Verfahrensgang

LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 13.12.2017; Aktenzeichen L 2 R 157/17)

SG Stade (Entscheidung vom 11.05.2015; Aktenzeichen S 29 KR 41/11)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 13. Dezember 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 20 492,94 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich die Klägerin als Arbeitgeberin gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen.

Nach einer Betriebsprüfung in den Jahren 2005 und 2006 forderte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund von der Klägerin die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen an verschiedene Einzugsstellen. Das SG hat die Klage abgewiesen (SG-Urteil vom 11.5.2015). Im Berufungsverfahren hat das LSG eine Verfahrenstrennung vorgenommen und am 15.6.2016 einen Teil durch Beschluss zum Ruhen gebracht und über den anderen Teil des Streitgegenstands durch Teil-Urteil entschieden. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 15.3.2017 die "Wiederaufnahme" des Verfahrens beantragt. Sodann hat das LSG die Berufung zurückgewiesen, soweit darüber nicht bereits durch Teil-Urteil entschieden wurde (LSG-Urteil vom 13.12.2017). Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.

II

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 13.12.2017 ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18 = juris RdNr 9).

Die Klägerin beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 5.4.2018 ausschließlich auf das Vorliegen von Verfahrensmängeln (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Sie bezeichnet jedoch keinen Verfahrensmangel in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise.

1. Die Klägerin rügt, das LSG habe die Vorschriften über die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens (§ 179 Abs 1 SGG iVm §§ 578 bis 591 ZPO) völlig verkannt. Es habe sie im angefochtenen Urteil nicht einmal erwähnt, geschweige denn, sie geprüft und angewandt.

Die Klägerin geht davon aus, dass es sich bei dem vorliegenden Verfahren um ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 179 SGG handelt, ohne dies näher zu begründen. Tatsächlich ist aber schon deshalb kein Wiederaufnahmeverfahren gegeben, weil dieses ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren voraussetzen würde. Das ist nicht der Fall. Rechtskräftig abgeschlossen ist lediglich ein Teil des Streitgegenstands. Der restliche, vorliegend noch gegenständliche Teil - Aktenzeichen L 2 R 325/15 - war lediglich in der öffentlichen Sitzung des LSG vom 15.6.2016, an der der Prozessbevollmächtigte der Klägerin teilgenommen hat, durch Beschluss bis zur Rechtskraft des Teil-Urteils und bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens L 2 R 115/16 zum Ruhen gebracht worden. Beim Ruhen des Verfahrens handelt es sich nicht um eine Beendigung des Verfahrens, sondern lediglich um einen Sonderfall der Aussetzung (§ 202 S 1 SGG iVm § 251 S 1 ZPO; vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, Vor § 114 RdNr 1d, 4-5 mwN). Dieses lediglich ruhende Verfahren ist nach § 202 S 1 SGG iVm § 250 ZPO auf Antrag der Beklagten im Schriftsatz vom 15.3.2017 wieder aufgenommen/fortgesetzt worden. Die bei Wiederaufnahme/Fortsetzung erfolgte Vergabe eines neuen Aktenzeichens - L 2 R 157/17 - entspricht der bundesweit üblichen Praxis und speziell auch den Vorgaben von § 2 Abs 1 S 4 Nr 3 Buchst a) der Aktenordnung für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit (Aktenordnung SG - AktO-SG) Niedersachsen (aktuelle Fassung AV d. MJ vom 18.12.2017 ≪1454/12 - 102.1≫ - Nds. Rpfl. 2018 S 52 - VORIS 31660, AV des MJ vom 23.12.2015 ≪Nds. Rpfl. 2016 S 42≫). Danach erhält ein Verfahren ein neues Aktenzeichen, wenn es fortgesetzt wird, nachdem es bei Aussetzung oder Ruhen nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Anordnung weiterbetrieben worden war. Dass es sich vorliegend offenkundig nicht um ein Wiederaufnahmeverfahren handelt, belegt schließlich auch das Fehlen des Zusatzzeichens "WA" im Aktenzeichen des vorliegenden Verfahrens (vgl hierzu Anlage 2 der AktO-SG Niedersachsen).

2. Die Klägerin ist der Auffassung, das LSG habe ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es ihrem Antrag auf Terminsverlegung nicht nachgekommen sei. Mit Schriftsätzen vom 22.11. und 6.12.2017 hätten ihre Prozessbevollmächtigten Gründe für eine Terminsverlegung benannt. Gleichwohl habe das LSG in ihrer und deren Abwesenheit mündlich verhandelt, was nach der Rechtsprechung des BSG bei Entscheidungen über die Wiederaufnahme eines Verfahrens einen Gehörsverstoß darstelle.

Die Klägerin bezeichnet hierdurch keinen entscheidungserheblichen Verstoß gegen die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs nach § 62 SGG und Art 103 Abs 1 GG. Die Klägerin legt nicht dar, aus welchen "erheblichen Gründen" (§ 202 S 1 SGG iVm § 227 Abs 1 ZPO) ihrem Antrag auf Terminsverlegung hätte stattgegeben werden müssen. In der Beschwerdebegründung ist lediglich ausgeführt, in den Schriftsätzen vom 22.11. und 6.12.2017 sei "explizit und unter Angabe der Gründe mitgeteilt worden", weshalb ihrem Prozessbevollmächtigten als alleinigem Sachbearbeiter in dem seit 2006 dauernden Rechtsstreit eine Teilnahme an der Verhandlung nicht möglich sei und dass es auch nicht zumutbar sei, dass sich in der Kürze der Zeit ein nicht mit der Sache betrauter Kollege in diesen nunmehr seit zwölf Jahren andauernden und über drei Aktenordner füllenden Rechtsstreit einarbeiten könne. Welche Gründe dies konkret sind, legt die Klägerin in der Beschwerdebegründung jedoch nicht dar. Ihr Hinweis auf die Dauer des Verfahrens und den Umfang der Akten ist insoweit nicht ausreichend, weil sich daraus nicht ergibt, warum keine andere Kollegin bzw kein anderer Kollege der laut Briefkopf am Standort E. insgesamt sieben Rechtsanwälte umfassenden Sozietät (vgl hierzu Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, aaO, § 110 RdNr 5 mwN) den Termin hätte wahrnehmen können, zumal sich der Streitgegenstand im Lauf des Verfahrens durch den Erlass des rechtskräftigen Teil-Urteils ohnehin reduziert hat. Schließlich legt die Klägerin nicht dar, inwieweit sie den wiederholten Hinweisen des Senatsvorsitzenden des LSG vom 24.11. und 8.12.2017 auf die fehlende Substantiierung des Terminsverlegungsantrags Rechnung getragen hat. Soweit die Klägerin auch in diesem Zusammenhang auf eine vermeintliche Wiederaufnahmeproblematik verweist, trifft dies nicht zu (siehe oben).

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.

5. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG für die letzte Folgezeit nach Erlass des Teil-Urteils.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI12112324

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge