Verfahrensgang
LSG Berlin (Urteil vom 01.11.1990) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 1. November 1990 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin (LSG) vom 1. November 1990 ist unzulässig, weil der Kläger seine Beschwerde nicht substantiiert begründet hat.
Die Revision kann nur aus den in § 160 Abs 2 Nrn 1 – 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) genannten Gründen – grundsätzliche Bedeutung, Divergenz oder Verfahrensfehler – zugelassen werden. Der Kläger hat sich auf grundsätzliche Bedeutung und auf Verfahrensmängel berufen. In der Beschwerdebegründung muß jedoch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache „dargelegt” und der Verfahrensmangel „bezeichnet” werden (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Daran fehlt es in der Beschwerdebegründung des Klägers.
Der Kläger sieht die Frage als von grundsätzlicher Bedeutung an, ob „ein Betroffener auch dann (nach § 24 Abs 1 SGB X) – zwingend – anzuhören ist, wenn sein Antrag auf Gewährung einer Leistung durch Bescheid eines Leistungsträgers abgelehnt wird”. Diese Frage ist indessen bereits entschieden. Das Bundessozialgericht (BSG) hat zu § 34 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil -(SGB I) in der alten Fassung (der Vorgängervorschrift des § 24 SGB X) ausgeführt (BSG SozR 1200 § 34 Nr 8 S 36): „Nach Abs 1 dieser Vorschrift besteht eine Pflicht zur Anhörung und damit zur Gewährung von rechtlichem Gehör im weiteren, auch das Verwaltungsverfahren einschließenden Sinne, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift. Ein solcher Eingriff liegt nur vor, wenn die Verwaltungsentscheidung den vorhandenen Rechtskreis des Betroffenen beeinträchtigt. Wie der Begriff des Eingriffsaktes sich dabei zu dem des belastenden Verwaltungsaktes verhält, kann hier auf sich beruhen. Nicht zu den anhörungspflichtigen Verwaltungsakten gehören – jedenfalls in der Regel – diejenigen Akte, die über Bestehen und Umfang eines vom Antragsteller lediglich behaupteten Rechtes entscheiden, insbesondere einen von ihm erhobenen Zahlungsanspruch nach Grund und Höhe feststellen, mag die Entscheidung im positiven Sinne ergehen oder ganz oder teilweise negativ ausfallen (ablehnende Verwaltungsakte). Obwohl auch ablehnende Verwaltungsakte den Adressaten beschweren und ihm deshalb ein Recht zur Anfechtungsklage geben, greifen sie nicht in seinen – von der erlassenden Stelle als vorhanden vorausgesetzten -Rechtskreis ein. Insoweit hat der Gesetzgeber bewußt von einer Anhörungspflicht abgesehen, weil der Betroffene in der Regel im Zusammenhang mit seinem Antrag Gelegenheit zur Stellungnahme hat und die Mitteilung der beabsichtigten Ablehnung die Tätigkeit der Verwaltung unnötig erschweren würde; eine erneute Stellungnahme kann der Betroffene im Widerspruchs- oder Rechtsmittelverfahren vortragen”. Eine durch das BSG bereits entschiedene Frage ist nicht mehr klärungsbedürftig, es sei denn, daß ihr in nicht geringfügigem Umfange widersprochen worden ist und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen (in Literatur und Rechtsprechung) vorgebracht worden sind (BSG SozR 1500 § 160a Nr 13). Entsprechendes ist vom Kläger nicht vorgebracht worden. Die Literaturmeinungen, wie sie vom Kläger angeführt werden, bestanden schon vor der angeführten Entscheidung des BSG und sind von ihr schon berücksichtigt und abgelehnt worden. Neues ist seitdem, soweit ersichtlich, nicht vorgebracht worden.
Auch eine Verletzung des § 103 SGG ist vom Kläger nicht substantiiert dargetan. Zur substantiierten Rüge, das LSG sei einem Beweisantrag zu Unrecht nicht gefolgt, gehört einmal der Vortrag, mit welchem Schriftsatz oder in welcher Sitzung der Antrag gestellt worden ist und sodann die Angabe der Gründe, aus denen sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus hätte gedrängt fühlen müssen, den von ihm abgelehnten Beweis zu erheben (BSG SozR 1500 § 160a Nr 34). Die vom Kläger vorgebrachten Umstände lassen nicht erkennen, daß sich das LSG zu weiterem Beweis hätte gedrängt fühlen müssen. Ist Beweis erhoben durch Sachverständigengutachten, so gibt es keine natürliche Grenze, an der die Möglichkeit, weiteren Beweis durch Gutachten zu erheben, endet – anders als etwa beim Zeugenbeweis, bei dem die Anzahl der zur Verfügung stehenden Zeugen begrenzt ist. Stets könnte man noch eine weitere Sachverständigenmeinung zu Wort kommen lassen. Hier hatte das LSG bereits eine Reihe von Sachverständigenäußerungen verwertet. Der Vortrag des Klägers ergibt nicht, daß das LSG sich hätte gedrängt fühlen müssen, weitere Gutachten einzuholen. Insbesondere läßt sich die Nichtzulassungsbeschwerde nicht damit begründen, das LSG habe die „erhobenen Beweise nicht zutreffend gewürdigt”, wie der Kläger meint. Auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG soll die Beschwerde nicht gestützt werden können (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Der Vortrag des Klägers ergibt auch nichts dafür, daß eine erneute Beweisaufnahme erforderlich war, weil die bisherigen Beweisergebnisse zeitlich zu weit zurücklagen. Aus dem Vorbringen des Klägers ist nicht zu erkennen, daß durch Zeitablauf sich eine bessere Erkenntnis als bisher hätte ergeben können. Die Auffassung des LSG, weiterer Beweis sei nicht erforderlich gewesen, ist damit nicht zu beanstanden.
Die Beschwerde des Klägers ist damit unzulässig und durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 202 SGG iVm § 574 der Zivilprozeßordnung ≪ZPO≫ und § 169 SGG analog; vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1, 5; BVerfG aaO Nr 30).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen