Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. November 2023 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10 173,75 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Der Kläger, ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, hat sich in den Vorinstanzen erfolglos gegen einen Regress wegen der Verordnung von Heilmitteln außerhalb des Regelfalls ohne Genehmigung der Krankenkasse durch die beklagte Kassenärztliche Vereinigung gewandt (Gesamtsumme 10 173,75 Euro). Der Kläger hatte die jeweiligen Verordnungen insoweit unzutreffend als "Folgeverordnung" gekennzeichnet.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem ihm am 30.12.2023 zugestellten Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 29.11.2023 hat der Kläger am 31.1.2024 Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet. Mit Verfügung vom 28.3.2024 hat die Berichterstatterin nach Eingang der Akten des LSG angefragt, ob die Beschwerde aufrechterhalten werde, da die Zustellung des LSG-Urteils an den Kläger ausweislich der vorliegenden Zustellungsurkunde bereits am 30.12.2023 erfolgt und die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde somit am 30.1.2024 abgelaufen sei. Mit Schriftsatz vom 8.4.2024, der am selben Tag elektronisch beim BSG eingegangen ist, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und ua auf die schwierige Situation des Klägers (Erkrankung der Ehefrau des Klägers; durch Jahreswechsel erschwerte Suche eines Anwalts) hingewiesen.
II
1. Die Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht innerhalb der am Dienstag, den 30.1.2024 endenden Beschwerdefrist(§ 160a Abs 1 Satz 2 iVm§ 64 Abs 2 SGG ) eingegangen ist. Der Antrag des Klägers, ihm Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde zu gewähren, ist abzulehnen.
Nach § 67 Abs 1 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen, die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden und die Rechtshandlung ist binnen der Antragsfrist nachzuholen(§ 67 Abs 2 Satz 1 bis 3 SGG ) .
Der Kläger hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, weshalb er nicht in der Lage war, binnen der Beschwerdefrist, die einen Monat nach Zustellung des Urteils am Dienstag, den 30.1.2024 endete( § 160a Abs 1 Satz 2 SGG iVm§ 64 Abs 2 SGG ) , durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten(§ 73 Abs 4 SGG ) Beschwerde beim BSG einlegen zu lassen.
a) Laut Postzustellungsurkunde ist das Urteil des LSG dem Kläger am Samstag, den 30.12.2023 durch Niederlegung in seinen Briefkasten zugestellt worden und nicht - wie in der Beschwerdeschrift angegeben - am Sonntag, den 31.12.2023. Mit der Einlegung in den Briefkasten gilt das Urteil als zugestellt( § 63 Abs 2 SGG iVm§ 180 ZPO ) .
b) Der Kläger hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass es ihm ohne Verschulden nicht möglich war, innerhalb der Beschwerdefrist einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde zu finden. Er gibt lediglich an, dass es ihm "erst in der Woche vom Montag dem 15.01.2024 bis Freitag dem 19.01.2024" gelungen sei, eine Rechtsanwaltspraxis in S ausfindig zu machen, die jedoch nicht zurückgerufen habe, sowie dass er in "der Woche vom Montag dem 22.01.2024 bis Freitag dem 26.01.2024" einen weiteren Anwalt in B gefunden habe, der jedoch am 26.1.2024 abgesagt habe. Erst "darauf in der folgenden Woche" sei er erfolgreich gewesen und habe einen Rechtsanwalt gefunden, "der dann sofort die umfangreiche Beschwerde einreichen konnte". Damit ist ein hinreichendes Bemühen um rechtlichen Beistand schon nicht dargelegt(vgl auchBSG Beschluss vom 26.5.2020 - B 9 V 16/20 B - juris RdNr 2 zur Möglichkeit, einen Anwalt telefonisch zu kontaktieren und mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen) . Zudem bleibt völlig unklar, zu welchem Zeitpunkt der Kläger seinen aktuellen Prozessbevollmächtigten beauftragt hat und weshalb dieser die am 31.1.2024 eingereichte und auch schon begründete Beschwerde nicht bereits einen Tag zuvor hatte einlegen können, zumal noch gar keine Begründung der Beschwerde erforderlich gewesen ist(vgl zur Begründungsfrist§ 160a Abs 2 Satz 1 und 2 SGG ) .
2. Die Beschwerde ist selbst dann unzulässig, wenn sie - die Gewährung von Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist unterstellt - rechtzeitig eingelegt worden wäre. Auch dann hätte sie keine Aussicht auf Erfolg. Formgerecht dargelegte Zulassungsgründe enthält die Beschwerdeschrift nicht. Soweit der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht(Zulassungsgrund gemäߧ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) , formuliert er schon keine konkrete Rechtsfrage, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich), klärungsbedürftig sowie über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. Den Zulassungsgrund der Divergenz(§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) macht er ebenfalls nicht in der erforderlichen Form geltend, da er nicht aufzeigt, inwiefern das LSG-Urteil den zitierten Entscheidungen(BVerfG Beschluss vom 6.12.2005 - 1 BvR 347/98 - BVerfGE 115, 25, 29 ;BSG Urteile vom 19.3.2020 - B 1 KR 22/18 R und vom 24.1.2023 - B 1 KR 7/22 R ) in einem Rechtssatz widersprochen hat. Er trägt lediglich vor, dass deren Rechtsprechung - seiner Auffassung nach - falsch angewandt worden sei. Jedoch begründet nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen die Zulassung einer Revision wegen Divergenz(stRspr; vglBSG Beschluss vom 29.11.2017 - B 6 KA 43/17 B - juris RdNr 13 mwN;BSG Beschluss vom 25.10.2023 - B 6 KA 2/23 B - juris RdNr 7 ) . Auch Verfahrensmängel sind nicht ordnungsgemäß bezeichnet. Bei einem in der Berufungsinstanz noch nicht anwaltlich vertretenen Kläger erfordert der geltend gemachte Verfahrensmangel der fehlenden Beweiserhebung durch das LSG(Zulassungsgrund gemäߧ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) zumindest die Darlegung, dass der Beteiligte bis zum Schluss des Berufungsverfahrens deutlich gemacht hat, er sehe die Sachaufklärungspflicht des LSG als nicht erfüllt an(vglBSG Beschluss vom 18.9.2003 - B 9 SB 11/03 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 1;BSG Beschluss vom 11.4.2019 - B 13 R 74/18 B - juris RdNr 10 mwN) . Dies ist hier nicht geschehen. Insbesondere reicht der allgemeine Vortrag, "trotz entsprechender Beweisantritte" seien die Krankenakten "in beiden Verhandlungen vom Gericht nicht beachtet" worden, hierfür nicht aus. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs(§ 62 SGG ) wie auch andere Verfahrensfehler sind ebenfalls nicht hinreichend dargelegt.
Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen(§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ) .
3. Die Beschwerde war deshalb in entsprechender Anwendung von § 169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen(§ 160a Abs 4 Satz 1 SGG ) .
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der§§ 154 ff VwGO . Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels(§ 154 Abs 2 VwGO ) .
5. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der Festsetzung des LSG, die von keinem der Beteiligten beanstandet wurde.
Fundstellen
Dokument-Index HI16444067 |