Verfahrensgang
SG Konstanz (Entscheidung vom 29.08.2017; Aktenzeichen S 4 R 421/17) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 30.07.2020; Aktenzeichen L 7 R 3685/17) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. Juli 2020 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Im Streit steht die Gewährung einer Rente im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X.
Der Rentenversicherungsträger (RV-Träger) hat eine Überprüfung abgelehnt. Das SG hat die Rechtsauffassung des RV-Trägers bestätigt (Gerichtsbescheid vom 29.8.2017). Das LSG hat die Berufung des Klägers hiergegen zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen (Urteil vom 30.7.2020).
Gegen letzteres wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde an das BSG. Als Zulassungsgründe macht er eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und rügt Verfahrensmängel des LSG (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
II
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG vom 30.7.2020 ist unzulässig. In der Beschwerdebegründung vom 25.9.2020 werden Zulassungsgründe nicht formgerecht iS des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargelegt. Dies betrifft sowohl die geltend gemachten Verfahrensmängel in der Gestalt der gerügten Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das Berufungsgericht (Verstoß gegen § 103 SGG), Gehörsverletzung (Verstoß gegen § 62 SGG iVm Art 103 GG), des Verstoßes gegen Denkgesetze bei der Beweiswürdigung (§ 128 SGG) als auch die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).
Der Kläger lässt bereits offen, wozu konkret er eine revisionsgerichtliche Entscheidung für erforderlich hält. Er beschränkt sich zudem darauf, eine Vielzahl von Einzelaspekten aufzuführen, ohne ihre Begründung zu systematisieren und zu strukturieren. Die Ausführungen zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde müssen aber ein Mindestmaß an Klarheit und Verständlichkeit aufweisen (vgl BSG Beschluss vom 3.11.2010 - B 6 KA 35/10 B - juris mwN). Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts aus einem Gemenge das herauszusuchen, was möglicherweise - bei wohlwollender Auslegung - zur Begründung der Beschwerde geeignet sein könnte (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 mwN). Ist der Inhalt einer Beschwerdebegründung nicht oder nur sehr schwer verständlich, liegt eine ordnungsgemäße Begründung nicht vor; denn der in den Verfahren vor dem BSG nach § 73 Abs 4 SGG bestehende Vertretungszwang soll gerade sicherstellen, dass der Inhalt der Beschwerdebegründung und das Begehren des Beschwerdeführers vom Beschwerdegericht ohne großen Aufwand zu ermitteln ist. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
So stellt der Kläger nicht einmal zumindest in gedrängter Form dar, was Streitgegenstand der Entscheidung ist, welche Feststellungen das LSG insoweit getroffen, auf welche Beweisergebnisse es sich im Einzelnen gestützt hat und welche materiell-rechtliche Rechtsauffassung der Entscheidung des LSG zugrunde liegt. Dies erschließt sich auch aus der Gesamtschau der Beschwerdebegründung nur rudimentär. Selbst, dass es sich um eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach altem Recht und einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X handeln könnte, ist aufgrund der Ausführungen zum Berufsschutz und der Benennung von Verweisungstätigkeiten sowie deren tarifvertragliche Eingruppierung, deren körperliche und geistige Anforderungen und Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt aus der 24 Seiten umfassenden Beschwerdeschrift nur zu erahnen.
Die Wiedergabe des der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts ist Mindestvoraussetzung für eine Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde, weil es dem Revisionsgericht andernfalls unmöglich ist, sich - wie erforderlich - ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein aufgrund des Vortrags des Beschwerdeführers ein Bild über den Streitgegenstand und rechtliche wie tatsächliche Streitpunkte zu machen (BSG Beschluss vom 21.6.1999 - B 7 AL 228/98 B - juris RdNr 7 ff; BSG Beschluss vom 3.11.1999 - B 7 AL 152/99 B - juris RdNr 3; BSG Beschluss vom 29.8.2003 - B 8 KN 7/03 B - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 26.6.2006 - B 13 R 153/06 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 23.7.2007 - B 13/4 R 381/06 B - juris RdNr 7). Dies betrifft sowohl den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels - ansonsten lässt sich das "Beruhen" der Entscheidung auf dem bezeichneten Verfahrensmangel nicht nachvollziehen -, als auch den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung. Bei letzterer ist die Wiedergabe des streiterheblichen Sachverhalts deswegen erforderlich, weil insbesondere die Klärungsfähigkeit einer aufgeworfenen Rechtsfrage ohne Umschreibung des Streitgegenstands und des Sachverhalts nicht beurteilt werden kann (BSG Beschluss vom 21.6.1999 - B 7 AL 228/98 B - juris RdNr 10 f mwN; BSG Beschluss vom 23.7.2007 - B 13/4 R 381/06 B - juris RdNr 8).
Der Kläger kann die ihm obliegende Sachverhaltsdarstellung auch nicht durch über die gesamte Beschwerdeschrift verstreute Einzelaspekte, die zur Entscheidung des LSG beigetragen haben, ersetzen. Das gesetzliche Erfordernis, bereits die Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BSG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 Satz 1 SGG) begründen zu lassen, soll - wie erwähnt - das Revisionsgericht entlasten und im wohlverstandenen Interesse aller die sorgfältige Vorbereitung des Verfahrens gewährleisten (BSG Beschluss vom 24.2.1992 - 7 BAr 86/91 - SozR 3-1500 § 166 Nr 4 = juris RdNr 3 f; jüngst etwa BSG Beschluss vom 26.1.2018 - B 13 R 309/14 B - juris RdNr 4). Diesem Ziel wird der Kläger mit der bloßen Wiederholung des Vortrags aus den instanzgerichtlichen Verfahren nicht gerecht (hierzu zB BSG Beschluss vom 21.8.2009 - B 11 AL 21/09 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 15.3.1991 - 2 BU 20/91 - juris RdNr 6; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 13a; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 292). Nichts anderes gilt für die vereinzelte zusammenhangslose Wiedergabe der Gründe des LSG, wenn diese - wie vorliegend - an die Stelle einer eigenen Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts tritt (BSG Beschluss vom 26.1.2018 - B 13 R 309/14 B - juris RdNr 4). Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich den maßgeblichen Sachverhalt aus den Akten oder der angegriffenen Entscheidung herauszusuchen (BSG Beschluss vom 31.5.2017 - B 5 R 358/16 B - juris RdNr 8 mwN; BSG Beschluss vom 26.1.2018 - B 13 R 309/14 B - juris RdNr 3 f).
Darüber hinaus fehlt es für die formgerechte Darlegung bzw Bezeichnung von Zulassungsgründen iS des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG an Folgendem:
1) Grundsätzliche Bedeutung Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 2.5.2017 - B 5 R 401/16 B - juris RdNr 6 mwN).
Der Kläger formuliert als seiner Ansicht nach sich stellende Frage von grundsätzlicher Bedeutung,
"ob es bei einem Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X rechtlich zulässig ist, sich auf Tatbestände, wozu die geänderten Tarifverträge gehören, die sich erst (Jahrzehnte) nach Antragstellung ergeben, zu berufen?"
Es kann dahinstehen, ob der Kläger damit eine abstrakt-generelle Rechtsfrage - zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht - formuliert, obwohl die Frage nicht aus sich heraus eindeutig ist und sich ihr Inhalt auch aus den weiteren Ausführungen der Begründung nicht eindeutig bestimmen lässt (vgl allgemein BSG Beschluss vom 24.10.2018 - B 13 R 239/17 B - juris RdNr 8 mwN). Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (stRspr; zB BSG Beschluss vom 8.4.2020 - B 12 R 24/19 B - juris RdNr 8; Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 181).
Jedenfalls fehlt es an Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit der formulierten Frage. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17; BSG Beschluss vom 8.2.2017 - B 13 R 294/16 B - juris RdNr 4). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen Fragenbereich noch keine Entscheidung vorliege oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet sei (Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN).
Die vom Kläger formulierte Frage kann allenfalls dahin gedeutet werden, dass er nach dem Beurteilungszeitpunkt bei einer Überprüfung eines bestandskräftigen Verwaltungsakts (VA) nach § 44 Abs 1 SGB X fragt. Insoweit mangelt es jedoch an einer Auseinandersetzung mit der ständigen Rechtsprechung des BSG im zuvor dargelegten Sinne. So hat das BSG befunden, nicht nur bei zu niedrig festgestellter Rente, sondern auch bei Ablehnung eines früheren Rentenantrags sei ein Versicherter im Überprüfungsverfahren - nach zwischenzeitlicher Rechtsänderung zu seinem Nachteil, wie der Kläger hier wohl meint, durch die geänderten Tarifverträge - so zu stellen, wie er bei richtiger Rechtsanwendung zum Zeitpunkt der erstmaligen Bescheiderteilung gestanden hätte (vgl BSG Urteil vom 14.11.2002 - B 13 RJ 47/01 R - BSGE 90, 136 = SozR 3-2600 § 300 Nr 18 in Fortführung von BSG Urteil vom 1.12.1999 - B 5 RJ 20/98 R - BSGE 85, 151 = SozR 3-2600 § 300 Nr 15). Anders liegt es bei Rechtsänderungen, die auf die ursprüngliche Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglich fehlerhaften VA zurückwirken und den ursprünglichen Anspruch nachträglich vollständig entfallen lassen; dann ist auch ein Anspruch nach § 44 SGB X trotz anfänglicher Rechtswidrigkeit ausgeschlossen (stRspr; zuletzt etwa BSG Urteil vom 20. 7. 2011 - B 13 R 41/10 R - juris RdNr 18). An Ausführungen dazu, warum sich aufgrund dieser Rechtsprechung die formulierte Rechtsfrage nicht beantworten lasse, fehlt es in der Beschwerdebegründung vollständig.
2) Verfahrensmängel
Soweit aus der Beschwerdeschrift erkennbar, rügt der Kläger das Übergehen von bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhaltenen Beweisanträgen und eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs, auch in der Gestalt der Verletzung seines Fragerechts sowie die Verletzung der Grundsätze der freien Beweiswürdigung.
Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zB BSG Urteil vom 29.11.1955 - 1 RA 15/54 - BSGE 2, 81 = juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 30.10.2018 - B 13 R 59/18 B - juris RdNr 7). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Zugrunde zu legen ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG (BSG Urteil vom 28.5.1957 - 3 RJ 219/56 - SozR Nr 79 zu § 162 SGG; BSG Beschluss vom 31.1.1979 - 11 BA 166/78 - SozR 1500 § 160 Nr 33; BSG Beschluss vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 33 = juris RdNr 23). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht (vgl zB BSG Beschluss vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 33 = juris RdNr 16 mwN; BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 16 mwN).
a) Übergangene Beweisanträge
Die Rüge der unzureichenden Sachaufklärung durch das LSG muss folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zu weiterer Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigen Ergebnis hätte gelangen können (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 5; BSG Beschluss vom 28.2.2018 - B 13 R 73/16 B - juris RdNr 9 mwN).
Es mangelt hier bereits an ohne Weiteres für das Revisionsgericht auffindbaren Beweisanträgen, die der Kläger bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten haben will. Er verweist insoweit zwar auf den Schriftsatz vom 30.6.2020, gibt den Beweisantrag bzw offensichtlich die Beweisanträge, die alsdann aufrechterhalten worden sein sollen, jedoch nicht im Wortlaut wieder. Auf den Seiten 1 bis 9 der Beschwerdebegründung finden sich insoweit nur Fragmente. Selbst wenn der Senat - was nicht seine Aufgabe im Beschwerdeverfahren ist - den Versuch unternimmt aus der Beschwerdebegründung die Darlegung der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zu weiterer Sachaufklärung drängen müssen, herauszufiltern, lässt sich diese anhand der Ausführungen des Klägers nicht vollständig nachvollziehen. Auch insoweit greift der Kläger immer nur einzelne Begründungselemente des LSG heraus, vermischt sie mit anderen Entscheidungen des LSG und solchen des BSG sowie tatsächlichen Angaben zu Ermittlungsmöglichkeiten, zB aus dem Internetportal "www.sozialgerichtsbarkeit.de". Zudem mangelt es an der Darlegung der voraussichtlichen Ergebnisse weiterer Beweiserhebungen. So legt der Kläger allenfalls nur ansatzweise dar, welche konkreten Ergebnisse der unterbliebenen Beweisaufnahme sich hätten ergeben können. Es bleibt unklar, inwieweit das LSG bei Kenntnis der behaupteten Ergebnisse der Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Kläger günstigen Ergebnis hätte gelangen können.
b) Verletzung rechtlichen Gehörs
Der Kläger rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) letztlich durch eine Überraschungsentscheidung, weil das LSG sich auf Auskünfte und Beweise gestützt habe, die den Beteiligten "… nicht mitgeteilt wurden bzw. zu denen sie sich auch nicht äußern konnten" und eine Verletzung seines Fragerechts, durch "… das Nichtladen der Sachverständigen zur Verhandlung bzw. das Nichtermöglichen der Erläuterung des Gutachtens".
Damit hat der Kläger eine Gehörsverletzung aufgrund einer Überraschungsentscheidung entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht hinreichend schlüssig und nachvollziehbar dargelegt. Eine allgemeine Verpflichtung des Gerichts, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Tatsachen- und Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern, gibt es nicht. Sie wird weder durch den allgemeinen Anspruch auf rechtliches Gehör aus § 62 SGG bzw Art 103 Abs 1 GG noch durch die Regelungen zu richterlichen Hinweispflichten (§ 106 Abs 1 bzw § 112 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet. Denn die tatsächliche und rechtliche Würdigung ergibt sich regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung (vgl BSG Beschluss vom 24.1.2018 - B 13 R 377/15 B - juris RdNr 19; BSG Urteil vom 17.4.2013 - B 9 SB 3/12 R - juris RdNr 44; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 590 mwN).
Von einer Überraschungsentscheidung kann nur ausgegangen werden, wenn sich das Gericht ohne vorherigen richterlichen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (stRspr; vgl zB BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 5.4.2012 - 2 BvR 2126/11 - NJW 2012, 2262 = juris RdNr 18 mwN). Die Rüge des Verfahrensmangels einer Überraschungsentscheidung ist deshalb nur dann schlüssig bezeichnet, wenn im Einzelnen vorgetragen wird, aus welchen Gründen auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter aufgrund des bisherigen Prozessverlaufs nicht damit rechnen musste, dass das Gericht seine Entscheidung auf einen bestimmten Gesichtspunkt stützt. Daran fehlt es hier. Der Einwand, dass das LSG sein Vorbringen nicht hinreichend berücksichtigt habe, reicht zur Darlegung einer Überraschungsentscheidung nicht aus. Es besteht kein Verfahrensgrundsatz, aufgrund dessen der Kläger hätte erwarten können, das Gericht werde seiner Einschätzung folgen.
Zum Einwand, das LSG habe "Behördenauskünfte" nicht offengelegt, legt der Kläger weder hinreichend deutlich dar, um welche Auskünfte es sich insoweit handeln soll, als auch welche rechtliche Bedeutung sie für die Entscheidung des LSG hatten. Selbst wenn die von ihm aufgeworfenen Fragen insoweit beantwortetet worden wären, lassen seine Ausführungen Erläuterungen dazu vermissen, wieso sie ausgehend von der Rechtsauffassung des LSG dieses zu einem anderen als dem gefundenen Ergebnis hätte gelangen lassen müssen.
Dies gilt ebenso für die behauptete Gehörsverletzung, die er darin erkennt, das LSG habe erst in der Urteilsbegründung "… (fiktive) Zeiträume des Klägers ohne gehörbelastenden Lärm geltend (gemacht), ohne diese vorzulegen bzw. irgendwie belegen zu können" … . Es sei nicht nachvollziehbar, woher das Berufungsgericht die Zeiträume nehme, selbst in der Ausbildungszeit sei ein Umgang mit der Motorsäge obligatorisch gewesen. Was aus einer Kenntnis dieser Ausführungen des LSG jedoch zu folgern gewesen wäre, legt der Kläger nicht dar, insbesondere nicht, dass die Entscheidung des LSG auf dieser Gehörsverletzung beruht. Statt dessen rügt der Kläger insoweit "vorsorglich" eine Verletzung der Grenzen der Beweiswürdigung durch das LSG. Auch hiermit vermag er jedoch nicht zu einer Zulassung der Revision zu gelangen.
c) Verletzung der Grenzen der Beweiswürdigung
Der Kläger bringt vor, das LSG habe sich nicht mit seinem wesentlichem Vorbringen auseinander gesetzt und lasse eine fehlende Gesamtwürdigung der Beweise vermissen.
Abgesehen davon, dass nach § 160 Abs 2 Nr 3 letzter Halbsatz SGG die Verletzung der Grundlagen der Beweiswürdigung kein Grund für die Zulassung der Revision ist, verkennt der Kläger, dass das Gericht nicht zur ausdrücklichen und ausführlichen Bescheidung eines jeden Vorbringens der Beteiligten in den Urteilsgründen verpflichtet ist (BVerfG Beschluss vom 1.8.1984 - 1 BvR 1387/83 - SozR 1500 § 62 Nr 16; BVerfG Beschluss vom 25.3.2010 - 1 BvR 2446/09 - juris RdNr 11 mwN). Ebenso hat ein Beteiligter keinen Anspruch darauf, mit seinem Vorbringen auch in der Sache Erfolg zu haben, letztlich also "erhört" zu werden (vgl BVerfG Beschluss vom 8.4.2014 - 1 BvR 2933/13 - NZS 2014, 539 RdNr 13 mwN; s auch B 12 KR 109/13 B).
d) Gehörsverletzung durch Missachtung des Fragerechts
Eine Missachtung des Fragerechts bedeutet eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG, wenn ein Beteiligter die nach seiner Ansicht erläuterungsbedürftigen Punkte dem Gericht rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung schriftlich mitgeteilt hat, die aufgeworfenen Fragen objektiv sachdienlich sind und er das Begehren bis zuletzt aufrechterhalten hat. Dabei müssen die erläuterungsbedürftigen Punkte, zB Lücken oder Widersprüche, hinreichend konkret bezeichnet werden (vgl BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 355/11 B - juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 11.12.2019 - B 13 R 164/18 B - juris RdNr 9). Einen solchen "sachdienlichen" Klärungsbedarf, der über die erläuternde Wiederholung des Gutachtens und der dort bereits enthaltenen Gründe hinausgeht, hat der Kläger hier aber nicht dargelegt.
Er bringt vor beantragt zu haben, "hilfsweise eine Auskunft der Bundesagentur für Arbeit einzuholen, zum Beweis der Tatsache, dass für eine Tätigkeit als Registrator in der Vergütungsgruppe BAT VIII bzw. TVöD EG 3 eine Ausbildung im Bereich Büromanagement oder ähnlichen Berufen erforderlich ist … und … eine Erläuterung der gutachterlichen Stellungnahme des Landesarbeitsamtes B … vom 16.8.2000 durch den Stellungnehmer: Ladungsanschrift ...". Alsdann benennt er Themen der Befragung und führt aus, zusätzliche Fragen könnten sich aus den Antworten ergeben und resümiert unter Bezug auf die vorliegenden Unterlagen, die Widersprüche seien offensichtlich. Er bringt jedoch nicht dar, inwieweit die aus den potenziellen Antworten gewonnenen Erkenntnisse, angesichts der vom LSG vertretenen Rechtsauffassung, zu einem andern Ergebnis hätten führen können. Die Rechtsauffassung des LSG legt er nur rudimentär dar und behauptet apodiktisch, die Befragung hätte ergeben, dass die Stellungnahme des Landesarbeitsamtes … keine Grundlage für die Vergütungsgruppe BAT VIII sei und eine längere als dreimonatige Anlernzeit erforderlich gewesen sei. Dem Kläger sei die Tätigkeit eines Registrators verwehrt, da er ohne Vorkenntnisse sei. Demzufolge wäre auszusprechen gewesen, dass der Kläger berufsunfähig sei. Dies genügt der Darlegung eines sachdienlichen Klärungsbedarfs nicht. Ohne Kenntnis des zugrunde liegenden Sachverhalts und der Argumentation des LSG insoweit kann der Senat nicht beurteilen, ob die Entscheidung des LSG auf der unterlassen Befragung beruht.
3) Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
4) Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14434265 |