Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. Mai 1996 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde, die der Kläger auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache stützt (§ 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫), ist unbegründet. Die in der Beschwerde bezeichnete Rechtsfrage, ob ein Stipendiat sich in der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechend den Regelungen der §§ 1 bis 4 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) pflichtversichern kann, ist nicht klärungsbedürftig.
Der 7. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat bereits entschieden, daß die mit einem Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Beschäftigung des Stipendiaten mit der Anfertigung seiner Habilitationsschrift, wenn sie ihn ausschließlich in Anspruch nimmt, keine entlohnte Beschäftigung iS des Sozialversicherungsrechts und auch keine selbständige Erwerbstätigkeit darstellt (vgl BSG vom 14. November 1978 – 7 RAr 61/77 – DBlR 2532, AFG § 134). Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, sieht der Senat nicht. Damit steht außer Zweifel, daß ein Stipendiat wie der Kläger weder als gegen Arbeitsentgelt beschäftigter Arbeitnehmer (§ 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI) noch als Selbständiger kraft Gesetzes oder auf Antrag (§ 2, § 4 Abs 2 SGB VI) in unmittelbarer Anwendung des Gesetzes versicherungspflichtig ist.
Der Senat sieht es auch nicht als zweifelhaft an und hält es daher nicht für klärungsbedürftig, daß eine analoge Anwendung der Vorschriften über die Versicherungsspflicht auf den vorliegenden Sachverhalt ausgeschlossen ist. Die vom Kläger in der Beschwerdebegründung behauptete Regelungslücke, die nach einem erkennbaren gesetzgeberischen Plan durch richterliche Rechtsfortbildung oder verfassungskonforme Auslegung der Vorschriften ausgefüllt werden müßte, liegt nicht vor. Die Tatbestände der Versicherungsspflicht sind im Gesetz enumerativ aufgeführt. Sie knüpfen, wie das Landessozialgericht zutreffend ausgeführt hat, grundsätzlich an eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit oder den Bezug von Lohnersatzleistungen an und beziehen außerdem wegen besonderer Schutzbedürftigkeit oder aus sozialpolitischen Gründen weitere Personengruppen ein (vgl § 1 Satz 1 Nrn 2 bis 4, § 3 Satz 1 Nrn 1, 1a und 2 SGB VI). Erfaßt werden auch Beschäftigungen zur (betrieblichen) Berufsausbildung (§ 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI iVm § 7 Abs 2 des Sozialgesetzbuchs – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung). Hierzu gehören jedoch nicht wissenschaftliche Ausbildungen und Forschungstätigkeiten, es sei denn, sie werden in einem Beschäftigungsverhältnis oder einer selbständigen Tätigkeit betrieben (BSG SozR 5750 Art 2 § 46 Nr 5). Während in der Krankenversicherung die wissenschaftliche Ausbildung als Student an einer Hochschule oder die berufspraktische Tätigkeit als Praktikant ausdrücklich der Versicherungspflicht unterworfen ist (vgl § 5 Abs 1 Nrn 9 und 10 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Krankenversicherung), fehlt eine solche Regelung in der Rentenversicherung. Hier konnten nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht lediglich für Zeiten einer wissenschaftlichen Ausbildung für den künftigen Beruf vor dem 1. Januar 1957 freiwillige Beiträge nachentrichtet werden, wenn diese Ausbildung in einem Beschäftigungsverhältnis absolviert worden war (Art 2 § 44a Abs 3 Satz 1 des Angestellten-Neuregelungsgesetzes; BSG SozR 5750 Art 2 § 46 Nrn 1 und 5; vgl auch BVerfG SozR 5750 Art 2 § 46 Nr 7). Ebenso können seit dem 1. Januar 1992 unter den Voraussetzungen des § 207 SGB VI freiwillige Beiträge nachgezahlt werden. Außerdem bestand und besteht das Recht der freiwilligen Versicherung nach § 10 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) bzw nach § 7 SGB VI. In Anbetracht dieser Regelungen ist für eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Versicherungspflicht auf Stipendiaten während ihrer ausschließlich wissenschaftlichen Tätigkeit kein Raum.
Der Ausschluß dieser Personen von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung verletzt nach Auffassung des Senats zweifelsfrei nicht deren Grundrechte. Der Bezug eines Stipendiums zwingt im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes ≪GG≫) nicht zu einer Gleichstellung mit den versicherungspflichtig Erwerbstätigen. Die Habilitationsstipendien der DFG unterscheiden sich nach ihrem Zweck wesentlich von den nach dem Recht der Rentenversicherung versicherungspflichtigen Bezügen. Es handelt sich nicht um die Vergütung für eine bestimmte Arbeits- oder Dienstleistung, die aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses gezahlt wird, sondern um Leistungen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses (vgl BSG DBlR 2532, AFG § 134), die einen Anreiz für eine wissenschaftliche Arbeit geben sollen und im Hinblick auf dieses Ziel bemessen sind. Soweit sie dazu bestimmt sind, die Kosten des Lebensunterhalts während der Forschungstätigkeit zu decken, entsprechen sie den Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, die ebenfalls keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung begründen. Die Beschwerdebegründung enthält keine Gesichtspunkte, die eine andere Beurteilung rechtfertigen.
Auch das Grundrecht der Berufsfreiheit des Art 12 Abs 1 GG ist nicht betroffen. Die Regelungen der Versicherungspflicht bestimmen den Personenkreis, der kraft Gesetzes durch die Rentenversicherung gegen die Risiken der Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters und des Todes abgesichert sein soll; sie gehören damit nicht zu den Bestimmungen, die infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs stehen und objektiv eine berufssregelnde Tendenz deutlich erkennen lassen (vgl BVerfGE 70, 191, 214; 52, 42, 54). Ebensowenig berühren diese Vorschriften den Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit (Art 5 Abs 3 GG). Soweit sich der Kläger in der Beschwerdebegründung auf eine Beeinträchtigung der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 GG beruft, ist nicht ersichtlich, inwiefern der Ausschluß der Stipendiaten von der Versicherungspflicht eine eigentumsrechtlich geschützte Position verletzen soll; das gilt auch insoweit, als er Personen wie den Kläger betrifft, die bereits Pflichtversicherungszeiten zurückgelegt haben. Der Erwerb von Pflichtversicherungszeiten in der Rentenversicherung war noch zu keiner Zeit mit der Berechtigung verbunden, diese Versicherung allein aufgrund der bisher zurückgelegten Pflichtversicherung als solche fortzuführen. Vielmehr räumt das Gesetz Personen, die nicht mehr der Versicherungspflicht unterliegen, weil sie deren Voraussetzungen nicht erfüllen, grundsätzlich das Recht der freiwilligen Versicherung ein (§ 10 AVG, § 1233 der Reichsversicherungsordnung, seit 1. Januar 1992: § 7 SGB VI). Ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, eine aufgrund von Pflichtversicherungszeiten erworbene Anwartschaft auf Leistungen wie auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit von einem Anwartschaftserhalt durch weitere Pflichtversicherungszeiten abhängig zu machen und freiwillige Beiträge nicht genügen zu lassen, betrifft den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz von Leistungsansprüchen. Diese Frage wäre in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsbedürftig und klärungsfähig. Der Kläger betont denn auch, daß es ihm nicht um die Feststellung geht, ob mit freiwilligen Beiträgen der Versicherungsschutz aufrechterhalten werden kann; diese Frage ist nicht Streitgegenstand. Die in der Beschwerdebegründung unter Berufung auf das Sozialstaatsprinzip erhobene Forderung, die Pflichtversicherung wegen der steigenden Arbeitslosigkeit von Wissenschaftlern und die daher wachsende Zahl von Forschungsstipendiaten diesem Personenkreis zu öffnen, richtet sich an den Gesetzgeber. Hieraus kann ein Anspruch, das geltende Recht in diesem Sinne auszulegen, nicht hergeleitet werden.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen