Der Vorsitzende oder im Fall seiner Verhinderung dessen Stellvertreter vertritt den Betriebsrat im Rahmen der von ihm (dem Betriebsrat!) gefassten Beschlüsse. Zur Entgegennahme von Erklärungen, die dem Betriebsrat gegenüber abzugeben sind, ist der Vorsitzende oder im Fall seiner Verhinderung sein Stellvertreter berechtigt (§ 26 Abs. 3 BetrVG).

Der Vorsitzende kann also nur im Rahmen der vom Betriebsrat gefassten Beschlüsse rechtsgeschäftliche Erklärungen mit verbindlicher Wirkung für und gegen den Betriebsrat abgeben. Grundsätzlich entscheidet er nicht allein.

Besondere Befugnisse sind ihm in bestimmten Angelegenheiten allerdings durch das Gesetz eingeräumt:

Gem. § 27 Abs. 4 BetrVG können Betriebsräte mit weniger als 9 Mitgliedern die folgenden laufenden Geschäfte auf den Vorsitzenden (aber auch auf andere Betriebsratsmitglieder) übertragen.

Kraft ihrer Ämter sind der Vorsitzende und sein Stellvertreter Mitglied im Betriebsausschuss (§ 27 Abs. 1 BetrVG)

Zudem können dem Vorsitzenden durch die Geschäftsordnung oder durch speziellen Einzelauftrag weitere Aufgaben übertragen werden. Dies gilt aber nur für bestimmte Angelegenheiten, wenn der Betriebsrat im voraus bindende Weisungen oder Richtlinien beschließt, die sich häufig wiederholende Fälle betreffen.

Der Betriebsratsvorsitzende (im Verhinderungsfall der Stellvertreter) ist der alleinige Ansprechpartner, wenn Anträge an den Betriebsrat herangetragen werden (§ 26 Abs. 3 S. 2 BetrVG).

 
Praxis-Beispiel

Der Arbeitgeber möchte Herrn Müller kündigen. Er teilt dem Betriebsratsmitglied Bauer die Kündigungsabsicht mit und dazu alle relevanten Daten und Fakten. Nachdem der Betriebsrat über eine Woche lang nichts von sich hören lässt, kündigt der Arbeitgeber.

Die Kündigung ist nach § 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG unwirksam, weil der "Betriebsrat" nicht gehört worden ist.

 
Praxis-Tipp
 
Schreiben sind zu richten: An den Betriebsrat
  zu Händen des Vorsitzenden

Gegenbeispiel:

Der Arbeitgeber teilt dem Betriebsratsvorsitzenden die Kündigungsabsicht und die dazu gehörenden Daten und Fakten mit. Dieser vergisst die Angelegenheit und führt deshalb auch keine Beratung mit dem Betriebsrat durch.

Der Arbeitgeber kann hier nach einer Woche kündigen, ohne dass die Kündigung nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam ist.

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge