Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2022 wird als unzulässig verworfen.
Die Beigeladene trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Beschwerdeverfahren. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die Versicherungspflicht des Klägers in den Zweigen der Sozialversicherung aufgrund Beschäftigung bei der Beigeladenen als Versicherungsmakler und Handelsvertreter ab 1.10.2014 bis Mitte 2016.
Im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens stellte die Beklagte fest, dass für die Tätigkeit des Klägers keine Versicherungspflicht bestehe. Es sei nach Gesamtwürdigung der Umstände von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen (Bescheid vom 7.11.2016; Widerspruchsbescheid vom 5.4.2017). Das SG hat die Verwaltungsentscheidung aufgehoben und die Versicherungspflicht des Klägers in den Zweigen der Sozialversicherung ab 1.10.2014 festgestellt (Urteil vom 23.5.2018). Das LSG hat die Berufung der Beigeladenen zurückgewiesen. Unter Berücksichtigung der vertraglichen Regelungen und einer weitgehenden rechtlichen und tatsächlichen Fremdbestimmung von Geschäftsfeld, Kundenstamm und Arbeitsausführung des Klägers sei von einer Eingliederung in den Betrieb der Beigeladenen auszugehen. Die Tätigkeit habe sich im streitgegenständlichen Zeitraum als eine Ausbildung dargestellt, die nicht mit einer selbstverantwortlichen unternehmerischen Tätigkeit eines Handelsvertreters vereinbar sei. Auch die Zuweisung eines bestimmten Kundenpotenzials ohne vertraglich garantierten Gebietsschutz bedeute eine Einschränkung der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit. Da das Tätigkeitsbild schon nicht dem eines selbstständigen Handelsvertreters entspreche, komme es nicht mehr entscheidend auf die Einbindung in die Geschäftsstelle, das Controlling ua an (Urteil vom 13.12.2022).
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Beigeladene mit ihrer Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG). Die Beigeladene hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der Divergenz nicht hinreichend bezeichnet.
Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl BSG Beschlüsse vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN). Eine solche Abweichung hat die Beigeladene nicht dargelegt.
1. Die Beigeladene führt aus, das Berufungsgericht habe eine relevante Einschränkung der unternehmerischen Freiheit darin gesehen, dass der Kläger zu Beginn des Vertragsverhältnisses an von der Beigeladenen angebotenen Weiterbildungsveranstaltungen teilgenommen habe, welche nicht nur der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben gedient, sondern die auch die Beratungs- und Vermittlungstätigkeit zur Verbesserung der Kundenbetreuung betroffen hätten. Damit habe das LSG einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, wonach Weisungen mit Bezug auf die Kundenbetreuung die unternehmerische Freiheit des Handelsvertreters einschränkten und damit für eine abhängige Beschäftigung sprechen würden. Mit diesem Rechtssatz weiche es von dem abstrakten Rechtssatz des BSG im Urteil vom 29.1.1981 (12 RK 46/79 - juris RdNr 13, 14) ab, "wonach (auch) 'Weisungen, die sich auf die Art der Kundenwerbung und -betreuung durch den Handelsvertreter beziehen' die rechtliche Selbstständigkeit des Handelsvertreters nicht aufheben" würden.
Auf diese Weise legt die Beigeladene keine sich widersprechenden abstrakten Rechtssätze dar. Sie leitet diese vielmehr aus einer verkürzenden Zusammenfassung der Urteilsgründe ab, sodass nicht hinreichend ersichtlich wird, ob sie nicht nur das vom LSG und BSG im Rahmen der Abwägung des Einzelfalls gefundene Subsumtionsergebnis verallgemeinert. Soweit sie einen konkludent aufgestellten Rechtssatz des LSG behaupten wollte, hätte sie näher darlegen müssen, dass sie diesen Rechtssatz nicht erst nachträglich aus dem Entscheidungsergebnis herleitet, sondern dass dieses Ergebnis aus einem abstrakten Rechtssatz folgt, der in der Entscheidung eindeutig enthalten ist und mit dem das LSG eigene, von der Rechtsprechung des BSG abweichende Kriterien aufstellen wollte (vgl BSG Beschluss vom 14.2.2022 - B 12 R 30/21 B - juris RdNr 8 mwN). Sie zeigt auch nicht ausreichend auf, inwieweit der tatsächliche und rechtliche Kontext der herangezogenen bundesgerichtlichen Entscheidung mit dem vorliegenden Fall vergleichbar ist (zu diesem Erfordernis vgl BSG Beschluss vom 25.10.2019 - B 9 SB 40/19 B - juris RdNr 7). Im Kern kritisiert die Beigeladene letztlich die vermeintlich inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung, weil das LSG die Tatsachen aus ihrer Sicht falsch gewürdigt bzw Vorgaben des BSG nicht richtig angewandt haben soll. Die Behauptung einer unrichtigen Rechtsanwendung kann die Zulassung der Revision aber nicht begründen (vgl BSG Beschluss vom 1.7.2021 - B 12 KR 101/20 B - juris RdNr 6).
2. Die Beigeladene rügt außerdem, das LSG habe eine Einschränkung der unternehmerischen Freiheit in der Zuweisung eines bestimmten Kundenpotenzials durch Zielgruppenspezifizierung gesehen. Damit habe das Berufungsgericht einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, "wonach eine Beschränkung der Kunden-Zielgruppe eine Weisungsgebundenheit des Handelsvertreters und damit eine abhängige Beschäftigung begründen" würde. Die Beigeladene weist jedoch ferner darauf hin, dass das LSG auch auf die fehlende "Kompensation" der unternehmerischen Einschränkung durch einen vertraglich garantierten Gebietsschutz im Sinn einer tätigkeitsunabhängigen Bezirksprovision abgestellt habe. Auf diese Weise zeigt die Beigeladene schon keine genau bestimmte rechtliche Aussage des LSG auf.
Es fehlt insoweit auch an einem erkennbaren Widerspruch zu dem von der Beigeladenen aus dem Urteil des BSG vom 29.1.1981 (12 RK 46/79 - juris RdNr 21) abgeleiteten Rechtssatz: "Beschränkungen der dem Handelsvertreter zugänglichen Kunden berühren dessen persönliche Selbstständigkeit nicht wesentlich, weil nach der gesetzlichen Regelung in § 87 Abs. 2 HGB auch einem Handelsvertreter ein bestimmter Bezirk zugewiesen werden kann." § 87 Abs 2 HGB regelt inhaltlich den Anspruch auf eine tätigkeitsunabhängige Bezirksprovision des Handelsvertreters. Soweit die Beigeladene dazu ergänzend ausführt, dass das BSG die Kompensation durch einen vertraglich garantierten Gebietsschutz angesichts der gesetzlichen Regelung als nicht relevant angesehen habe, setzt sie sich nicht damit auseinander, dass der gesetzliche Anspruch die Anwendung der Vorschrift und damit bereits die Einordnung des Klägers als selbstständiger Handelsvertreter (statt als abhängigen Handlungsgehilfen) voraussetzt. Das LSG geht aber - wie von der Beigeladenen zuvor (s 1.) dargelegt - schon wegen des Schulungsbedarfs des Klägers von dessen persönlicher Abhängigkeit aus. Es ist daher nicht erkennbar, dass es sich mit der Rechtsansicht, dass der Zielgruppenbeschränkung zur Annahme von Selbstständigkeit (vertraglich) eine entsprechende Absicherung der Gewinnchancen gegenüberstehen müsse, in Widerspruch zu dem vom BSG gegebenen Hinweis auf § 87 Abs 2 HGB setzt. Die Beigeladene zeigt jedenfalls nicht hinreichend auf, dass das LSG die Rechtsprechung des BSG damit infrage gestellt hätte.
3. Die Beigeladene sieht schließlich darin eine Divergenz, dass das LSG eine fehlende Gleichordnung zwischen dem Kläger und der Beigeladenen angenommen habe, weil der Kläger neben Provisionsansprüchen für seine Vermittlungstätigkeit einen Ausbildungszuschuss und später einen Unternehmerzuschuss erhalten habe. Damit habe das LSG einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, "wonach die Leistung garantierter Zahlungen eine abhängige Beschäftigung eines Handelsvertreters begründe". Mit diesem Rechtssatz weiche das LSG von einem weiteren abstrakten Rechtssatz ab, den das BSG in seinem Urteil vom 29.1.1981 (12 RK 46/79 - juris RdNr 24 f) aufgestellt habe: "Die Leistung von Garantiezahlungen an den Handelsvertreter berührt dessen persönliche Selbstständigkeit selbst bei einer damit verbundenen Einschränkung der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit nicht wesentlich, wenn jedenfalls nach einer gewissen Einarbeitungs- und Anlaufzeit die Möglichkeit besteht, höhere Provisionseinkünfte zu erzielen."
Abgesehen davon, dass die Beigeladene hier erneut abstrakte Rechtssätze aus den Urteilen aus dem Subsumtionsergebnis ableitet, legt sie auch nicht dar, ob und inwieweit das LSG von der Möglichkeit einer Erzielung höherer Provisionseinkünfte im streitgegenständlichen Zeitraum ausgegangen ist. Daher wird ein Widerspruch zu der Entscheidung des BSG nicht hinreichend aufgezeigt. Des Weiteren fehlt es auch hier an der Darstellung, dass es sich insoweit um vergleichbare Sachverhalte handele.
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, weil sich der Kläger in seiner Eigenschaft als Versicherter iS des § 183 SGG am Beschwerdeverfahren als Beschwerdegegner beteiligt und die Verwerfung bzw Zurückweisung der Beschwerde beantragt und begründet hat. Die Beigeladene hat ihm daher seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Fundstellen
Dokument-Index HI15946095 |