Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. September 2019 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3191,65 Euro festgesetzt.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Beigeladene zu 1. in der Zeit von Juni bis November 2001 aufgrund in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübter abhängiger Beschäftigung bei der Klägerin als nach polnischem Recht eingetragene GmbH der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag und die Klägerin deshalb Sozialversicherungs- und Umlagebeiträge in Höhe von 3191,65 Euro zu zahlen hat (Bescheid vom 24.9.2003, Widerspruchsbescheid vom 5.4.2004). Das SG Berlin hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 16.12.2014). Das LSG Berlin-Brandenburg hat die Berufung zurückgewiesen. Das Sozialversicherungsrecht der Bundesrepublik Deutschland sei anwendbar. Etwas anderes ergebe sich nicht aus der Entsendebescheinigung des polnischen Sozialversicherungsträgers - ZUS - auf der Grundlage des deutsch-polnischen Entsendeabkommens vom 25.4.1973 (DPEA); denn die ZUS habe der Beklagten auf deren Einwände hin in einem Schreiben vom 10.12.2002 mitgeteilt, dass die Bescheinigung annulliert worden sei (Urteil vom 13.9.2019). Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG). Die Klägerin hat entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) und des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt. Hierzu ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums auszuführen, weshalb eine Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich ist darzulegen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt (vgl BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Die Klägerin problematisiert die Rechtsverbindlichkeit einer formlosen Mitteilung der ZUS über die Annullierung der von ihr ausgestellten Entsendebescheinigung und hält die "Rechtsfrage nach dem Vorliegen einer Widerrufs- und einer Ungültigkeitserklärungsentscheidung des Entsendestaates" für grundsätzlich bedeutsam. Sie hat damit aber schon keine Rechtsfrage zur Auslegung und zum Anwendungsbereich einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts formuliert. Die Bezeichnung einer hinreichend bestimmten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN).
Davon abgesehen fehlt es auch an hinreichenden Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit. Eine Rechtsfrage ist dann geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn sie bereits durch das Gesetz oder die höchstrichterliche Rechtsprechung beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der vom Beschwerdeführer als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN; s auch BSG Beschluss vom 28.11.2018 - B 12 R 34/18 B - juris RdNr 6).
Die Klägerin hat sich nicht mit dem Anwendungsbereich und dem Inhalt des DPEA auseinandergesetzt und insoweit auch die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Anwendbarkeit und Auslegung von bilateralen Entsendeabkommen außer Betracht gelassen (vgl BSG Urteil vom 16.12.1999 - B 14 KG 1/99 R - BSGE 85, 240 = SozR 3-5870 § 1 Nr 17; BGH Urteile vom 24.10.2007 - 1 StR 160/07 - BGHSt 52, 67 und - 1 StR 189/07 - juris).
Sie hat auch nicht aufgezeigt, dass die Rechtssache deshalb grundsätzliche Bedeutung haben könnte, weil die aufgeworfene Frage die Auslegung von Gemeinschaftsrecht betrifft und sich für das BSG als letztinstanzliches Gericht die Notwendigkeit ergeben würde, eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) einzuholen (vgl BVerfG Kammerbeschluss vom 25.8.2008 - 2 BvR 2213/06 - juris RdNr 16). Denn sie legt schon nicht substantiiert dar, dass der (zeitliche) Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union und die Zuständigkeit des EuGH gegeben sind. Darüber hinaus behauptet sie das Vorliegen einer einschlägigen klaren Rechtsprechung des EuGH, dem das LSG wegen eines falschen Verständnisses nicht gefolgt sei. Damit wird aber gerade kein Klärungsbedarf dargetan. Mit dem Vorwurf, das LSG habe die Entscheidung des EuGH falsch verstanden, wendet sich die Klägerin vielmehr gegen die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung. Auf diese Weise lässt sich die Zulassung der Revision nicht erreichen.
2. Auch eine die Revision eröffnende Divergenz kann mit diesen Ausführungen nicht begründet werden. Denn der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Der EuGH zählt aber nicht zu den in § 160 Abs 2 Nr 2 SGG abschließend benannten divergenzfähigen Gerichten (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 11; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 381 mwN).
3. Soweit die Klägerin eine mangelnde Aufklärung anspricht, lässt sich daraus kein Verfahrensmangel ableiten. Denn sie hat bereits nicht dargelegt, dass sie einen bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrag gestellt hätte (vgl BSG Beschluss vom 18.12.2000 - B 2 U 336/00 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 52).
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.
6. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13855499 |