Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Grundsätzliche Bedeutung. Verfassungsverletzung. Rechtsprechung. Verfassungsnormen. Substantielle Argumentation
Leitsatz (redaktionell)
Wer im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG eine Verfassungsverletzung geltend macht, darf sich nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und ggf. des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen in substantieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll.
Normenkette
SGG § 160a Abs. 2 S. 3, Abs. 4, §§ 169, 163; BEEG § 2c Abs. 1 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 4. Dezember 2018 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt höheres Elterngeld für ihre im März 2017 geborene Tochter.
Das LSG hat wie vor ihm der beklagte Freistaat und das SG einen höheren Elterngeldanspruch unter Berücksichtigung weiterer Entgeltbestandteile abgelehnt. Nach der neueren Rechtsprechung des BSG richte sich die Abgrenzung sonstiger Bezüge vom laufenden Arbeitslohn nur nach dem Lohnsteuerrecht. Auch der Zufluss des Einkommens sei ausschließlich steuerrechtlich zu beurteilen (Hinweis auf Senatsurteil vom 14.12.2017 - B 10 EG 7/17 R - BSGE 125, 62 = SozR 4-7837 § 2c Nr 2). Danach zählten weder als Provisionen bezeichnete vierteljährliche Abschlagszahlungen zum Bemessungsentgelt noch solche Lohnnachzahlungen an die Klägerin, die ihr erst längere Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres zugeflossen seien.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt und mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen Senatsbeschluss vom 25.10.2016 - B 10 ÜG 24/16 B - juris RdNr 7 mwN).
Die Beschwerde hat demgegenüber weder dargelegt und ausformuliert, welche grundsätzliche Rechtsfrage der Fall der Klägerin aufwerfen sollte, noch, warum sich eine solche Rechtsfrage nicht anhand der vom LSG zitierten Rechtsprechung des BSG beantworten lässt.
Die Beschwerde hat es bereits versäumt, den entscheidungserheblichen Sachverhalt darzulegen, und sich auf Rechtsausführungen beschränkt. Das BSG hat aber den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung auf der Tatsachengrundlage der Vorinstanz zu beurteilen, deren Feststellungen es nach § 163 SGG binden. Zur Darlegung der Klärungsfähigkeit muss der Beschwerdeführer daher zunächst den Sachverhalt schildern, wie ihn das Berufungsgericht für das Revisionsgericht verbindlich festgestellt hat (BSG Beschluss vom 21.6.2016 - B 9 V 18/16 B - juris RdNr 14 mwN).
Unabhängig davon formuliert die Beschwerde auch keine klärungsfähige Rechtsfrage, sondern setzt sich lediglich in allgemeiner Form im Stil einer Berufungsschrift mit den Ausführungen des LSG auseinander. Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann. Es gehört nicht zu den Aufgaben des BSG, den Beschwerdevortrag daraufhin zu analysieren, ob sich ihm eventuell eine entsprechende Rechtsfrage entnehmen ließe (Senatsbeschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN).
Ohnehin hat das LSG seiner Entscheidung ausdrücklich die von ihm zitierte aktuelle Senatsrechtsprechung zur Unterscheidung von laufendem Arbeitsentgelt und sonstigen Bezügen im Elterngeldrecht (Senatsurteil vom 14.12.2017 - B 10 EG 7/17 R - BSGE 125, 62 = SozR 4-7837 § 2c Nr 2; bestätigt in Senatsurteil vom 27.6.2019 - B 10 EG 2/18 R - juris RdNr 23 ff mwN) zugrunde gelegt und deshalb Ansprüche der Klägerin auf höheres Elterngeld verneint. Auf diese Senatsrechtsprechung geht die Beschwerdebegründung mit keinem Wort ein; umso weniger legt sie in Auseinandersetzung damit dar, welche grundsätzlichen, von ihr nicht beantworteten Rechtsfragen sich bei der Abgrenzung von laufendem Entgelt und sonstigen Bezügen im Sinne von § 2c Abs 1 Satz 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG - (in der ab dem 1.1.2015 gültigen Fassung durch das Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vom 18.12.2014, BGBl I 2325) noch stellen sollten.
Soweit die Klägerin schließlich im Abstellen auf die lohnsteuerrechtliche Behandlung durch § 2c Abs 1 Satz 2 BEEG einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG sehen möchte, fehlen ebenfalls die erforderlichen Darlegungen. Wer eine Verfassungsverletzung geltend macht, darf sich nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und ggf des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen in substantieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (Senatsbeschluss vom 1.6.2017 - B 10 ÜG 30/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 14 RdNr 16 mwN). Dazu führt die Beschwerde nichts aus. Insbesondere geht sie nicht darauf ein, dass die zitierte Senatsrechtsprechung sich auch umfassend mit der Verfassungsmäßigkeit von § 2c Abs 1 Satz 2 BEEG auseinandergesetzt und diese bejaht hat (Senatsurteil vom 14.12.2017 - B 10 EG 7/17 R - BSGE 125, 62 = SozR 4-7837 § 2c Nr 2, RdNr 39 f mwN).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13579402 |