Verfahrensgang
SG Düsseldorf (Entscheidung vom 12.01.2018; Aktenzeichen S 49 R 831/16) |
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 24.10.2018; Aktenzeichen L 3 R 70/18) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. Oktober 2018 wird als unzulässig verworfen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I
Mit Urteil vom 24.10.2018 hat das LSG Nordrhein-Westfalen einen Anspruch der Kläger auf Nachzahlung einer Altersrente aus der Versicherung ihrer am 27.4.2005 verstorbenen Mutter (im Folgenden: Versicherte) unter Zugrundelegung von Zeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) für die Zeit ab 1.7.1997 verneint.
Die Versicherte beantragte mit Schreiben vom 24.10.2002, eingegangen am 29.10.2002 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, eine Altersrente unter Berücksichtigung von in einem Ghetto in Transnistrien zurückgelegten Beitragszeiten (vom 1.11.1941 bis 18.3.1944). Mit Schreiben vom 2.12.2002 bat die Beklagte die Versicherte um eine Glaubhaftmachung der rechtserheblichen Tatsachen und übermittelte einen Fragebogen. Darauf erfolgte keine Antwort. Ein weiterer Antrag auf Gewährung einer Altersrente, den die Versicherte am 8.6.2003 bei dem israelischen Sozialversicherungsträger gestellt hatte, ging bei der Beklagten am 29.9.2003 ein. Die Beklagte übersandte erneut einen Vordruck an die Versicherte mit dem Hinweis, dass die rechtserheblichen Tatsachen bislang noch nicht glaubhaft gemacht seien. Auf dieses Schreiben antwortete die Versicherte ebenfalls nicht. Mit Schreiben vom 12.1.2004, eingegangen bei der Beklagten am 14.1.2004, erklärte der damals bevollmächtigte Rentenberater der Versicherten: "Meinen Antrag vom 24.10.2002 nehme ich zurück." Die Versicherte starb am 27.4.2005. Ihr Witwer beantragte mit Schreiben vom 6.5.2011 die Gewährung einer Witwerrente und mit Datum vom 31.8.2011 die "Überprüfung des Ablehnungsbescheides nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X), die Anerkennung von Beitragszeiten und die Leistung einer Rente nach dem ZRBG." Die Beklagte gewährte daraufhin eine große Witwerrente für die Zeit ab dem 27.4.2005 in Höhe eines monatlichen Rentenzahlbetrags von 143,90 Euro (ab 1.8.2012) und leistete eine Nachzahlung über 12 229,65 Euro (Bescheid vom 24.7.2012).
Mit Schreiben vom 17.5.2013 stellte der Witwer einen Antrag auf Nachzahlung einer Altersrente der Versicherten für die Zeit vom 1.7.1997 bis 26.4.2005 "unter Berücksichtigung eines etwaigen israelischen Rentenantrags". Nach den Feststellungen des LSG ermittelte daraufhin die Beklagte, dass die Versicherte bereits am 27.7.1995 beim israelischen Sozialversicherungsträger einen Antrag auf Sonderrente gestellt hatte. Die Beklagte lehnte den Antrag auf Nachzahlung einer Altersrente der Versicherten mit Bescheid vom 15.8.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2016 ab. Der Anspruch auf Gewährung einer Altersrente stehe nur der Versicherten, nicht aber den Erben oder Rechtsnachfolgern zu. Der Anspruch sei mit dem Tod der Berechtigten erloschen. Einen Rentenantrag habe erst der Witwer gestellt. Frühere Rentenanträge der Versicherten habe diese noch zu Lebzeiten zurückgenommen. Auch nach dem ZRBG seien Rechtsnachfolger nicht berechtigt, erstmalig einen Rentenantrag zu stellen. Der Witwer starb am 21.12.2014. Die Beklagte richtete den Widerspruchsbescheid an die Tochter der Versicherten (Klägerin zu 1.). Deren vor dem SG Düsseldorf erhobene Klage blieb ohne Erfolg (Urteil vom 12.1.2018). Das LSG hat den im Berufungsverfahren auch von dem Sohn der Versicherten (Kläger zu 2.) weiterverfolgten Anspruch verneint und die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Versicherte habe ihre früheren bei der Beklagten und beim israelischen Sozialversicherungsträger gestellten Anträge auf Gewährung einer Altersrente mit Schreiben ihres früheren Bevollmächtigten vom 12.1.2004 zurückgenommen und danach selbst keinen weiteren Antrag gestellt. Der Altersrentenanspruch der Versicherten sei deshalb im Zeitpunkt ihres Todes am 27.4.2005 erloschen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil haben die Kläger mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 17.1.2019 Beschwerde zum BSG eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 27.3.2019 innerhalb der bis zu diesem Tag verlängerten Frist begründet. Die Kläger machen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil keiner der im Gesetz abschließend umschriebenen Zulassungsgründe (§ 160 Abs 2 SGG) ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
1. Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
a) Die Kläger tragen zunächst als Rechtsfragen vor, denen sie grundsätzliche Bedeutung beimessen:
"Wirkt die ausdrücklich auf den eigenen Antrag des Bevollmächtigten auf Gewährung einer Regelaltersrente vom deutschen Versicherungsträger aufgrund einer Tätigkeit in einem Ghetto mit Entgeltleistungen unter besonderer Berücksichtigung der Vorschriften des ZRBG in seiner konkreten Formulierung 'Sehr geehrte Damen und Herren, meinen Antrag vom (Datum des Antrages) nehme ich zurück' bezogene Rücknahmeerklärung auch automatisch als Rücknahmeerklärung der Anträge der Versicherten bezüglich ihrer davor persönlich in Israel gestellten Antrags auf Gewährung einer eigenen Versichertenrente aus der israelischen Rentenversicherung und auf Leistungen nach dem ZRBG?"
und
"Stellt die Rücknahmeerklärung des Bevollmächtigten, die sich ausdrücklich und ausschließlich nur auf den eigenen, von ihm für die Versicherte/Mandantin gestellten Antrag auf Rente bezieht, gleichzeitig automatisch auch eine Rücknahmeerklärung bezogen auf die zuvor von der Versicherten/Mandantin gestellten Anträge auf Rente dar, die diese zuvor persönlich gestellt hatte?"
Es kann offenbleiben, ob die Kläger damit aus sich heraus verständliche abstrakt-generelle Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht formulieren (vgl dazu allgemein BSG Beschluss vom 24.10.2018 - B 13 R 239/17 B - juris RdNr 8 mwN). Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 15.4.2019 - B 13 R 233/17 B - RdNr 9; Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 181). Unklar ist bereits, auf welche bundesrechtliche Norm sich die aufgeworfenen Fragen konkret beziehen. Die Beschwerdebegründung zitiert unterschiedlichste Rechtsvorschriften. Sie führt zunächst aus, der Zulassungsgrund befasse sich mit der Frage, "welche rechtliche Bedeutung die Rücknahme eines konkreten Antrages eines Bevollmächtigten im Rahmen des § 59 Satz 2 SGB I unter besonderer Beachtung der Wiedergutmachungsregelungen des ZRBG zukommt" (Gliederungspunkt 2.1.). An anderer Stelle wird vorgetragen, die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfragen ließen sich nicht aus dem Gesetz, "insbesondere nicht aus § 13 Abs 1 Satz 2 SGB X sowie den Auslegungsregeln §§ 133, 157 BGB beantworten" (Gliederungspunkt 2.2.3.1.2.3.).
Jedenfalls haben die Kläger die (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfragen nicht hinreichend dargelegt. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG und ggf des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine höchstrichterliche Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet ist (vgl Krasney/Udsching/Groth aaO). Hieran fehlt es.
Die Kläger zitieren wörtlich aus zwei Urteilen des BSG. Darin wird zum einen ausgeführt, dass ein Antrag beim israelischen Versicherungsträger auch mit Wirkung für die deutsche gesetzliche Rentenversicherung als gestellt gilt (vgl BSG Urteil vom 19.4.2011 - B 13 R 20/10 R - BSG SozR 4-6480 Art 27 Nr 1 RdNr 35). Zum anderen ergibt sich daraus, dass sich ein solcher zugleich mit Abschluss des Verwaltungsverfahrens durch Erlass des Bescheides des Rentenversicherungsträgers in Deutschland erledigt. Der Bescheid wird mit Eintritt seiner Bestandskraft "in der Sache bindend" (vgl BSG Urteil vom 7.2.2012 - B 13 R 40/11 R - BSGE 110, 97 = SozR 4-5075 § 3 Nr 2, RdNr 34). Das LSG hat daraus den Schluss gezogen, dass die Rücknahmeerklärung der Versicherten wegen der Identität des Gegenstandes sämtliche Rentenanträge erfasse. Mit diesen aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung hergeleiteten Folgerungen setzt sich die Beschwerdebegründung nicht hinreichend auseinander. Allein das Vorbringen der Kläger, das BSG habe damit noch nicht über die als klärungsbedürftig angesehenen Rechtsfragen entschieden, ist nicht ausreichend. Weder in dem Vortrag, eine "Aufspaltung eines identischen Gegenstandes" sei hier nicht gegeben, weil es an einer abschließenden Verwaltungsentscheidung fehle, noch der Hinweis, dass bei Fortführung des Verfahrens eine einheitliche Entscheidung möglich sei, lassen eine substantiierte Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG zu dem von den Klägern angesprochenen Problemkreis erkennen.
Letztlich zeigen die Formulierungen "wirkt die ausdrücklich auf den eigenen Antrag des Bevollmächtigten […] in seiner konkreten Formulierung 'Sehr geehrte Damen und Herren, meinen Antrag vom (Datum des Antrages) nehme ich zurück' bezogene Rücknahmeerklärung auch automatisch als Rücknahmeerklärung der Anträge der Versicherten" sowie "stellt die Rücknahmeerklärung des Bevollmächtigten […] gleichzeitig automatisch auch eine Rücknahmeerklärung bezogen auf die zuvor von der Versicherten/Mandantin gestellten Anträge auf Rente dar", dass die Kläger eine fehlerhafte Auslegung der Rücknahmeerklärung im Einzelfall rügen; darauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG; vgl auch BSG Beschluss vom 15.3.2018 - B 3 KR 41/17 B - juris RdNr 12 mwN). Dass das LSG bei der Auslegung gegen die allgemeinen Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB verstoßen hätte, haben die Kläger zwar unter Hinweis auf den Wortlaut der Erklärung behauptet, jedoch nicht substantiiert dargetan.
b) Die Kläger tragen als weitere Rechtsfragen vor, denen sie grundsätzliche Bedeutung beimessen:
"Liegt in der ausschließlichen oder beherrschenden Motivation der Beauftragung des Bevollmächtigten, für sie den Rentenantrag angesichts der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden negativen Entscheidungspraxis der Behörde, die auch zukünftig aufgrund ausdrücklicher Erklärung der Behörde keine Änderung erwarten ließ, eine unfreiwillige Rücknahmeerklärung, die zur Unwirksamkeit der Rücknahmeerklärung führt, wenn der Bevollmächtigte entsprechend diesem Auftrag die Rücknahme des Rentenantrages erklärt?"
sowie die Rechtsfrage,
"ob in der Erklärung des Bevollmächtigten 'Sehr geehrte Damen und Herren, meinen Antrag vom (Datum des Antrages) nehme ich zurück' angesichts der objektiven Aussichtslosigkeit der Durchsetzung des Rentenbegehrens des Versicherten bis zur Änderung des ZRBG in der Fassung vom 15.07.2014 - gültig allerdings ab 01.07.1997 - eine freie Rücknahmeentscheidung des Versicherten liegt, mit der Rechtsfolge, dass eine rechtswirksame Antragsrücknahmeerklärung vorliegt oder ob die Antragsrücknahme angesichts der Umstände derart unfrei erfolgte, dass nicht von einer freien und damit rechtswirksamen Antragsrücknahme mit Datum vom 12. Januar 2004 ausgegangen werden kann."
Diese Formulierungen enthalten schon keine aus sich heraus verständlichen Rechtsfragen zur Auslegung revisibler (Bundes-)Normen, an denen das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen könnte (vgl dazu BSG Beschlüsse vom 2.3.2015 - B 12 KR 60/14 B - juris RdNr 15 und vom 4.4.2016 - B 13 R 43/16 B - RdNr 6; Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching/Groth, aaO RdNr 181). Die Kläger benennen keine bundesrechtlichen Normen, deren Auslegung konkret zu klären wäre. Nach der "Vorbemerkung", es stelle sich die Frage, "ob es sich vorliegend um eine freie Willensausübung gehandelt hat" (Gliederungspunkt 2.3.1.) und dem Hinweis, die Rechtsfrage lasse sich auch nicht aus dem Gesetz, "insbesondere nicht über die §§ 119, 123 BGB" beantworten (Gliederungspunkt 2.3.4.1.2.), vermag der Senat nicht zu erkennen, um welche Vorschrift und deren Auslegung es den Klägern geht. Es fehlen bereits Darlegungen dazu, unter welchem rechtlichen Aspekt die Rücknahmeerklärung der Versicherten als Willenserklärung unwirksam sein soll: Die §§ 119, 123 BGB betreffen die Anfechtung von Willenserklärungen aus unterschiedlichsten Gründen. Auch haben sich die Kläger in ihrer Beschwerdebegründung (und auch im bisherigen Rechtsstreit) nicht darauf berufen, dass eine solche Anfechtung der Rücknahmeerklärung durch die Versicherte oder deren Bevollmächtigten erfolgt wäre.
Die Kläger haben die (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit auch dieser Rechtsfragen nicht dargelegt. Sie rügen vielmehr auch insofern die vermeintlich falsche Beurteilung des konkreten Falles. Dem in der Beschwerdebegründung enthaltenen Textauszug aus dem Urteil des BSG vom 6.3.2003 (B 4 RA 38/02 R), wonach den Grundrechten verfahrensrechtliche Bedeutung auch im Verwaltungsverfahren zukomme, folgen Ausführungen dazu, dass die Versicherte im Zeitpunkt der Antragsrücknahme über "keinerlei Handlungsoption" verfügt habe und aufgrund der damaligen Verwaltungspraxis nicht in der Lage gewesen sei, "ihre Grundrechtsposition effektiv auszuüben." Der rechtliche Ansatzpunkt für eine Zulassung der Revision unter dem immer wieder in den Vordergrund gestellten Aspekt, dass eine Weiterführung des Verfahrens zum Zeitpunkt der Rücknahmeerklärung nicht sinnvoll gewesen sei, bleibt letztlich unklar. Wie gerade die Formulierungen zeigen, "wenn der Bevollmächtigte entsprechend diesem Auftrag", "angesichts der Umstände" und "dass nicht von einer freien und damit rechtswirksamen Antragsrücknahme mit Datum vom 12. Januar 2004 ausgegangen werden kann", geht es den Klägern jedenfalls wiederum um die Rechtsanwendung im Einzelfall und die Frage, wie die durch den Bevollmächtigten abgegebene Rücknahmeerklärung zu verstehen ist.
c) Als weitere Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung formulieren die Kläger:
"Kann die fehlende Anhängigkeit eines Verwaltungsverfahrens bereits im Zeitpunkt des Todes der Versicherten (§ 59 Satz 2 SGB I) durch einen vom diesem als Rechtsvorgänger abgeleiteten und auf den Rechtsnachfolger der Versicherten übergegangenen sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzt/fingiert werden?"
Auch dazu tragen die Kläger nicht hinreichend, den gesetzlichen Voraussetzungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG genügend vor. Es kann offenbleiben, ob die Ausführungen der Kläger zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des Rechtsinstituts des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nachvollziehbar und ausreichend sind. Warum die konzeptionellen Erwägungen des BSG in den vom LSG zitierten Urteilen (vom 31.8.2000 - B 4 RA 28/00 R - juris - und vom 8.11.1995 - 13 RJ 5/95 - SozR 3-2600 § 300 Nr 5) hier keine Bedeutung haben sollen, weil es um die Versagung einer Rente insgesamt und nicht nur um die Rentenhöhe geht, wird nach den Darlegungen in der Beschwerdeschrift nicht klar.
Jedenfalls fehlt es an Darlegungen, dass die von den Klägern aufgeworfene Frage klärungsfähig (entscheidungserheblich) ist. Eine Rechtsfrage ist nur dann klärungsfähig, wenn das Revisionsgericht über die betreffende Frage konkret-individuell sachlich entscheiden kann. Das setzt voraus, dass sie sich dem Revisionsgericht auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz überhaupt stellt (BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 8 mwN). Aufgrund der Bindung des Revisionsgerichts an die vom LSG festgestellten Tatsachen (§ 163 SGG) sind Fragen, die sich entscheidungserheblich nur dann stellen, wenn die Vorinstanz andere tatsächliche Feststellungen getroffen hätte, nicht klärungsfähig (BSG Beschluss vom 30.7.2019 - B 12 KR 35/19 B - RdNr 6 unter Hinweis auf BSG Beschluss vom 7.8.2013 - B 5 R 222/13 B - Juris RdNr 10).
Unterstellt, das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs käme hier entgegen aller Zweifel zur Anwendung (vgl dazu zuletzt BSG Urteil vom 16.5.2019 - B 13 R 37/17 R - SozR 4-1200 § 59 Nr 2 RdNr 34), haben die Kläger nicht vorgetragen, dass die aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnte. Wie die Kläger selbst in ihrer Beschwerdebegründung darstellen, hat das LSG bereits die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs als nicht erfüllt angesehen. Das LSG hatte als Voraussetzungen zu prüfen: (1) Vorliegen einer Pflichtverletzung, die sich der Sozialleistungsträger im Verhältnis zum Berechtigten zurechnen lassen muss, (2) Eintritt eines rechtlichen Schadens beim Berechtigten, (3) Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schadenseintritt und (4) Möglichkeit der Herstellung des Zustands, der ohne die Pflichtverletzung eingetreten wäre (stRspr, vgl BSG Urteil vom 22.3.2018 - B 5 RE 1/17 R - BSGE 125, 252 = SozR 4-2600 § 6 Nr 15, RdNr 36). Das Berufungsgericht hat im Hinblick auf die Änderung des § 1 ZRBG im Jahr 2014 eine Pflichtverletzung der Beklagten zum Zeitpunkt der Antragsrücknahme verneint und im Übrigen im Hinblick auf die Rückwirkung des Gesetzes keinen Raum für die Anwendung der Rechtsfigur des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs gesehen. Darüber hinaus hat das LSG auch einen notwendigen Kausalzusammenhang verneint.
Die Beurteilung, ob ein Fehlverhalten der Beklagten kausal für das Verhalten des Versicherten war, ist allein die Aufgabe der Tatsacheninstanz (vgl BSG SozR 4-1200 § 14 Nr 15 RdNr 16-17 unter Hinweis auf BSG SozR 4-4100 § 106 Nr 1 RdNr 20). Die Kläger tragen umfangreich dazu vor, dass die Kausalität nach ihrer eigenen Rechtsansicht vorgelegen habe. Sie haben die Feststellungen des LSG zur Kausalität jedoch nicht mit einer Verfahrensrüge nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG angegriffen. Soweit sie mit ihrem Vorbringen, die auf die "- rückblickend falsche - Rechtsauffassung" der Beklagten gestützte - Aussichtslosigkeit des Rentenverfahrens sei Grund für die Nichtweiterverfolgung des Antrags gewesen, eine fehlerhafte Beweiswürdigung nach § 128 Abs 1 Satz 1 SGG rügen wollen, kann darauf eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG).
Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die vom LSG zitierte Rechtsprechung (BSG Urteil vom 31.8.2000 - B 4 RA 28/00 R - und Urteil vom 8.11.1995 - 13 RJ 5/95 = SozR 3-2600 § 300 Nr 5) vortragen, die Auffassung des LSG, "den Klägern stünden keine Fiktion eines früher gestellten Rentenantrages […] im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu", sei ebenso fehlerhaft wie die Annahme des LSG, es sei im Hinblick auf die Gesetzesänderung des ZRBG im Jahr 2014 "kein Raum für eine diesbezüglich weitergehende Korrektur", machen sie eine fehlerhafte Rechtsanwendung des LSG geltend. Die vermeintliche Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ist nicht geeignet, eine Nichtzulassungsbeschwerde zu begründen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 67).
d) Schließlich formulieren die Kläger als Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung:
"Bestand anlässlich der Antragsrücknahme durch den Bevollmächtigten mit den Worten 'Meinen Antrag vom 24.10.2002 nehme ich hiermit zurück' am 12.01.2004 bei der Beklagten die Pflicht, den Versicherten auf die Folgen seiner Antragsrücknahme explizit dergestalt hinzuweisen, dass die Beklagte die Rechtswirkung der Rücknahmeerklärung auch auf die in Israel durch die Versicherten selbst gestellten israelischen Rentenanträge erstreckt und die Antragsfiktion nach Art 27 Abs 2 S 1 des 'Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit vom 03.03.1975' konsumiert, sodass sich das Unterlassen eines entsprechenden Hinweises der Beklagten als Pflichtverletzung im Sinne der §§ 14 I, 15 I SGB I der Beklagten darstellt, mit der Folge, dass den Klägern als Rechtsnachfolger bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zusteht?"
"Bestand anlässlich der Antragsrücknahme durch den Bevollmächtigten mit den Worten 'Meinen Antrag vom 24.10.2002 nehme ich zurück' am 12.01.2004 bei der Beklagten die Pflicht, die Versicherte auf die Folgen seiner Antragsrücknahme explizit dergestalt hinzuweisen, dass ohne die erneute Beantragung einer Rente nach dem ZRBG zu Lebzeiten der Versicherten diese nicht von einer Änderung des Anwendungsbereichs des ZRBG profitieren könnte, da der Anwendungsbereich des § 44 SGB X mangels behördlicher Entscheidung für die Versicherte nicht eröffnet ist, sodass sich das Unterlassen eines entsprechenden Hinweises der Beklagten als Pflichtverletzung im Sinne der §§ 14 I, 15 SGB I der Beklagten darstellt, mit der Folge, dass den Klägern als Rechtsnachfolger bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zusteht?"
"Entfällt der Zusammenhang zwischen der einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründenden Pflichtverletzung der Beklagten im Sinne der wesentlichen Mitursächlichkeit, wenn die Versicherte aufgrund eines eigenen Willensentschlusses ihren Rentenantrag zurücknimmt, weil sie nicht das Rentenverfahren ruhend gestellt hat oder das Verwaltungsverfahren einschließlich gerichtlichen Instanzenzugs durchlaufen hat, obwohl die Versicherte selbst bei Durchführung derselben keine positive Entscheidung erreichen konnte?"
Die Kläger tragen damit erneut schon keine aus sich heraus verständlichen Rechtsfragen zur Auslegung revisibler (Bundes-)Normen vor. Sie begehren eine Entscheidung des Revisionsgerichts darüber, ob eine im Sinne des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs relevante Pflichtverletzung der Beklagten vorliegt und ob diese wesentlich mitursächlich für die erklärte Antragsrücknahme war. Sie verfolgen damit wiederum keine Klärung von (abstrakten) Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, sondern ausschließlich die konkrete Annahme eines solchen im Einzelfall. Dies zeigen insbesondere ihre Formulierungen, die Beklagte "wäre hier verpflichtet gewesen, beim Bevollmächtigten nachzufragen, wenn sie für sich von einem solchen Erklärungsinhalt ausgehen wollte, nämlich, ob damit eben auch die in Israel gestellten Anträge […] von der Rücknahme umfasst sein sollen", "der Moment der Antragsrücknahme" habe die Beklagte zu einer Beratung verpflichtet und ein Informationsbedarf der Versicherten sei "für die Beklagte offen zu Tage getreten". Zur wesentlichen Mitursächlichkeit argumentieren sie, es sei "rechtlich nicht nachvollziehbar", dass das LSG "die Versicherte" auf die Möglichkeit eines Ruhens des Verwaltungsverfahrens verwiesen habe und ihr schließlich vorhalte, "sie habe nicht den gerichtlichen Instanzenzug durchlaufen", der zu ihren Lebzeiten aussichtslos gewesen sei. Es sei "für die Kläger absolut unverständlich", dass das LSG dies verkenne. Auch damit argumentieren sie mit dem Umständen des Einzelfalls.
Die Kläger führen weiter aus, das LSG habe eine Beratungspflicht der Beklagten ebenso wie das Vorliegen einer unrichtigen oder missverständlichen Allgemeininformation iS des § 13 Abs 1 SGB I "rechtsfehlerhaft verneint" und die angefochtene Entscheidung weise "einen schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehler aus". Auch darin, dass das LSG die Kausalität verneint hat, sehen die Kläger einen "Anwendungsfehler der Rechtsnorm bzw. des im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung entwickelten Rechtssatzes (hier des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs)". Auf die vermeintliche Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung kann eine Nichtzulassungsbeschwerde jedoch nicht gestützt werden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 67). Dies gilt auch, wenn die Kläger "eine Wiederholung dieses schwerwiegenden Fehlers durch dasselbe Gericht bzw. die Nachahmung durch andere Gerichte erwarten" und sich die Rechtsfragen "in einer Vielzahl von künftigen vergleichbaren Fällen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs stellen".
Soweit die Kläger in diesem Kontext ausdrücklich eine Verletzung von § 59 Satz 2 SGB I rügen, zitieren sie aus höchstrichterlichen Entscheidungen hierzu (Urteil vom 25.10.1984 - 11 RA 18/84 - BSGE 57, 215 = SozR 1200 § 59 Nr 6 und Urteil vom 8.10.1998 - B 8 KN 1/97 U R - BSGE 83, 30 = SozR 3-5670 § 5 Nr 1). Während das erstgenannte Urteil einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch einer Sonderrechtsnachfolgerin ausdrücklich verneint, betrifft das Urteil des 8. Senats den Fall eines Verstoßes gegen § 5 BKVO, in dem das BSG eine Pflichtverletzung gerade auch gegenüber dem Sonderrechtsnachfolger angenommen hat. Inwiefern hieraus Schlüsse gezogen werden können auf die hiesige Konstellation, bleibt nach dem Vortrag unklar. Unabhängig davon fehlt es auch insofern an hinreichenden Darlegungen zur Klärungsfähigkeit angesichts der vom LSG festgestellten fehlenden Kausalität.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
Fundstellen
Dokument-Index HI13692275 |