Verfahrensgang

LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 25.01.2018; Aktenzeichen L 10 SB 24/15)

SG Hannover (Entscheidung vom 09.02.2015; Aktenzeichen S 15 SB 11/13)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. Januar 2018 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I

Das LSG hat mit Urteil vom 25.1.2018 einen Anspruch der Klägerin auf Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 20 verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie macht als Zulassungsgründe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel geltend.

II

Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung vom 23.3.2018 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der hierfür erforderlichen Weise dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss daher, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl Senatsbeschluss vom 30.11.2017 - B 9 V 35/17 B - Juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 2.5.2017 - B 5 R 401/16 B - Juris RdNr 6 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Die Klägerin hat bereits keine Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG bezeichnet. Denn eine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht (s hierzu BSG Beschluss vom 16.1.2018 - B 14 AS 234/17 B - Juris RdNr 3; BSG Beschluss vom 11.1.2017 - B 12 R 25/16 B - Juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - Juris RdNr 11) wird in der Beschwerdebegründung nicht formuliert. Soweit dort ausgeführt wird, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, "da das Gericht hier rechtsirrig im Urteil vom 25.01.2018 ausführt, dass ein Gesamt-GdB von 10 festzusetzen ist und kein Anlass zu einer weiteren Aufklärung besteht", bezieht sich dieser Vortrag ausschließlich auf den vom Berufungsgericht entschiedenen Einzelfall der Klägerin. Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage durch den Beschwerdeführer ist jedoch unverzichtbar, damit das BSG als Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (stRspr, zB BSG Beschluss vom 9.1.2017 - B 12 KR 35/16 B - Juris RdNr 9). Die von der Klägerin im Kern ihres Vortrags gerügte inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG in ihrem Einzelfall scheidet als Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein aus (vgl Senatsbeschluss vom 21.8.2017 - B 9 V 19/17 B - Juris RdNr 9).

2. Sofern die Klägerin als Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) darin sieht, dass das LSG kein Gutachten zur Festsetzung des Gesamt-GdB eingeholt habe, erfüllt ihr Vortrag die Darlegungsanforderungen für eine Sachaufklärungsrüge nicht. Wird ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (zum Ganzen s Senatsbeschlüsse vom 13.2.2017 - B 9 SB 41/16 B - Juris RdNr 6 und vom 28.9.2015 - B 9 SB 41/15 B - Juris RdNr 5, jeweils mwN).

Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Ein - wie hier - in der Berufungsinstanz anwaltlich vertretener Beteiligter kann nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 25.9.2017 - B 9 SB 51/17 B - Juris RdNr 7 mwN). Nach Sinn und Zweck des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG soll die Sachaufklärungsrüge die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung durch einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts (§ 103 SGG) noch nicht als erfüllt ansieht (vgl BSG Beschluss vom 21.12.2017 - B 13 R 303/17 B - Juris RdNr 6 mwN).

Es reicht daher nicht aus, lediglich vorzutragen, "(d)as Gericht hätte hier aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes ein Gutachten einholen müssen zur Festsetzung des Gesamt-GdB". Unabhängig davon, dass die Klägerin damit keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG (iVm § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 403 ZPO) bezeichnet hat (allgemein zu den diesbezüglichen Anforderungen s Senatsbeschluss vom 7.10.2016 - B 9 V 28/16 B - Juris RdNr 14; BSG Beschluss vom 10.10.2016 - B 13 R 172/16 B - Juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 5.2.2015 - B 13 R 372/14 B - Juris RdNr 12, jeweils mwN), zeigt sie in der Beschwerdebegründung - anders als erforderlich - nicht auf, dass sie einen entsprechenden Antrag auch noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 25.1.2018 durch Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten habe. Auch legt die Klägerin nicht dar, dass das LSG in dem angefochtenen Urteil einen entsprechenden Beweisantrag wiedergegeben habe.

Soweit die Klägerin die in ihrem Fall erfolgte GdB-Bemessung durch das LSG angreift, rügt sie im Kern (auch) die Beweiswürdigung des LSG. Auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien Beweiswürdigung) kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG von vornherein nicht gestützt werden (vgl Senatsbeschluss vom 9.12.2010 - B 9 SB 35/10 B - Juris RdNr 9).

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

4. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11740452

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge