Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. September 2016 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
Mit Urteil vom 30.9.2016 hat das LSG Nordrhein-Westfalen einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31.7.2010 hinaus verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf Verfahrensfehler.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG nicht dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Der Kläger rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG). Das LSG habe das auf seinen Antrag nach § 109 SGG eingeholte Gutachten des Herrn Dr. F. auf Grundlage zuvor eingeholter ergänzender Stellungnahmen der gerichtlich bestellten Gutachter Dr. K. und Dr. B. ohne vorherige Anhörung des Dr. F. und ohne Abwarten der von ihm dazu bei dem Arzt Dr. F. angeforderten Stellungnahme wegen vermeintlich schwerer Mängel in der Entscheidungsbegründung verworfen. Weil Gutachten von Dr. F. daher vom LSG offenkundig "durchgängig" nicht akzeptiert werden würden, hätte das LSG ihn - den Kläger - auf die fehlende Geeignetheit als Gutachter ausdrücklich hinweisen müssen. Es sei "nicht auszuschließen (sondern sicher)", dass er bei Kenntnis der Einstellung des LSG von der fehlenden Eignung des Sachverständigen einen anderen schmerztherapeutisch erfahrenen Sachverständigen gemäß § 109 SGG ausgewählt hätte.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG auf eine Verletzung des § 109 SGG unter keinen Umständen gestützt werden (BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 4 RdNr 3). Dieser Ausschluss gilt ausnahmslos für jede fehlerhafte Anwendung des § 109 SGG (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 9; SozR 1500 § 160 Nr 34) und kann auch nicht mit dem Argument umgangen werden, das LSG verletze das "verfassungsmäßig abgesicherte rechtliche Gehör nach § 62 SGG und Art 103 Abs 1 GG", wenn es solche Anträge ignoriere. Darin liegt keine Missachtung von Art 103 Abs 1 GG. Der Kläger kann daher auch nicht mit der Behauptung gehört werden, er hätte bei einem - als antizipierte Beweiswürdigung im Übrigen per se unzulässigen - Hinweis des Gerichts von einer Benennung des Dr. F. abgesehen und einen anderen Sachverständigen ausgewählt. Gerade mit Blick auf das Amtsermittlungsprinzip (§ 103 SGG) ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, von einer Revisionszulassung grundsätzlich alle Entscheidungen auszunehmen, die eine fehlerhafte Anwendung des § 109 SGG aufweisen, unabhängig davon, worauf dieser Verfahrensmangel im Einzelnen beruht (BVerfG SozR 1500 § 160 Nr 69; Senatsbeschlüsse vom 25.5.2009 - B 5 R 126/09 B - Juris RdNr 6 und vom 8.5.2012 - B 5 R 48/12 B - Juris RdNr 8 sowie BSG Beschluss vom 7.3.2000 - B 9 V 75/99 - Juris RdNr 3; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 17b).
Soweit der Kläger eine "weitere Verletzung rechtlichen Gehörs" darin sieht, "dass das LSG das von ihm ausdrücklich beantragte Abwarten der Stellungnahme des Dr. F. zu den ergänzenden Äußerungen der Gutachter Dres. B. und K. nicht berücksichtigt und abgewartet" habe, lässt die Beschwerdebegründung jedenfalls offen, was sich aus der Übersendung der "Stellungnahmen an Dr. F." mit Schriftsatz vom 22.8.2016 ergeben hätte und inwiefern der Vortrag der ergänzenden Äußerungen des Dr. F. ausgehend von der maßgeblichen Rechtsauffassung des LSG die angegriffene Entscheidung zugunsten des Klägers beeinflusst hätte.
Soweit der Kläger schließlich einen Verstoß gegen § 118 SGG, §§ 397, 402, 411 ZPO rügt, weil das LSG seinem Antrag, die Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung um die Erläuterung ihrer Gutachten zu bitten, nicht gefolgt sei, kommt hinsichtlich des Sachverständigen Dr. F. zwar in Betracht, dass ein derartiges Vorbringen nicht von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG erfasst ist (vgl BSG vom 20.7.2005 - B 13 RJ 58/05 B - Juris), doch genügt die Beschwerdebegründung auch insofern insgesamt (hinsichtlich aller Sachverständigen) nicht den gesetzlichen Anforderungen. Neben der nach § 411 Abs 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts stehenden Möglichkeit, das Erscheinen des Sachverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, steht den Beteiligten gemäß § 116 S 2 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachten (BVerfG vom 3.2.1998 - 1 BvR 909/94 - Juris RdNr 11; vgl auch BSG vom 12.12.2006 - B 13 R 427/06 B - Juris RdNr 7; BGH vom 7.10.1997 - VI ZR 252/96 - Juris RdNr 10 - alle mwN). Dabei müssen die dem Sachverständigen zu stellenden Fragen nicht formuliert werden. Es reicht vielmehr aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen (BSG SozR 3-1750 § 411 Nr 1 S 4), zB auf Lücken oder Widersprüche hinzuweisen. Einwendungen in diesem Sinn sind dem Gericht rechtzeitig mitzuteilen (vgl § 411 Abs 4 ZPO). Eine Form für die Befragung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, sodass sie sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen kann. Da die Rüge der Verletzung des Rechts auf Befragung eines Sachverständigen letztlich eine Gehörsrüge darstellt, müssen zudem deren Voraussetzungen erfüllt sein. Insbesondere muss der Beschwerdeführer alles getan haben, um eine Anhörung des Sachverständigen zu erreichen (vgl allgemein zu dieser Voraussetzung: BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22 S 35; vgl auch BSGE 68, 205, 210 = SozR 3-2200 § 667 Nr 1 S 6). Dieser Obliegenheit ist ein Beteiligter jedenfalls dann nachgekommen, wenn er rechtzeitig den Antrag gestellt hat, einen Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens anzuhören und er schriftlich Fragen im oben dargelegten Sinne angekündigt hat, die objektiv sachdienlich sind; liegen diese Voraussetzungen vor, muss das Gericht dem Antrag folgen, soweit er aufrechterhalten bleibt (vgl BSG SozR 4-1500 § 62 Nr 4 RdNr 5). Anhaltspunkte, dass der Kläger rechtzeitig einen formgerechten Antrag auf Anhörung des Sachverständigen gestellt und er objektiv sachdienliche Fragen angekündigt hat, lassen sich seinem Vortrag nicht entnehmen.
Soweit der Kläger schließlich vorträgt, das "LSG habe offenbar aufgrund seiner negativen Voreinstellung zu dem Gutachter Dr. F. und/oder aus Bequemlichkeit sowie aufgrund der negativen Abwertungen dieses Gutachtens durch Dr. K. die Ausführungen des Sachverständigen Dr. F. nicht weiter zur Kenntnis genommen" und sich weitgehend auf das Gutachten des Dr. K. und dessen Stellungnahme aus 2016 gestützt, greift er im Kern seines Vorbringens das Ergebnis der Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) des LSG an. Nach der ausdrücklichen Regelung des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann eine Verfahrensrüge hierauf nicht gestützt werden. Auch die - vermeintliche - inhaltliche Unrichtigkeit der Berufungsentscheidung kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angegriffen werden (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Soweit mit diesem Vorbringen gleichzeitig ein Verstoß gegen § 128 Abs 1 S 2, § 136 Abs 1 Nr 6 SGG gerügt werden soll, fehlt es jedenfalls an der Darstellung der nach der Rechtsauffassung des LSG erforderlichen Gründe (vgl Keller aaO § 128 RdNr 16). Eine Ersetzung des erforderlichen Vortrags durch die eigene Beweiswürdigung des Klägers reicht hierzu nicht aus.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11022644 |