Verfahrensgang

SG Stralsund (Entscheidung vom 26.04.2017; Aktenzeichen S 10 SB 148/14)

LSG Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss vom 08.10.2021; Aktenzeichen L 3 SB 26/17)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 8. Oktober 2021 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Klägerin wendet sich in der Hauptsache gegen die Herabsetzung ihres Grades der Behinderung (GdB) von 60 auf 30 wegen Heilungsbewährung einer ausgeheilten Harnblasenerkrankung.

Das LSG hat - wie vor ihm das SG - einen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung des von ihr angefochtenen Herabsetzungsbescheids vom 7.5.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 14.8.2014 nach Anhörung der Beteiligten im Beschlusswege verneint (Beschluss vom 8.10.2021).

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe einen Verfahrensfehler begangen, weil es einem mit Schriftsatz vom 12.5.2021 gestellten Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht nachgekommen sei.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die diesen (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Denn ohne Wiedergabe des Sachverhalts (im Sinne einer Gesamtheit rechtlich-maßgeblicher Umstände) kann das BSG nicht beurteilen, ob die Entscheidung des LSG auf dessen vermeintlich verfahrensfehlerhaftem Verhalten beruht. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus der angegriffenen Entscheidung des LSG und/oder den Gerichts- und Verwaltungsakten herauszusuchen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 19.9.2019 - B 9 SB 15/19 B - juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 27.9.2017 - B 13 R 214/17 B - juris RdNr 3). Die Klägerin hätte deshalb den Gang des Verfahrens schildern und die maßgeblichen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts wiedergeben müssen. Dies hat sie versäumt.

2. Unabhängig davon hat die Klägerin auch die behauptete Verletzung der Amtsermittlungspflicht des LSG (§ 103 SGG) nicht hinreichend bezeichnet (vgl allgemein zu den Anforderungen an eine Sachaufklärungsrüge BSG Beschluss vom 3.4.2020 - B 9 SB 71/19 B - juris RdNr 8 mwN). Allein die Behauptung, sie habe mit Schriftsatz vom 12.5.2021 ausdrücklich einen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt, reicht nicht aus. Abgesehen davon, dass mit einem bloßen Beweisangebot ein förmlicher Beweisantrag nicht verbunden ist (vgl hierzu BSG Beschluss vom 21.4.2020 - B 13 R 85/19 B - juris RdNr 11), kann ein im Berufungsverfahren anwaltlich vertretener Beteiligter - wie die Klägerin - nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG durch einen entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seiner Entscheidung wiedergibt (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 3.4.2020 - B 9 SB 71/19 B - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 28.4.2016 - B 9 SB 6/16 B - BeckRS 2016, 69371 RdNr 6, jeweils mwN). Nach Sinn und Zweck des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG soll die Sachaufklärungsrüge die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung durch einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts (§ 103 SGG) noch nicht als erfüllt ansieht. Wird - wie vorliegend - im Beschlussverfahren entschieden (§ 153 Abs 4 SGG), ist ein Beweisantrag, der nach Erhalt einer Anhörungsmitteilung nicht wiederholt wird, grundsätzlich so zu behandeln, als habe er sich erledigt (vgl BSG Beschluss vom 28.4.2016 aaO; BSG Beschluss vom 11.6.2015 - B 13 R 151/15 B - juris RdNr 9, jeweils mwN). Hierzu führt die Klägerin nichts aus. Die Beschwerdebegründung gibt keinen Aufschluss darüber, wann die Anhörungsmitteilung nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG durch das LSG erfolgt ist und ob die Klägerin im Anschluss hieran ihren Beweisantrag aufrechterhalten bzw wiederholt oder ob das LSG diesen Beweisantrag in seiner Entscheidung wiedergegeben hat. Dessen unbeschadet zeigt die Beschwerdebegründung auch die Entscheidungserheblichkeit des gerügten Sachaufklärungsmangels nicht auf, sondern behauptet lediglich sinngemäß, dass aufgrund der psychischen Beschwerden der GdB bei 50 liege. Nähere Ausführungen hierzu erfolgen indes nicht.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Kaltenstein

Ch. Mecke

Othmer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15073936

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