Außerordentlich sind Einkünfte nur dann, wenn sie auf für die Einkunftsart ungewöhnlichen Umständen beruhen und es deshalb zu einer atypischen Zusammenballung von Einkünften kommt. Die Zusammenballung der Einkünfte darf nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der jeweiligen Einkünfteerzielung entsprechen.
Teil- oder Einmalkapitalzahlungen der bAV sind nach Auffassung der Finanzverwaltung regelmäßig keine außerordentlichen Einkünfte. Die Fünftelregelung darf daher grundsätzlich nicht angewendet werden.
Bei den in § 22 Nr. 5 EStG genannten Auszahlungsformen ist neben der Auszahlung einer lebenslangen Altersleistung auch die Auszahlung einer (Teil-)Kapitalzahlung zulässig (Ausnahme: Basisversorgung). Die Kapitalzahlung stellt daher keine atypische, sondern eine dem normalen Vertragsablauf entsprechende vertraglich vorgesehene Auszahlungsform dar. Der BFH hat die Auffassung der Finanzverwaltung bestätigt und die ermäßigte Besteuerung einer Kapitalleistung aus einer Pensionskasse abgelehnt, die auf der Basis eines dem Versicherten eingeräumten Wahlrechts vertragsgemäß zur Auszahlung kam. Die Kapitalisierung von Ansprüchen ist der betrieblichen Altersversorgung nicht wesensfremd und damit nicht atypisch.
Nachträgliche Vereinbarung der Kapitalisierung
Ergänzend kann der Rechtsprechung entnommen werden, dass es für die Frage der Atypik nicht allein darauf ankommt, ob in einem Vertrag die Möglichkeit einer Kapitalabfindung bereits von Anfang an vorgesehen war oder nicht. Dies stellt zwar ein gewichtiges Indiz dafür dar, ob eine Kapitalabfindung im betreffenden Lebens- und Wirtschaftsbereich typisch oder atypisch ist, ist aber nicht von allein entscheidender Bedeutung.
Auch dann, wenn die Kapitalisierung von laufenden Ansprüchen erst nachträglich vereinbart wird, im ursprünglichen Vertrag nicht vorgesehen war und die Initiative zur Kapitalisierung vom Anbieter des Vertrags ausgeht, begründet dies nicht zwingend einen atypischen Vorgang, der zur Annahme von außerordentlichen Einkünften führt. Entscheidend ist, ob es nur in Einzelfällen und deshalb atypisch zu einer auf eine Kapitalisierung gerichteten Vertragsänderung kommt oder nicht.
Vorzeitige Kündigung bzw. Vertragsauflösung
Nichts anderes gilt, wenn die betriebliche Altersversorgung vorzeitig durch Kündigung oder andere Vertragsauflösung beendet wird und deshalb der Rückkaufswert noch vor Beginn der Rentenphase als Einmalzahlung zur Auszahlung kommt. Dieser Vorgang ist selbst dann nicht als atypisch zu beurteilen, wenn die Versorgungsanwartschaft bereits unverfallbar nach dem BetrAVG war.
Persönliche Beweggründe
Auch persönliche Beweggründe (z. B. dauerhafte Erkrankung), die zu einer Ausübung eines Kapitalwahlrechts bzw. zu einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses führen, bleiben unberücksichtigt. Gleiches gilt für die Frage, ob die Umstände, die zu der Einmalzahlung geführt haben, vermeidbar gewesen wären.
Bewertung anhand empirisch-statistischer Daten
Die Frage der Atypik ist sowohl für Kapitalabfindungen bei Rentenbeginn als auch für die Auszahlung des Rückkaufswerts bei vorzeitiger Vertragsbeendigung allein auf der Grundlage empirisch-statistischer Daten zu beantworten. Abzustellen ist auf sämtliche Versicherungen in Pensionsfonds und Pensionskassen sowie Direktversicherungen. Nicht einzubeziehen sind zertifizierte Altersvorsorgeverträge. Entscheidend ist, ob es nur in atypischen Einzelfällen zur Kapitalabfindung bei Rentenbeginn bzw. zur vorzeitigen Beendigung von Versicherungsverträgen der betrieblichen Altersversorgung kommt. Also ist von Bedeutung, bei welchem Anteil von beendeten Verträgen der betrieblichen Altersversorgung, bei denen es zur Leistung von Einmalzahlungen (Kapitalabfindungen und Auszahlung von Rückkaufswerten) gekommen ist, an der Gesamtheit aller Versicherungen von einer atypischen Situation auszugehen ist.
Zum Zwecke dieser Beurteilung soll auf statistisches Material der Versorgungsträger zur Ermittlung der Verhältnisse am Markt zurückgegriffen werden können.
Empirisch-statistische Auswertung von Daten
Im Nachgang zur Rechtsprechung des BFH, dass das Merkmal der Atypik anhand der empirisch-statistischen Auswertung von Versicherungsverträgen zu bestimmen sei, hat das Finanzgericht Köln beim Statistischen Bundesamt, bei der Verbraucherzentrale Bundesverband, beim GKV-Spitzenverband, bei der aba Arbeitsgemeinschft für betriebliche Altersversorgung und weiteren Institutionen ohne Erfolg versucht, statistische Daten zu erhalten. Als Folge hat das FG Münster nunmehr Bedenken, dass die vom BFH aufgestellten Kriterien zur Beurteilung des Merkmals der Atypik noch Bestand haben können. Die vom FG Münster zugelassene Revision wurde eingelegt. Damit hat der BFH die Gelegenheit, erneut darüber zu entscheiden, wie das Merkmal der Atypik bei Kapitalauszahlungen bestimmt werden kann, da der BFH nach Auffassung des FG Münster bisher (irrtümlich) davon ausgegangen sei, dass statistisches Material über die Häuf...