Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalratsbeschluss. Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 3. Februar 2003
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Befugnis einzelner Personalratsmitglieder (Ersatzmitglieder) Beschlüsse des Personalrats im gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen.
2. Zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Beschlussfassung über einen nicht in der Ladung mitgeteilten Tagesordnungspunkt.
Normenkette
BPersVG § 83 Abs. 1, § 34 Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
VG München (Beschluss vom 03.02.2003; Aktenzeichen 14 P 02.4446) |
Tenor
I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 3. Februar 2003 wird aufgehoben.
II. Der Personalratsbeschluss vom 3. September 2002 (Punkt 5.2) ist unwirksam.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
IV. Der Gegenstandswert wird auf 4.000,– Euro festgesetzt.
Tatbestand
I.
Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob der Personalrat am 3. September 2002 zu einem in der Ladung nicht mitgeteilten Tagesordnungspunkt (5.2 Stellenausschreibungen allgemein) wirksam beschlossen hat, dass freie Stellen so auszuschreiben sind, dass sich alle Gruppen (Beamte/Angestellte/Arbeiter) bewerben können.
Die Antragsteller verneinen das, weil die Personalratsmitglieder weder vor Eintritt in die Tagesordnung noch im Verlauf der Sitzung die Zustimmung zur Behandlung dieses Punktes gegeben hätten.
Die Antragsteller zu 1 und zu 3 sind Mitglieder des Personalrats und befanden sich bei der fraglichen Sitzung in Urlaub. Die Antragsteller zu 2 und zu 4 sind Ersatzmitglieder und haben für die Antragsteller zu 1 und zu 3 an der Personalratssitzung teilgenommen. Sie haben vor der Behandlung des TOP 5.2 – erfolgreich – um Sitzungsunterbrechung gebeten, aber weder vorher noch nach Wiederaufnahme der Sitzung der beschlussmäßigen Behandlung dieses TOP 5.2 förmlich widersprochen.
Die Antragsteller beantragen,
die Unwirksamkeit dieses Beschlusses festzustellen.
Der Beteiligte zu 1 (Personalrat) trat dem Antrag entgegen.
Verspätete Eingänge würden nach allgemeiner Übung der eigentlichen Tagesordnung angehängt und unter einem gesonderten TOP (hier: TOP 5) behandelt. Die erweiterte Tagesordnung werde den Personalratsmitgliedern vor der Sitzung durch Einsicht in die Sitzungsmappe, die hier auch seitens der Antragsteller zu 2 und zu 4 erfolgt sei, zur Kenntnis gegeben. Vor Eröffnung der Personalratssitzung frage der Personalratsvorsitzende üblicherweise das – am 3.9.2002 anfangs vollzählig erschienene – Gremium, ob die verspäteten Eingänge in der Sitzung behandelt werden können. Der Vorsitzende lese jeden verspäteten Eingang mit dem im Betreff genannten Titel laut vor. Nach der Geschäftsordnung (§ 5 Buchst. f) könnten Punkte, die nicht in der Tagesordnung aufgeführt sind, in der Sitzung behandelt werden, wenn sich kein Widerspruch erhebt.
Das Verwaltungsgericht hat die Anträge mit Beschluss vom 3. Februar 2003 als unzulässig abgelehnt.
Die Antragsteller zu 1 und zu 3 hätten keine schutzwürdige personalvertretungsrechtliche Rechtsposition, da ihr Mandat zum maßgeblichen Zeitpunkt urlaubsbedingt geruht habe. Die Antragsteller zu 2 und zu 4 hätten ihre Antragsbefugnis verwirkt, weil sie es nach der Geschäftsordnung selbst in der Hand gehabt hätten, der Behandlung der Angelegenheit zu widersprechen.
Mit ihrer Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Antragsbegehren weiter.
Jedes Personalratsmitglied könne die Unwirksamkeit von Personalratsbeschlüssen gerichtlich geltend machen. Die Geschäftsordnung spreche nur von der Behandlung nicht auf der Tagesordnung aufgeführter Punkte, nicht auch von der Beschlussfassung. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für den Bereich des Betriebsverfassungsgesetzes könne der Mangel, der in der Nichtmitteilung eines TOP in der Ladung liege, nur durch einstimmigen Beschluss der vollständig versammelten Betriebsratsmitglieder geheilt werden. Das müsse hier entsprechend gelten. Bei der Beschlussfassung, die die Antragsteller angreifen (bei der nach der Niederschrift zwei Mitglieder abwesend waren), gelte, wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof für das Personalvertretungsrecht des Landes entschieden habe (vom 14.11.2001, ZfPR 2002, 172), Entsprechendes. Damit sei auch der Antrag der Antragsteller zu 2 und zu 4, die am 3. September 2002 als Ersatzmitglieder tätig gewesen seien, zulässig und begründet. Zudem sei die Behauptung unzutreffend, zu Beginn der Sitzung habe es einen ausdrücklichen Hinweis auf die beabsichtigte Behandlung des TOP 5.2 gegeben. Dazu ergebe sich auch nichts aus der Niederschrift. Auch in der Sitzungsmappe sei jedenfalls zum Zeitpunkt, als die Antragsteller zu 2 und zu 4 Einsicht genommen hätten, zum TOP 5.2 nichts eingelegt gewesen.
Der Beteiligte zu 1 beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Bei der konkreten Fallgestaltung könne man mit dem Verwaltungsgericht die prozessuale Antragsbefugnis bei allen Antragstellern verneinen. Die Anträge seien jedenfalls unbegründet, weil keines der anwesenden Mitglieder des Pers...