Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 28.10.1997) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. Oktober 1997 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitgegenstand des vorangegangenen Berufungsverfahrens ist das Begehren des Klägers gewesen, die Beklagte im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Verwaltungsverfahren – zu verpflichten, unter Zurücknahme entgegenstehender Bescheide dem Kläger die Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 21. April 1982 und wegen Erwerbsunfähigkeit ab 2. Juli 1982 ohne Kürzung um die im Versorgungsausgleich an seine frühere Ehefrau übertragenen Rentenanwartschaften zu gewähren. Die insoweit gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 25. Februar 1997 eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 28. Oktober 1997). Gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, die er auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, eine Abweichung des Berufungsurteils von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ (Divergenz) und auf Verfahrensmängel stützt.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫), der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) und des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) hat der Kläger nicht in der gebotenen Weise bezeichnet (§ 160a Abs 3 Satz 2 SGG). Hierzu verlangt das BSG – bestätigt durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 48 und SozR 3-1500 § 160a Nrn 6 und 7) –, daß die Begründung der Beschwerde bestimmte formale Voraussetzungen erfüllt. Art und Umfang der Begründungs-, Darlegungs- und Bezeichnungserfordernisse richten sich dabei nach dem jeweils geltend gemachten Zulassungsgrund.
1. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), auf die sich der Kläger ausdrücklich beruft, erfordert, daß der Beschwerdeführer die zu entscheidende Rechtsfrage klar bezeichnet und deren grundsätzliche, dh über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (sog Breitenwirkung), ihre Klärungsfähigkeit sowie Klärungsbedürftigkeit darlegt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nrn 7, 11, 13, 31, 59 und 65). Hieran fehlt es.
Der Kläger hat es bereits unterlassen, eine klare, aus sich heraus verständliche Rechtsfrage zu formulieren, der eine grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Soweit er auf eine (angeblich) bestehende Rechtsunsicherheit zwischen von ihm genannten Gesetzen (§§ 1587c und 1587h Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch) sowie § 5 Abs 1 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) hinweist und behauptet, die „rechtlichen Hintergründe der vorliegenden Sache seien ganz bestimmt von grundsätzlicher Bedeutung”, ist nicht erkennbar, welche Rechtsfrage er damit konkret aufwerfen will.
Dies läßt sich auch nicht sinngemäß seinem Vorbringen entnehmen, insbesondere nicht seinen Ausführungen, mit denen er eine unrichtige bzw unterlassene Gesetzesanwendung durch das LSG rügt. Insoweit wendet er sich im übrigen allein gegen die inhaltliche Richtigkeit der LSG-Entscheidung. Dies ist nicht geeignet, die Revisionsinstanz zu eröffnen. Denn Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Schon wegen der nicht klar bezeichneten Rechtsfrage genügt das Vorbringen des Klägers nicht den Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung zu stellen sind. Der Senat braucht daher nicht weiter darauf einzugehen, daß sich der Kläger auch in keiner Weise mit der Klärungsfähigkeit, Klärungsbedürftigkeit und der sog Breitenwirkung auseinandergesetzt hat und daher auch insoweit seiner Darlegungspflicht nicht nachgekommen sein dürfte.
2. Auch der Zulassungsgrund der Divergenz ist nicht schlüssig bezeichnet worden. Der Kläger behauptet zwar, das LSG sei von einer Entscheidung des BSG abgewichen, jedoch hat er eine solche Abweichung nicht aufgezeigt.
Von Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG kann nur bei einem Widerspruch im Rechtssatz gesprochen werden. Ein solcher Widerspruch liegt vor, wenn tragende Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen (BSG SozR 1500 § 160a Nr 67). Der Kläger hätte vortragen müssen, welche abstrakten Rechtssätze jeweils das LSG und BSG aufgestellt und ihren Entscheidungen zugrunde gelegt haben, worin sich diese Rechtssätze (abstrakt) widersprechen und daß das Urteil des LSG auf diesem Widerspruch beruht. Diesen Anforderungen genügt sein Vorbringen nicht.
Der Kläger macht geltend, das BSG habe in dem Urteil vom 12. April 1995 – 5 RJ 42/94 – (SozR 3-5795 § 5 Nr 3) den Rechtssatz aufgestellt, zur Beurteilung der Unterhaltspflicht – im Rahmen des § 5 Abs 1 VAHRG – sei die Ermittlung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der geschiedenen Eheleute notwendig. Diese Ermittlung habe das LSG nicht durchgeführt, obwohl die Aufklärung des Sachverhalts nach dessen Rechtsansicht erforderlich gewesen wäre.
Mit diesem Vorbringen hat der Kläger nicht einmal ansatzweise einen Rechtssatz aufgezeigt, den das LSG aufgestellt haben könnte; insbesondere hat er nicht behauptet, das LSG habe den abweichenden Rechtssatz aufgestellt, zur Beurteilung der Unterhaltspflicht sei die Ermittlung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der geschiedenen Eheleute nicht notwendig. Sein Vortrag, das LSG habe die nach der Rechtsprechung des BSG erforderlichen Ermittlungen nicht durchgeführt, betrifft nicht einen evtl vom LSG aufgestellten Rechtssatz und damit auch nicht einen evtl Widerspruch zu dem genannten Rechtssatz des BSG, sondern enthält die Rüge einer mangelhaften Sachaufklärung.
Der Umstand, daß das Berufungsgericht die vom BSG in einem Rechtssatz herausgearbeiteten Kriterien unwidersprochen hinnimmt und in seiner Entscheidung lediglich nicht entsprechend umgesetzt, hier also die sich daraus ggf aufdrängende Sachaufklärung nicht durchgeführt hat, stellt keine „Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen” und damit keine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG dar.
3. Die vom Kläger gerügten Verfahrensmängel führen gleichfalls nicht zur Zulassung der Revision. Wird das Vorliegen von Verfahrensmängeln geltend gemacht (§ 160 Abs 2 Halbsatz 1 SGG) müssen zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 14, 24, 34 und 36). Darüber hinaus ist darzulegen, daß und warum die Entscheidung des LSG – ausgehend von dessen Rechtsansicht – auf dem Mangel beruhen, dh durch ihn beeinflußt worden sein kann (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 14 und 36).
a) Der Kläger macht sinngemäß geltend, das LSG habe durch die unterlassene Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse seine Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) verletzt. Hierauf kann die Beschwerde nur gestützt werden, wenn sich der Beschwerdeführer auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG). Insoweit muß er sich zunächst auf einen für das Revisionsgericht ohne weiteres auffindbaren, den Anforderungen der Zivilprozeßordnung (ZPO) genügenden Beweisantrag beziehen und ferner mit seinem Vortrag den og allgemeinen Anforderungen bei der Geltendmachung eines Verfahrensmangels genügen. Diesen Erfordernissen wird das Vorbringen des Klägers nicht gerecht.
Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem im Schriftsatz vom 4. Mai 1997 (ergänzende Berufungsbegründung) gestellten „Antrag”, „eine Ermittlung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der früheren Ehegatten zur Beurteilung einer Unterhaltspflicht des Ausgleichsverpflichteten gegenüber dem geschiedenen Ehegatten durchzuführen”, der nur allgemein ein Beweisthema umschreibt, nicht um eine bloße Beweisanregung handelt. Ein ordnungsgemäßer Beweisantrag hätte nämlich erfordert, daß der Kläger konkret die Tatsachen bezeichnet, über die Beweis erhoben werden soll, und zugleich die geeigneten Beweismittel benennt (vgl zB zum Zeugenbeweis § 373 ZPO oder zum Urkundenbeweis § 424 ZPO).
Jedenfalls hat es der Kläger nämlich versäumt, die maßgebliche Rechtsauffassung des LSG darzustellen, auf die sich die angefochtene Entscheidung stützt. Insoweit hat er lediglich vorgetragen, wie das LSG die von ihm angeführten Rechtsvorschriften hätte auslegen müssen, nicht jedoch, worauf das LSG selbst seine Entscheidung im Ergebnis tragend gestützt hat. Damit ist nicht erkennbar, daß sich das LSG – selbst wenn man einen ordnungsgemäßen Beweisantrag unterstellen würde – aus seiner Sicht zur Durchführung der vom Kläger „beantragten” Beweisaufnahme hätte gedrängt fühlen müssen.
b) Auch die behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs hat der Kläger nicht ordnungsgemäß dargelegt. Insoweit macht er geltend, das LSG sei auf den wesentlichen Kern seines Tatsachenvortrags nicht eingegangen. Zwar kann das rechtliche Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz) jedenfalls dann verletzt worden sein, wenn das Vorbringen eines Beteiligten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung überhaupt nicht erwogen worden ist (BVerfG, Beschluß vom 23. Januar 1998 – 2 BvR 1898/97 –, FamRZ 1998, 606), Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Rüge ist jedoch, daß der Beschwerdeführer darlegt, welches Vorbringen im einzelnen nicht zur Kenntnis genommen wurde und daß – ausgehend von der Rechtsansicht des LSG – dieses Vorbringen rechtserheblich war, dh bei Berücksichtigung zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis hätte führen können.
Indem der Kläger lediglich summarisch auf seinen angeblich übergangenen Tatsachenvortrag mit den Worten „siehe dazu oben” hinweist, ist er bereits seiner Substantiierungspflicht nicht nachgekommen. Darüber hinaus hat er es wiederum unterlassen, die das Berufungsurteil tragende Rechtsansicht des LSG darzustellen und damit deutlich zu machen, daß das LSG bei Berücksichtigung seines gesamten Vortrags zu einem für ihn günstigeren Ergebnis hätte gelangen können.
4. Die Beschwerdebegründung entspricht mithin nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Beschwerde mußte daher in entsprechender Anwendung des § 169 SGG als unzulässig verworfen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen