Verfahrensgang
SG Koblenz (Entscheidung vom 08.10.2019; Aktenzeichen S 16 SO 23/18) |
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 12.03.2020; Aktenzeichen L 1 SO 140/19) |
Tenor
Die Anträge der Kläger, ihnen für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. März 2020 - L 1 SO 140/19 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, werden abgelehnt.
Die Beschwerden der Kläger gegen das bezeichnete Urteil werden als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Kläger, die nach ihren Angaben seit Februar 2015 in Österreich leben, haben beim Sozialgericht (SG) Koblenz Klage auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) bzw Sozialhilfe an Deutsche im Ausland (§ 24 SGB XII) erhoben. Die Klage hat keinen Erfolg gehabt (Gerichtsbescheid des SG vom 8.10.2019; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Rheinland-Pfalz vom 12.3.2020).
Gegen das Urteil des LSG wenden sich die Kläger mit ihren Beschwerden zum Bundessozialgericht (BSG). Zudem haben sie einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt G gestellt.
II
Voraussetzung der Bewilligung von PKH und der damit verbundenen Beiordnung eines Rechtsanwalts ist neben den erforderlichen Erfolgsaussichten in der Sache, dass der Beteiligte nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (vgl § 73a Abs 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫, § 114 Abs 1 Satz 1 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫). Die notwendige Prüfung kann der Senat mangels nachvollziehbarer Angaben der Kläger zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht durchführen, sodass die Bewilligung von PKH ohne Prüfung der Erfolgsaussichten abzulehnen ist.
Zur Darlegung seiner Bedürftigkeit hat sich der Beteiligte nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes grundsätzlich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 SGG, § 117 Abs 2 und 4 ZPO) zu bedienen, dh er muss das mit dem durch die PKH-Formularverordnung vom 6.1.2014 (BGBl I 34) eingeführte Formular bis zum Ablauf der Beschwerdefrist einreichen. Wird PKH von Personen beantragt, die nach ihren Angaben keine Sozialhilfe beziehen, muss im Einzelnen dargelegt und glaubhaft gemacht werden, wie von den vorhandenen Mitteln der Lebensunterhalt (hier für zwei Personen) finanziert wird (zuletzt etwa Bundesgerichtshof ≪BGH≫ vom 16.11.2017 - IX ZA 21/17 - NJW-RR 2018, 190 RdNr 7 mwN). Hieran fehlt es.
Die Kläger haben zwar im Februar 2021 ein entsprechendes Formular vorgelegt. Es kann offenbleiben, ob die Vorlage noch rechtzeitig erfolgt ist. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn eine Zustellung des Urteils im Inland (an Rechtsanwalt G) erfolgen durfte - wovon das LSG ausgegangen ist - und damit zutreffend über die Frist zur Stellung eines vollständigen PKH-Antrags bis zum Ablauf der Beschwerdefrist belehrt worden ist, die die Kläger aber nicht eingehalten haben. Jedenfalls haben die Kläger trotz Rückfragen des Senats keinerlei Angaben zu ihren Wohnkosten gemacht. Sie haben lediglich angegeben, verschiedene Rentenleistungen von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) B1, der DRV B2 und der slowakischen S iHv insgesamt 658,55 Euro monatlich zu erhalten. Es bestehen jedoch erhebliche Zweifel an der Bedürftigkeit, solange die Kläger nicht bereit sind anzugeben, wo sie wohnen, sondern sämtliche Angaben zu Wohnkosten verweigern und damit eine nachvollziehbare Darstellung dieses ganz erheblichen Teils der Lebenshaltungskosten fehlt. Darauf hat das Gericht sie hingewiesen und im Einzelnen nachgefragt, ob sie obdachlos sind oder wo sonst sie - ohne hierfür Kosten zu zahlen - leben (Schreiben vom 18.12.2020). Eine nachvollziehbare Antwort ist nicht gegeben worden; die Kläger haben lediglich ihre Auffassung zu den Erfolgsaussichten in der Hauptsache wiederholt (Schreiben vom 22.2.2021). Der Hinweis, dass sie sich wechselweise bei "Familienmitgliedern, Verwandten, Freunden, Bekannten, Caritas" aufhalten, ist nicht ausreichend konkret. Adressen haben die Kläger nicht genannt und auch im Übrigen keine Unterlagen vorgelegt, die ihre Behauptung nachvollziehbar werden lassen. Ihr Vortrag widerspricht vielmehr der durch Vorlage von Meldebestätigungen untermauerten Behauptung, einen festen Wohnsitz in W zu haben. Auch hier fehlen aber nähere Angaben, um welche Art der Unterkunft es sich handeln soll. Eine Korrespondenz unter der angegebenen Adresse war nicht möglich, sodass davon ausgegangen werden muss, dass sich die Kläger tatsächlich nicht in W (bzw überhaupt in Österreich) aufhalten. Ohne nähere Angaben über den Umfang von behaupteten Leistungen Dritter und seit wann und wo diese geleistet werden, kann die Bedürftigkeit aber nicht geprüft werden. Es ist weder ersichtlich noch von den Klägern dargetan, dass sie an den notwendigen Angaben innerhalb der zu ihren Gunsten unterstellten Jahresfrist ohne Verschulden gehindert waren. Ihre fehlerhafte Rechtsansicht, weitere Angaben seien in ihrem Fall nicht notwendig, kann ihr Versäumnis nicht entschuldigen. Damit entfällt zugleich die Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Die von den Klägern eingelegten Beschwerden entsprechen nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Die Kläger müssen sich vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Sie können eine Prozesshandlung rechtswirksam nicht vornehmen, folglich nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem nach § 73 Abs 4 SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Hierauf wurden die Kläger ausdrücklich hingewiesen. Die nicht formgerecht eingelegten Beschwerden sind schon deshalb nach § 160a Abs 4 Satz 1 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Scholz Luik Krauß
Fundstellen
Dokument-Index HI15203334 |