11.14.1 Rechtsgrundlage
Thüringer Bildungsfreistellungsgesetz (ThürBfG) vom 15.7.2015 (GVBl. 2015, 114).
11.14.2 Persönlicher Geltungsbereich
Anspruchsberechtigt sind
- Arbeitnehmer,
- die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten,
- die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen gleichgestellten Personen,
- Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind,
- Personen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
soweit ihre Arbeitsstätte in Thüringen liegt oder ihr Arbeitgeber seinen Betriebssitz in Thüringen hat.
Das Gesetz gilt entsprechend für Beamte i. S. d. § 1 des Thüringer Beamtengesetzes und für Richter i. S. d. § 2 Abs. 1 des Thüringer Richtergesetzes.
11.14.3 Freistellungsrelevante Themen
Die Freistellung kann nur für Veranstaltungen auf den Gebieten der gesellschaftspolitischen, arbeitsweltbezogenen oder ehrenamtsbezogenen Bildung erfolgen.
11.14.4 Umfang des Anspruchs
11.14.4.1 Dauer
Der Anspruch auf Bildungsfreistellung beträgt bei einer 5-Tage-Woche 5 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres. Wird regelmäßig an mehr oder weniger als 5 Tagen in der Woche gearbeitet, ist die durchschnittliche Anzahl der Wochenarbeitstage im Kalenderjahr für die anteilige Berechnung des Anspruchs maßgebend. Auszubildende haben einen Anspruch von 3 Arbeitstagen innerhalb eines Kalenderjahres.
11.14.4.2 Anrechnung
Bei einem Arbeitsplatzwechsel wird eine schon gewährte Freistellung auf den Anspruch gegenüber dem neuen Arbeitgeber angerechnet. Zudem ist eine Anrechnung von Freistellungen zur Teilnahme an Bildungsveranstaltungen, die auf Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, tarifvertraglichen Regelungen, betrieblichen Vereinbarungen sowie sonstigen vertraglichen und betrieblichen Regelungen beruhen, möglich, wenn sie den Zielen des Gesetzes entsprechen. Dies gilt auch für solche Bildungsveranstaltungen, die der Arbeitgeber organisiert und an denen der Beschäftigte auf Vorschlag des Arbeitgebers teilnimmt, sofern dieser zuvor auf die Anrechnungsmöglichkeit hingewiesen hat.
11.14.5 Wartezeit
Ein Anspruch auf Bildungsfreistellung entsteht nach 6-monatigem Bestehen des Beschäftigungsverhältnisses. Schließt sich ein Beschäftigungsverhältnis unmittelbar an ein Beschäftigungsverhältnis oder ein Ausbildungsverhältnis bei demselben Arbeitgeber an, ist für das Entstehen des Anspruchs der Beginn des vorhergehenden Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses maßgebend.
11.14.6 Verfahren
11.14.6.1 Frist und Form
Der Anspruch muss spätestens 8 Wochen vor Beginn der Bildungsveranstaltung schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden. Dem Antrag ist eine Bescheinigung des Trägers der Bildungsveranstaltung über das Vorliegen der Anerkennung beizufügen. Der Arbeitgeber muss der/dem Anspruchsberechtigten seine Entscheidung spätestens 4 Wochen nach Antragstellung mitteilen. Lehnt der Arbeitgeber den Antrag ab, so hat er die Gründe schriftlich zu erläutern, anderenfalls gilt der Antrag als genehmigt.
11.14.6.2 Einschränkungen
In Kleinbetrieben mit weniger als 5 Beschäftigten besteht kein Anspruch auf Bildungsfreistellung. Außerdem kann die Freistellung vom Arbeitgeber abgelehnt werden, wenn
- die/der Anspruchsberechtigte die Frist nicht eingehalten hat,
- dringende betriebliche Belange (z. B. wirtschaftliche Schwierigkeiten) oder
- genehmigte Urlaubsanträge anderer Beschäftigter entgegenstehen.
Eine Ablehnung ist auch möglich, wenn in Betrieben von Unternehmen mit bis zu 25 Beschäftigten bereits 5 Arbeitstage für Bildungsfreistellung in Anspruch genommen worden sind oder wenn der Arbeitgeber deren Inanspruchnahme zugestimmt hat. Bei 26 bis 50 Beschäftigten kann der Arbeitgeber ab der Inanspruchnahme von 10 % der im Betrieb möglichen Freistellungstage (Beschäftigte mal 5) ablehnen; ab 50 Mitarbeitern dürfen bis 20 % der Beschäftigten Bildungsurlaub nehmen.
Der Arbeitgeber kann seine Zustimmung zur Inanspruchnahme der Bildungsfreistellung zurücknehmen, wenn nicht vorhersehbare betriebliche Gründe (z. B. Krankheit anderer Beschäftigter) eingetreten sind, deren Vorliegen eine Ablehnung ermöglicht hätte.
11.14.6.3 Übertragbarkeit
Der Freistellungsanspruch kann auf Antrag des Beschäftigten einmalig aus dem Jahr seiner Entstehung in das Folgejahr übertragen werden. Die Übertragung erfolgt nur in dem Umfang, wie der Arbeitgeber eine im laufenden Kalenderjahr beantragte Bildungsfreistellung aus den unter Ziffer 11.14.6.2 aufgeführten Gründen abgelehnt oder seine Zustimmung zu einer Bildungsfreistellung zurückgenommen hat.