dagegen in erster Linie die immateriellen Betriebsmittel wie Kundenstamm, Kundenlisten, Geschäftsbeziehungen zu Dritten, das "know-how" und der "good-will", also die Einführung des Unternehmens auf den Markt (BAGE 49, 102, 105 = AP Nr. 23 zu § 7 BetrAVG, zu I 1 a der Gründe), Warenzeichen (Senatsurteil vom 29. April 1987 - 2 AZR 623/87 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt), gegebenenfalls, anders als bei Produktionsbetrieben, auch Geschäftsräume und Geschäftslage (so bei Einzelhandelsgeschäften, vgl. BAGE 53, 267, 276 = AP Nr. 59 zu § 613 a BGB, zu B II 3 b, dd der Gründe; vgl. ferner von Hoyningen-Huene, Anm. zu AP Nr. 41 zu § 613 a BGB, unter II 2; Reiff, SAE 1988, 55, 56; Schwerdtner, Festschrift für Gerhard Müller, S. 557, 567; Birk, Anm. zu EzA § 613 a BGB Nr. 43, unter II). Bewachungsunternehmen wie die Beklagte gehören zum Bereich der Dienstleistungsbetriebe, bei denen ein Betriebsübergang nach § 613 a BGB neben dem Übergang sächlicher Betriebsmittel auch die Vermittlung von Kundenbeziehungen voraussetzt (vgl. das zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmte Urteil des Senates vom 29. September 1988 - 2 AZR 107/88 -).
c) Der Betrieb oder Betriebsteil muß gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB ferner durch Rechtsgeschäft vom bisherigen Inhaber auf den Erwerber übergehen. Die Vorschrift setzt keine unmittelbaren rechtsgeschäftlichen Beziehungen zwischen dem früheren und dem neuen Inhaber voraus. Es reicht aus, wenn der neue Betriebsinhaber die Befugnis zur Betriebsführung aus einem Rechtsgeschäft mit einem Dritten (BAGE 35, 104 = AP Nr. 24 zu § 613 a BGB - Pächterwechsel -) oder aus einer Vielzahl von Rechtsgeschäften mit Dritten herleitet. Jedoch müssen das Rechtsgeschäft oder die Rechtsgeschäfte insgesamt auf den Übergang eines funktionsfähigen Betriebes oder Betriebsteils ausgerichtet sein, im letzteren Fall die Aufspaltung in verschiedene Rechtsgeschäfte dagegen nur durch die Eigentums- oder sonstigen Rechtsverhältnisse bedingt sein (BAGE 48, 376, 383 bis 385 = AP Nr. 43 zu § 613 a BGB, zu B II 3 a und b der Gründe).
2. In Anwendung dieser Grundsätze hat bereits der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts in dem - nicht veröffentlichten - Urteil vom 8. September 1982 - 5 AZR 10/80 - für den Fall der Beendigung eines Vertrages mit der Bundesrepublik Deutschland über die Bewachung eines militärischen Objekts und der Beauftragung eines anderen Unternehmens mit dessen Bewachung ohne jede Übernahme sächlicher Mittel mit Waffen, Uniformen oder Wachhunden des früheren Unternehmens einen rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang von dem bisherigen auf das neu beauftragte Bewachungsunternehmen verneint. Er hat ausgeführt, die zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem jeweiligen Bewachungsunternehmen abgeschlossenen Bewachungsverträge seien Dienstverträge, durch die die Bewachungsunternehmen nicht Inhaber eines Betriebes oder Betriebsteils hätten werden können. Ihnen seien keine Betriebsmittel überlassen worden, mit denen sie aufgrund einer eigenen Leitungsmacht im eigenen Namen und auf eigene Rechnung einen Betrieb hätten führen können.
Die Überlassung eines Wachraums mit Einrichtung sowie von Gegenständen für die Durchführung von Besucherkontrollen sichere nur die Erfüllung der vereinbarten Dienste durch das Bewachungsunternehmen. Diese Gegenstände bildeten noch keine organisatorische Einheit, mit denen ein Unternehmen einen Betrieb führen könnte. Die Wachunternehmen selbst hätten die wesentlichen sächlichen Betriebsmittel, nämlich Waffen, Uniformen, Beleuchtungsgegenstände und Wachhunde beschaffen müssen. Darauf, ob ein Bewachungsvertrag das "wesentliche Substrat" des jeweiligen Betriebes gewesen sei, könne es nicht ankommen. Die Übertragung eines Bewachungsvertrages sei nicht Gegenstand eines Rechtsgeschäfts gewesen. Nur der Inhalt der zwischen den Bewachungsunternehmen und der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Bewachungsverträge sei daraufhin zu überprüfen, ob dadurch ein Betrieb oder ein Betriebsteil übertragen werde. Dagegen sei nicht entscheidend, ob es sich bei dem Bewachungsobjekt jeweils um einen Betriebsteil der Bewachungsunternehmen handele.
3. Der Senat ist dieser Beurteilung in dem am 29. September 1988 (aaO) verkündeten Grundsatzurteil gefolgt. Ein rechtlich unerheblicher Unterschied zwischen dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt und dem vorliegenden Fall besteht lediglich darin, daß von den sächlichen Betriebsmitteln der S GmbH die Pistolen nebst Munition von der Beklagten käuflich erworben wurden.
Der Senat faßt die für den möglichen Betriebsübergang im Bewachungsgewerbe geltenden Grundsätze noch einmal wie folgt zusammen:
a) In Fällen der vorliegenden Art setzt die Anwendung des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB zunächst voraus, daß das Bewachungsobjekt hinsichtlich seiner sächlichen Betriebsmittel und der Arbeitsorganisation zumindest einen Betriebsteil des bisherigen Bewachungsunternehmens im Sinne dieser Vorschrift gewesen ist. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, diese Voraussetzung sei beim Objekt N bezogen auf die S GmbH erfüllt gewesen. Dies kann zugunsten des Klägers als richtig unterstellt werden, weil die Beklagte diesen "Betriebsteil" ohne die für einen Betriebsübergang weiter erforderlichen immateriellen Betriebsmittel übernommen hat. Das ist nach dem Urteil des Senates vom 29. September 1988 eine zwingende Voraussetzung für den Betriebsübergang im Dienstleistungsbereich.
b) Zwischen der Beklagten und der S GmbH ist hinsichtlich der Betriebsmittel kein Vertrag geschlossen worden, der sich inhaltlich oder auch nur als mittelbare Rechtsfolge auf die Kundenbeziehungen der S GmbH beziehen könnte. Die Beklagte ist auch nicht in den zwischen der S GmbH und der Bundesrepublik geschlossenen Bewachungsvertrag für das Projekt N eingetreten. Dieser befristete Vertrag war vielmehr nicht verlängert worden, sondern zum 31. Dezember 1986 ausgelaufen. Damit hatte diese Kundenbeziehung der S GmbH für diese seine Eigenschaft als immaterielles Betriebsmittel verloren. Die Kundenbeziehungen zwischen der Beklagten und der Bundesrepublik Deutschland sind nicht von der S GmbH abgeleitet, sondern durch den im Rahmen der Ausschreibung durch die Bundesrepublik neu erteilten Zuschlag an die Beklagte, d.h. durch einen neuen Bewachungsvertrag begründet worden. Wie bereits der Fünfte Senat (aaO) zutreffend ausgeführt hat, hatte dieser Dienst- oder Werkvertrag nicht die Übertragung von immateriellen Betriebsmitteln der S GmbH zum Gegenstand; durch ihn ist vielmehr erst - originär - die Kundenbeziehung der Beklagten zum Träger des Bewachungsobjekts hergestellt worden. Es ist deswegen unerheblich, ob der Bewachungsvertrag für das Objekt N für einen von der S GmbH an diesem Ort etwa errichteten abgrenzbaren organisatorischen Teilbereich früher das "wesentliche Substrat" eines Betriebsteils gewesen ist, weil es der Beklagten jedenfalls nicht übertragen worden ist.
c) Diese Würdigung widerspricht nicht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der die Übertragung von sächlichen und immateriellen Betriebsmitteln nicht zwangsläufig auf einer Vereinbarung zwischen dem bisherigen und dem neuen Inhaber des Betriebes zu beruhen braucht, sondern auch durch einen Vertrag zwischen dem Erwerber und einem Dritten - insbesondere einem Verpächter - vermittelt werden kann (BAGE 48, 376 = AP, aaO).
aa) Ein Betriebsübergang kann danach - insbesondere beim Pächterwechsel (BAGE 35, 104 = AP, aaO) durch weitere Verpachtung an einen zweiten Pächter - zwar auch dann vorliegen, wenn der Erwerber die für die Betriebsführung wesentlichen Mittel durch ein Rechtsgeschäft mit einem Dritten oder durch eine Vielzahl von Rechtsgeschäften erhält. Diese Verträge müssen jedoch insgesamt dazu dienen, einen "funktionsfähigen Betrieb" zu übertragen. Wenn diese Voraussetzung wie u.a. bei Dienstleistungsbetrieben nur erfüllt ist, wenn die mit dem bisherigen Betrieb verbundenen Kundenbeziehungen ebenfalls auf den Erwerber übergehen, reicht ein Rechtsgeschäft mit einem Dritten deswegen nur dann aus, wenn mit den sächlichen Betriebsmitteln dem Erwerber zugleich auch die Beziehungen zu den Kunden des bisherigen Betriebsinhabers eröffnet werden.
bb) Diese Voraussetzung brauchte in den angezogenen Urteilen des Fünften Senates nicht besonders betont und geprüft zu werden, weil es einmal um die Weiterverpachtung einer Betriebskantine ging, bei der der bisherige Kundenkreis durch die weitere Verpachtung nicht berührt wurde und zum anderen um einen Produktionsbetrieb, bei dem die immateriellen Betriebsmittel grundsätzlich von untergeordneter Bedeutung sind und zumeist nicht von den sächlichen Betriebsmitteln abgekoppelt werden. Im übrigen ist dieser Vorbehalt aber auch im Rahmen des Pächterwechsels immer dann zu beachten, wenn nicht allein oder vornehmlich auf die Übertragung sächlicher Betriebsmittel abzustellen ist.
cc) Das macht folgendes Beispiel deutlich: Wird eine Gaststätte befristet verpachtet und schließt der Verpächter nach Ablauf der Pachtzeit mit einem Dritten einen weiteren Pachtvertrag ab, dann führt das auch dann nicht stets zu einem Betriebsübergang zwischen dem Erst- und dem Zweitpächter, wenn die vom Verpächter zur Verfügung gestellten oder vom Erstpächter eingerichteten sächlichen Betriebsmittel erhalten bleiben und dem Zweitpächter vom Verpächter übertragen werden. Das reicht vielmehr dann nicht aus, wenn der Erstpächter z.B. in unmittelbarer Nachbarschaft eine neue Gaststätte einrichtet oder ein anderes Lokal übernimmt, um mit dem gleichen Angebot an Getränken und Speisen die bisherigen Kunden weiter an sich zu binden. Der Zweitpächter erwirbt dann mit den unveränderten Betriebsmitteln nicht zugleich die weiter für den Übergang eines funktionsfähigen Betriebes erforderliche Möglichkeit, den bisherigen Kundenkreis anzusprechen und zu halten.
dd) Der Senat stimmt insoweit im Ergebnis im wesentlichen den Einschränkungen zu, unter denen Joost (Betrieb und Unternehmen als Grundbegriffe im Arbeitsrecht, München 1988, S. 389 f.) bei der mehrfachen Verpachtung einen Betriebsübergang annimmt: Entweder müssen auch die immateriellen Betriebsmittel nach Ablauf der Pacht kurzfristig als potentielle Nutzungsmöglichkeit auf den Verpächter übergehen oder dieser muß als Dritter in Übereinstimmung mit dem Erstpächter dem Zweitpächter die Möglichkeit einräumen, den Betrieb auch hinsichtlich der immateriellen Betriebsmittel weiter wie bisher fortführen zu können und ihm damit den "unternehmerischen Tätigkeitsbereich" übertragen.
d) Einem solchen für einen Betriebsübergang ausreichenden Vertrag mit einem Dritten ist vorliegend die vertragliche Überlassung von früher durch die S GmbH benutzten Einrichtungsgegenständen durch die Bundesrepublik Deutschland und weiterer Mittel zur Bewachung durch die S GmbH an die Beklagte nicht gleichzustellen. Mit diesen einzelnen Betriebsmitteln waren keine immateriellen Betriebsmittel verbunden, die von der Bundesrepublik im Einvernehmen mit der S GmbH bzw. von dieser selbst auf die Beklagte hätten übertragen werden können. Die sächlichen Betriebsmittel waren zwar teilweise ortsgebunden und für eine Bewachung des Objektes N bestimmt und geeignet. Das allein eröffnete aber demjenigen, der über diese sächlichen Betriebsmittel verfügen konnte, noch keine Chance darauf, als Nachfolger der S GmbH den Bewachungsvertrag zu erhalten. Nach dem Vortrag der Parteien besteht auch kein Anhaltspunkt für die Annahme, die Übernahme der bisher von der S GmbH verwendeten Einrichtungen und Anlagen durch die Beklagte sei die Voraussetzung für den Abschluß des Bewachungsvertrages mit der Beklagten gewesen.
e) Bei dieser Entwicklung der Vertragsgestaltung verbleibt es bei dem Grundsatz, daß dann, wenn ein bestehender Bewachungsvertrag nur auf einen möglichen Betriebsteil bezogen und für dessen Fortführung notwendig ist, diese Kundenbeziehung auf den Erwerber übergehen muß, und zwar abgeleitet vom bisherigen Betriebsinhaber. Daran fehlt es vorliegend.
4. Die Übernahme der Mehrheit des bei dem früheren Unternehmen im selben Objekt beschäftigten Wachpersonals kann auch nicht wegen der besonderen Verhältnisse im Bewachungsgewerbe im Rahmen des § 613 a BGB als Übertragung immaterieller Betriebsmittel gewertet werden.
a) Wie bereits ausgeführt, gehören nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu einem Betrieb im Sinne von § 613 a BGB nicht die Arbeitnehmer. Der Fünfte Senat ist davon ausgegangen, eine fachlich geschulte Belegschaft könne nicht als durch Rechtsgeschäft übertragbarer Betriebsteil im Sinne von § 613 a BGB angesehen werden, wenn ein Betrieb stillgelegt, ein anderer aufgebaut und lediglich der Aufgabenbereich oder die Funktion des stillgelegten Betriebes verlagert werde (BAGE 48, 365 = AP, aaO; vgl. auch BAGE 41, 72, 89 = AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Konzern, zu B II 3 c der Gründe).
b) Daran ist im Grundsatz festzuhalten. Wie der Senat bereits im Urteil vom 10. Juni 1988 - 2 AZR 801/87 - (ZiP 1988, 1272, zu II 3 e, bb der Gründe) zu bedenken gegeben hat, sind allerdings bestimmte Fallgestaltungen denkbar.
Der Dritte Senat hat im Urteil vom 25. Juni 1985 (BAGE 49, 102 = AP, aaO) darauf hingewiesen, zum "know-how" und "good-will" gehörten neben der Einführung des Unternehmens auf dem Markt auch die Fachkenntnisse eingearbeiteter Mitarbeiter, die in ihrer Bedeutung für die Fortführung des alten Betriebes im Vordergrund stehen. Im dortigen Fall war ein leitender Angestellter des alten Betriebes von der Erwerberin als Geschäftsführer angestellt worden. Der Dritte Senat hat u.a. durch diesen Umstand von vornherein sichergestellt gesehen, daß alle für die Fortführung notwendigen Kenntnisse und Informationen vorhanden waren.
c) Loritz hat dazu in seiner Urteilsanmerkung (SAE 1986, 138, 141; derselbe in RdA 1987, 65, 68, 69 unter III; ebenso Schwerdtner, aaO, S. 481) die Ansicht vertreten, die laufende Arbeitsleistung, die ein Arbeitnehmer beim alten Arbeitgeber erbracht habe, sei untrennbar mit seiner Person und nicht mit den sächlichen Betriebsmitteln verbunden. Davon zu unterscheiden seien die Fälle, in denen der bisherige Betriebsinhaber immaterielle Wirtschaftsgüter wie "know-how" oder Kundenbeziehungen auf den Erwerber übertrage, indem einer oder mehrere leitende Angestellte, häufig Mitglieder der Geschäftsführung zum Erwerber überwechselten, um dort ihre Kenntnisse über das Unternehmen einzubringen. Derart übertragene immaterielle Wirtschaftsgüter seien durchaus in die Entscheidung einzubeziehen, ob ein Betriebsteil übergegangen sei. Die Vertragsparteien sparten sich lediglich einen umfassenden schriftlichen oder mündlichen Informationsaustausch. Es gingen bestehende Werte über und nicht Leistungen des Arbeitnehmers, die er erst in Zukunft erbringen müsse.
Wesentlicher Gesichtspunkt, auf den auch Loritz (aaO) hingewiesen hat, ist, daß die besonderen Kenntnisse und speziellen Schulungen, auf denen die Arbeitsleistung beruht, jeweils den einzelnen Arbeitnehmern zuzurechnen sind. Sie sind nicht vom Arbeitnehmer lösbar und deswegen nicht als immaterielles Wirtschaftsgut und Betriebsmittel übertragbar und veräußerbar, auch wenn diese Arbeitsleistungen der Arbeitnehmer des Betriebes in ihrer Gesamtheit die Erfüllung der Bewachungsaufgaben erst ermöglichen.
Dagegen können immaterielle Betriebsmittel wie die geschäftlichen Beziehungen zu Kunden und ein damit verbundener guter Ruf bei diesen, Kenntnisse über mögliche Kunden, betriebsspezifisches "know-how" auch durch einzelne Personen - in der Regel das Management und leitende Angestellte - verkörpert werden. Diese immateriellen Betriebsmittel sind gedanklich von den Personen lösbar und übertragbar, z.B. in Form der Kundenkartei, Kundenlisten oder in anderer Form schriftlich niedergelegt. Gehen diese immateriellen Betriebsmittel mit den Personen, die sie verkörpern, über, kann dies zur Annahme eines Betriebsüberganges führen.
d) Auch diese Überlegungen begründen keine für den Kläger günstigere Rechtsfolge. Im vorliegenden Fall ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch vom Kläger dargelegt worden, daß Führungspersonal der S GmbH, das als Informationsträger im vorstehend dargelegten Sinn in Betracht kommen könnte, von der Beklagten übernommen wurde. Die S GmbH hatte im Gegenteil als Streitverkündete in erster Instanz vorgetragen, über das "know-how" ihres Unternehmens im militärischen Bereich verfüge über das Objekt N hinaus allein ihr Betriebsinspektor B, den die Beklagte deshalb auch, allerdings vergeblich, umworben hat.
III. Die Revision war demgemäß mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Hillebrecht Dr. Etzel Ascheid
Strümper Rupprecht
Fundstellen