Verfahrensgang
SG Mainz (Aktenzeichen S 2 KA 26/11) |
LSG Rheinland-Pfalz (Aktenzeichen L 7 KA 41/11) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. Mai 2013 vor dem Bundessozialgericht Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird abgelehnt.
Gründe
I
Der Kläger ist als Vertragszahnarzt im Bezirk der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV) tätig. Über sein Vermögen wurde mit Beschluss vom 12.9.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet. Für seine selbstständige Tätigkeit erfolgte zum 1.4.2009 eine Erklärung gemäß § 35 Abs 2 Satz 1 Insolvenzordnung (InsO). Im Rahmen der Honorarabrechnung für das Quartal I/2010 erhob die Beklagte Gebühren für Sonderzahlungen in Höhe von 650 Euro, für besondere Verwaltungskosten für Handabrechner in Höhe von 508 Euro und nahm eine Honorarberichtigung bezogen auf das Quartal III/2008 in Höhe von 118,50 Euro vor. Nach der Sondergebührenordnung zur Abrechnungsordnung der Beklagten werden für Sonderzahlungen wegen Pfändung, Insolvenzverfahren und Forderungsabtretung Verwaltungsgebühren in Höhe von 2 % vom Zahlbetrag berechnet, mindestens 40, höchstens 100 Euro. Für die Abrechnung von Erfassungsscheinen (Handabrechnung) wurde für den streitbefangenen Zeitraum von der Vertreterversammlung ein Verwaltungskostenzuschlag in Höhe von 2 Euro pro Fall festgesetzt (Beschluss der Vertreterversammlung vom 21.11.2009). Der Widerspruch des Klägers gegen die Gebührenfestsetzungen blieb ebenso erfolglos wie Klage und Berufung (Widerspruchsbescheid vom 18.1.2011, Gerichtsbescheid des SG vom 11.8.2011, Urteil des LSG vom 2.5.2013). Mit beim BSG am 6.5.2013 eingegangenem Schreiben hat der Kläger beantragt, ihm Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Beschwerde gegen das Urteil des LSG vom 2.5.2013 zu bewilligen.
II
Dem PKH-Antrag des Klägers kann nicht stattgegeben werden. Nach § 73a SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers erfolgreich zu begründen.
Gemäß § 160 Abs 2 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder nach dem Vorbringen des Klägers noch nach summarischer Prüfung des Streitstoffes ersichtlich.
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist nicht gegeben. Sie ist nur anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 31, 59, 60; SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt dann, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist und/oder wenn sie sich ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lässt (hierzu s zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; vgl auch BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Das ist hier der Fall.
Der Kläger hält für klärungsbedürftig, ob bei notwendigen Sonderzahlungen im Rahmen der Honorarauszahlung die Berechnung der Höhe der Sonderzahlungsgebühren prozentual vom Zahlbetrag, pro Zahlung gestaffelt von 40 Euro bis 100 Euro, ein rechtskonformer Gebührenmaßstab sei und im Einklang mit dem Kostendeckungsprinzip, dem Äquivalenzprinzip und dem Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit stehe. Diese Rechtsfrage kann anhand der bisherigen Rechtsprechung des Senats beantwortet werden. Der Senat hat zuletzt mit Urteil vom 6.2.2013 (B 6 KA 2/12 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) entschieden, dass die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen berechtigt sind, für Vorgänge, die einen besonderen Aufwand verursachen, Gebühren zu erheben. § 64 SGB X steht der Erhebung von Gebühren nicht entgegen. Zwar werden nach dieser Vorschrift für das Verfahren bei den Behörden nach diesem Gesetzbuch keine Gebühren und Auslagen erhoben. Behörden in diesem Sinne sind auch die K(Z)ÄVen nach § 77 SGB V (vgl zur Anwendung des SGB X auch im vertrags(zahn)ärztlichen Zulassungsrecht BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 9 RdNr 16; BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 12 mwN; zur Wirtschaftlichkeitsprüfung vgl BSG SozR 3-1300 § 63 Nr 10 S 33). Der Senat sieht aber in ständiger Rechtsprechung in § 81 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V, wonach die Satzung der K(Z)ÄV insbesondere Bestimmungen über Aufbringung und Verwaltung der Mittel enthalten muss, die Ermächtigungsgrundlage für Vorschriften über die "Festsetzung von Verwaltungskosten" (vgl BSG SozR 4-2500 § 81 Nr 4 RdNr 13; aaO § 81 Nr 3 RdNr 15; SozR 3-2500 § 81 Nr 5 S 12 noch zu § 368m RVO, aber mit Hinweis auf § 81 Abs 1 SGB V; zuletzt B 6 KA 2/12 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Da die Vorschrift keine näheren Vorgaben für die Ausgestaltung der Erhebung von Beiträgen durch die K(Z)ÄVen macht, sind Art und Weise der Einnahmenerhebung dem Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers überlassen, der dabei die allgemeinen Grundsätze des Beitragsrechts sowie den Gleichheitssatz zu beachten hat (BSG SozR 4-2500 § 81 Nr 4 RdNr 13). Die Verwaltungskostenbeiträge hat der Senat als Gegenleistung für Vorteile angesehen, die das Mitglied aus der Zugehörigkeit zu einer Körperschaft oder aus einer besonderen Tätigkeit dieser Körperschaft zieht oder potentiell ziehen kann (aaO RdNr 17 ff).
Der Umstand, dass jeder Vertragsarzt mit seinem Verwaltungskostenbeitrag bereits die allgemeine Tätigkeit der K(Z)ÄV wie etwa die Honorarabrechnung finanziert, schließt nicht aus, dass für besondere Tätigkeiten, die vom Vertragsarzt veranlasst werden und erhöhten Aufwand und Mehrkosten verursachen, Gebühren erhoben werden. Aus der allgemeinen Finanzierungsregelung des § 81 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V kann vielmehr auch die Berechtigung zur Erhebung von Gebühren abgeleitet werden (ebenso Feddern, in: jurisPK-SGB X, 2013, § 64 RdNr 24 f unter Hinweis auf B 6 KA 2/12 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; vgl auch Schiller, Erhebung von Beiträgen und Gebühren durch die Kassenärztlichen Vereinigungen, MedR 2004, 348, 351; sowie LSG Baden-Württemberg Urteil vom 1.9.2004 - L 5 KA 1529/03 - MedR 2005, 483, 484 zu einer Pfändungsgebühr). So hat der Senat im Grundsatz nicht beanstandet, dass eine KÄV Sonderbeiträge wie einen Fuhrkostenbeitrag von den am ärztlichen Notfalldienst teilnehmenden Ärzten erhoben hatte. Ebenfalls gebilligt hat der Senat Vorschriften zur Sanktionierung von Fristüberschreitungen durch Honorarabzüge (vgl etwa BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 37 RdNr 11). Ein Honorarverteilungsmaßstab darf danach für den Fall, dass Abrechnungsunterlagen verspätet oder unvollständig eingereicht werden, Regelungen enthalten, wonach die KÄVen den dadurch entstehenden Sonderaufwand durch einen prozentualen Abschlag vom vertragsärztlichen Honorar kompensieren dürfen. Vorschriften über die Modalitäten der Abrechnung und Folgen von Verstößen können aufgrund der allgemeinen Befugnis zur Regelung der Honorarverteilung erlassen werden (vgl BSG aaO; SozR 4-2500 § 85 Nr 19 RdNr 13 ff). Auch in diesem Zusammenhang kann ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand die Auferlegung von Kosten rechtfertigen.
Hinsichtlich der Höhe der Gebühren hat der Senat bereits mehrfach entschieden, dass die K(Z)ÄVen im Rahmen der ihnen zukommenden Satzungsautonomie die für das öffentliche Beitrags- und Gebührenrecht geltenden verfassungsrechtlichen Maßstäbe, insbesondere das Äquivalenzprinzip, beachten müssen (vgl BSG SozR 4-2500 § 81 Nr 4 RdNr 17; aaO Nr 3 RdNr 18; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 110 = Juris RdNr 123). Letzteres erfordert, dass zwischen der Höhe des Beitrags und dem Nutzen des Beitragspflichtigen ein Zusammenhang besteht. Hierfür genügt, dass die Beitragshöhe nicht in einem groben Missverhältnis zu den Vorteilen steht, die der Beitrag abgelten soll (BSG SozR 4-2500 § 81 Nr 4 RdNr 17 unter Bezugnahme auf BVerfGE 108, 1, 19; BSG SozR 4-2500 § 81 Nr 3 RdNr 18; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 110; BVerwGE 125, 384 = Buchholz 451.45 § 113 HwO Nr 6, RdNr 21 mwN). Ein solches Missverhältnis ist bei den hier erhobenen Gebühren nicht ersichtlich. Der Kläger räumt ein, dass der besondere Aufwand für die Bearbeitung einer Sonderzahlung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens nicht notwendig mit der Höhe der Zahlung korrelieren muss. Dem trägt die Pauschalierung von 40 Euro bis maximal 100 Euro Rechnung. Die Kostenregelung der Beklagten nennt zwar zunächst einen Prozentsatz der Gesamtsumme der Zahlung, enthält dann aber eine deutliche Begrenzung in Form eines absoluten Mindest- und Maximalbetrages. Damit wird eine vertretbare Relation von Aufwand und wirtschaftlicher Bedeutung hergestellt, die in den konkreten Grenzen nicht im Widerspruch zum Äquivalenzprinzip steht. Es ist nicht erkennbar, dass die Höhe der Pauschalen außer Verhältnis zum - ebenfalls generalisierend zu betrachtenden - Aufwand der KZÄV steht. Aus diesem Grund ist auch ein Verstoß gegen das Kostendeckungsprinzip nicht gegeben.
Ob, wie der Kläger meint, in seinem Fall zu Unrecht mehrere Zahlungen erfolgten und damit unnötige Kosten verursacht wurden, ist eine Frage des Einzelfalles und vermag eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht zu begründen. Das gilt ebenfalls für seinen Einwand, dass in seinem Fall wegen der Freigabe nach § 35 Abs 2 InsO zusätzlicher Verwaltungsaufwand überhaupt nicht entstanden sei. Dieser Vortrag betrifft im Übrigen nur die Sonderzahlungen aufgrund des Insolvenzverfahrens, nicht die in der Gebührensumme ebenfalls enthaltenen Gebühren wegen Zahlungen aufgrund von Pfändungen.
Soweit der Kläger die nach den oben genannten Grundsätzen zulässigen Gebühren für die Handabrechnung in Frage stellt, weil er aufgrund "wirtschaftlicher Strangulation" und "Amtsmissbrauch" der Vorstände der Beklagten nicht die erforderlichen Mittel für ein lizensiertes EDV-Programm gehabt habe, betrifft dies ebenfalls seinen Einzelfall und kann nicht zur Zulassung eines Revisionsverfahrens führen. Eine Schadensersatzpflicht des Vorstandes ist im Übrigen nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Schließlich ist eine Erfolgsaussicht auch insoweit nicht erkennbar, als der Kläger PKH wegen der Honorarberichtigung in Höhe von 118,50 Euro bezogen auf das Quartal III/2008 begehrt. Für Fehler bestehen keine Anhaltspunkte. Der Kläger bestreitet auch nicht deren inhaltliche Berechtigung, sondern meint lediglich, dass im Quartal III/2008 ihm die Führung der Praxis noch nicht wieder freigegeben worden sei und die Berichtigungsforderung sich deshalb allein gegen den Insolvenzverwalter richten dürfe. Dieser Einwand greift nicht durch. Eine Forderung der Beklagten aus sachlich-rechnerischer Richtigstellung wird dann fällig, wenn das Richtigstellungsverfahren durchgeführt wird. Zu diesem Zeitpunkt - im Jahr 2010 - konnte der Kläger wieder selbst über seine Praxiseinnahmen verfügen.
Fundstellen
Dokument-Index HI11799947 |