Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Divergenz
Orientierungssatz
Divergenz bedeutet Abweichung im Rechtssatz. Eine darauf gestützte Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie die abstrakten tragenden Rechtssätze aufzeigt, von denen einerseits das Berufungsgericht, andererseits das Revisionsgericht ausgegangen sind, und wenn hierdurch die Abweichung offengelegt wird.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 2, § 160a Abs 2 S 3
Verfahrensgang
LSG für das Saarland (Entscheidung vom 05.10.1993; Aktenzeichen L 2 Ar 59/91) |
SG für das Saarland (Entscheidung vom 20.09.1991; Aktenzeichen S 13 Ar 66/91) |
Gründe
Der Kläger begehrt die Aufhebung einer Sperrzeitentscheidung.
Mit Bescheid vom 27. Juli 1990 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß zu seinen Lasten für die Zeit vom 23. September bis 17. November 1989 eine Sperrzeit eingetreten sei, weil er trotz Belehrung über die Rechtsfolgen ein Arbeitsangebot nicht angenommen habe. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung hinsichtlich des oa Bescheides vom 27. Juli 1990 als unbegründet zurückgewiesen (Urteil vom 5. Oktober 1993).
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil rügt der Kläger eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht und ein Abweichen des Berufungsurteils von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG).
Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat einen Grund, der nach § 160 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Zulassung der Revision berechtigt, nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise bezeichnet.
Der Kläger macht geltend, das LSG habe einen Verfahrensfehler dadurch begangen, daß es zur Rechtmäßigkeit der ihm anläßlich des Arbeitsangebotes erteilten Rechtsfolgenbelehrung den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt habe (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Das Gericht hätte sich dazu gedrängt fühlen müssen, durch Anhörung der Zeugen Müller und Steinmann sowie durch seine Anhörung aufzuklären, ob ihm aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit die Entlohnungsmaßstäbe des einschlägigen Tarifbereichs bekannt gewesen seien und er sich aufgrund der Angaben über die zu verrichtende Tätigkeit ausreichende Vorstellungen über die Höhe des zu erwartenden Entgeltes habe machen können. Der Kläger hat damit den Vorwurf erhoben, das LSG habe gegen seine Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) verstoßen.
Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG kann ein Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG nicht gefolgt ist. Der Beweisantrag muß so genau bezeichnet werden, daß er für das Revisionsgericht ohne weiteres auffindbar ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5). Einen derartigen Beweisantrag hat der Kläger nicht benannt. Er ist damit seiner Bezeichnungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Folglich kann offenbleiben, ob der Verfahrensmangel ansonsten hinreichend bezeichnet ist, ob also die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan sind (vgl Hennig/Dankwerts/König, Komm z SGG, Stand: Juni 1985, § 160a Anm 7.9.3. mwN; BSG, Beschluß vom 14. März 1994 - 7 BAr 168/93 - mwN).
Auch den weiteren geltend gemachten Zulassungsgrund hat der Kläger nicht in der gebotenen Weise vorgetragen. Er rügt, daß das Urteil des LSG von den Urteilen des BSG vom 21. Juli 1981 - 7 RAr 1/80 - und vom 16. März 1983 - 7 RAr 49/82 - abweiche und das Berufungsurteil auf diesen Abweichungen beruhe. Der Kläger beruft sich somit auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Divergenz bedeutet Abweichung im Rechtssatz. Eine darauf gestützte Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie die abstrakten tragenden Rechtssätze aufzeigt, von denen einerseits das Berufungsgericht, andererseits das Revisionsgericht ausgegangen sind, und wenn hierdurch die Abweichung offengelegt wird (Hennig/Dankwerts/König, aaO, § 160a Anm 7.8.3. f mwN).
Nach dem Vorbringen des Klägers hat das BSG in dem Urteil vom 16. März 1983 - 7 RAr 49/82 - den Rechtssatz aufgestellt, daß die Rechtsfolgenbelehrung gemäß § 119 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zu ihrer Wirksamkeit konkret, richtig, vollständig und verständlich sein müsse, dh sie müsse dem Arbeitslosen in verständlicher Form zutreffend erläutern, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen auf seinen Leistungsanspruch die ohne wichtigen Grund erfolgende Ablehnung des ihm unterbreitenden Arbeitsangebotes nach sich ziehen könne. Der Kläger hat nicht dargelegt, welchen hiervon abweichenden Rechtssatz das LSG aufgestellt hat. Ein solcher ist nicht formuliert worden. Soweit der Kläger vorträgt, welche Folgerungen das LSG aus der Aussage des Zeugen S. und aus der formularmäßigen Rechtsfolgenbelehrung gezogen habe, gibt er die vom LSG vorgenommene tatsächliche und rechtliche Würdigung wieder, nicht aber den abweichenden Rechtssatz, der Ausgangspunkt bzw Grundlage dieser Würdigung gewesen ist.
Soweit er ausführt, aus dem Urteil des BSG vom 16. März 1983 sei die Schlußfolgerung zu ziehen, in Fällen des persönlichen Arbeitsangebotes eines Vermittlers dürfe nicht eine formularmäßige, sondern müsse eine persönliche Belehrung durch den Vermittler erfolgen, gibt er - wie er ausdrücklich selbst vorträgt - seine eigene Rechtsauffassung wieder. Dieses Vorbringen beinhaltet nicht, daß das BSG in dem Urteil vom 16. März 1983 einen entsprechenden - ergänzenden - abstrakten Rechtssatz aufgestellt habe. Voneinander abweichende Rechtssätze im Revisions- und Berufungsurteil hat der Kläger mit diesem Vorbringen nicht bezeichnet.
Auch eine Divergenz zu dem zitierten weiteren Urteil des BSG vom 21. Juli 1981 - 7 RAr 1/80 - hat der Kläger nicht aufgezeigt. Hierbei kann der Senat es offenlassen, ob der Kläger abweichende Rechtssätze im Berufungsurteil und in dem Urteil des BSG vom 21. Juli 1981 hinreichend deutlich gemacht hat. Er hat nämlich selbst vorgetragen, daß die hier maßgebliche Vorschrift des § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AFG zum 1. Januar 1982 eine neue Fassung erhalten habe. Demzufolge sind das angefochtene Urteil des LSG und die genannte Entscheidung des BSG zu unterschiedlichen Fassungen jener Vorschrift ergangen. In diesen Fällen erfordert die formgerechte Bezeichnung des Zulassungsgrundes die schlüssige Darlegung, warum die frühere Rechtsprechung für das im Streitfall maßgebliche geänderte Recht erheblich geblieben ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 58). Hierzu hat der Kläger keine Ausführungen gemacht. Die Divergenz ist deshalb nicht formgerecht bezeichnet worden.
Zusammenfassend ist festzustellen, daß der Kläger die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der gebotenen Weise vorgetragen hat. Die Beschwerde ist entsprechend § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1 und 5).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen