Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde. sozialgerichtliches Verfahren. Verfahrensmangel. Sachaufklärungsrüge. veraltetes Sachverständigengutachten bzw veraltete medizinische Befundberichte. Erforderlichkeit der konkreten Darlegung einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustands. Benennung von Art und Umfang der verschlimmerten Beschwerden. prozessordnungsgemäßer Beweisantrag. gerichtliches Ermessen bei der Auswahl von Sachverständigen. grundsätzlich keine Pflicht zur Beauftragung von Fachärzten oder Fachärztinnen. Verkennung des Streitgegenstands. Anfechtungs- statt Verpflichtungsklage. Alternativbegründung. fehlende Entscheidungserheblichkeit

 

Orientierungssatz

1. Macht ein Beschwerdeführer einer Nichtzulassungsbeschwerde geltend, das LSG habe sich bei seiner Entscheidungsfindung verfahrensfehlerhaft auf veraltete Sachverständigengutachten, Befundberichte oder sonstige medizinische Unterlagen gestützt, muss er im Rahmen der Beschwerdebegründung auch substantiiert darlegen, dass sich der Gesundheitszustand inzwischen potentiell entscheidungserheblich verschlechtert habe (vgl BSG vom 23.2.2022 - B 9 SB 74/21 B).

2. Die bloße Kritik, dass Sachverständigengutachten, Befundberichte und sonstige ärztliche Stellungnahmen zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt des LSG zu alt gewesen seien, genügt insoweit nicht.

3. Allein die pauschale Behauptung einer erfahrungsgemäß sich verschlechternden (hier: arthrotischen) Erkrankung oder der schlichte Hinweis auf die aktuelle gesundheitliche Situation reichen ohne konkrete Schilderungen, welche Beschwerden sich objektiv wie verschlechtert haben, für einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nicht aus (vgl BSG vom 7.6.2018 - B 9 V 69/17 B).

4. Das Verfahrensrecht verpflichtet grundsätzlich nicht dazu, ausschließlich Sachverständigengutachten von Fachärzten oder Fachärztinnen einzuholen. Vielmehr hat die Rechtsprechung das dem Tatsachengericht nach § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 404 Abs 1 ZPO eingeräumte Ermessen bei der Auswahl der Sachverständigen lediglich dann ausnahmsweise eingeschränkt, wenn es sich um besonders schwierige Fragen handelt oder aber den vorhandenen Gutachten grobe Mängel anhaften (vgl BSG vom 22.9.2022 - B 9 SB 8/22 B).

5. Mit dem Vorwurf, das LSG habe mit seiner Auslegung des Klageantrags als reines Anfechtungsbegehren anstelle eines Verpflichtungsbegehrens den Streitgegenstand verkannt, wird noch keine entscheidungserhebliche Verletzung des § 123 SGG aufgezeigt, wenn das LSG zugleich auch entschieden hat, dass der Klageantrag selbst bei Auslegung als Verpflichtungsbegehren keinen Erfolg haben könne.

 

Normenkette

SGG § 160a Abs. 2 S. 3, § 160 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 1, § 160 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 2, § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 3, § 116 S. 2, § 118 Abs. 1 S. 1, §§ 123, 128 Abs. 1 S. 1; ZPO §§ 403, 404 Abs. 1, § 412 Abs. 1; BGB § 133; SGB IX § 152; SGB 9 2018 § 152

 

Verfahrensgang

Sächsisches LSG (Urteil vom 27.01.2023; Aktenzeichen L 9 SB 106/22)

SG Dresden (Gerichtsbescheid vom 24.05.2022; Aktenzeichen S 2 SB 211/16)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 27. Januar 2023 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. In dem der Beschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit wendet sich die Klägerin gegen die Herabsetzung des bei ihr festgestellten Grads der Behinderung (GdB) von 50 auf 30 und die Entziehung des Merkzeichens G.

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 5.4.2016) hat das SG im Klageverfahren zunächst ein internistisch-rheumatologisches Gutachten von B vom 18.9.2017 eingeholt. Dieser hat als Gesundheitsstörungen Verdacht auf Fibromyalgie-Syndrom, chronischer Gelenkschmerz bei Zustand nach juveniler Osteoarthritis, Sekundärarthrosen beider Kniegelenke, posttraumatische Arthrose rechtes Ellenbogengelenk, Zustand nach Endometriose, einseitiger Hörverlust nach Hörsturz, Asthma bronchiale und anamnestische Osteoporose festgestellt und hiervon ausgehend auf einen Gesamt-GdB von 50 geschlossen. In einem weiteren vom SG eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 15.5.2018 hat R ausgeführt, das als anhaltend schwer geltend gemachte Schmerzsyndrom im Bewegungsapparat sei in der dargestellten Art und Schwere nicht nachvollziehbar. Vielmehr sei unter dessen Mitberücksichtigung aufgrund der entzündlichen rheumatischen Krankheit lediglich ein Gesamt-GdB von 30 zu rechtfertigen. Nach Beiziehung weiterer ärztlicher Unterlagen hat das SG die Klage im Wesentlichen unter Anschluss an das Gutachten von R und eine sozialmedizinische Stellungnahme der Beklagten vom 29.10.2019 abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 24.5.2022).

Die Berufung der Klägerin hat das LSG zurückgewiesen. Zwar sei von einer Anfechtungsklage mit der Folge auszugehen, dass es auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Widerspruchsbescheids vom 5.4.2016 ankomme. Aber selbst wenn man ein Verpflichtungsbegehren der Klägerin annähme und deshalb für die hier maßgebliche Sach- und Rechtslage den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 27.1.2023 zugrunde legen müsste, wären keine weiteren Ermittlungen erforderlich. Denn die im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingeholten medizinischen Unterlagen, ärztlichen Befunde, sozialmedizinischen Stellungnahmen und Sachverständigengutachten reichten aus, um den Gesundheitszustand und die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin auch zu diesem Zeitpunkt einzuschätzen. Konkrete Schilderungen, welche Beschwerden sich wie verschlechtert hätten, lägen nicht vor. Danach habe die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30. Die Entziehung des Merkzeichens G sei ebenfalls rechtmäßig (Urteil vom 27.1.2023).

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt und ausschließlich mit Verfahrensmängeln des LSG wegen Verletzung von § 123 SGG, eines Verstoßes gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) und mit einer fehlerhaften Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) begründet.

II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Klägerin hat die von ihr geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht ordnungsgemäß bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels zunächst die diesen (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, das also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Den sich daraus ergebenden Anforderungen ist die Beschwerdebegründung nicht gerecht geworden.

a) Die Klägerin zeigt nicht auf, dass das LSG in entscheidungserheblicher Weise den Streitgegenstand des Verfahrens verkannt und deshalb § 123 SGG verletzt habe. Denn sie legt nicht in schlüssiger Weise dar, dass das LSG über einen anderen Streitgegenstand als den von ihr geltend gemachten entschieden habe.

Nach § 123 SGG entscheidet das Gericht über die erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Die Klägerin wirft dem LSG zwar vor, es habe mit seiner Auslegung ihres Klagebegehrens als reine Anfechtungsklage den Streitgegenstand verkannt und sie dadurch schlechter gestellt. Sie räumt in der Beschwerdebegründung aber selbst ein, dass das LSG darüber hinaus ausdrücklich auch entschieden hat, dass selbst wenn ihr zu Protokoll gegebener Klageantrag in ihrem Sinne als Verpflichtungsbegehren auszulegen wäre, dieser keinen Erfolg haben könnte, weil unter Berücksichtigung und Würdigung der vorliegenden medizinischen Befunde, Berichte und Sachverständigengutachten die gesundheitlichen Verhältnisse der Klägerin auch zum dann relevanten Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem LSG keinen höheren GdB als 30 rechtfertigten. Dass die Klägerin diese Entscheidung des Berufungsgerichts für falsch hält, ist für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unerheblich.

b) Die Klägerin hat auch keinen Verstoß des LSG gegen seine Pflicht zur Amtsermittlung aus § 103 SGG hinreichend bezeichnet.

aa) Soweit ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht gerügt wird, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund deren bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zur weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen könne (stRspr; zB BSG Beschluss vom 11.3.2021 - B 9 SB 51/20 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 26.2.2018 - B 9 SB 84/17 B - juris RdNr 5 mwN).

Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin hat nicht hinreichend dargelegt, einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG iVm § 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 403 SGG gestellt zu haben, dem das LSG ausgehend von seiner Rechtsauffassung nachgehen hätte müssen.

Der nach ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG zu Protokoll gestellte und in der Beschwerdebegründung wiedergegebene Antrag "zum Beweis der Tatsache, dass die Klägerin infolge ihrer arthrotischen Erkrankung an dauernden und erheblichen Funktionseinbußen und Beeinträchtigungen leidet, welche für sich bereits mit einem Einzel-GdB von 50 bis 70 zu bewerten sind, und zum Beweis der Tatsache, dass die Klägerin erheblich in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkt ist, die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens auf rheumatologisch-internistischem Fachgebiet" zu veranlassen, lässt zwar noch erkennen, zu welchen Tatsachenbehauptungen die Klägerin eine Beweiserhebung für nötig erachtet hat. Um in der aktuellen Prozesssituation ein Beweisthema für das LSG hinreichend genau zu bezeichnen, hätte sie aber zusätzlich substantiiert und präzise angeben müssen, warum gerade diese Punkte weiter aufklärungsbedürftig sein sollten (vgl BSG Beschluss vom 16.2.2017 - B 9 V 48/16 B - juris RdNr 11). Allein die pauschale Behauptung einer erfahrungsgemäß sich verschlechternden arthrotischen Erkrankung oder der schlichte Hinweis auf ihre aktuelle gesundheitliche Situation reichen ohne konkrete Schilderungen, welche Beschwerden sich objektiv wie verschlechtert haben, nicht aus (vgl BSG Beschluss vom 7.6.2018 - B 9 V 69/17 B - juris RdNr 8). Insoweit fehlt es an einer substantiierten Darstellung, wieso die davon betroffenen Tatumstände angesichts der bereits vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand der Klägerin weitere Ermittlungen nötig gemacht haben sollten. Nur solche Darlegungen lassen erkennen, weshalb das Berufungsgericht sich zu der beantragten weiteren Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen und weshalb die Entscheidung des Berufungsgerichts auf diesem Verfahrensmangel beruhen soll. Hingegen zeigt der Antrag der Klägerin dem Berufungsgericht konkrete noch klärungsbedürftige und damit "zu begutachtende Punkte" im Sinne des § 403 ZPO gerade nicht auf.

bb) Sofern die Klägerin auch die Nichtbeachtung ihres hilfsweise gestellten Antrags nach § 109 SGG rügen wollte, H aus L gutachterlich zu hören, kann sie mit ihrer Beschwerde bereits deshalb nicht durchdringen, weil nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG gestützt werden kann.

cc) Ebenso legt die Klägerin nicht hinreichend dar, weshalb die vorliegenden Gutachten sowie die sonstigen medizinischen Unterlagen und sozialmedizinischen Stellungnahmen im Rahmen der Entscheidungsfindung des LSG nicht mehr verwertbar sein sollten. Macht ein Beschwerdeführer einer Nichtzulassungsbeschwerde geltend, das LSG habe sich bei seiner Entscheidungsfindung verfahrensfehlerhaft auf veraltete Sachverständigengutachten, Befundberichte oder sonstige medizinische Unterlagen gestützt, muss er im Rahmen der Beschwerdebegründung auch substantiiert darlegen, dass sich der Gesundheitszustand inzwischen potentiell entscheidungserheblich verschlechtert habe (vgl BSG Beschluss vom 23.2.2022 - B 9 SB 74/21 B - juris RdNr 11 mwN). Entsprechende Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung - wie oben bereits aufgezeigt - nicht. Sofern die Klägerin kritisiert, dass das Sachverständigengutachten von R, die Befundberichte und sonstigen ärztlichen Stellungnahmen, auf die das LSG seine Entscheidung gestützt habe, zum aus ihrer Sicht maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt im Januar 2023 zu alt gewesen seien, reicht ihr Vortrag nicht. Die Klägerin weist in ihrer Beschwerdebegründung - wie oben auch schon dargestellt - selbst darauf hin, dass das LSG in den Entscheidungsgründen ausgeführt habe, dass selbst bei Annahme eines Verpflichtungsbegehrens eine weitere Ermittlung des medizinischen Sachverhalts nicht erforderlich sei, weil die vorliegenden medizinischen Unterlagen, ärztlichen Befunde, sozialmedizinische Stellungnahmen und Sachverständigengutachten ausreichend seien, um die ihre gesundheitlichen Verhältnisse und Funktionsbeeinträchtigungen zum dann maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt im Januar 2023 einzuschätzen. Soweit die Klägerin mit dieser Wertung des LSG nicht einverstanden ist, wendet sie sich gegen dessen Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Diese ist jedoch gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG der Beurteilung durch das Revisionsgericht vollständig entzogen. Kraft der darin enthaltenen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kann die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden (stRspr; zB BSG Beschluss vom 7.7.2020 - B 9 SB 5/20 B - juris RdNr 10 mwN).

dd) Schließlich dringt die Klägerin auch mit ihrem Vortrag nicht durch, das LSG habe - wie zuvor bereits das SG - sich zu Unrecht nur auf die Feststellungen im Gutachten der Sachverständigen R gestützt, obwohl das Gutachten des Sachverständigen B zu einem anderen Ergebnis gelangt sei. Denn die Würdigung voneinander abweichenden Gutachtenergebnissen gehört zur Beweiswürdigung selbst. Hält das Gericht eines von mehreren Gutachten für überzeugend, so darf es sich diesem anschließen, ohne ein weiteres Gutachten einholen zu müssen. Bei einer derartigen Fallgestaltung ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (vgl BSG Beschluss vom 16.2.2017 - B 9 V 48/16 B - juris RdNr 3 mwN).

Gründe für eine Ausnahme hat die Klägerin nicht dargelegt. Liegen bereits mehrere Gutachten vor, ist das Tatsachengericht zu weiteren Beweiserhebungen nur verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten ungenügend sind (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 412 Abs 1 ZPO), weil sie grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (BSG Beschluss vom 22.9.2022 - B 9 SB 8/22 B - juris RdNr 13; BSG Beschluss vom 16.2.2017 - B 9 V 48/16 B - juris RdNr 13, jeweils mwN). Sofern die Klägerin in diesem Kontext rügt, dass die gehörten Sachverständigen keine "Fachqualifikation" zur Beurteilung der von ihr geltend gemachten Bewegungseinschränkungen der Knie- und Hüftgelenke gehabt hätten, reicht dies nicht. Denn das Verfahrensrecht verpflichtet grundsätzlich nicht dazu, ausschließlich Sachverständigengutachten von Fachärzten einzuholen. Vielmehr hat die Rechtsprechung das dem Tatsachengericht nach § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 404 Abs 1 ZPO eingeräumte Ermessen bei der Auswahl der Sachverständigen lediglich dann ausnahmsweise eingeschränkt, wenn es sich um besonders schwierige Fragen handelt oder aber den vorhandenen Gutachten grobe Mängel anhaften (BSG Beschluss vom 22.9.2022 - B 9 SB 8/22 B - juris RdNr 15 mwN). Solche Darlegungen enthält die Beschwerdebegründung nicht.

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

3. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Kaltenstein

Röhl

Othmer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15858354

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