Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung der Wiedereinsetzung
Leitsatz (amtlich)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht stillschweigend, sondern nur durch eine eindeutig verlautbarte Entscheidung gewährt werden.
Normenkette
SGG § 67 Abs. 1, 4 S. 1
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 22.12.2006; Aktenzeichen L 6 U 403/05) |
SG Aurich (Entscheidung vom 14.10.2005; Aktenzeichen S 3 U 10/03) |
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 2 iVm § 169 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫). Der Kläger hat zur Begründung der Beschwerde entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG keinen Zulassungsgrund iS des § 160 Abs 2 SGG (grundsätzliche Bedeutung, Abweichung oder Verfahrensmangel) schlüssig dargelegt oder bezeichnet.
Der Kläger hat in seiner Beschwerdebegründung keinen dieser Zulassungsgründe ausdrücklich benannt. Er rügt jedoch, das LSG habe seine Berufung wegen Versäumnis der Klagefrist zurückgewiesen, obwohl das Sozialgericht (SG) seine Klage nicht als verspätet angesehen habe und ihm damit konkludent Wiedereinsetzung gewährt habe. Dies ist als Rüge eines Verfahrensmangels wegen einer Verletzung des § 67 SGG über die Wiedereinsetzung iVm § 87 SGG über die Klagefrist anzusehen.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auf Antrag zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten (§ 67 Abs 1 SGG). Eine solche Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann jedoch nicht stillschweigend, sondern nur durch eine eindeutig verlautbarte Entscheidung gewährt werden (vgl für das verwaltungsgerichtliche Verfahren BVerwGE 59, 302; BVerwG vom 22. November 1994 - 6 B 29/94 - NVwZ-RR 1995, 232). § 67 SGG verlangt in seinem Absatz 4 schon durch die Formulierung "entscheidet das Gericht" eine solche ausdrückliche, vom Willen des Gerichts getragene Entscheidung. Auch angesichts der Bedeutung der Entscheidung für das weitere Verfahren ist ein klare und eindeutig zum Ausdruck kommende Entscheidung des Gerichts erforderlich, um jeden Zweifel darüber auszuschließen, dass das Gericht die Frage der Notwendigkeit einer Wiedereinsetzung erkannt und den Willen hatte, Wiedereinsetzung zu gewähren. Enthält die Entscheidung des SG keine Aussage zu einer möglichen Wiedereinsetzung, sei es, dass das SG die Fristversäumnis nicht bemerkt oder über die Wiedereinsetzung nicht entschieden hat, so kann in diesem Schweigen des SG keine Willensäußerung oder Entscheidung gesehen werden. Eine konkludente Wiedereinsetzung entsprechend der Ansicht des Klägers, weil das SG die Frage der Zulässigkeit der Klage nicht weiter erörtert, sondern in der Sache entschieden habe, scheidet damit aus.
Da der vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung nicht zu folgen ist, mangelt es an der Darlegung der rechtlichen Voraussetzungen eines Verfahrensmangels. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger eine ausdrückliche Entscheidung oder Willensäußerung des SG über die Wiedereinsetzung in die Klagefrist nicht vorgetragen hat.
Weitere mögliche Verfahrensmängel, auf denen das Urteil des LSG beruhen könnte, sind der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Insbesondere hat der Kläger keine Gesichtspunkte vorgebracht, die auf ein Übergehen von Wiedereinsetzungsgründen, die er geltend gemacht habe, oder eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 des Grundgesetzes, § 62 SGG) hindeuten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
NZS 2008, 224 |
HzA aktuell 2007, 50 |