Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Pflegeversicherung: Halbierung der Leistungen aus der Pflegeversicherung bei einem Anspruch auf beamtenrechtliche Beihilfe beim Hinterbliebenen eines Beamten. Halbierung der Leistung bei Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Pflegeversicherung des Hinterbliebenen eines Beamten. Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung. Freiwillige Mitgliedschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Die Leistungshalbierung nach § 28 Abs. 2 SGB XI gilt auch für die Witwen und Witwer von Beamten und Ruhestandsbeamten, die über einen eigenständigen Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge bei Krankheit und Pflege verfügen.
2. § 28 Abs. 2 SGB XI gilt nicht nur für Beihilfeberechtigte, die freiwillig gesetzlich krankenversichert und deshalb gemäß § 20 Abs. 3 SGB XI pflichtversichert in der sozialen Pflegeversicherung sind, sondern auch für solche Beihilfeberechtigte, die wie die Klägerin pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung und dementsprechend gemäß § 20 Abs. 1 SGB XI auch versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind.
Normenkette
SGB XI § 28 Abs. 2, § 20 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, § 55 Abs. 1 S. 2
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung wird gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 01.06.2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit der Leistungshalbierung nach § 28 Abs. 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) aufgrund eines konkurrierenden Beihilfeanspruchs der Klägerin.
Die 1927 geborene Klägerin war bis zum 01.08.1988 im Angestelltenverhältnis und ist seitdem versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner.
Aufgrund des Todes ihres Mannes, der Beamter war, bezieht die Klägerin seit dem 01.04.1996 eine Witwenbeamtenpension und hat dementsprechend dem Grunde nach Anspruch auf Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen gemäß § 80 des Niedersächsischen Beamtengesetzes vom 25.03.2009 in der Fassung der Änderung vom 17.11.2011 (NBG). Hierüber liegt eine Bescheinigung der Oberfinanzdirektion N. vom 26.06.2013 vor.
Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 NBG haben Beihilfeberechtigte Anspruch auf Beihilfe; Beihilfeberechtigte sind Witwen und Witwer der Beamtinnen und Beamten sowie der Ruhestandsbeamten und Ruhestandsbeamten. § 80 Abs. 2 NBG bestimmt, wer berücksichtigungsfähige Angehörige der Beihilfeberechtigten sind. Dazu zählen insbesondere die Ehegatten; für sie wird jedoch gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 NBG keine Beihilfe gewährt, wenn der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes oder ihrer vergleichbaren ausländischen Einkünfte im zweiten Kalenderjahr vor der Stellung des Beihilfeantrags 18.000 € überstiegen hat. Die Beihilfeberechtigung umfasst gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 NBG insbesondere die Leistungen in Pflegefällen. § 80 Abs. 4 Nr. 2 NBG sieht vor, dass die Beihilfe zusammen mit den aus demselben Anlass zustehenden Leistungen aus einer Pflegeversicherung die dem Grunde nach beihilfefähigen Aufwendungen nicht übersteigen darf.
Am 13.10.2011 beantragte die Klägerin Pflegeleistungen. Dabei gab sie an, dass ein Beihilfeanspruch bestehe. Die Beklagte bewilligte Leistungen unter Berufung auf § 28 Abs. 2 SGB XI nur zur Hälfte.
Mit E-Mail vom 18.06.2015, bei der Beklagten eingegangen am 24.07.2015, beantragte die Klägerin bei der Beklagten die "Vollmitgliedschaft" im Sinne einer Versicherung mit Leistung zu 100 % ab dem 01.08.2015.
Mit Schreiben vom 13.07.2015 legte die Klägerin der Beklagten einen Beihilfebescheid der Oberfinanzdirektion N. vom 02.07.2015 vor, wonach für verschiedene Rechnungen für Hilfsmittel zum Verbrauch trotz eines Bemessungssatzes von 50 % die Beihilfe auf 0 Euro festgesetzt worden war. Als Erläuterung für die Ablehnung finden sich folgende Textbausteine in dem Bescheid: Die Aufwendungen seien nicht beihilfefähig, weil der Nachweis über die Höhe der Erstattung der Pflegekasse nicht vorgelegt worden sei (§ 33 NBhVO), weil die medizinische Notwendigkeit nicht durch Vorlage einer ärztlichen Verordnung nachgewiesen worden sei, die vor Erbringung der Leistung ausgestellt worden sei (§ 5 Abs. 1 NBhVO), und weil der Nachweis der Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. Ersatzkasse nicht vorliege (§ 6 Abs. 3 und § 7 Abs. 1 und 2 NBhVO). Die Klägerin machte geltend, dass die Beihilfe hier verweigert werde aufgrund der Zahlungspflicht der Beklagten.
Mit Schreiben vom 15.07.2015 erklärte die Klägerin gegenüber der Oberfinanzdirektion N. ihren "Austritt" aus der Beihilfe. Gleichzeitig wiederholte sie gegenüber der Beklagten ihren Antrag auf Aufnahme als "Vollmitglied" zum 01.08.2015.
Mit Bescheid vom 24.07.2015 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Durchführung einer Vollmitgliedschaft ohne die Leistungshalbierung nach § 28 Abs. 2 SGB XI ab dem 01.08.2015 ab.
Den dagegen am 03.08.2015 ei...