Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. Dezember 2023 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 1.9.2017 bis zum 30.9.2018 bei der beklagten Krankenkasse im Wege der obligatorischen Anschlussversicherung als freiwilliges Mitglied versichert war.
Der Kläger war bei der Beklagten vom 1.9.2016 bis zum 31.8.2017 aufgrund einer im Rahmen eines freiwilligen sozialen Jahres ausgeübten Tätigkeit und erneut ab 1.10.2018 wegen Aufnahme eines Studiums in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) pflichtversichert. Seine Eltern waren im streitigen Zwischenzeitraum Mitglieder der "S e.V." (im Folgenden S). Ab 1.9.2017 bis zum 30.9.2018 bestand dort auch eine zuwendungsbefugte Familienmitgliedschaft des Klägers. Die Beklagte stellte fest, dass der Kläger auch über den 31.8.2017 hinaus als freiwilliges Mitglied bei der Beklagten krankenversichert sei. Die Mitgliedschaft bei der S stelle keine anderweitige Absicherung dar, sodass der ihr gegenüber erklärte Austritt unwirksam sei. Ein Rechtsanspruch auf Kostenübernahme für medizinisch notwendige Maßnahmen sei dort nicht begründet worden (Bescheid vom 29.5.2018; Widerspruchsbescheid vom 9.10.2019).
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 24.2.2022). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Soweit der Kläger die Feststellung des Nichtbestehens einer Krankenversicherung bei der Beklagten für den Zeitraum vom 1.9.2017 bis zum 24.4.2018 begehre, sei dies mangels Feststellungsinteresse unzulässig. Eine Beitragserstattung für diesen Zeitraum komme nicht in Betracht, weil die Beklagte dem Kläger am 24.4.2018 eine Leistung erbracht habe. Soweit der Kläger die Aufhebung des angefochtenen Bescheids und die Feststellung des Nichtbestehens einer Krankenversicherung bei der Beklagten vom 25.4.2018 bis zum 30.9.2018 begehre, sei die Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig, aber unbegründet. Im Rahmen der bei der Austrittserklärung anzuwendenden prognostischen Betrachtung habe kein durchsetzbarer Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall gegen die S bestanden. Der Kläger sei nicht selbst originäres Mitglied der S gewesen. Die jederzeitige Abänderbarkeit der Zuwendungsordnung und die vorgesehene Kündigungsmöglichkeit würden einen hinreichend sicheren Anspruch ausschließen. Die Regelung des § 176 SGB V finde keine Anwendung auf Sachverhalte vor ihrem Inkrafttreten. Auch bei einer ex-post Betrachtung sei bei einer Auslegung der Satzung und der Zuwendungsordnung kein eigener Anspruch des Klägers nachgewiesen (Urteil vom 19.12.2023).
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG.
II
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG). Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt. Hierzu ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums auszuführen, weshalb eine Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich ist darzulegen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt (vgl BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger wirft die Frage auf,
"ob und unter welchen Voraussetzungen eine Mitgliedschaft in einer Einrichtung der Solidargemeinschaft als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall gemäß § 5 I 13 SGB V vor der gesetzlichen Neuregelung in § 176 SGB V von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreit."
Die Zusage der S, wonach alle Mitglieder eine Krankenversorgung erhalten würden, die in Quantität und Qualität mindestens dem Niveau der GKV entspreche, sei eine rechtlich verbindliche Leistungszusage, die durch die Zuwendungsordnung konkretisiert werde. Die Argumentation, es bestehe kein Leistungsanspruch gegenüber dem Verein, sei unzutreffend. Mit der Neuregelung in § 176 SGB V habe der Gesetzgeber klargestellt, dass auch eine Mitgliedschaft in einer privat organisierten Selbsthilfeeinrichtung bzw Solidargemeinschaft im Gesundheitswesen als anderweite Absicherung in Betracht komme. Antragsgemäß sei die S durch die Bestätigung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 22.2.2022 als Einrichtung gemäß § 176 SGB V anerkannt worden. Schließlich sei die Begründung des LSG, wonach der Kläger selbst keinen Anspruch gehabt habe, sondern nur im Rahmen der Mitgliedschaft der Eltern zuwendungsbefugt gewesen sei, nicht überzeugend. Die Satzung der S bilde die Leistungsberechtigung aus der privaten Krankenversicherung inhaltsgleich ab.
a) Die Beschwerdebegründung erfüllt die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) nicht, weil darin keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert wird. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN).
b) Unabhängig davon legt der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der in den Raum gestellten Frage nicht hinreichend dar. Eine Rechtsfrage ist dann höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN). Daher muss substantiiert aufgezeigt werden, dass und warum sich früheren Entscheidungen (vgl BSG Urteil vom 10.12.2019 - B 12 KR 20/18 R - BSGE 129, 265 = SozR 4-2500 § 188 Nr 1; BSG Urteil vom 7.6.2018 - B 12 KR 17/17 R - BSGE 126, 56 = SozR 4-2400 § 7a Nr 9; BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 12 KR 14/11 R - BSGE 113, 160 = SozR 4-2500 § 5 Nr 18) keine solchen Anhaltspunkte entnehmen lassen. Der Kläger führt selbst aus, dass das Urteil des Senats vom 20.3.2013 (aaO) die eindeutigen Feststellungen enthalte, dass für eine von der Versicherungspflicht in der GKV befreiende anderweitige Absicherung nicht ein dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbares Niveau erforderlich sei und vielmehr eine den qualitativen Anforderungen der privaten Krankenversicherung gemäß § 193 Abs 3 Satz 1 VVG entsprechende Leistungszusage genüge. Weshalb trotz dieser Rechtsprechung ein Klärungsbedarf der aufgeworfenen Frage bestehen soll, wird nicht aufgezeigt.
Auch hinsichtlich der mit Wirkung vom 9.6.2021 eingeführten Neuregelung des § 176 SGB V(Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz - DVPMG vom 3.6.2021, BGBl I 1309) legt der Kläger nicht dar, dass hierdurch eine erneute Klärungsbedürftigkeit im Sinn einer Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung entstanden wäre.
c) Schließlich legt der Kläger auch die Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Frage nicht hinreichend dar. Er unterlässt die gebotene Darstellung, inwieweit es sich bei dem Satzungsrecht der S um revisibles Bundesrecht (§ 162 SGG) handeln soll und es überhaupt im angestrebten Revisionsverfahren zu einer Klärung durch das BSG kommen kann.
d) Zusammenfassend wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde gegen die konkrete Rechtsanwendung des LSG. Die Behauptung, die Entscheidung des Berufungsgerichts sei inhaltlich unrichtig, kann im sozialgerichtlichen Verfahren nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI16708791 |