BAG, Urteil v. 13.12.2018, 2 AZR 378/18
Der erforderliche Inhalt der Anhörung und die Dauer der Frist für eine Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 SGB IX a. F. (= seit dem 1.1.2018: § 178 Abs. 2 SGB IX) richten sich nach den für die Anhörung des Betriebsrats geltenden Grundsätzen (§ 102 BetrVG). Die Kündigung ist nach § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX a. F. (= § 178 Abs. 2 n. F.) nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte die Schwerbehindertenvertretung erst nach Abschluss des Verfahrens vor dem Integrationsamt und nach Anhörung des Betriebsrats beteiligt habe.
Sachverhalt
Im Dezember 2016 beantragte die Beklagte die behördliche Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin, die einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt war. Nachdem das Integrationsamt die Zustimmung mit Bescheid vom 20.2.2017 erteilt hatte, hörte die Beklagte mit Schreiben vom 7. bzw. 15.3.2017 den Betriebsrat sowie die Schwerbehindertenvertretung zu ihrer Beendigungsabsicht an. Am 24.3.2017 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 30.9.2017. Diese erhob Kündigungsschutzklage.
Die Entscheidung
Während die Vorinstanzen der Klage stattgaben, hob das BAG das Berufungsurteil auf und hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückverwiesen; denn dieses hatte nach Auffassung des BAG zu Unrecht angenommen, die Kündigung sei nach § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX a. F. deshalb unwirksam, weil die Beklagte die Schwerbehindertenvertretung erst nach Abschluss des Verfahrens vor dem Integrationsamt und nach Anhörung des Betriebsrats beteiligt hatte.
Das Gericht führte hierzu aus, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen, die ein Arbeitgeber ohne Anhörung der Schwerbehindertenvertretung ausspricht, gem. § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX a. F. (= seit dem 1.1.2018: § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX) unwirksam sei. Hierbei richteten sich der erforderliche Inhalt der Anhörung sowie die Dauer der Frist für eine Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung nach den für die Anhörung des Betriebsrats geltenden Grundsätzen (§ 102 BetrVG). Allerdings sei, so das BAG, die Kündigung nicht allein deshalb unwirksam, weil der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung entgegen § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a. F. (= seit dem 1.1.2018: § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX) nicht unverzüglich über seine Kündigungsabsicht unterrichtet oder ihr das Festhalten an seinem Kündigungsentschluss nicht unverzüglich mitgeteilt habe.
Mangels ausreichender Feststellungen konnte das BAG die Wirksamkeit der Kündigung nicht abschließend beurteilen, sodass die Sache zurückzuverweisen war.