Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 08.11.1990)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. November 1990 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Klägerin ist mit ihrem Begehren auf Gewährung von Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach ihrem am 23. September 1984 bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückten Ehemann ohne Erfolg geblieben (Bescheid vom 11. Januar 1985; zusprechendes Urteil des Sozialgerichts vom 10. November 1988; die Klage abweisendes Urteil des Landessozialgerichts -LSG- vom 8. November 1990). Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, der Versicherte habe den Tod nicht durch einen Arbeitsunfall erlitten. Der Senat habe sich nicht davon überzeugen können, daß der Versicherte sich im Zeitpunkt des Unfalls auf einem der Verrichtung einer betrieblichen Tätigkeit wesentlich dienenden Weg befunden habe. Selbst wenn aber das Vorliegen einer Betriebsfahrt nachgewiesen wäre, hätte es an einem Versicherungsschutz im Zeitpunkt des Unfalls gefehlt. Denn bei Würdigung der gesamten Umstände des Falles, insbesondere der festgestellten Blutalkoholkonzentration im Mittelwert von 1,28 Promille sei der Senat zu dem Ergebnis gelangt, daß ein nicht alkoholbedingt fahruntüchtiger Fahrer bei gleicher Sachlage nicht verunglückt wäre und daß durch den Alkoholgenuß des Versicherten der innere Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit verlorengegangen, mithin auch der Versicherungsschutz entfallen gewesen sei.

Mit der hiergegen eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, das angefochtene Urteil weiche von Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) ab. Außerdem beruhe das Urteil auf Verfahrensfehlern (§ 160 Abs 2 Nrn 2 und 3 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

Die Beschwerde ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 SGG festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung verlangen diese Vorschriften, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47, 54 und 58). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann ausreichend begründet, wenn erklärt wird, mit welcher genau bestimmten, entscheidungserheblichen Aussage das angegriffene Urteil von welcher genau bestimmten Aussage des BSG oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht (s BSG SozR 1500 § 160a Nrn 21, 29 und 54). Daran fehlt es der Beschwerde.

Eine Abweichung von der Entscheidung des BSG vom 2. Februar 1978 (BSGE 45, 285) ist schon deshalb nicht ausreichend dargetan, weil die Klägerin selbst lediglich vorträgt, das LSG habe diese Entscheidung des BSG „nicht beachtet” und sei vielmehr von dieser Entscheidung abgewichen. Gegenstand des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht die Frage, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Gerade aber dies macht die Klägerin im Kern zum Gegenstand ihrer Beschwerde.

Das gleiche gilt für die von der Klägerin vorgetragene Abweichung von dem Beschluß des BSG vom 22. Oktober 1975 (SozR 1500 § 160 Nr 12). Auch hier legt die Beschwerde nicht dar, mit welcher konkreten Aussage des BSG in dieser angeführten Entscheidung das angefochtene Urteil in unvereinbarer Weise abgewichen sein soll. Die Beschwerdeführerin trägt selbst lediglich vor, die Vorgehensweise des LSG stehe mit der Entscheidung des BSG „nicht im Einklang”.

Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Der geltend gemachte Verfahrensmangel kann auf eine Verletzung des § 103 SGG (eine Verletzung dieser Vorschrift rügt offenbar die Beschwerdeführerin) nur gestützt werden, wenn die Rüge sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Dem trägt die Beschwerdebegründung nicht Rechnung. Denn es fehlt hier an der schlüssigen Darlegung dieses Zulassungsgrundes (s BSG SozR 1500 § 160a Nr 24).

Die Klägerin trägt zwar vor, sie habe letztmals mit Schriftsatz vom 25. Oktober 1990 Beweisanträge auf weitere Vernehmung von Zeugen gestellt. Dieser Vortrag genügt jedoch nicht für eine schlüssige Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde. Es ist zwar richtig, wie die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf die oa Entscheidung des BSG (SozR 1500 § 160 Nr 12) hinweist, daß für einen Beweisantrag iS des § 160 Abs 2 Nr 3 letzter Halbsatz SGG es genügt, wenn er in einem vorbereitenden Schriftsatz gestellt worden ist, es sei denn, aus den näheren Umständen ist zu entnehmen, daß er in der letzten mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrechterhalten wurde. In Fortentwicklung dieser Rechtsprechung hat der Senat jedoch ständig entschieden, daß es jedenfalls rechtskundig vertretenen Beteiligten obliegt, in der mündlichen Verhandlung alle diejenigen Anträge zur Niederschrift des Gerichts zu stellen, über die das Gericht entscheiden soll (vgl zuletzt Beschluß des Senats vom 6. November 1990 – 2 BU 166/90 – mwN). Es ist der Sinn der erneuten Antragstellung, zum Schluß der mündlichen Verhandlung auch darzustellen, welche Anträge nach dem Ergebnis der für die Entscheidung maßgebenden mündlichen Verhandlung noch abschließend gestellt werden, mit denen sich das LSG dann im Urteil befassen muß, wenn es ihnen nicht folgt. In der mündlichen Verhandlung am 8. November 1990 hat der Bevollmächtigte der Klägerin neben dem Antrag auf Vernehmung der, auch vom LSG daraufhin vernommenen, Zeugin B. D. keinen weiteren Beweisantrag, sondern lediglich Anträge zur Sache gestellt.

Soweit die Beschwerdebegründung schließlich die Rüge enthält, das LSG habe die Beweise unzutreffend gewürdigt, ist diese Rüge ebenfalls unzulässig, weil nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) gestützt werden kann (s BSG SozR 1500 § 160 Nr 26).

Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1173439

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