Frank Müller, Jutta Schwerdle
3.1 Urlaub für das Jahr der Beendigung des Arbeitsverhältnisses festsetzen
3.1.1 Zwölftelung des Urlaubs
Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Laufe des Kalenderjahres steht dem Beschäftigten für jeden vollen Monat, in dem das Arbeitsverhältnis Bestand hatte, ein Zwölftel des Jahresurlaubs zu.
– Ausscheiden in der ersten Hälfte des Kalenderjahres
Zwölftelung des Urlaubs bei Ausscheiden in der ersten Hälfte des Kalenderjahrs
Der Beschäftigte hat Anspruch auf 30 Tage Urlaub im Jahr. Das Arbeitsverhältnis endet durch Auflösungsvertrag zum 15. Juni. Es besteht Anspruch auf 5/12 = 12,5, aufgerundet 13 Tage Urlaub. Der Juni bleibt unberücksichtigt.
– Ausscheiden in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres
Scheidet ein Beschäftigter, der mehr als 6 Monate im Arbeitsverhältnis steht, in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres aus, steht ihm mindestens der gesetzliche Urlaub nach BUrlG von 20 Tagen zu (Umkehrschluss aus § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG). Sie müssen also eine Vergleichsberechnung durchführen zwischen dem gezwölftelten Tarifurlaub und dem gesetzlichen Mindesturlaub.
Vergleichsberechnung bei Ausscheiden in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres
Das Arbeitsverhältnis des seit mehr als 6 Monaten beschäftigten B mit einem Anspruch auf 30 Tage Urlaub endet durch Auflösungsvertrag zum 31. Juli.
Die Zwölftelung des Tarifurlaubs nach § 26 Abs. 2 TVöD/TV-L/TV-H ergibt 7/12 von 30 Tagen = 17,5, aufgerundet 18 Urlaubstage. Sie ist für den Beschäftigten ungünstiger als der nicht gezwölftelte Mindesturlaub nach BUrlG. Dem Beschäftigten stehen mindestens 20 Urlaubstage zu.
Der Beschäftigte hat den zustehenden Urlaub bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu nehmen.
Kann der Urlaub beispielsweise wegen entgegenstehender dringender betrieblicher Gründe oder Krankheit nicht rechtzeitig genommen werden, so ist er abzugelten ((Rest-)Urlaub abgelten).
3.1.2 Zu viel genommener Urlaub
Hat der Beschäftigte vor seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zu viel Urlaub in Anspruch genommen, so ist zu unterscheiden:
– Ausscheiden in der ersten Hälfte des Kalenderjahres
Keine Rückforderung des Urlaubsentgelts für zu viel gewährte Urlaubstage
Das Urlaubsentgelt für die zu viel gewährten Urlaubstage kann nicht zurückgefordert werden, wenn
- der Beschäftigte mehr als 6 Monate im Arbeitsverhältnis stand und somit die Wartezeit erfüllt hat und
- in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres ausscheidet (§ 5 Abs. 3 BUrlG).
Ausscheiden in der ersten Hälfte des Kalenderjahrs
Der seit 3 Jahren in der Einrichtung beschäftigte C nimmt im Januar und Februar seinen gesamten Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. Aus dem Urlaub heraus schickt der dem Arbeitgeber seine Kündigung zum 31.3., sodass aufgrund der Zwölftelungsregelung nur 8 Urlaubstage zustehen würden.
Das Urlaubsentgelt für die zu viel gewährten 22 Urlaubstage kann nicht zurückgefordert werden.
Der Beschäftigte muss sich jedoch den zu viel genommenen Urlaub in einem nachfolgenden Arbeitsverhältnis anrechnen lassen.
– Ausscheiden in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres
Das Rückforderungsverbot hinsichtlich zu viel gewährter Urlaubstage greift nur bei Ausscheiden in der ersten Jahreshälfte. Somit kann bei Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte das Urlaubsentgelt für zu viel gewährten Urlaub zurückgefordert werden (§ 812 Abs. 1 BGB). Dies gilt allerdings nur hinsichtlich der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubstage (Urlaub für das Jahr der Beendigung des Arbeitsverhältnisses festsetzen).
Ausscheiden in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres
Das Arbeitsverhältnis endet durch Auflösungsvertrag zum 31.7. Der Beschäftigte hat 30 Tage Urlaub genommen. Aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stehen dem Beschäftigten 20 Tage gesetzlicher Mindesturlaub zu. Das Urlaubsentgelt für die zu viel gewährten 10 Urlaubstage kann zurückgefordert bzw. mit noch ausstehenden Entgeltansprüchen verrechnet werden.
3.1.3 Sonderfälle der Urlaubsberechnung
Besonderheiten bestehen, wenn der Beschäftigte vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses längere Zeit arbeitsunfähig war. Unter Umständen sind Resturlaubsansprüche aus Vorjahren zu berücksichtigen (Einzelheiten Beitrag Urlaub, sowie Lexikonstichwort Urlaub).
3.2 (Rest-)Urlaub abgelten
3.2.1 Urlaubsabgeltungsanspruch ermitteln
Im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch vorhandene (Rest-)Urlaubsansprüche des Beschäftigten sind abzugelten (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Diese Verpflichtung gilt auch bei einem Wechsel innerhalb des öffentlichen Dienstes. Entgegen einer in der Praxis verbreiteten Annahme ist der nachfolgende Arbeitgeber nicht verpflichtet, die Urlaubstage nachzugewähren, die der Beschäftigte im vorhergehenden Arbeitsverhältnis zu wenig erhalten hat. Unerheblich ist, aus welchem Grund das Arbeitsverhältnis endet.
Abgeltung des (Rest-)Urlaubs
Das Arbeitsverhältnis endet aufgrund einer fristlosen Arbeitgeberkündigung wegen Diebstahls mit Ablauf des 25. August. Zum Stichtag 25. August stehen dem Beschäftigten noch 15 Tage Urlaub zu. Der Beschäftigte kann den Urlaub wegen der fristlosen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr in Anspruch nehmen. Der Urlaub ist abzugelten.
Noch zustehende (Rest-)Urlaubsan...