Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassungsbeschwerde. Verfahrensfehler. erneuter Antrag auf Prozesskostenhilfe. Verfahrensrüge gegen unanfechtbare Vorentscheidungen
Orientierungssatz
1. Im Einzelfall kann die wiederholt vorgetragene Rüge, Prozesskostenhilfe (PKH) sei zu Unrecht verweigert worden, als erneuter formloser PKH-Antrag anzusehen sein (vgl BSG vom 17.2.1998 - B 13 RJ 83/97 R = SozR 3-1500 § 62 Nr 19 sowie vom 3.1.2022 - B 1 KR 45/21 B = juris RdNr 11).
2. Eine Verfahrensrüge, die sich gegen unanfechtbare Vorentscheidungen (vgl § 177 SGG) richtet, ist grundsätzlich ausgeschlossen (vgl § 202 SGG iVm § 557 Abs 2 ZPO). Sie bleibt aber möglich, wenn sich aus der beanstandeten Vorentscheidung ein Mangel im Verfahren selbst ergibt, mithin dieser Mangel der angefochtenen Entscheidung selbst anhaftet oder der Fehler bei der Vorentscheidung auf die Entscheidung in der Hauptsache durchschlägt.
3. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG 1. Senat 3. Kammer vom 18.10.2023 - 1 BvR 1904/23).
Normenkette
SGG §§ 62, 75, 124 Abs. 2, § 160 Abs. 2 Nr. 3, § 160a Abs. 2 S. 3, §§ 177, 202; ZPO § 557 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3, Art. 103 Abs. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. November 2021 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Beschwerdeverfahren Kosten nicht zu erstatten.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer höheren Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung unter Berücksichtigung von in Ungarn zurückgelegten Beschäftigungszeiten (13.7.1960 bis 1.8.1961, 1.8.1965 bis 14.8.2000) als Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) .
Die im Jahr 1943 in B geborene Klägerin reiste im Februar 1990 mit ihrem Ehemann auf der Grundlage einer von dem beigeladenen Bundesverwaltungsamt erteilten Übernahmegenehmigung nach Deutschland ein. Bereits im März 1990 kehrte sie nach Ungarn zurück und pflegte nach dem Tod des Vaters ihre Mutter. Ihr Ehemann war seit dem Jahr 1992 in Deutschland erwerbstätig. Im September 2005 siedelte die Klägerin zusammen mit ihrer Mutter nach Deutschland über. Der Beigeladene erkannte sie als Abkömmling eines Spätaussiedlers an (Bescheinigung nach § 15 Abs 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge ≪BVFG≫ vom 14.10.2005).
Die Beklagte bewilligte der Klägerin ab dem 1.7.2015 Regelaltersrente mit einem Zahlbetrag von monatlich (brutto) 6,98 Euro. Die Berücksichtigung der streitbefangenen Zeiten als Beitragszeiten lehnte sie ab, weil die Klägerin nicht nach § 1 Buchst a FRG iVm §§ 1 und 4 BVFG anspruchsberechtigt sei (Bescheid vom 26.10.2016). Während des Widerspruchsverfahrens erklärte die Klägerin im Schreiben vom 20.7.2017 einen Verzicht auf die am 26.10.2016 festgestellte Rente. Nachfolgend erklärte sie, sie habe nicht auf die Rente verzichten wollen und das Widerspruchsverfahren sei fortzuführen. Daraufhin bewilligte die Beklagte die Regelaltersrente ab dem 1.7.2015 wiederum ohne Berücksichtigung der in Ungarn zurückgelegten Zeiten (Bescheid vom 30.10.2017). Das VG Köln wies mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 11.12.2017 die auf Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung gerichtete Klage der Klägerin ab. Im fortgeführten Widerspruchsverfahren zu ihrer Rentensache teilte der Beigeladene mit, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Prüfung ihres Vertriebenenstatus, weil sie ihren ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet unter Aufgabe ihres Wohnsitzes im Vertreibungsgebiet nicht vor dem 1.1.1993 begründet habe. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 27.6.2019).
Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 23.4.2020). Das LSG hat zwei Anträge der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) abgelehnt (Beschlüsse vom 18.5.2021 und vom 30.6.2021) und sodann die Berufung zurückgewiesen. Die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 Nr 3 BVFG in der bis zum 30.6.1990 geltenden, hier maßgeblichen Fassung seien nicht erfüllt. Es stehe nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin im Februar 1990 Ungarn endgültig verlassen habe. Dahinstehen könne, ob sie damals in Deutschland einen Wohnsitz begründet habe. Jedenfalls habe sie ihren bisherigen Wohnsitz in Ungarn nicht vollständig aufgegeben. Ein entsprechender Wille sei nach außen nicht erkennbar gewesen. Insbesondere habe die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst nicht endgültig beendet und sie habe die im Februar 1990 innegehabte Wohnung bei den Schwiegereltern, deren Adresse als ihre Postanschrift weiterbestand, ohne größere Umstände jederzeit wieder nutzen können (Urteil vom 9.11.2021).
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat die Klägerin Beschwerde zum BSG erhoben. Sie rügt mehrere Verfahrensmängel.
II. A) Der Klägerin wird von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gewährt (§ 67 Abs 2 Satz 4 SGG). Sie war wegen Mittellosigkeit und deshalb unverschuldet an der Einhaltung dieser Fristen gehindert. Der Senat hat der Klägerin mit Beschluss vom 20.4.2022 (zugestellt am 30.4.2022) PKH bewilligt. Der ihr beigeordnete Prozessbevollmächtigte hat am 25.5.2022 und damit innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses die Beschwerde eingelegt. Er hat - nach gewährter Fristverlängerung bis zum 1.8.2022 - mit einem am 29.7.2022 eingegangenen Schriftsatz die Beschwerde auch näher begründet. Die iS von § 67 Abs 2 Satz 3 SGG erforderlichen Rechtshandlungen sind somit rechtzeitig nachgeholt (vgl hierzu BSG Beschluss vom 6.10.2016 - B 5 R 45/16 B - juris RdNr 13; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 11 mwN).
B) Die Beschwerde erweist sich als unbegründet, soweit die Klägerin geltend macht, sie habe einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht zugestimmt und das LSG habe über einen von ihr gestellten PKH-Antrag nicht entschieden. Im Übrigen ist die Beschwerde unzulässig, weil die weiteren Verfahrensmängel nicht formgerecht bezeichnet sind.
Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde hierauf gestützt, müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die Umstände, aus denen sich der Verfahrensfehler ergeben soll, substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG auf dem Mangel beruhen kann.
1. Soweit die Klägerin rügt, das LSG habe ohne mündliche Verhandlung entschieden, obwohl sie kein Einverständnis zu dieser Verfahrensweise erteilt habe, und dadurch sei ihr Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) verletzt, sind die Darlegungsanforderungen gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG erfüllt. Der behauptete Verfahrensmangel liegt jedoch nicht vor.
Die Klägerin trägt vor, sie habe einer Entscheidung des LSG ohne mündliche Verhandlung weder ausdrücklich noch eindeutig und vorbehaltlos zugestimmt (vgl § 124 Abs 2 SGG). In einem Schreiben vom 4.11.2021 an das LSG habe sie lediglich mitgeteilt, sie gehe davon aus, dass der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden werde; falls dennoch eine mündliche Verhandlung stattfinde, verweise sie auf ihre Eingabe vom 15.9.2021 und auf ihre bereits offengelegte Mittellosigkeit, welche eine adäquate Vertretung nicht zulasse. Dieses Schreiben sei eher als Antrag auf Bewilligung von PKH anzusehen; die Zustimmung sei darin von einer Bedingung abhängig gemacht worden. Das Urteil beruhe auf dem Verfahrensmangel, weil ein auf das Vertriebenenrecht spezialisierter Rechtsanwalt in einer mündlichen Verhandlung zusätzliche Gesichtspunkte hätte vorbringen können, die zu einer anderen Entscheidung hätten führen können.
Der damit schlüssig bezeichnete Verfahrensmangel ist bei einer vollständigen Würdigung des Prozessgeschehens nicht festzustellen. Aus den Verfahrensakten des LSG ergibt sich, dass die Klägerin auf die Anfrage des Vorsitzenden in der Terminmitteilung vom 12.10.2021, ob Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung bestehe, in einem per Telefax übermittelten Schreiben vom 26.10.2021 geantwortet hat, sie sei - Bezug nehmend auf die Verfügung vom 12.10.2021 - "mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden" (Blatt 58 LSG-Akte). Dieses Schreiben ist in der Beschwerdebegründung nicht erwähnt. Dort wird lediglich auf ein weiteres, von der Klägerin am 28.10.2021 nur wenige Minuten später per Telefax übersandtes Schreiben vom 26.10.2021 hingewiesen, in dem die Klägerin zu einem Schriftsatz des Beigeladenen vom 30.9.2021 Stellung nimmt (Blatt 56 LSG-Akte). Das zuerst genannte Schreiben vom 26.10.2021 enthält jedoch eine klare, eindeutige und vorbehaltlose Erklärung des Einverständnisses der Klägerin mit einer Entscheidung des LSG ohne mündliche Verhandlung (zu diesen Anforderungen vgl BSG Urteil vom 12.10.1972 - 10 RV 357/72 - juris RdNr 24; BSG Urteil vom 22.9.1977 - 10 RV 79/76 - BSGE 44, 292, 293 f = SozR 1500 § 124 Nr 2 S 3 f; BSG Beschluss vom 31.8.2021 - B 5 R 151/21 B - juris RdNr 14 mwN).
Bis zum Eingang der Einverständniserklärungen der Beklagten und des Beigeladenen, die dem LSG am 4.11.2021 vollständig vorlagen, hat die Klägerin ihr Einverständnis auch nicht widerrufen (zur Widerrufsmöglichkeit bei unveränderter Prozesslage nur bis zu diesem Zeitpunkt vgl BSG Beschluss vom 31.8.2021 - B 5 R 151/21 B - juris RdNr 15 unter Hinweis auf BSG Beschluss vom 17.7.2015 - B 9 SB 17/15 B - juris RdNr 8). Selbst wenn dem Beschwerdevortrag zu folgen wäre, dass die Klägerin im Schreiben vom 4.11.2021 ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung von einer anwaltlichen Vertretung bzw der Bewilligung von PKH habe abhängig machen wollen, wäre eine darin eventuell zum Ausdruck gebrachte Einschränkung des zuvor vorbehaltlos erteilten Einverständnisses nicht rechtzeitig erfolgt. Die Klägerin hat dieses Schreiben erst am 5.11.2021 per Telefax an das LSG übersandt. Ungeachtet dessen ist aber auch nichts dafür ersichtlich, dass sich die prozessuale Situation aus Sicht der Klägerin nach dem 4.11.2021 noch wesentlich verändert hätte (zu solchen Fallgestaltungen vgl BSG Beschluss vom 31.8.2021 - B 5 R 151/21 B - juris RdNr 16 mwN).
2. Die Rüge, das Berufungsgericht habe den Anspruch der Klägerin auf Rechtsschutzgleichheit (Art 3 Abs 1 iVm Art 19 Abs 4 und Art 20 Abs 3 GG), auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG iVm Art 103 Abs 1 GG) und auf ein faires Verfahren verletzt, weil es über ihren im Schreiben vom 4.11.2021 enthaltenen weiteren PKH-Antrag nicht entschieden habe, ist jedenfalls unbegründet.
Der dortige Hinweis auf eine "unverändert fortbestehende, im Zuge des Verfahrens bereits offengelegte Mittellosigkeit" enthielt keinen erneuten PKH-Antrag, über den das LSG vor einer abschließenden Entscheidung in der Sache hätte befinden müssen (zu dieser Verpflichtung vgl BSG Urteil vom 5.2.1987 - 5b RJ 26/86 - SozR 1750 § 114 Nr 7 = juris RdNr 9 ff; BSG Urteil vom 17.2.1998 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 3-1500 § 62 Nr 19 S 33 = juris RdNr 23 ff; Meßling in Krasney/Udsching/Groth/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl 2022, Kap IX RdNr 205). Zwar kann im Einzelfall die wiederholt vorgetragene Rüge, PKH sei zu Unrecht verweigert worden, als erneuter formloser PKH-Antrag anzusehen sein (vgl BSG Urteil vom 17.2.1998 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 3-1500 § 62 Nr 19 S 33 = juris RdNr 11, 25; BSG Beschluss vom 3.1.2022 - B 1 KR 45/21 B - juris RdNr 11). Hier musste das LSG nach den konkreten Umständen jedoch nicht davon ausgehen, dass die Klägerin mit dem bloßen Hinweis auf ihre fortbestehende Mittellosigkeit ein weiteres PKH-Gesuch zur gerichtlichen Entscheidung stellen wollte. Neue, in den bisherigen PKH-Entscheidungen des LSG noch nicht berücksichtigte Gesichtspunkte hat die Klägerin in dem kurzen Schreiben vom 4.11.2021 nicht vorgetragen. Auch in ihrem weiteren Schreiben vom 6.11.2021 hat sie nicht erneut - wenigstens sinngemäß - die Bewilligung von PKH verlangt, sondern vielmehr den Senat gebeten, die von ihr angeführten Umstände "zu prüfen und zu entscheiden". Damit war ersichtlich eine abschließende Sachentscheidung gemeint (zur Auslegung von Prozesserklärungen entsprechend den Grundsätzen des § 133 BGB vgl zB BSG Urteil vom 22.3.1988 - 8/5a RKn 11/87 - BSGE 63, 93, 94 = SozR 2200 § 205 Nr 65 S 180 = juris RdNr 11; BSG Urteil vom 23.2.2017 - B 11 AL 2/16 R - juris RdNr 15 mwN).
3. Die weitere Verfahrensrüge einer unterlassenen Beiladung der Stadt F ist schon nicht anforderungsgerecht bezeichnet (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Klägerin hat in der Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt, dass insoweit ein Fall der notwendigen Beiladung iS des § 75 Abs 2 SGG vorgelegen habe. Entsprechende substantiierte Ausführungen wären aber geboten gewesen, weil das Unterlassen einer einfachen Beiladung nach § 75 Abs 1 SGG grundsätzlich keinen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG darstellt (stRspr, vgl BSG Beschluss vom 18.7.2017 - B 13 R 110/17 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 6.1.2022 - B 4 AS 314/21 B - juris RdNr 9).
4. Schließlich ist auch mit dem Vorbringen, das LSG habe den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör sowie das Gebot der Rechtsschutzgleichheit und den Rechtsstaatsgrundsatz verletzt, weil es in den Beschlüssen vom 18.5.2021 und vom 30.6.2021 ihre Anträge auf Gewährung von PKH zu Unrecht abgelehnt habe, ein Verfahrensmangel nicht ausreichend dargelegt.
a) Eine Verfahrensrüge, die sich gegen unanfechtbare Vorentscheidungen (vgl § 177 SGG) wie hier die Ablehnung von PKH richtet, ist grundsätzlich ausgeschlossen (vgl § 202 SGG iVm § 557 Abs 2 ZPO). Sie bleibt aber möglich, wenn sich aus der beanstandeten Vorentscheidung ein Mangel im Verfahren selbst ergibt, mithin dieser Mangel der angefochtenen Entscheidung selbst anhaftet oder - anders formuliert - der Fehler bei der Vorentscheidung auf die Entscheidung in der Hauptsache durchschlägt (vgl Meßling in Krasney/Udsching/Groth/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl 2022, Kap IX RdNr 125). Dementsprechend kann im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde als Verfahrensmangel nicht die Rechtswidrigkeit der Ablehnung von PKH als solche geltend gemacht werden, sondern nur, dass die Ablehnung verfassungsrechtlich fundierte prozessuale Gewährleistungen verletzt (vgl BSG Beschluss vom 23.8.2011 - B 14 AS 47/11 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 21 RdNr 9 mwN; BSG Beschluss vom 9.10.2012 - B 5 R 168/12 B - SozR 4-1500 § 73a Nr 9 RdNr 4 ff; BSG Beschluss vom 27.1.2020 - B 5 RE 3/19 B - juris RdNr 15 mwN; zweifelnd möglicherweise BSG Beschluss vom 12.3.2021 - B 4 AS 378/20 B - juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 24.8.2021 - B 4 AS 32/21 BH - juris RdNr 5). Das kann der Fall sein, wenn die Ablehnung willkürlich ist, weil sie unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl jeweils mwN BSG Beschluss vom 23.8.2011 - B 14 AS 47/11 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 21 RdNr 9; BSG Beschluss vom 1.6.2017 - B 10 ÜG 30/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 14 RdNr 10; BSG Beschluss vom 1.2.2018 - B 8 SO 22/17 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 27.1.2020 - B 5 RE 3/19 B - juris RdNr 15). Verfassungsrechtlich fundierte Gewährleistungen können aber auch verletzt sein, wenn die PKH-Ablehnung darauf hindeutet, dass das Gericht die Bedeutung und Tragweite der Rechtsschutzgleichheit grundlegend verkannt hat (vgl BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 26.6.2003 - 1 BvR 1152/02 - SozR 4-1500 § 73a Nr 1 RdNr 12 f; BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 23.3.2022 - 2 BvR 1514/21 - juris RdNr 58; BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 30.5.2022 - 1 BvR 1012/20 - juris RdNr 11).
b) Zur schlüssigen Bezeichnung eines Verfahrensmangels iS von § 160a Abs 2 Satz 3 SGG aufgrund des Fortwirkens einer fehlerhaften Ablehnung der Bewilligung von PKH ist dementsprechend in hinreichend substantiierter Weise aufzuzeigen, weshalb die Ablehnung im konkreten Fall verfassungsrechtlich fundierte prozessuale Gewährleistungen verletzt (zur vergleichbaren Anforderung im Verfassungsbeschwerdeverfahren vgl BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 12.2.2022 - 1 BvR 1853/19 - juris RdNr 6 ff; s auch BSG Beschluss vom 1.6.2017 - B 10 ÜG 30/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 14 RdNr 10; BSG Beschluss vom 1.2.2018 - B 8 SO 22/17 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 27.1.2020 - B 5 RE 3/19 B - juris RdNr 16).
c) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht gerecht. Sie beschränkt sich ausschließlich auf die pauschale Behauptung, der Beschluss vom 18.5.2021 sei "wortgenau wie die Begründung des Urteils verfasst" und "unter Vorwegnahme des Urteils" erfolgt. Weitere Ausführungen hierzu enthält die Beschwerdebegründung nicht. Zu dem zweiten PKH ablehnenden Beschluss vom 30.6.2021 gibt die Klägerin zwar in wörtlichem Zitat dessen Gründe wieder, nämlich dass auf den Beschluss vom 18.5.2021 verwiesen werde und die Klägerin in ihrem erneuten Antrag keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen habe, die eine Erfolgsaussicht des Berufungsverfahrens begründen könnten. Sie zeigt aber nicht auf, inwiefern sie - entgegen dieser Begründung - mit dem weiteren PKH-Antrag in Wirklichkeit neue Aspekte angeführt habe, die im Lichte der verfassungsrechtlich fundierten prozessualen Gewährleistungen nunmehr eine andere Beurteilung geboten hätten. Vielmehr führt sie lediglich aus, sie habe mit ihrem weiteren Antrag vorgetragen: "Die Klägerin hält an ihrer Auffassung fest, sie hat den vorgenannten Vertreibungsstatus bereits am 1. Februar 1990, im Zeitpunkt der Überschreitung der Grenze Ungarns kraft Gesetzes erworben". Das reicht für eine schlüssige Darlegung des behaupteten Verfahrensmangels nicht aus.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
C) Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Düring Körner Gasser
Fundstellen
Dokument-Index HI15523905 |