Verfahrensgang
SG Braunschweig (Entscheidung vom 15.06.2018; Aktenzeichen S 6 KR 4/15) |
LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 09.07.2019; Aktenzeichen L 4 KR 386/18) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 9. Juli 2019 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat mit Beschluss vom 9.7.2019 den Anspruch des Klägers auf Zahlung weiteren Krankengeldes (Krg) bis zum 26.8.2014 verneint. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass ab diesem Datum eine Lücke in der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (AU) bestanden habe, die zum Ende der Mitgliedschaft des Klägers mit Krg-Anspruch bei der Beklagten geführt habe und weitere Zahlungen ausschließe. Einer der vom BSG anerkannten Ausnahmetatbestände zum Erfordernis des lückenlosen Nachweises der AU liege nicht vor.
Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Beschluss. Er macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Divergenz geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, da der Kläger die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ausreichend dargetan hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Abs 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger hält für grundsätzlich bedeutsam Folgendes:
Es geht um die systematische Auslegung einer Norm durch das Gericht die für den Verfahrensausgang essenziell wichtig ist.
Der Kläger lässt aber offen, auf welche Auslegung bzw welchen Anwendungsbereich einer revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) sich diese Aussage beziehen soll. Überdies stellt er auch keine Rechtsfrage zu einer revisiblen Rechtsnorm. Soweit er auf die "Neuregelung des § 46 SGB V" Bezug nimmt und er der Ansicht ist, dass eine nicht hinreichende bzw fehlerhafte Anwendung der Neuregelung durch das Berufungsgericht erfolgt sei, lässt der Kläger außer Acht, dass das LSG die Prüfung des Anspruchs auf Krg auf § 46 Satz 1 SGB V in der bis zum 22.7.2015 geltenden Fassung (aF) gestützt hat. Aus welchem Grund vorliegend Klärungsbedarf im Hinblick auf die Neuregelung von § 46 SGB V bestehen sollte, legt der Kläger nicht dar.
Soweit der Kläger im Übrigen der Ansicht ist, dass eine Divergenz vorliegt, hat er auch insofern eine Rechtsprechungsabweichung nicht hinreichend aufgezeigt.
Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der in Bezug genommenen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die oberstgerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr, vgl zum Ganzen: BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4; BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 S 89 ff; BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 S 22).
Hierzu trägt der Kläger vor, dass das LSG die Ausführungen des AOK-Bundesverbandes fehlerhaft ausgelegt bzw nicht hinreichend berücksichtigt habe. Die Ausführungen des AOK-Bundesverbandes seien jedoch für den Verfahrensausgang essenziell wichtig gewesen.
Vorliegend fehlt es an der hinreichenden Bezeichnung einer Divergenz, weil weder ein Rechtssatz aus dem angefochtenen Beschluss noch ein widersprechender Rechtssatz aus einem Urteil des BSG gegenübergestellt wird. Dass der Kläger der Ansicht ist, dass das LSG den Rechtsstreit unzutreffend entschieden habe, stellt indes keinen Revisionszulassungsgrund dar.
Schließlich war der Senat nicht verpflichtet, den Prozessbevollmächtigten des Klägers entsprechend seiner Bitte in der Beschwerdebegründung um einen rechtlichen Hinweis, falls weitere Ausführungen für erforderlich erachtet werden, vorab auf die Unzulänglichkeit des Beschwerdevortrags aufmerksam zu machen. Das Gesetz unterstellt, dass ein Rechtsanwalt in der Lage ist, die Formerfordernisse einzuhalten; gerade dies ist ein Grund für den Vertretungszwang vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 SGG. § 106 Abs 1 SGG gilt insoweit nicht. Ein Rechtsanwalt muss in der Lage sein, ohne Hilfe durch das Gericht eine Nichtzulassungsbeschwerde ordnungsgemäß zu begründen (stRspr, zB BSG Beschlüsse vom 9.1.2019 - B 9 SB 62/18 B - juris RdNr 8 und vom 21.7.2010 - B 7 AL 60/10 B - juris RdNr 7).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13656439 |