Tenor
Das Revisionsverfahren und das Antragsverfahren wegen Gewährung von Prozeßkostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts werden ausgesetzt.
Tatbestand
I
Streitig ist die Gewährung von Erziehungsgeld für zwei Kinder (geboren am 17. März 1986 und am 29. April 1987) nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG). Die Klägerin, eine türkische Staatsangehörige yezidischen Glaubens, hält sich seit dem 10. August 1984 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Im September 1984 stellte sie einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte, über den bislang noch nicht bestands- bzw rechtskräftig entschieden worden ist. Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat gegen das für die Klägerin günstige Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 23. April 1987 Berufung eingelegt, über die noch nicht entschieden worden ist.
Das beklagte Land hat die Anträge der Klägerin auf Gewährung von Erziehungsgeld abgelehnt. Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat auf Berufung des Beklagten das den Klagen stattgebende Urteil des Sozialgerichts Gießen (SG) aufgehoben und die Klagen abgewiesen (Urteil vom 20. Dezember 1990). Der erkennende Senat hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin die Revision gegen das Urteil des LSG zugelassen (Beschluß vom 29. Mai 1991).
Entscheidungsgründe
II
Das Revisionsverfahren und das Nebenverfahren wegen Gewährung von Prozeßkostenhilfe sind in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens auszusetzen, weil die dabei dem erkennenden Senat obliegenden Entscheidungen von einer vorgreiflichen Rechtsfrage abhängig sind, deren Beantwortung ausschließlich dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (§ 4 des Asylverfahrensgesetzes ≪AsylVfG≫) bzw den Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit (§§ 30 ff AsylVfG iVm § 40 Abs 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ≪VwGO≫) übertragen ist.
Gemäß § 114 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht (hier: das Bundessozialgericht ≪BSG≫) anordnen, daß die Verhandlung bis zur Entscheidung der Verwaltungsstelle oder bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits auszusetzen ist, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das von einer Verwaltungsstelle festzustellen ist oder den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (BSGE 65, 261 = SozR 7833 § 1 Nr 7; BSGE 67, 243 = SozR 3-7833 § 1 Nr 2; E 67, 238 = SozR 3-7833 § 1 Nr 1; Urteil vom 28. November 1990 – 4 REg 17/89 = SozR 3-7833 § 1 Nr 3; Urteil vom 20. Dezember 1990 – 4 REg 7/89, bestätigt durch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts ≪BVerfG≫ vom 14. Mai 1991 ≪1 BvR 300/91≫; Urteil vom 28. Februar 1991 – 4 REg 47/89; Urteil vom 21. März 1991 – 4 REg 21/89; Urteile vom 30. April 1991 – 4 REg 14/90 und 4 REg 52/89 sowie 4 REg 13/90) erfüllt ein Asylbewerber nur dann die Anspruchsvoraussetzungen iS von § 1 Abs 1 Nr 1 BErzGG (seit dem 1. Juli 1989: § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und Satz 2 BErzGG), dh hat er nur dann Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes, wenn verbindlich festgestellt ist, daß er in der Zeit, für die er Erziehungsgeld begehrt, unter dem Schutz von Art 16 Abs 2 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) stand. Da die Klägerin im umstrittenen Zeitraum (1986 bis 1988) nur dann Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt iS von § 1 BErzGG im Inland gehabt hat, wenn ihre Asylberechtigung anerkannt wird, hängt die Entscheidung im Revisionsverfahren davon ab, ob die Asylberechtigung (objektiv) bestanden hat.
Hierüber hat gemäß § 4 Abs 1 AsylVfG ausschließlich das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge nach Maßgabe dieses Gesetzes mit Verbindlichkeit für alle Angelegenheiten zu entscheiden, in denen die Anerkennung rechtserheblich ist (§ 18 Satz 1 AsylVfG). Zur rechtlichen Kontrolle der Entscheidungen dieses Amtes ist ferner gemäß § 40 Abs 1 VwGO iVm §§ 30 ff AsylVfG ausschließlich die allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit berufen. Dies schließt – entgegen der Ansicht der Klägerin eine inzidente Entscheidung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über die – wie ausgeführt – vorgreifliche Frage der Asylberechtigung der Klägerin aus. Gleiches gilt für die von der Klägerin angestrebte „prognostische Beurteilung” der Erfolgsaussichten ihres Asylrechtsstreits, weil dies zu einer Umgehung des Feststellungsmonopols des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge führen und – entgegen § 18 Satz 1 AsylVfG – die Möglichkeit einander widersprechender staatlicher Entscheidungen über die Asylberechtigung eröffnen würde.
Da der Beklagte die streitigen Verwaltungsentscheidungen als endgültige, dh die Verwaltungsverfahren abschließende Verwaltungsakte erlassen hat, kommt es in der Hauptsache für die von der Klägerin erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG), die auf eine rechtlich beständige, nicht nur einstweilige Leistungsbewilligung gerichtet ist, nicht darauf an, ob der Beklagte wegen des Verbots des vorzeitigen Verfahrensabschlusses (BSGE 67, 104 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 mwN) die Anträge der Klägerin nur hätte einstweilig bescheiden und ob er dabei im Blick auf eine sog Vorwegzahlung (BSGE 67, 104) prognostische Erwägungen über den Ausgang des Asylverfahrens hätte anstellen dürfen.
Nach alledem kann der erkennende Senat in der Hauptsache erst abschließend entscheiden, wenn von den ausschließlich zuständigen staatlichen Stellen bindend festgestellt ist, ob die Klägerin im umstrittenen Zeitraum asylberechtigt war. Bis dahin ist das Revisionsverfahren auszusetzen.
Auch das Nebenverfahren wegen Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 73a Abs 1 SGG iVm §§ 114 ff der Zivilprozeßordnung ≪ZPO≫) ist nach § 114 Abs 2 SGG bis zu einer bindenden Feststellung über die Asylberechtigung der Klägerin auszusetzen. Gemäß § 114 Satz 1 ZPO hängt nämlich die Entscheidung hierüber ua davon ab, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Ausicht auf Erfolg bietet. Da – wie ausgeführt – es für die Entscheidung in der Hauptsache allein darauf ankommt, ob die Klägerin für den umstrittenen Zeitraum als Asylberechtigte anerkannt wird, diese Frage aber in der auschließlichen Kompetenz des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge liegt, ist das BSG als Teil der Sozialgerichtsbarkeit aus funktionell-rechtlichen Gründen gehindert, die Erfolgsaussichten des Asylbegehrens der Klägerin zu beurteilen. Daraus folgt, daß der erkennende Senat die Erfolgsaussicht der Revision der Klägerin nicht beurteilen kann, weil alle hierfür erheblichen Gesichtspunkte seiner Prüfungskompetenz entzogen und der abschließenden Beurteilung durch die nach dem AsylVfG zuständigen Stellen überantwortet sind. Deshalb ist hier nicht darauf einzugehen, ob und ggf unter welchen sonstigen Voraussetzungen Prozeßkostenhilfeverfahren im übrigen ausgesetzt werden dürfen (vgl dazu: Hartmann in: Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, Zivilprozeßordnung, 47. Aufl 1989, § 118 RdNr 2; Schumann in: Stein-Jonas, Kommentar zur ZPO, 20. Aufl 1984, § 148 RdNr 34; Leipold in: Stein-Jonas, aa0, § 118a RdNr 2; Dippe-Hilgenberg in: Alternativkommentar zur ZPO, 1987, § 118 RdNr 6; OLG Hamm FamRZ 1985, 827; OLG München MdR 1988, 783; Kammergericht NJW 1953, 1474; jeweils mwN).
Nach alledem ist sowohl das Revisions- als auch das Prozeßkostenhilfeverfahren erst fortzuführen, wenn eine bindende Entscheidung über den Asylantrag der Klägerin vorliegt.
Fundstellen