LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7.3.2023, 8 Sa 371/21
Auch bei Ärzten, die eine Weiterbildung zum Facharzt bereits in einem anderen Arbeitsverhältnis begonnen haben oder sich eine (2.) Weiterbildung zum Facharzt wünschen, ist eine Befristung nach § 14 TzBfG grundsätzlich möglich, wenn die Beschäftigung nach dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarung nicht der Weiterbildung zum Facharzt dient. Bestreitet der Beschäftigte, dass ihm der Vertrag zur Verlängerung einer sachgrundlosen Befristung rechtzeitig vor dem Ablauf der vorangehenden Befristung zugegangen ist, hat der Arbeitgeber die Verlängerung i. S. d. § 14 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 TzBfG zu beweisen.
Sachverhalt
Der Kläger war bei der Beklagten, einer Reha-Klinik für Psychosomatik, beschäftigt. Er hatte vor Beginn des Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten eine Weiterbildung zum Facharzt begonnen und bewarb sich bei ihr als "fortgeschrittener Assistenzarzt". Vor der Unterzeichnung eines zunächst befristeten Arbeitsvertrags hatten die Parteien intensiv über die Vertragskonditionen verhandelt, da der Kläger eine Beschäftigung zur Weiterbildung erreichen wollte, was jedoch im unterzeichneten Arbeitsvertrag keine Berücksichtigung fand. Auch während des Arbeitsverhältnisses forderte der Kläger, ihm eine Weiterbildung zu ermöglichen, was die Beklagte weiterhin ablehnte. Diese war bis zuletzt der Auffassung, sie beschäftige den Kläger nicht zur Weiterbildung und habe deshalb das Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund gem. § 14 Abs. 2 TzBfG befristen dürfen. Der Kläger vertrat dagegen die Auffassung, er habe einen Anspruch gegen die Beklagte, als Arzt in Weiterbildung beschäftigt zu werden. Den letzten befristeten Arbeitsvertrag hatten die Parteien bis zum Ablauf des 31.12.2020 verlängert. Nun war zwischen den Parteien streitig, wann die Beklagte diesen ihrerseits unterzeichneten und auf den 11.2.2020 datierten Verlängerungsvertrag ins Postfach des Klägers eingelegt hatte. Der Kläger beantragte u. a. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 31. Dezember geendet habe und er als Assistenzarzt in Weiterbildung weiter zu beschäftigen sei.
Die Entscheidung
Die Klage des Arztes hatte vor dem LAG insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Befristung des Arbeitsverhältnisses richtete.
Das LAG führte aus, dass sich die Wirksamkeit der Befristung vorliegend nach § 14 Abs. 2 TzBfG richte; das ÄArbVtrG finde im vorliegenden Fall keine Anwendung. Zwar sei § 14 Abs. 2 TzBfG nicht anwendbar, wenn die Parteien in einem befristeten Arbeitsvertrag vereinbaren, dass die Beschäftigung eines approbierten Arztes seiner Weiterbildung zu einem der in § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG genannten Weiterbildungszielen diene. Die Beschäftigung des Klägers diente jedoch vorliegend nicht seiner Weiterbildung zum Facharzt als einem der in § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG genannten Weiterbildungsziele. Dies ergebe die Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien; denn eine wirksame Befristung nach § 1 ÄArbVtrG erfordere, dass die Tätigkeit des Klägers tatsächlich der Weiterbildung diene und diesem die für seine Weiterbildung erforderliche Ableistung der einzelnen Weiterbildungsabschnitte ermöglicht werde. Hierbei sei nicht auf die tatsächlich erfolgte Beschäftigung während der Vertragslaufzeit abzustellen, sondern auf die Planungen im Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrags. Sei bei Vertragsschluss nicht die Prognose gerechtfertigt, dass die beabsichtigte Beschäftigung des Klägers als Arzt durch eine zeitlich und inhaltlich strukturierte Weiterbildung zum jeweiligen Weiterbildungsziel geprägt sein werde, bestehe kein nach § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG anerkennenswertes Interesse des Arbeitgebers am Abschluss eines nur befristeten Arbeitsvertrags.
Da nach Auffassung des LAG vorliegend die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG nicht vorlagen, war die wirksame Befristung anhand des § 14 Abs. 2 TzBfG zu prüfen. Und hier verneinte das Gericht die wirksame Verlängerung der sachgrundlosen Befristung. Es führte aus, dass die Verlängerung gem. § 14 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 TzBfG voraussetze, dass das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts noch vor Abschluss der Laufzeit des bisherigen Vertrags in schriftlicher Form vereinbart werde und der Vertragsinhalt ansonsten unverändert bleibe. Andernfalls liege keine Verlängerung vor, sondern der Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, der nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG nur mit Sachgrund zulässig sei. Hierbei habe der Arbeitgeber die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zu beweisen. Der Kläger hatte vorliegend den Vortrag der Beklagten bezüglich der Rechtzeitigkeit der Befristungsverlängerung ordnungsgemäß bestritten. Er hatte vorgetragen, er wisse nicht mehr, wann ihm der bereits von den Vertretern der Beklagten unterzeichnete, aber noch nicht datierte Änderungsvertrag vorgelegt worden sei. Zwar sei, so das LAG weiter, nach § 138 Abs. 4 ZPO eine Erklärung mit Nichtwissen nur über Tatsachen zulässig, die weder ...