Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. April 1990 wird verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Kläger, der als Arzt für Laboratoriumsmedizin zur kassenärztlichen Versorgung zugelassen ist, hat die Genehmigung zur Abrechnung bestimmter mikroskopisch-histologischer Untersuchungen beantragt. Die Beklagte hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, die streitigen histologischen Untersuchungen würden in das Gebiet der Pathologie fallen, für das er nicht zugelassen sei. Nach erfolgloser Klage beim Sozialgericht (SG) hat der Kläger Berufung eingelegt und den Antrag gestellt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. April 1987 und den Bescheid vom 27. Juni 1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 1984 aufzuheben und festzustellen, daß er berechtigt ist, die Leistungen nach den Gebührenziffern 4800, 4802, 4810, 4811 und 4815 BMÄ/E-GO in der bis 30.09.1987 geltenden Fassung bzw 4800, 4802, 4815, 4820 und 4830 BMÄ/E-GO in der Neufassung im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung – hilfsweise: bis zu einem Umfang von 1 % der Gesamtrechnung eines Quartals – zu erbringen und abzurechnen,
weiter hilfsweise, daß er berechtigt ist, die histologischen Leistungen nach den genannten Gebührenziffern abzurechnen, soweit sie gemeinsam mit labormedizinischen Leistungen in Auftrag gegeben werden.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung als unbegründet zurückgewiesen; die Revision wurde nicht zugelassen. Zur Urteilsbegründung wurde ausgeführt:
Der streitigen Abrechnungsfähigkeit stehe die berufsrechtliche Gebietsbeschränkung entgegen. Während der Laborarzt die Frage beantworten müsse, welche Bestandteile im Untersuchungsgut in welcher Konzentration vorzufinden seien, habe der Pathologe zu beurteilen, ob aus der Struktur des untersuchten Materials Rückschlüsse auf krankhafte Veränderungen gezogen werden könnten. Die streitigen „histologischen Untersuchungen” gehörten als Untersuchungen der Gewebestruktur zum Gebiet der Pathologie. Die vom Kläger behauptete Verwandtschaft dieser Untersuchungen mit denen der Laboratoriumsmedizin werde der unterschiedlichen Untersuchungsrichtung nicht gerecht. Bei der Abgrenzung handele es sich letztlich um eine rechtliche Unterscheidung, welche als solche dem vom Kläger angeregten Sachverständigenbeweis gar nicht zugäng-lich sei. Soweit dafür Kenntnisse der verwendeten Untersuchungsmethoden vorausgesetzt würden, stütze sich das Gericht auf die von der Bundesärztekammer vorgelegten Äußerungen und auf die Kenntnisse seiner ehrenamtlichen Richter. Die gleichzeitigen Anforderungen beider Leistungsarten durch dieselbe Überweisung des Ausgangs-Arztes sei kein Kriterium für eine sachliche Notwendigkeit, daß die angeforderten Leistungen von demselben Arzt erbracht werden müßten. Da der Kläger fachfremde Leistungen nicht im Einzelfall erbringen wolle, was regelmäßig bis zu 5 % erlaubt werde, sondern an einer generellen Feststellung interessiert sei, könne auch sein (erster) Hilfsantrag nicht durchdringen. Verfassungsrechtliche Gesichtspunkte stünden diesem Ergebnis nicht entgegen. Grenzziehungen zwischen den Fachbereichen unterlägen dem Ermessensspielraum des (Landes-)Gesetzgebers. Die Unterscheidung zwischen Laborleistungen und Leistungen der Pathologie sei von der Fragestellung her gerechtfertigt. Für beide Gebiete sei eine derartige Fülle von Kenntnissen und Fähigkeiten erforderlich, daß ein einzelner Arzt kaum in der Lage sei, in beiden Bereichen die jeweils neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu beachten.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde eingelegt, der die Beklagte entgegengetreten ist.
Die Beschwerde war zu verwerfen.
1. Die Beschwerde wird auf das Vorbringen gestützt, das Berufungsurteil weiche von dem Urteil des Senats vom 27. Oktober 1987, 6 RKa 34/86, BSGE 62, 224 = SozR 2200 § 368a Nr 19 ab (§ 160 Abs 2 Ziffer 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG-). Zur Begründung der Divergenzbeschwerde ist es erforderlich, die beiden sich angeblich widerstreitenden Rechtssätze herauszustellen und ihre rechtslogische Widersprüchlichkeit darzutun.
Das ist hier nicht geschehen. Der Kläger bringt hierzu vor, das Bundessozialgericht (BSG) habe entschieden, daß zur näheren Ermittlung der Frage, ob eine bestimmte ärztliche Tätigkeit fachfremd sei oder nicht, ein Sachverständigenbeweis erhoben werden müsse. Demgegenüber habe das LSG gesagt, bei dieser Abgrenzung handele es sich um eine rein rechtliche Unterscheidung, welche einem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich sei. Die Beschwerde stellt schon nicht heraus, in welchem Kontext der angebliche Rechtssatz des BSG, der jedenfalls so, wie in der Beschwerdebegründung angeführt, nicht wörtlich formuliert wurde, stehen soll. Des weiteren wird aber auch nicht ausgeführt, wieso die Ausführungen des BSG, wenn auch nur indirekt, auf einen solchen Rechtssatz hinauslaufen würden.
Tatsächlich hat der Senat einen Rechtssatz solchen Inhalts auch gar nicht ausgesprochen. Zu Beginn des vorletzten Absatzes des Urteils (- auf Seite 229 der angeführten Sammlung –) wird lediglich – und dies im Zusammenhang mit dem widersprüchlichen Vorbringen der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) – gesagt:
Das LSG wird – uU durch Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen – aufzuklären haben, aufgrund welcher tatsächlicher Umstände es sachgemäß bzw sachwidrig ist, einzelne der neun streitigen Leistungen zum Fachgebiet des Anästhesiologen zu rechnen und andere nicht.
Und im Schlußsatz des Urteils heißt es dann nur noch:
Darüber, ob weitere tatsächliche Gesichtspunkte vorliegen, die als Rechtfertigung in Betracht kommen, und ob die hier streitigen Leistungen von jedem Arzt beherrscht werden, hat das LSG aber keine Feststellungen getroffen.
Damit wurde jedenfalls kein Rechtssatz des vom Kläger behaupteten Inhalts ausgesprochen. Es kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob die vom LSG für die Ablehnung eines Sachverständigengutachtens gegebene Begründung zutreffend bzw überzeugend war oder nicht, jedenfalls liegt keine Divergenz vor, denn das BSG hat den behaupteten Rechtssatz nicht aufgestellt.
2. Soweit der Kläger als Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Ziffer 3 SGG einen Verfahrensmangel mit der Begründung geltend macht, das LSG hätte zur Klärung der Frage, „ob die histologischen Leistungen nach den im Klageantrag genannten Gebührenziffern für den Laborarzt fachkonform sind,” ein Sachverständigengutachten einholen müssen, was schon deshalb erforderlich sei, weil die Weiterbildungsordnung (WBO) eine klare Aussage dazu nicht enthalte, übersieht er dabei, daß nach § 160 Abs 2 Ziffer 3 SGG der geltend gemachte Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 SGG (- Unter-suchungsmaxime –) nur gestützt werden kann, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Daß er einen solchen Beweis-antrag gestellt habe und inwiefern die ablehnende Begründung des LSG nicht „hinreichend” sein soll, wird in der Beschwerdebegründung weder behauptet noch näher dargelegt. Freilich ist diese Begründungsfrage ein wesentlicher Bestandteil des vom Kläger – in erster Linie – geltend gemachten Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Ziffer 1 SGG).
3. Der Kläger hält die Frage für klärungsbedürftig,
ob histologische Leistungen nach den Gebührenziffern 4800, 4802, 4815, 4820 und 4830 BMÄ/E-GO zum Fachgebiet des Laborarztes gehören oder ob diese Leistungen für einen Laborarzt fachfremd sind.
Bei dieser Frage, so trägt der Kläger vor, handele es sich um eine Rechtsfrage und nicht um eine Tatsachenfrage, da für die Abgrenzung die WBO maßgeblich sei. Da die WBO der Landesärztekammer Baden-Württemberg das Fachgebiet der Labormedizin und der Pathologie übereinstimmend mit WBO'en anderer Bundesländer geregelt habe, sei die bezeichnete Rechtsfrage, obwohl kein Bundesrecht, der Revision zugänglich. Da jeder Laborarzt aufgrund seiner Ausbildung in der Lage sei, die streitigen Leistungen zu erbringen, habe die formulierte Rechtsfrage Bedeutung und Auswirkungen für alle Laborärzte und für die KÄV'en. Es sei weiter auch zu klären,
ob bei der streitigen Abgrenzung allein auf die WBO abzustellen „oder ob und inwieweit dies der richterlichen Klärung durch Sachverständigenbeweis zugänglich ist”.
Diese Rechtsfrage beziehe sich nicht nur auf die Auslegung des im vorliegenden Falle streitigen Fachgebietes des Laborarztes, sie beziehe sich vielmehr generell auf die rechtliche Methodik der Abgrenzung eines ärztlichen Fachgebietes. Im Unterschied zu der oben zitierten Entscheidung des BSG sei das LSG der Auffassung, es handele sich bei der fraglichen Abgrenzung „im Ergebnis um eine rechtliche Unterscheidung, welche als solcher dem vom Kläger angeregten Sachverständigenbeweis gar nicht zugänglich” sei. Schließlich sei auch zu klären,
ob eine fachfremde Leistung dann innerhalb der zulässigen Toleranzbreite fällt, wenn sie in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer gebietskonformen Leistung erbracht wird und die Summe derartiger Tätigkeit des betroffenen Arztes gering ist.
Diese Klärung würde zu einer weiteren Klärung der in der Rechtsprechung bisher nur wenig präzisierten Toleranzbreite beitragen. Eine Klärung sei dann zu erwarten, wenn der Senat die vorgenannten Rechtsfragen zu Ungunsten des Klägers beantworten würde. Er – der Kläger – müsse jedenfalls solche histologischen Untersuchungen durchführen können, die ihm gemeinsam mit Laboruntersuchungen in Auftrag gegeben werden, weil insoweit jeweils nur eine Untersuchungsprobe vorläge. Im Rahmen des zweiten Hilfsantrages stünde diese Frage zur Entscheidung.
Was die letzte Frage anlangt, so hat der Kläger zwar den prozessualen Zusammenhang mit seinem Hilfsantrag dargelegt und ein über den Einzelfall hinausgehendes Entscheidungsinteresse geschildert, er hat jedoch nicht dargelegt, inwiefern bei einer von ihm angestrebten allgemeinen (- also über die übliche Einzelfalltoleranz hinausgehenden –) Regelung diese (dritte) Rechtsfrage die beiden vorgenannten Rechtsfragen übergreifen soll und inwiefern ein über die sachlich-rechtlichen Prinzipien der Fachgebietsabgrenzung hinausgehendes Prinzip der bloß organisatorischen Zweckmäßigkeit, das allenfalls den zweiten Hilfsantrag stützen könnte, als „umstrittenes” Abgrenzungskriterium angesehen werden könnte, das insoweit, sei es im Interesse der Wahrung der Rechtseinheit, sei es zur Fortbildung des Rechts einer revisionsrechtlichen Klärung zugeführt werden müßte.
Soweit der Kläger die Frage, ob bei der Ermittlung der Fachfremdheit ärztlicher Tätigkeiten ein Sachverständigenbeweis ausgeschlossen sei, als eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung ansieht, wurde weder die Klärungsbedürftigkeit noch die (in dem konkreten Revisionsverfahren gegebene) Klärungsfähigkeit hinreichend dargetan.
Denn das LSG hat nicht gesagt, daß bei der Frage der Fachgebietsabgrenzung jede Heranziehung eines Sachverständigen auszuscheiden habe. Etwas derartiges wurde schon gar nicht zum Ausdruck gebracht hinsichtlich der Möglichkeit, einen Sachverständigen zur Feststellung derjenigen Gesichtspunkte heranzuziehen, die für die in der WBO vorgenommene Abgrenzung maßgeblich waren und deren „Sachgemäßheit” vom Gericht aufgrund der Sachverständigen-Ausführungen geprüft werden soll. Das LSG hat vielmehr den für die streitige Abgrenzungsnorm maßgeblichen Gesichtspunkt darin gesehen, daß einerseits der Laborarzt die Frage beantworten müsse, welche Bestandteile im Untersuchungsgut in welcher Konzentration vorzufinden seien, und daß andererseits der Pathologe zu beurteilen habe, ob aus der Struktur des untersuchten Materials Rückschlüsse auf krankhafte Veränderungen gezogen werden könnten. Das LSG hat dann gerade aufgrund einer Sachverständigenäußerung weiter festgestellt, daß eine Trennung beider Gebiete deshalb normiert würde, weil ein Arzt nicht die Probleme beider Bereiche bewältigen könne. Demgemäß läuft die hier fragliche Aussage des LSG zutreffend darauf hinaus, daß eine Entscheidung darüber, ob die genannten normtragenden Gesichtspunkte die Abgrenzung rechtfertigen, nicht des Sachverständigenbeweises zugänglich sei, es sich vielmehr um eine Rechtsfrage handele. Bei diesem Urteilsinhalt bedurfte es mindestens der näheren Ausführungen zur Klärungsfähigkeit. Wollte der Kläger aber mit seiner zweiten Rechtsfrage auf eine Klärung der Frage hinaus, was hier als Tatfrage und was als Rechtsfrage anzusehen sei, so hätte es zumindest einiger – wenn auch überschlägiger – Ausführungen zur Klärungsnotwendigkeit bedurft (zur Tatfrage/Rechtsfrage vgl im übrigen: Baader, Vom richterlichen Urteil, 1989, S 42 ff).
Soweit der Kläger allein die Frage der Zugehörigkeit der streitigen Leistungen zum einen oder anderen Fachgebiet – als erste Rechtsfrage – herausstellt, fehlt es ebenfalls an einer hinreichenden Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Er trägt nichts dazu vor, inwieweit das normative Abgrenzungsermessen des Normgebers hier sachwidrig sein könnte und daher eine Rechtswidrigkeit der vorgenommenen Abgrenzung überhaupt in Betracht komme.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG (analog).
Fundstellen