Bisher bestand Einigkeit zwischen den beteiligten Senaten des BAG, dass allein der zuletzt abgeschlossene befristete Vertrag entscheidend ist für die Frage, ob die Befristung des Arbeitsverhältnisses wegen Fehlens eines sachlich rechtfertigenden Grundes unwirksam ist. Dies gelte selbst dann, wenn der letzte Vertrag aufgrund einer Zweckbefristung enden soll.
Die Arbeitsvertragsparteien bringen, wenn sie im Anschluss an einen befristeten Arbeitsvertrag ihr Arbeitsverhältnis für eine weitere bestimmte Zeit fortsetzen, regelmäßig zum Ausdruck, dass der neue Vertrag in Zukunft allein maßgeblich für ihre Rechtsbeziehung sein soll. In dem Abschluss eines befristeten Vertrags liege zugleich konkludent die vertragliche Aufhebung eines früheren unbefristeten Arbeitsverhältnisses.
Selbst wenn der Mitarbeiter keine Kenntnis von der Tatsache hatte, dass – etwa wegen Fehlens eines sachlichen Grundes – ein früheres Arbeitsverhältnis bereits unbefristet war, berechtige dies nicht zur Anfechtung seiner Willenserklärung bei Abschluss des neuen Vertrags wegen Irrtums nach § 119 BGB. Es liege nur ein unbeachtlicher Motivirrtum vor.
Ausnahmsweise sei der vorletzte Vertrag zu prüfen, wenn der letzte Vertrag sich nur als unselbstständiger Annex des vorangegangenen befristeten Vertrags darstellt. Wird lediglich der Endzeitpunkt eines befristeten Vertrags geringfügig korrigiert, so muss der fortdauernde Sachgrund des vorangehenden Vertrags für die Befristungskontrolle entscheidend sein.
Der Endzeitpunkt eines mit Drittmitteln finanzierten Arbeitsverhältnisses wird an die Laufzeit der Mittel angepasst, weil noch ein vorhandener Rest aufgebraucht werden soll.
Die Arbeitsvertragsparteien können jedoch auch in einem nachfolgenden befristeten Vertrag dem Arbeitnehmer das Recht vorbehalten, die Wirksamkeit der vorangegangenen Befristung überprüfen zu lassen.
Dieser Vorbehalt – der ausdrücklich oder durch schlüssiges Handeln vereinbart sein kann – führt dazu, dass vom Gericht auch die vorherige Befristung auf ihre Zulässigkeit überprüft wird. Diese Folgerung wurde vom BAG in einer neueren Entscheidung ausdrücklich bestätigt.
Der "Vorbehalt" muss vertraglich vereinbart sein. Ein einseitig erklärter Vorbehalt des Arbeitnehmers genügt nicht.
Der Arbeitgeber ist zur Vereinbarung eines derartigen Vorbehalts grundsätzlich nicht verpflichtet. Lehnt der Arbeitgeber den Antrag des Arbeitnehmers, den Anschlussvertrag unter Vorbehalt abzuschließen, ab und hält er an seinem zuvor unterbreiteten Angebot auf vorbehaltlosen Abschluss des weiteren befristeten Arbeitsvertrags fest, liegt hierin keine Maßregelung i. S. d. § 612a BGB.
Allein letzter Vertrag entscheidend? Vorlagebeschlüsse an den EuGH
Das LAG Köln hielt es für kaum gerechtfertigt, wenn ausschließlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Abschlusses des letzten Verlängerungsvertrags abgestellt wird, ohne zu berücksichtigen, wie viele befristete Verträge diesem Vertrag bereits vorangegangen waren.
Das BAG selbst hatte Bedenken, ob auch bei einer größeren Anzahl von Vertretungsfällen allein geprüft werden darf, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag.
Im konkreten Fall wurden mit einer Justizangestellten 13 befristete Verträge zur Vertretung für Elternzeit und Sonderurlaub anderer Mitarbeiter über einen Zeitraum von 11 ½ Jahren geschlossen. Das BAG hatte deshalb diese Frage dem EuGH vorgelegt (näher unten Ziffer 5.4.5).