Verfahrensgang
Hessisches LSG (Urteil vom 30.11.2017; Aktenzeichen L 8 KR 25/17) |
SG Wiesbaden (Entscheidung vom 11.01.2017; Aktenzeichen S 2 KR 44/16) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 30. November 2017 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Festsetzung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung aus den dem Kläger am 1.7.2011 ausgezahlten Direktlebensversicherungen über 4135,83 Euro und 42 471,48 Euro (Bescheide vom 28.6.2016). Das SG Wiesbaden hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 11.1.2017). Das Hessische LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Zu den beitragspflichtigen Renten der betrieblichen Altersversorgung gehörten auch vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossene Direktversicherungen. Dass der Kläger die Versicherungsprämien erbracht habe, sei unerheblich (Urteil vom 30.11.2017). Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG). Der Kläger hat entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 5 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger misst folgenden Fragen eine grundsätzliche Bedeutung bei:
"Sind die an den Kläger ausgezahlten Beträge Versorgungsleistungen?"
"Sind die an den Kläger ausgezahlten Beträge Einkünfte?"
Damit ist keine Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN) formuliert, sondern nach dem Ergebnis eines Subsumtionsvorgangs im Einzelfall gefragt worden. Die Bezeichnung einer hinreichend bestimmten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - Juris RdNr 11 mwN). Selbst wenn aber eine Rechtsfrage als aufgeworfen unterstellt würde, wäre jedenfalls deren Breitenwirkung, Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit nicht dargelegt.
Die über den Einzelfall hinausgehende allgemeine Bedeutung liegt vor, wenn die Rechtsfrage auch für weitere Fälle maßgeblich und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt ist (BSG Beschluss vom 26.1.2012 - B 5 R 334/11 B - Juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 19.1.1981 - 7 BAr 69/80 - SozR 1500 § 160a Nr 39 S 58). Dass sich die allein auf den "Kläger" beziehenden Fragen als solche in der Rechtspraxis in einer Vielzahl von Fällen stellt, ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.
Zudem ist eine Rechtsfrage dann als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN). Mit der umfangreichen Rechtsprechung des BSG zur Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus Direktversicherungen (vgl nur BSG Urteil vom 30.3.2011 - B 12 KR 16/10 R - BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr 12, RdNr 17 mwN) hat sich der Kläger aber nicht hinreichend auseinandergesetzt. Der Senat hat ua wiederholt entschieden, dass Leistungen, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung erbracht werden, auch dann zu den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gehören, wenn sie ganz oder zum Teil auf Leistungen des Arbeitnehmers beruhen (BSG Urteil vom 12.11.2008 - B 12 KR 6/08 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 7 RdNr 18 ff mwN). Weshalb sich gleichwohl die für klärungsbedürftig erachteten Fragen mit Blick auf die geltend gemachte Besonderheit der Herkunft der eingezahlten Versicherungsbeiträge nicht oder nicht umfassend anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten lassen sollen, geht aus der Beschwerdebegründung nicht hervor.
Für den Fall, dass aufgrund des Beschwerdevorbringens eine Rechtsfrage zur Vereinbarkeit von Bundesrecht mit höherrangigem Recht unterstellt würde, ist deren notwendige Klärungsbedürftigkeit ebenfalls nicht hinreichend dargelegt worden. Wird die Beschwerde mit einem Grundrechtsverstoß begründet, hat sie unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufzuzeigen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (BSG Beschluss vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 14; ferner zB BSG Beschluss vom 2.6.2009 - B 12 KR 65/08 B - Juris RdNr 9 mwN). Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. Die Beschwerdebegründung darf sich im Fall einer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Frage nicht darauf beschränken, die Verfassungswidrigkeit zu behaupten und die als verletzt angesehenen Normen des Grundgesetzes zu benennen (BSG Beschluss vom 30.4.2015 - B 10 EG 17/14 B - Juris RdNr 5 mwN). Der Kläger macht zwar einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art 3 Abs 1 GG geltend, führt aber nicht aus, weshalb trotz der Rechtsprechung des BVerfG zur Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus Direktversicherungen (vgl BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 6.9.2010 - 1 BvR 739/08 - SozR 4-2500 § 229 Nr 10 RdNr 15 f; BVerfG Beschluss vom 28.9.2010 - 1 BvR 1660/08 - SozR 4-2500 § 229 Nr 11 RdNr 14 f) Klärungsbedarf bestehen soll. Er beanstandet vielmehr die Richtigkeit der die Vereinbarkeit der Beitragspflicht mit Art 3 Abs 1 GG feststellenden Entscheidungen. Zwar kann auch eine bereits höchstrichterlich entschiedene Frage erneut klärungsbedürftig werden, doch ist hierfür darzulegen, dass und mit welchen Gründen der höchstrichterlichen Rechtsprechung widersprochen worden ist, oder dass sich völlig neue, nicht erwogene Gesichtspunkte ergeben haben, die eine andere Beurteilung nahelegen könnten (BSG Beschluss vom 3.8.2016 - B 12 P 4/15 B - Juris RdNr 5 mwN). Daran fehlt es hier.
Auch die Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Fragen hat der Kläger nicht aufgezeigt.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11956891 |