Das BAG verlangt bei Abschluss eines jeden befristeten Vertrages, auch der vergangenen, eine Prognose des Arbeitgebers, nach dem jeweils vorgesehenen Vertragsablauf werde kein Bedürfnis, keine Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers mehr bestehen.
Diese Prognose stelle sich mit steigender Zahl der befristeten Arbeitsverträge immer häufiger als letztlich unzutreffend heraus.
Bei Abschluss des allein entscheidenden letzten Vertrages muss die Prognose des Arbeitgebers, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers über das vorgesehene Vertragsende hinaus sei endgültig nicht mehr möglich, abhängig von der Zahl und Dauer der Beschäftigungen einer verschärften Prüfung standhalten.
Dies bedeutet, dass die Vorhersehbarkeit des jeweils neuen Befristungsgrundes eine ganz entscheidende Rolle spielt
- Insofern gewinnt die frühere Rechtsprechung nach der auch länger dauernde Mehrfachbefristungen zulässig waren, wenn für die einzelnen Glieder der Kette jeweils ein neuer selbständiger Befristungsgrund vorliegt, an Bedeutung: War der neue selbständige Befristungsgrund für den Arbeitgeber nicht vorhersehbar, so ist die vom Arbeitgeber geforderte Prognose, der jeweilige befristete Vertrag sei der letzte, ohne weiteres zu erbringen.
Die im Urlaub befindliche Mitarbeiterin verunglückt gegen Ende des Urlaubs, wird dadurch arbeitsunfähig und geht nach Ablauf der Arbeitsunfähigkeit in Mutterschutz.
Nach Geburt des Kindes entscheidet sie sich, Erziehungsurlaub abwechselnd mit ihrem Mann in zwei Etappen zu nehmen.
Hier liegen vier verschiedene, für den Arbeitgeber jeweils unvorhersehbare Befristungsgründe vor: Urlaubsvertretung, Krankheitsvertretung, Mutterschutzvertretung, Vertretung für Erziehungsurlaub. Sämtliche fünf befristeten Verträge wären sachlich gerechtfertigt, ein Kettenarbeitsverhältnis ist nicht gegeben.
Bei einer Mehrfachbeschäftigung des Arbeitnehmers mit jeweils dem gleichen sachlichen Grund wird es für den Arbeitgeber dagegen sehr schwer, nachzuweisen, dass in jedem Einzelfall eine Prognose erfolgt ist, nach der eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers über das Enddatum nicht mehr möglich gewesen sei.
Bei Abschluss des allein entscheidenden letzten Vertrages müsste er darlegen, dass diese Beschäftigungsmöglichkeit gerade mit Ablauf des letzten Vertrages entfallen werde.
Wird ein Mitarbeiter für verschiedene Forschungsprojekte über mehr als sechs Jahre insgesamt fünfmal befristet eingestellt und mit gleichartigen Tätigkeiten beschäftigt, so wird die Prognose, es werde kein Anschlussprojekt geben, dessen Finanzierung gesichert ist und in dem der Mitarbeiter benötigt werde, kaum noch möglich sein.
Bei Arbeitnehmern, die im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen vom Arbeitsamt wiederholt jeweils befristet einem Arbeitgeber nach §§ 91 ff. AFG zugewiesen werden, gelingt die Prognose, es könne kein weiterer Vertrag mit dem Arbeitnehmer geschlossen werden, wenn die finanzielle Förderung durch das Arbeitsamt entfällt. Es sei aus wirtschaftlichen Gründen eine einleuchtende Entscheidung, das Arbeitsverhältnis nur für die Zeit abzuschließen, in welcher Zuschüsse aus Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit gezahlt werden.
Entsprechend den jeweiligen Zuweisungen durch das Arbeitsamt wurden mit einer Angestellten in einem Zeitraum von knapp zwei Jahren fünf befristete Arbeitsverträge nach der SR 2y BAT abgeschlossen. Als das Arbeitsamt von einer nochmaligen finanziellen Zuweisung absah, war der Arbeitgeber nicht mehr zu einer Weiterbeschäftigung bereit.
Schließlich berücksichtigt das BAG, dass die schutzbedürftigen Interessen des Arbeitnehmers mit dem längeren Bestand seiner Betriebszugehörigkeit wachsen.
Letztlich bedeutet dies, dass bei einer Vielzahl aufeinander folgender befristeter Verträge eine noch so gute sachliche Rechtfertigung des letzten Vertrages – wie etwa eine Krankheitsvertretung – nicht mehr ausreicht.
Im oben geschilderten Fall hätte ein verständiger Arbeitgeber die Angestellte nur mit befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt. Die Förderung durch die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme sei stets kurzfristig und aus der konjunkturellen Situation heraus geschlossen worden. Ein Vertrauenstatbestand zugunsten der Angestellten ist nicht geschaffen worden. Da die Angestellte nicht mit Daueraufgaben, sondern nur jeweils im Rahmen des geförderten Projektes beschäftigt wurde, konnte sie nicht erwarten, dass ihr Vertrag immer wieder verlängert würde.
Gerade bei Mehrfachbefristungen ist es gefährlich, den Arbeitnehmer mit Daueraufgaben zu beschäftigen, da allein dadurch ein Vertrauenstatbestand zugunsten des Mitarbeiters entsteht. Der Mitarbeiter kann davon ausgehen, seine Tätigkeit werde auf Dauer benötigt.