Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. kein Anspruch des Grundsicherungsträgers gegenüber dem Vermieter auf Erstattung der direkt an den Vermieter ausgezahlten Leistung für die Unterkunft
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Vermieter, dem das Jobcenter die Wohnungsmiete gemäß § 22 Abs 7 SGB 2 direkt überweist, erhält dadurch keinen Leistungsanspruch, nur eine Empfangsberechtigung. Durch die Direktzahlung an den Vermieter erbringt das Jobcenter eine Leistung an den Leistungsberechtigten, dem das Arbeitslosengeld II bewilligt wurde.
2. Wenn die Leistungsbewilligung rechtswidrig ist oder wird, kann das Jobcenter den Bescheid gem §§ 45, 48 SGB 10 gegenüber dem Leistungsberechtigten zurücknehmen oder aufheben und von diesem gemäß § 50 Abs 1 SGB 10 die Erstattung der an den Vermieter überwiesenen Miete verlangen. Den Vermieter kann das Jobcenter nicht gemäß § 50 SGB 10 durch Verwaltungsakt zur Erstattung der Miete verpflichten.
3. Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht wurden oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen stattgefunden haben. Ein Verwaltungsakt ist dazu nicht möglich. Eine spezialgesetzliche Regelung, insbesondere § 50 SGB 10, darf dadurch nicht umgangen werden.
4. Die §§ 44 ff SGB 10 sind ein geschlossenes System für die Aufhebung und Erstattung von zu Unrecht erbrachten Leistungen im Verhältnis zum Leistungsberechtigten und schließen einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegenüber dem Leistungsberechtigten aus.
5. Ob neben diesen Regelungen gegenüber einem Dritten (hier dem Vermieter) ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch bestehen kann, ist fraglich. Dies gilt besonders in Fällen, in denen ein Bewilligungsbescheid vorhanden war, eine Erstattung vom Leistungsberechtigten grundsätzlich möglich wäre und der Empfangsberechtigte von einer Empfangsberechtigung ausgehen konnte. Diese Frage kann für diese Fälle aber offen bleiben, weil der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch keinen Durchgriff auf den Vermieter gestattet. Das Jobcenter kann sich nur an den Leistungsberechtigten wenden, weil es nur zu diesem in einem Leistungsverhältnis steht (sog Vorrang der Leistungskondiktion).
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 2. Mai 2012 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger, ein Jobcenter, von dem beklagten Vermieter eines Empfängers von Arbeitslosengeld II die Rückzahlung einer Wohnungsmiete verlangen kann, die der Kläger dem Vermieter direkt überwiesen hatte.
Herr B., geboren 1989, zog Ende 2006 nach A-Stadt und bezieht seitdem Arbeitslosengeld II vom Kläger. Er mietete von dem Beklagten mit unbefristetem Mietvertrag eine Zweizimmerwohnung mit einer Kaltmiete von 195,- Euro und Nebenkosten von 25,- Euro monatlich. Die Heizkosten für die Nachtspeicheröfen zahlte der Leistungsberechtigte selbst an die Stadtwerke. Die Mutter des minderjährigen Leistungsberechtigten beantragte im Oktober 2006 schriftlich, die Miete direkt an den Vermieter zu überweisen. Dem kam der Kläger nach.
Mit Bescheid vom 17.04.2008 wurde dem Leistungsberechtigten Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.05.2008 bis 31.10.2008 in Höhe von monatlich 463,52 Euro bewilligt. Dabei wurde die Regelleistung von 347,- Euro um das von der Mutter weitergeleitete Kindergeld von 154,- Euro vermindert, 270,52 Euro an Unterkunftskosten anerkannt und davon - wie bisher - 220,- Euro direkt an den Beklagten überwiesen.
Am 23.04.2008 teilte die Mutter des Leistungsberechtigten dem Kläger telefonisch mit, dass ihr Sohn am 01.05.2008 umziehen werde und vorerst bei Freunden, bei seinem Vater oder bei ihr wohnen werde. Mit Telefax vom 29.04.2008 erteilte der Kläger der Postbank den Auftrag, die Miete für Mai 2008 nicht an den Beklagten auszahlen bzw. zurückzubuchen. Dies lehnte die Postbank ab.
Mit Bescheid vom 29.04.2008 wurde die Bewilligung von Arbeitslosengeld II für Mai 2008 gegenüber dem Leistungsberechtigten in Höhe von 270,52 Euro (220,- Euro Miete und 50,52 Euro Heizkosten) aufgehoben und eine Erstattung in Höhe von 270,52 Euro gefordert. Dabei sei vom Vermieter die Miete von 220,- Euro per Bankstorno zurückgerufen worden. Der Leistungsberechtigte habe lediglich die Heizkosten von 50,52 Euro zu erstatten.
Mit Schreiben vom 17.06.2008 forderte der Kläger den Beklagten auf, die Miete für Mai 2008 in Höhe von 220,- Euro an den Kläger zurück zu überweisen. Der Leistungsberechtigten habe im Mai nicht mehr in der Wohnung gelebt. Es sei nicht ausschlaggebend, dass die Wohnung noch nicht geräumt gewesen sei. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe derartige Rückforderungen gegen den Vermieter bestätigt (BayVGH, Urteil vom 06.10.1997, Az. 12 B 94.2291).
Der Beklagte entgegnete, dass der Mietvertrag erst Anfang Mai 2008 gekündigt worden sei und die K...