Entscheidungsstichwort (Thema)
Kurzarbeitergeldanspruch. betriebliche Voraussetzung. befristete Entsendung inländischer Arbeitnehmer in einen anderen Mitgliedstaat. Leistungen bei Arbeitslosigkeit
Leitsatz (amtlich)
Die kurzzeitige Entsendung eines in Deutschland ansässigen Arbeitnehmers, der hier für die deutsche Niederlassung eines Unternehmens mit Hauptsitz in Österreich arbeitet, in das österreichische Werk steht der Anerkennung der betrieblichen Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld nicht entgegen.
Orientierungssatz
1. Die befristeten Entsendungen inländischer Arbeitnehmer in einen anderen Mitgliedstaat lassen nicht die betrieblichen Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld nach § 171 SGB 3 entfallen.
2. Für die noch geltende Regelung des Art 14 Abs 1 Buchst a EWGV 1408/71 ist anerkannt, dass unter den Begriff Leistungen bei Arbeitslosigkeit die Leistungen fallen, die aufgrund der Arbeitslosigkeit entgehenden Arbeitslohn ersetzen sollen und für den Unterhalt des arbeitslosen Arbeitnehmers bestimmt sind. Hierzu gehört auch das Kurzarbeitergeld. Die Anwendung der Grenzgängerregelung des Art 71 Abs 1 Buchst a Nr i EWGV 1408/71 (Art 65 Abs 1 EGV 883/2004) führt nicht zu einem anderen Ergebnis.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 19. März 2009 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten der Beschwerde zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin gehört zu der Firmengruppe der …, einer österreichischen …-fabrik mit Hauptsitz in A-… und zahlreichen Standorten in Europa. Die Antragstellerin ist eine Kommanditgesellschaft mit Sitz in …. Sie entsandte einen Teil ihrer Arbeitnehmer (56 Arbeiter und 18 Angestellte) in das Werk in A-…, die im Inland sozialversicherungspflichtig und steuerrechtlich gemeldet sind. Nach Angaben ihres Prozessbevollmächtigten liegen die entsprechenden Entsendebescheinigungen (E 101) vor.
Die Antragstellerin beantragte am 21. Januar 2009 bei der Agentur für Arbeit (…) für die entsandten Arbeiter und Angestellten Kurzarbeit. Die Antragsgegnerin gewährte Kurzarbeitergeld für die im Inland tätigen Arbeitnehmer der Antragstellerin, lehnte aber mit Bescheid vom 27. Januar 2009 im Anschluss an mehrmalige telefonische Auskünfte Kurzarbeitergeld für die Betriebsangehörigen der Antragstellerin ab, die im Rahmen des Entsendeauftrags in A-… (Österreich) tätig sind. Es sei ein Arbeitsausfall in Österreich eingetreten, der aufgrund des Territorialitätsprinzips nicht durch beitragsfinanzierte Leistungen des Sozialgesetzbuches III (SGB III) ausgeglichen werden könne. Sie verwarf den dagegen eingelegten Widerspruch der Antragstellerin als unzulässig (Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2009).
Bereits am 4. Februar 2009 hatte die Antragstellerin, nachdem auch der Arbeitsmarktservice … mit Schreiben vom 3. Februar 2009 Kurzarbeitsbeihilfe für die bei der Antragstellerin in P. Angestellten und in A-… (Österreich) tätigen Arbeitnehmer abgelehnt hatte, bei der Antragsgegnerin erneut eine Anzeige über Arbeitsausfall eingereicht. Mit Bescheid vom 11. Februar 2009 lehnte die Antragsgegnerin Kurzarbeitergeld wieder mit der Begründung ab, der Geltungsbereich des SGB III sei auf das Bundesgebiet beschränkt, regte aber die Antragstellung auf Kurzarbeit innerhalb der Ausschlussfrist von drei Monaten an. Sie wies den Widerspruch der Antragstellerin mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2009 zurück. Kurzarbeitergeld sei keine reine Entgeltersatzleistung. Die zu Grunde liegenden Vorschriften des SGB III seien nicht anwendbar, wenn es um einen Arbeitsausfall geht, der in einem Betrieb im Ausland eintritt. Die Grundsätze der deutschen Arbeitsförderung könnten nicht auf Sachverhalte Anwendung finden, die sich außerhalb des Geltungsbereichs des SGB III ereignen. Zuständig für die Gewährung von Leistungen bei Kurzarbeit sei nach dem EG-Recht der Beschäftigungsstaat.
Hiergegen hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Landshut (SG) am 5. März 2009 Klage erhoben und außerdem beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, für 56 Arbeiter und 18 Angestellte, die an die W. S. GmbH entsandt sind, Kurzarbeitergeld zu zahlen. Ein Anordnungsanspruch bestehe, da im Fall der Entsendung von in Deutschland wohnenden Arbeitnehmern in eine im Ausland liegende Betriebstätte das inländische Beschäftigungsverhältnis gefährdet und zur Entlastung des Arbeitsmarkts zu sichern sei. Unabhängig davon folge aus der EWG-Verordnung 883/2004, dass Arbeitnehmer im Falle der Entsendung den Rechtsvorschriften des SGB III unterliegen. Ein Anordnungsgrund ergebe sich aus der Kurzarbeit für die betroffenen Arbeitnehmer sowie dem Umstand, dass der Zeitraum der Arbeitsreduzierung von März bis August 2009 nicht durch Abbau von Überstunden oder Gewährung von Urlaub überbrückt werden könne.
Das SG hat mit Beschluss vom 19. März 2009 die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, das Vorliegen eines erheblichen Arbei...