Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde. Zulässigkeit. Begründung. Rechtsfrage. Grundsätzliche Bedeutung. Arbeitslosenhilfe. Nebeneinkommen. Anrechnung. Absetzung. Werbungskosten. Kinderbetreuungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine außer Kraft getretene Vorschrift kann in aller Regel keine Fragen mehr aufwerfen, die im Interesse der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung noch der Klärung bedürfen, es sei denn es ist noch eine erhebliche Anzahl von gleichartigen Fällen zu entscheiden oder das neue Recht enthält die gleiche auslegungsbedürftige Regelung enthält.

 

Normenkette

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1, § 160a Abs. 2 S. 3; SGB III § 141; AFG §§ 115, 138

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Urteil vom 16.05.2002)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen – Bremen vom 16. Mai 2002 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Klägerin begehrt höhere Arbeitslosenhilfe (Alhi) und macht geltend, ihr anzurechnendes Einkommen aus einer kurzzeitigen selbstständigen Tätigkeit sei um Kinderbetreuungskosten zu vermindern.

Die Beklagte bewilligte der 1960 geborenen Klägerin, die zwei 1984 bzw 1995 geborene Kinder hat, für die Zeit ab September 1995 Alhi in Höhe von 414,60 DM wöchentlich. Auf die Mitteilung der Klägerin vom 3. November 1995, sie habe im Oktober 1995 durch journalistische Tätigkeit einen „Nebenverdienst” von 1.117,80 DM erzielt, wovon allerdings 108 DM für Fahr- und Telefonkosten sowie 580 DM Kinderbetreuungskosten abzuziehen seien, hob die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Dezember 1995 die Bewilligung von Alhi in Höhe eines Anrechnungsbetrages von 429,91 DM mit Hinweisen ua auf die §§ 115, 152 Abs 3 und 154 Abs 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) sowie § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) teilweise auf.

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide verpflichtet, bei der Anrechnung von Nebeneinkünften Kinderbetreuungskosten in Höhe von 580 DM einkommensmindernd zu berücksichtigen (Urteil vom 19. Februar 1999). Auf die vom SG zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das SG-Urteil abgeändert und die genannten Bescheide der Beklagten aufgehoben, soweit die Anrechnung von Einkommen für den Monat Oktober 1995 auf einer Berücksichtigung eines Bruttoeinkommens von mehr als 698,60 DM beruht; im Übrigen hat das LSG die Klage abgewiesen (Urteil vom 16. Mai 2002). Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt: Die Beklagte sei gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X iVm § 152 Abs 3 AFG zur teilweisen Aufhebung der Alhi-Bewilligung berechtigt gewesen. Anzuwenden seien die Anrechnungsvorschriften des § 115 AFG, nicht die des § 138 AFG. Kinderbetreuungskosten seien entweder steuerlich nicht relevante Kosten der allgemeinen Lebensführung und deshalb vom Einkommen ebenso wenig absetzbar wie die Kosten des täglichen Bedarfs, selbst wenn diese als notwendige Voraussetzungen zur Erzielung von Einkommen durch Erwerbsarbeit betrachtet werden könnten, oder sie seien nach damaliger Gesetzeslage als außergewöhnliche Belastungen anzusehen, sie seien aber keine Werbungskosten iS des § 115 Abs 1 Satz 1 AFG. Aus anderen Vorschriften wie § 45 Satz 2 AFG oder § 76 Abs 2 Nr 4 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) könne die Klägerin nichts für ihren Standpunkt herleiten, da es sich um andere Regelungsbereiche handle. Grundrechtsverstöße seien nicht zu sehen; die möglicherweise wünschenswerte stärkere Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten könne von Verfassungs wegen jedenfalls für den damaligen Zeitpunkt nicht gefordert werden. Ebenso wenig liege ein Verstoß gegen das Verbot mittelbarer Diskriminierung von Frauen iS der EG-Richtlinie 79/7 vom 19. Dezember 1978 vor. Zu beanstanden sei allerdings, dass die Beklagte das im jeweiligen Monat zugeflossene statt das in diesem Monat erarbeitete Einkommen berücksichtigt habe. Aus Angaben und Belegen der Klägerin ergebe sich, dass die im Oktober erarbeiteten (und im November gezahlten) Einkünfte der Klägerin nur 698,60 DM betragen hätten. Der Anrechnungsbetrag für Oktober sei daher unzutreffend festgesetzt worden; eine „Verrechnung” mit in den Vormonaten anzurechnendem Einkommen komme nicht in Betracht, weil die entsprechenden Bescheide in diesem Verfahren nicht zur Überprüfung stünden.

Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit der Beschwerde und macht geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. In der Beschwerdebegründung stellt die Klägerin ausführlich den Sachverhalt und den Verfahrensverlauf dar (ua mit Hinweisen auf einen vor dem LSG geschlossenen Teilvergleich, wonach Streitgegenstand lediglich die angefochtenen Bescheide von 1995 sein sollten und die Beklagte sich bereit erklärte, nachfolgende Anrechnungsbescheide daraufhin zu überprüfen, ob das Einkommen entsprechend dem Erarbeitungsprinzip bzw hinsichtlich der Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten zutreffend angerechnet worden sei sowie auf Verwaltungsvorgänge betreffend die Geltendmachung von Kinderbetreuungskosten in der Zeit bis Juni 1997). Insbesondere unter Hinweis auf Art 3 und 6 des Grundgesetzes (GG) verweist die Beschwerdeführerin auf verschiedene Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in Entscheidungen vom 10. November 1998 und 3. April 2001 sowie auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 21. Januar 1999. Darüber hinaus macht sie – wie schon in den Vorinstanzen – geltend, die Nichtberücksichtigung von Kinderbetreuungskosten bei der Erzielung von Nebeneinkommen aus einer Teilzeitbeschäftigung stelle eine Diskriminierung der Klägerin nach Art 4 der EG-Richtlinie 79/7 dar; der Beweis des ersten Anscheins spreche für eine „überwiegende Diskriminierung von arbeitslosen Frauen mit Kindern”, da Männer nur „zu einem verschwindend geringen Prozentsatz” betroffen seien. Daran anschließend formuliert die Beschwerdeführerin insgesamt zehn nach ihrer Auffassung zu klärende Rechtsfragen, nämlich:

  1. Ist bei der rechtlichen Prüfung der Frage, ob von der Klägerin aufgewandte Kinderbetreuungskosten bei der Erzielung und Anrechnung von Nebeneinkommen zu berücksichtigen sind, § 138 Abs 1 iVm § 115 AFG oder iVm § 138 Abs 2 AFG anzuwenden?
  2. Ermöglicht die Anwendung einerseits von § 138 Abs 1 iVm § 115 AFG bzw andererseits iVm § 138 Abs 2 AFG die Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten bei der Anrechnung von Nebeneinkommen bei der Klägerin?
  3. Sind die von der Klägerin geltend gemachten Kinderbetreuungskosten steuerrechtlich als Werbungs- bzw Betriebskosten anzusehen?
  4. Sofern arbeitslosenversicherungsrechtlich und steuerrechtlich die geltende Rechtslage eine Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten der Klägerin bei der Anrechnung ihres Nebeneinkommens nicht zulässt, ergibt sich daraus eine Verletzung der Grundrechte der Klägerin aus Art 3 und 6 GG?
  5. Ist die Rechtsprechung des BVerfG vom 10. November 1998 auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbar oder nur für die Zukunft zu berücksichtigen?
  6. Ist es verfassungsrechtlich und aus dem Grundrechtsschutz der Klägerin aus Art 3 und 6 GG geboten, die der Klägerin entstandenen Kinderbetreuungskosten bei der Erzielung ihres Nebeneinkommens bei der Anrechnung des Nebeneinkommens zu berücksichtigen?
  7. Erfordert die zitierte Rechtsprechung des BVerfG bzw der Grundrechtsschutz aus Art 3 und 6 GG für die Klägerin eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 138 Abs 1 und Abs 2 und 115 AFG dahingehend, dass Kinderbetreuungskosten, die arbeitslosen allein erziehenden Frauen bei der Erzielung von Nebeneinkommen entstehen, bei der Anrechnung des Nebeneinkommens zu berücksichtigen sind?
  8. Liegt in der Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten für Arbeitslose mit Kindern bei Fortbildungs-, Arbeitsbeschaffungs- bzw Strukturanpassungsmaßnahmen gegenüber der Nichtberücksichtigung von Kinderbetreuungskosten bei Arbeitslosen mit Kindern bei der Erzielung von Nebeneinkommen zur Arbeitslosenhilfe eine Ungleichbehandlung vor, die eine Berücksichtigung der Kinderbetreuungskosten des letztgenannten Personenkreises (etwa zumindest im selben Umfang wie beim geförderten Personenkreis) gebietet?
  9. Liegt in der Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten für Sozialhilfeempfänger mit Kindern bei Erzielung von Nebeneinkommen gegenüber der Nichtberücksichtigung von Kinderbetreuungskosten bei Arbeitslosenhilfeempfängern mit Kindern bei Erzielung von Nebeneinkommen eine Ungleichbehandlung vor, die eine Berücksichtigung der Kinderbetreuungskosten des letztgenannten Personenkreises gebietet?
  10. Sofern weder arbeitslosenversicherungsrechtlich noch steuerrechtlich noch verfassungsrechtlich die geltende Rechtslage eine Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten der Klägerin bei der Anrechnung ihres Nebeneinkommens zulässt, ergibt sich daraus ein Verstoß gegen das europarechtliche Diskriminierungsverbot aus Art 4 der EG-Richtlinie 79/7 vom 19. Dezember 1978?

Alle diese Rechtsfragen seien für die angestrebte Revision entscheidungserheblich. Die Klärung der Rechtsfragen habe grundsätzliche Bedeutung; nach Kenntnis des Unterzeichners der Begründungsschrift seien die Fragen noch nicht entschieden worden. Durch die angestrebte Rechtsfortbildung seien die Interessen der Versichertengemeinschaft berührt; es sei im Interesse aller arbeitslosen Versicherten erforderlich, eindeutige Grundsätze für die Anrechnung von Nebeneinkommen zu entwickeln. Auch für die in verschiedenen Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) aus dem AFG übernommenen bzw abgeänderten Regelungen zur Anrechnung von Nebeneinkommen auf die Alhi seien die aufgeworfenen Rechtsfragen nach wie vor von grundsätzlicher Bedeutung. Die Rechtsfragen seien klärungsfähig; denn bei einer Zulassung der Revision könne das BSG ua darüber entscheiden, ob und welche Rechtsfortbildung bei der Auslegung der §§ 138 Abs 1 iVm § 115 bzw § 138 Abs 2 AFG bzw Folgevorschriften des SGB III zukomme. Das BSG könne auch darüber entscheiden, ob eine Vorlage an das BVerfG oder den Europäischen Gerichtshof (EuGH) erforderlich sei. Zur Erlangung von Rechtssicherheit sowie für eine einheitliche Rechtsfortbildung seien die Rechtsfragen notwendigerweise vom BSG zu entscheiden. Die Rechtsfragen seien klärungsbedürftig; auf Grund „der Entscheidungen des Gerichtes zur Anrechnung von Nebeneinkommen” bedürfe es weiterer Klärung dahingehend, ob „die darin entwickelten Grundsätze für die Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten auch in einem Fall der vorliegenden Art Anwendung finden oder einer Ergänzung bzw Erweiterung bedürfen”. Auch wenn das Recht des AFG zwischenzeitlich durch das SGB III ersetzt worden sei, bleibe die Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die im Wesentlichen bestehen gebliebenen Regelungen zur Anrechnung von Nebeneinkommen in der Alhi in § 198 Abs 1 Nr 6 iVm § 141 Abs 1 und 3 bzw § 194 Abs 2 Nr 4 SGB III bestehen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund der vorgetragenen verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Dimension.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Beschwerde ist nicht zulässig, denn die ausschließlich als Zulassungsgrund geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebotenen Weise dargelegt.

Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN – stRspr; BVerwG NJW 1999, 304; vgl auch BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage durch das Revisionsgericht notwendig macht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung trotz ihres umfangreichen Vortrages nicht.

Im Einzelnen ist zu den nach Auffassung der Beschwerdeführerin sich stellenden Rechtsfragen, denen grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zukommen soll, Folgendes auszuführen:

1. Der Beschwerdebegründung ist nicht zu entnehmen, inwiefern zur Frage, ob im vorliegenden Fall § 138 Abs 1 iVm § 115 AFG oder iVm § 138 Abs 2 AFG anzuwenden ist, nach der bereits vom LSG zitierten und auch von der Beschwerdeführerin erwähnten Entscheidung des BSG vom 21. Januar 1999, SozR 3-4100 § 115 Nr 7, noch Klärungsbedarf bestehen soll. Denn das BSG hat in dieser Entscheidung klargestellt, dass sich der in § 138 Abs 2 Nr 3 AFG verwendete Begriff der notwendigen Aufwendungen im Rahmen des § 115 AFG auch nicht entsprechend anwenden lässt (aaO S 24). Dass dieser Rechtsprechung in nicht geringem Umfang widersprochen worden wäre (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 13), ist nicht ersichtlich und wird von der Beschwerde auch nicht geltend gemacht.

Im Übrigen sind die Ausführungen der Beschwerdebegründung zur Frage 1 wie auch zu allen folgenden die Vorschriften des AFG betreffenden Fragen insofern unzureichend, als der Gesichtspunkt, dass die Vorschriften nicht mehr dem geltenden Recht angehören, nicht hinreichend beachtet wird. Eine außer Kraft getretene Vorschrift kann in aller Regel keine Fragen mehr aufwerfen, die im Interesse der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung noch der Klärung bedürfen (BSG SozR 1500 § 160a Nr 19). Etwas anderes gilt zwar, wenn noch eine erhebliche Anzahl von gleichartigen Fällen zu entscheiden ist oder das neue Recht die gleiche auslegungsbedürftige Regelung enthält; dies muss der Beschwerdeführer jedoch dartun, will er geltend machen, eine Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, obwohl sie nach außer Kraft getretenem Recht zu beurteilen ist (BSG aaO). Insoweit genügt nicht das Vorbringen der Klägerin, auch für die im SGB III in den §§ 141, 194, 198 aus dem AFG „übernommenen bzw abgeänderten” Regelungen zur Anrechnung von Nebeneinkommen seien die aufgeworfenen Rechtsfragen nach wie vor von grundsätzlicher Bedeutung bzw die Klärungsbedürftigkeit sei weiter im Hinblick auf die „im wesentlichen bestehen gebliebenen Regelungen” zur Anrechnung von Nebeneinkommen in der Alhi gegeben. Denn jedenfalls § 141 SGB III ist gegenüber § 115 AFG in mehrfacher Hinsicht unterschiedlich formuliert und der Gesetzgeber des SGB III wollte mit der Einführung des § 141 die Anrechnung von Nebeneinkommen im Vergleich zur Rechtslage nach dem AFG großzügiger gestalten, um den Anreiz zur Aufnahme von Nebenbeschäftigungen zu erhöhen (BT-Drucks 13/4941 S 180). Ebenso wenig genügen allgemeine Ausführungen wie die, es seien die Interessen der Versichertengemeinschaft berührt oder das BSG habe zur Erlangung von Rechtssicherheit über die Fragen zu entscheiden. Vielmehr hätte die Beschwerdeführerin, um die Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG zu erfüllen, entweder auf eine erhebliche Anzahl von noch nach AFG zu beurteilenden Fällen hinweisen oder aber auf die Unterschiede insbesondere zwischen § 115 AFG und § 141 SGB III eingehen und darlegen müssen, inwiefern sich die formulierten Rechtsfragen auch nach neuem Recht in gleicher Weise stellen. Dies ist nicht geschehen.

2. Die Ausführungen der Beschwerdebegründung zur Klärungsbedürftigkeit der unter Ziffer 2 formulierten Rechtsfrage sind über den vorstehend angeführten Gesichtspunkt des außer Kraft getretenen Rechts hinaus unzureichend, da vorwiegend auf die Auslegung des – wie erwähnt – nicht einschlägigen § 138 Abs 2 Nr 3 AFG abgestellt und auf das den Begriff der „Werbungskosten” betreffende Urteil des BSG vom 21. Januar 1999, SozR 3-4100 § 115 Nr 7, nur knapp und in die wesentlichen Aussagen dieser Entscheidung ignorierender Weise eingegangen wird.

3. Die Klärungsbedürftigkeit der Frage, ob „die von der Klägerin geltend gemachten Kinderbetreuungskosten steuerrechtlich als Werbungs- bzw Betriebskosten” anzusehen sind, legt die Beschwerdebegründung schon deshalb nicht hinreichend dar, weil sie auf einschlägige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – etwa BFHE 181, 125 = BB 1996, 2603 – ebenso wenig eingeht wie auf die Frage, inwieweit sich bezüglich der steuerrechtlichen Anerkennung von Kinderbetreuungskosten im Laufe der Zeit die Rechtsgrundlagen geändert haben könnten. Im Übrigen fehlt es über die unter 2. dargestellten Überlegungen hinaus an Ausführungen zur Klärungsfähigkeit, weil nicht näher darauf eingegangen wird, inwieweit sich steuerrechtliche Aussagen auf die Anwendung des § 115 AFG übertragen lassen.

4. – 7. Es bedarf keiner näheren Ausführungen dazu, ob bei den von der Beschwerdeführerin an vierter bis siebter Stelle aufgeworfenen Fragen die Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG beachtet sind. Denn dies ist bereits deshalb zu verneinen, weil die Beschwerdebegründung – wie unter 1. ausgeführt – die Frage nach der grundsätzlichen Bedeutung außer Kraft getretenen Rechts nicht hinreichend behandelt hat und darüber hinaus die Darlegungen zur Klärungsfähigkeit unzureichend sind. Es ist deshalb nicht näher darauf einzugehen, dass bei verschiedenen Fragen die Formulierungen unklar erscheinen und dass beispielsweise das BVerfG in der von der Beschwerdeführerin angeführten Entscheidung vom 3. April 2001 (BVerfGE 103, 242 = SozR 3-3300 § 54 Nr 2) ausdrücklich im Interesse der Rechtssicherheit die Weiteranwendung beanstandeter Vorschriften für die Zeit bis Ende 2004 zugelassen hat.

8. – 9. Die grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen Fragen, inwieweit bei der Auslegung des § 115 AFG auf andere Vorschriften in den Bereichen berufliche Bildung oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen oder Sozialhilfe zurückgegriffen werden kann, ist ua auch deshalb nicht hinreichend dargelegt, weil die Beschwerdebegründung auf die Unterschiedlichkeit der verschiedenen Rechtsgrundlagen nicht näher eingeht. So nimmt die Beschwerdeführerin offensichtlich nicht zur Kenntnis, dass etwa § 76 Abs 2 Nr 4 BSHG ganz anders gefasst als § 115 Abs 1 Satz 1 AFG und dass ohnehin sozialhilferechtliche Grundsätze nicht ohne weiteres auf das Recht der Arbeitslosenhilfe übertragen werden können.

10. Die Beschwerdebegründung enthält auch keine hinreichenden Ausführungen zur Frage, inwieweit ein Verstoß gegen Art 4 der Richtlinie zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit vom 19. Dezember 1978 (Richtlinie 79/7) vorliegen könnte. Die Beschwerdeführerin macht schon nicht plausibel, inwiefern von der Anwendung des § 115 Abs 1 Satz 1 AFG nach Maßgabe der Auffassung des LSG ganz überwiegend Frauen betroffen sein sollen. Unabhängig davon berücksichtigt die Beschwerdebegründung nicht, dass die Rechtsprechung des EuGH unter Beachtung der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Sozialpolitik diesen auch bei von der Richtlinie 79/7 erfassten Fallgestaltungen einen weiten Entscheidungsspielraum einräumt (EuGH I 1995, 4625 = SozR 3-6083 Art 4 Nr 11). Insoweit lässt die Beschwerde eine substanzielle Argumentation mit inhaltlichem Eingehen auf die einschlägige Rechtsprechung vermissen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 23).

Die unzulässige Beschwerde ist zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1176616

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