Verfahrensgang
SG Bremen (Entscheidung vom 05.04.2018; Aktenzeichen S 8 KR 134/11) |
LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 17.12.2018; Aktenzeichen L 16 KR 201/18 B) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17. Dezember 2018 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten in der Sache über die Übernahme von Kosten für die Mitgliedschaft bzw für verschiedene Trainingsmaßnahmen in einem Fitnessstudio, für eine Rezeptur wegen einer Neurodermitiserkrankung und für ein Magnesiumpräparat sowie über die Bescheidung von Anträgen für ein sequenzielles Gerätetraining und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Das SG hat die hierauf gerichtete Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 8.11.2017). Der Kläger hat die Ergänzung dieses Gerichtsbescheides beantragt, weil das SG nur fragmentarisch über die von ihm gestellten Anträge entschieden habe. Diesen Antrag hat das SG durch Beschluss zurückgewiesen: Die Voraussetzungen des § 140 Abs 1 SGG lägen nicht vor. In dem Gerichtsbescheid sei kein von dem Kläger erhobener Anspruch oder Kostenpunkt übergangen worden (Beschluss vom 5.4.2018). Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das LSG verworfen: Gegen einen Beschluss nach § 140 Abs 2 Satz 2 SGG sei die Berufung nicht statthaft. Ein solcher Beschluss könne lediglich mit der Entscheidung in der Hauptsache angefochten werden (Beschluss vom 17.12.2018).
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Beschluss.
II
Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes des Verfahrensfehlers (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG sind die Umstände zu bezeichnen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; vgl zB BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 § 160a Nr 36 mwN). Dem wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht.
1. Der Kläger macht geltend, das LSG habe seine Berufung nicht durch Beschluss gemäß § 158 Satz 1 und 2 SGG verwerfen dürfen, sondern hierüber aufgrund mündlicher Verhandlung und unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter durch Urteil entscheiden müssen. Damit rügt er sinngemäß, das LSG habe verfahrensfehlerhaft statt des beantragten Sachurteils ein Prozessurteil erlassen und damit gegen § 158 SGG verstoßen (vgl zum Verfahrensmangel "Prozessurteil statt Sachurteil" zB BSG vom 17.6.2020 - B 5 R 302/19 B - SozR 4-1500 § 151 Nr 6 RdNr 5 mwN).
Hierzu legt der Kläger zwar dar, dass die vom LSG angegebene Begründung für die Unzulässigkeit der Berufung nicht trage. Das SG habe über den Ergänzungsantrag nach § 140 Abs 1 SGG unzutreffend durch Beschluss anstatt durch Urteil oder Gerichtsbescheid entschieden. Insofern sei unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes (auch) die Berufung als dasjenige Rechtsmittel statthaft gewesen, das bei einer in der richtigen Form ergangenen Entscheidung zulässig wäre (vgl zB BSG vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 8/14 B - SozR 4-1720 § 198 Nr 8 RdNr 9 mwN).
Der Kläger legt aber nicht dar, dass die Berufung auch im Übrigen zulässig war und sich das Prozessurteil deshalb nicht aus anderen Gründen als richtig erweist. Hierzu hätte der Kläger insbesondere darlegen müssen, dass die Berufung nicht nach § 144 Abs 1 SGG zulassungsbedürftig oder vom SG oder LSG nach § 144 Abs 2 SGG zugelassen worden war (zur Bestimmung des Beschwerdewerts im Ergänzungsverfahren nach § 140 SGG vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 140 RdNr 3b mwN). Er zeigt nicht auf, dass, in welcher Weise und wann er im SG-Verfahren die im Ergänzungsantrag formulierten Anträge gestellt hat und dass diese nicht vom Gerichtsbescheid erfasst sind, also worüber genau der Gerichtsbescheid entschieden hat. Er behauptet insofern lediglich pauschal, ein Fall des § 144 Abs 1 SGG liege nicht vor, ohne dies näher zu erläutern. Anlass hierzu hätte auch deshalb bestanden, weil der Kläger selbst mitgeteilt hat, gegen den Beschluss des LSG sowohl Berufung als auch Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt zu haben. Ob und ggf wie über die Nichtzulassungsbeschwerde zwischenzeitlich entschieden worden ist, hat er indes nicht mitgeteilt.
2. Soweit der Kläger ergänzend einen Verfahrensfehler darin sieht, dass das LSG ihm keinen Rechtsanwalt beigeordnet hat, obwohl dies angesichts seiner chronischen schweren Krankheit erforderlich gewesen wäre, hat er zwar in der Anlage zu seiner Beschwerdebegründung seinen Berufungsantrag nebst PKH-Antrag in Kopie vorgelegt. Er zeigt aber nicht auf, ob und ggf mit welcher Begründung das LSG über diesen Antrag entschieden hat. Die alleinige Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde in einem Parallelverfahren zur dort ergangenen PKH-Entscheidung genügt hierfür - jedenfalls ohne Beifügung des entsprechenden Schriftsatzes und der PKH-Entscheidung zum vorliegenden Verfahren - nicht (vgl Voelzke in jurisPK-SGG, § 160a SGG RdNr 87; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 294 mwN). Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich die maßgebenden Umstände und Entscheidungen aus den Akten selbst zusammenzusuchen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14892233 |