Verfahrensgang

Hessisches LSG (Urteil vom 05.06.2023; Aktenzeichen L 7 AS 26/19)

SG Marburg (Entscheidung vom 07.12.2018; Aktenzeichen S 8 AS 256/14)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landesozialgerichts vom 5. Juni 2023 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

 

Gründe

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg böte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Von diesen Zulassungsgründen kann nach Aktenlage unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers keiner mit Erfolg im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden.

Im vorliegenden Verfahren, in dem höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Juni 2013 bis Mai 2016, insbesondere unter Berücksichtigung von Mehrbedarfen wegen kostenaufwändiger Ernährung infolge erhöhter Blutfettwerte und eines Mehrbedarfs wegen einer seit Oktober 2000 durchgeführten ambulanten Psychotherapie, sowie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Streit stehen, stellen sich Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung nicht. Die Kriterien, die der Prüfung eines Anspruchs auf einen ernährungsbedingten Mehrbedarf zugrunde zu legen sind, hat der Senat zuletzt in seinem Urteil vom 20.1.2016 (B 14 AS 8/15 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 25 RdNr 14 f) zusammengefasst. Dass sich im Vergleich hierzu im vorliegenden Verfahren neue Rechtsfragen stellen könnten, ist nicht erkennbar. Ob inhaltlich zutreffend ein derartiger Anspruch abgelehnt worden ist, ist keine Frage, die zur Revisionszulassung berechtigt. Nichts anderes gilt im Hinblick auf den vom Kläger behaupteten Mehrbedarf nach § 21 Abs 4 SGB II wegen der ambulanten Psychotherapie. Insoweit hat das LSG festgestellt, dass es sich bei der Psychotherapie um eine medizinische Maßnahme, nicht um eine, von § 21 Abs 4 SGB II aber vorausgesetzte, Leistung der Teilhabe am Arbeitsleben handelt. Dass ein Rechtsanwalt insoweit mit einer Rüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren erfolgreich die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung durch das LSG geltend machen könnte, steht bereits vor dem Hintergrund des § 160 Abs 2 Nr 3 2. Halbsatz SGG nicht zu erwarten, wonach ein Verfahrensmangel ua nicht auf § 128 SGG gestützt werden kann. Mögliche Fragen grundsätzlicher Bedeutung zu einem Mehrbedarf nach § 21 Abs 4 SGB II, der sich ausschließlich auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bzw sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes oder Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX bezieht, wären deshalb schon - unabhängig davon, ob sie überhaupt Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind (dazu unten) - nicht im anzustrebenden Revisionsverfahren klärungsfähig. Anhaltspunkte für einen möglichen Erfolg einer Divergenzrüge liegen ebenfalls nicht vor.

Auch ist nicht erkennbar, dass ein Rechtsanwalt Verfahrensmängel erfolgreich würde rügen können. Da der Beklagte in keinem der angefochtenen Bescheide über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben entschieden hat, hat das LSG weder den Streitgegenstand der der Beschwerde zugrundeliegenden Verfahren verkannt (§ 123 SGG) noch liegt in der Klageabweisung als unzulässig ein unzulässiges Prozess- statt eines statt dessen gebotenen Sachurteils. Nicht zuletzt verfängt die vom Kläger geltend gemachte Verletzung rechtlichen Gehörs nach Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG nicht. Anders als er behauptet, ist er mit der ihm am 6.5.2023 zugegangenen Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 5.6.2023 um 10 Uhr und nicht um 10:45 Uhr geladen worden. Zum Termin am 5.6.2023 ist er nach seinem eigenen Vorbringen weder um 10 Uhr noch nach Ablauf der vom LSG ausweislich des Sitzungsprotokolls beachteten angemessenen Wartezeit zum Sitzungsbeginn um 10:15 Uhr erschienen. Vielmehr ist er nach seinem eigenen Bekunden erst um 10:38 Uhr am LSG erschienen, zu einem Zeitpunkt, als die mündliche Verhandlung bereits beendet war. Dass der Kläger zu diesem Termin angeblich vorbereitete Beweisanträge nicht mehr hat stellen können, kann vor diesem Hintergrund einen Gehörsverstoß nicht begründen.

Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

S. Knickrehm

Neumann

Siefert

 

Fundstellen

Dokument-Index HI16208641

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