Verfahrensgang

SG Nürnberg (Entscheidung vom 16.04.2018; Aktenzeichen S 11 KR 118/18)

Bayerisches LSG (Urteil vom 22.06.2021; Aktenzeichen L 20 KR 271/18)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. Juni 2021 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin eine Verbescheidung des Antrags ihrer (damaligen) Bevollmächtigten vom 4.6.2015. Darin forderten jene die Beklagte auf, das Urteil des Bayerischen LSG vom 10.7.2014 (L 17 U 510/13) umzusetzen. Das SG Nürnberg hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 16.4.2018). Die Untätigkeitsklage sei bereits unzulässig, weil über den Antrag der Klägerin bereits entschieden sei. Diese Entscheidung sei Gegenstand eines Klageverfahrens vor dem SG Nürnberg (S 11 KR 89/15). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 22.6.2021). Der mit der Untätigkeitsklage verfolgte Antrag der Klägerin ziele auf Durchführung der Mitgliedschaft ab 6.7.2010. Diese Frage sei im rechtshängigen Verfahren S 11 KR 89/15 (nunmehr beim Bayerischen LSG L 20 KR 397/18) zu klären. Ein weiterer Rechtsstreit in derselben Angelegenheit sei nicht zulässig. Dies gelte auch für eine (weitere) Verbescheidung. Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.

II

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. In der Begründung des Rechtsmittels ist entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG kein Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

In der Beschwerdebegründung vom 9.11.2021 behauptet die Klägerin das Vorliegen des Zulassungsgrundes des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Einen entscheidungserheblichen Verfahrensfehler zeigt sie allerdings nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise auf.

Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (zu den Anforderungen an die Bezeichnung eines solchen Verfahrensmangels s exemplarisch BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4; BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 4 - jeweils mwN; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX, RdNr 202 ff). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann sich der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG stützen. Ferner kann die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Prüfungsmaßstab ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG (vgl BSG Beschluss vom 14.5.2007 - B 1 KR 21/07 B - juris RdNr 18 mwN; BSG Urteil vom 28.5.1957 - 3 RJ 219/56 - SozR Nr 79 zu § 162 SGG; BSG Beschluss vom 31.1.1979 - 11 BA 166/78 - SozR 1500 § 160 Nr 33). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn er hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargelegt wird, sodass das BSG allein anhand der Beschwerdebegründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht. Dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Die Klägerin führt aus:

"Die Klägerin rügt mit ihrer Beschwerde, die Fehlbeurteilung durch das erstinstanzliche SG, indem dort ungeprüft davon ausgegangen wird, dass über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 04.06.2015 auf Umsetzung des Urteils des Bay. LSG vom 10.07.2014 - Az. L 17 U 510/13 bereits entschieden worden ist, unter dem Az. S 11 KR 89/15. Dies hat das Berufungsgericht ungeprüft übernommen. Die Beschwerdeführerin rügt, dass unter dem Az. L 20 KR 397/18 - Verletzung der Gewaltenteilung vorliegt, indem das Berufungsgericht eine Auslegung vornimmt, was die Beschwerdeführerin mit ihrem Antrag meinte, da kein Antrag nach Auffassung der Beschwerdeführerin explizit mit Datum zu benennen ist, hierin sieht die Beschwerdeführerin die Verkennung das über den Antrag auf Umsetzung des Bay. LSGs, Urteil Az. L 17 U 510/13 vom 10.07.2014 tatsächlich noch nicht entschieden worden ist.

Die Beschwerdeführerin rügt insoweit auch die damit verbundene Verkennung ihres Rechtsschutzbedürfnisses.

(…) Nach ausdrücklicher Ansicht der Beschwerdeführerin hat das Berufungsgericht völlig verkannt, dass das Gericht im Rahmen der Gewaltenteilung hierfür nicht zuständig ist und dies auch mit der Untätigkeitsklage gemäß § 88 Abs. 1 SGG nicht anstelle der Beklagten im Verwaltungsverfahren vorgenommen werden darf."

Soweit die Klägerin als einzige Norm § 88 Abs 1 SGG benennt, lassen ihre Ausführungen bereits nicht erkennen, weshalb das LSG dagegen verstoßen haben sollte. Der wiederholte Hinweis auf die "Gewaltenteilung" ist ebenso wenig nachzuvollziehen wie die Behauptung, ihr Rechtsschutzbedürfnis sei verkannt worden. Sollte die Klägerin geltend machen wollen, es liege keine anderweitige Rechtshängigkeit des Streitgegenstands vor, ist ein Verfahrensfehler ebenfalls nicht aufgezeigt. Sie geht in der Beschwerdebegründung auf eine (vermeintlich) fehlende Identität der Streitgegenstände nicht ein. Soweit die Klägerin im Kern ihres Vorbringens eine "Fehlbeurteilung" der Vorinstanzen behauptet, kann die darin liegende Behauptung, die Entscheidung des Berufungsgerichts sei inhaltlich unrichtig, im sozialgerichtlichen Verfahren nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Heinz                                        Bergner                                          Beck

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15116883

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