Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. März 1998 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) gerichtete Beschwerde, mit welcher der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichen (Divergenz) und Verfahrensmängel geltend macht, ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, daß der Zulassungsgrund schlüssig dargetan wird (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47 und 58; vgl hierzu auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl, 1997, IX, RdNrn 177 und 179 mwN). Diesen Anforderungen an die Begründung hat der Kläger nicht hinreichend Rechnung getragen.
Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. In der Beschwerdebegründung muß nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, daß die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Es muß eine klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen sein, welche bisher revisionsgerichtlich noch nicht – ausreichend – geklärt ist (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17). Demgemäß muß der Beschwerdeführer, der die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzulegen hat, aufzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/ Udsching, aaO, IX, RdNrn 65 und 66; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNrn 116 ff). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Es mangelt bereits an der klaren Formulierung einer abstrakten Rechtsfrage, der nach Ansicht des Beschwerdeführers grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Das Vorbringen des Klägers, im vorliegenden Fall seien „für die Rechtsfindung so entscheidende Fragen wie diese (zuvor erörterte) Gewaltenteilung der Unabhängigkeit der Gerichte” angesprochen, weshalb die Sache zweifelsfrei grundsätzliche Bedeutung habe, erfüllt diese Anforderungen nicht. Im übrigen hat es der Kläger versäumt, darzulegen, ob zu der von ihm gemeinten (aber nicht klar formulierten) Rechtsfrage bereits höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt und sich ggf mit dieser auseinanderzusetzen und darzutun, daß seine Rechtsfrage damit nicht beantwortet werden kann.
Auch soweit der Kläger „Divergenzzulassung” geltend macht, kann dies nicht zur Zulassung der Revision führen. Zur formgerechten Rüge einer solchen Abweichung ist in der Beschwerdebegründung die höchstrichterliche Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweichen soll, so zu bezeichnen, daß sie ohne Schwierigkeiten auffindbar ist. In Betracht kommen dafür (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nur Entscheidungen des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts. Ferner ist deutlich zu machen, worin eine Abweichung zu sehen sein soll. Der Beschwerdeführer muß darlegen, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine das Berufungsurteil tragende Abweichung in dessen rechtlichen Ausführungen enthalten ist. Er muß einen abstrakten Rechtssatz aus dem vorinstanzlichen Urteil und einen abstrakten Rechtssatz aus der höchstrichterlichen Entscheidung so bezeichnen, daß die Divergenz erkennbar ist. Es reicht hingegen nicht aus, auf eine bestimmte höchstrichterliche Entscheidung mit der Behauptung hinzuweisen, das angegriffene Urteil weiche hiervon ab. Schließlich ist darzulegen, daß die angegriffene Entscheidung auf der gerügten Divergenz beruhe (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 14, 21, 29).
Diesen Kriterien wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Es fehlt bereits die Bezeichnung eines höchstrichterlichen Urteils iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, von dem das angefochtene Berufungsurteil abweichen soll. Der Kläger trägt insoweit lediglich vor, es komme in diesem Fall „nicht nur auf die Rechtsprechung des BSG, sondern auch des BGH” an, ohne indes eine Entscheidung eines der beiden genannten obersten Bundesgerichte zu nennen. Konkret führt der Kläger lediglich eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe an. Eine Abweichung von der Entscheidung eines OLG ist indes kein Zulassungsgrund; außerdem legt der Kläger nicht einmal dar, welcher abstrakte Rechtssatz aus der angefochtenen Entscheidung der des OLG widersprechen soll.
Auch soweit der Kläger seine Beschwerde mit einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) durch das LSG begründet, kann dies nicht zur Zulassung der Revision führen. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Auf eine Verletzung des § 103 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG nur dann gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Der Kläger bringt insoweit vor, das Berufungsgericht habe § 103 SGG verletzt, indem es das von Dr. B. … gemäß § 109 SGG erstattete Gutachten in unerträglicher Weise zerrissen habe, und führt dies im einzelnen aus. Damit rügt er im Kern die Beweiswürdigung des LSG. Darauf kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG.
Auch soweit der Kläger eine Verletzung von § 106 Abs 3 Nr 5 SGG iVm §§ 406, 42 der Zivilprozeßordnung (ZPO) sowie die „Verletzung des Grundsatzes der Unabhängigkeit des Gerichts gem. § 1 SGG” und des Art 20 Abs 2 des Grundgesetzes (GG) rügt, legt er damit keinen Revisionszulassungsgrund in zulässiger Form dar. Auf welchen Zulassungsgrund iS des § 160 Abs 2 SGG er sich mit diesem Vortrag berufen will, trägt der Kläger nicht vor. Offenbar will er damit als Verfahrensmangel gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend machen, das LSG sei nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen. Sein Vorbringen ist indes nicht geeignet, einen solchen Verfahrensverstoß zu bezeichnen. Seine unter Beweis gestellte Behauptung, Sozialgericht (SG) und LSG hätten sich – wie auch sonst – nur auf Gutachten von medizinischen Sachverständigen gestützt, die auch häufig für Berufsgenossenschaften gutachterlich tätig würden, und sich damit „in eine strangulierende Abhängigkeit zum Begutachtungssystem der Berufsgenossenschaften begeben”, ist nicht geeignet, einen derartigen Verfahrensmangel schlüssig zu belegen.
Die verfassungsmäßige Eigenständigkeit der Rechtsprechung wird durch das Rechtsprechungsmonopol, die organisatorische Selbständigkeit der Gerichte und durch die Sicherung der sachlichen und personellen Unabhängigkeit der Richter in Art 97 GG gewährleistet (vgl Jarass/Pieroth, GG, 3. Aufl, 1995, Art 20 RdNr 19 mwN). Der Umstand, daß sich ein Tatsachengericht der Sozialgerichtsbarkeit überwiegend der Hilfe von Sachverständigen bedient, die auch für Sozialversicherungsträger tätig werden, ist nicht geeignet, Zweifel an der Eigenständigkeit bzw Unabhängigkeit dieses Gerichts bzw seiner Richter zu begründen. Die Auswahl der Sachverständigen liegt mit Ausnahme der Beauftragung nach § 109 SGG bei dem Gericht und ist gerade Ausdruck von dessen Unabhängigkeit. Der vom Gericht bestellte Sachverständige ist für sein Gutachten persönlich verantwortlich; er hat es unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen zu erstatten (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 410 Abs 1 Satz 2 ZPO). Damit ist regelmäßig gewährleistet, daß in seine Begutachtung keine sachfremden Kriterien einfließen. Häufig wird es sich insbesondere bei schwierigen Beweisfragen im Zusammenhang mit Kausalitätsfragen und Berufskrankheiten kaum vermeiden lassen, daß ein Gericht einen Sachverständigen beauftragt, der auch des öfteren im Auftrage von Berufsgenossenschaften solche Gutachten fertigt, da die hier erforderlichen besonderen Kenntnisse und Erfahrungen auf Spezialgebieten bei anderen Ärzten nicht vorhanden sind. In jedem Fall ändert dies nichts an der Verpflichtung des bestellten Sachverständigen zur unparteiischen Erstattung der Gutachten. Die Gerichte sind daher im Regelfall auch nicht gehindert, bei der Entscheidungsfindung im Wege des Urkundenbeweises Sachverständigengutachten zu verwerten, die eine Verwaltungsbehörde eingeholt hat (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl, 1998, § 118 RdNr 12b mwN). Als Korrektiv für den Einzelfall besteht die Möglichkeit, einen Sachverständigen bei Vorliegen konkreter Ablehnungsgründe wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 406 ZPO).
Sofern der Kläger mit seiner Rüge der Verletzung der Unabhängigkeit des Gerichts dartun will, die im vorliegenden Fall von den Instanzgerichten eingeholten Gutachten seien nicht sachgerecht erstattet worden, rügt er im Kern wiederum die Beweiswürdigung des LSG. Darauf kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen