Tenor
Das Verfahren wird ausgesetzt.
Dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wird folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:
Ist § 10 Abs 1 Satz 2 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Eintrittsgebietes (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz, verkündet als Art 3 des Renten-Überleitungsgesetzes ≪RÜG≫ vom 5. Juli 1991, in Kraft getreten am 1. August 1991, geändert durch Gesetz zur Änderung des RÜG vom 18. Dezember 1991 und des Gesetzes zur Ergänzung der Rentenüberleitung vom 24. Juni 1993) insoweit mit Art 14 Abs 1 Satz 1 Regelung 1 und Satz 2 sowie Art 20 Abs 1 des Grundgesetzes vereinbar, als die Summe der Zahlbeträge aus gleichartigen Renten der Rentenversicherung und Leistungen der Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 Nrn 1 oder 4 bis 18 auf 2.700,00 DM begrenzt worden ist?
Tatbestand
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger über den 31. Juli 1991 hinaus den ihm bis dahin gewährten Gesamtzahlbetrag der Renten aus der Sozialpflichtversicherung und einem Zusatzversorgungssystem der früheren DDR sowie die Anpassung dieses Betrages ab dem 1. Januar 1992 beanspruchen kann.
Der am 2. November 1909 geborene Kläger war seit dem 1. Mai 1934 an der M … -L … -Universität H … -W … tätig. Zuletzt war er (bis zu seiner Emeritierung zum 1. September 1975) ordentlicher Professor für Botanik.
Ab dem 1. November 1974 bewilligte ihm der FDGB eine Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung in Höhe von damals zunächst 303,00 M. Ab demselben Zeitpunkt wurde ihm mit Rentenbescheid der Staatlichen Versicherung der DDR – Altersversorgung der Intelligenz (AVI) – auf der Grundlage der Verordnung über die zusätzliche AVI an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR vom 12. Juli 1951 (Gesetzblatt DDR Nr 85 S 675) bzw der Verordnung zur Änderung dieser Verordnung vom 13. Mai 1959 (Gesetzblatt DDR I Nr 32 S 521) eine Altersrente von zunächst 2.100,00 M bewilligt, die mit weiterem Bescheid vom 17. Juli 1975 zum 1. September 1975 auf 2.800,00 M angehoben wurde.
Beide Renten wurden ab Juli 1990 auf DM umgestellt. Der Gesamtzahlbetrag aus Rente und Versorgung, der zum 1. Januar und 1. Juli 1991 jeweils unverändert blieb, belief sich auf 3.364,00 DM. Im Juli 1991 betrug die Rente – einschließlich des Ehegattenzuschlags in Höhe von 200,00 DM – 1.219,00 DM, die (abgeschmolzene) Versorgung 2.145,00 DM.
Mit Bescheid vom 31. Juli 1991 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 1991) kürzte die Überleitungsanstalt Sozialversicherung die Versorgungsleistung zum 1. August 1991 auf 791,00 DM, so daß sich nunmehr ein Gesamtzahlbetrag aus Rente und Versorgung von 2.010,00 DM ergab.
Hiergegen hat der Kläger am 4. November 1991 Klage eingelegt. Während dieses Verfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 26. November 1991 die Ansprüche des Klägers in eine Altersrente nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) umgewertet und den sich nach Abzug des Beitragsanteils zur Krankenversicherung ergebenden Zahlbetrag weiterhin mit 2.010,00 DM festgestellt. Das Kreisgericht Halle – Kammer für Sozialrecht – hat die Klage mit Urteil vom 27. Februar 1992 insgesamt abgewiesen. Die hiergegen vom Kläger selbst eingelegte Sprungrevision hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluß vom 26. Juni 1992 (4 RA 29/92), die gegen diesen Beschluß erhobene Gegenvorstellung mit weiterem Beschluß vom 16. September 1992 (4 RA 43/92) jeweils als unzulässig verworfen.
Am 5. Juni 1992 hat der Kläger außerdem Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Während dieses Verfahrens ist der Rentenzahlbetrag – bei unveränderter Bruttorente von 2.147,48 DM – mit Bescheid vom 1. Dezember 1992 ab dem 1. Januar 1993 auf 2.011,12 DM festgesetzt worden. Mit weiterem Bescheid vom 19. August 1993 hat die Beklagte ihren Bescheid vom 31. Juli 1991 ab 1. August 1991 „insoweit zurückgenommen, als er eine Begrenzung auf einen Betrag unter 2.700,00 DM monatlich vorsieht”. In der Rentenanpassungsmitteilung vom 1. Dezember 1993 sind schließlich für die Zeit ab dem 1. Januar 1994 der Rentenbetrag (2.147,48 DM) bzw der Auszahlungsbetrag (2.013,26 DM) wieder im wesentlichen wie im Bescheid vom 1. Dezember 1992 festgesetzt worden, jedoch hat die Beklagte mit Schreiben vom 9. November 1993 „zur Vermeidung von finanziellen Nachteilen” für die Monate Januar 1994 bis April 1994 einmalig 2.760,00 DM (= 4 × 690,00 DM) angewiesen.
Das LSG hat mit Urteil vom 16. Dezember 1993 dem Kläger wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt und die Beklagte unter Abänderung des Urteils vom 27. Februar 1992 und der Bescheide vom 19. August 1993 und vom 1. Dezember 1993 im Zusammenhang mit dem Ergänzungsbescheid vom 9. November 1993 verurteilt, dem Kläger vom 1. Januar 1992 an Zahlbeträge nach einer Bruttorente von 2.884,68 DM zu zahlen; im übrigen hat es die Berufung zurück- und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, Gegenstand des Verfahrens sei lediglich noch der Bescheid vom 19. August 1993, der iS von §§ 153 Abs 1, 96 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die vorherigen streitigen Bescheide ersetze. Im angefochtenen Umfang ersetze er auch den Bescheid vom 29. November 1991, weil sich der Kläger nicht gegen die Rentenberechnung sondern die Gültigkeit der zugrundeliegenden Gesetze wende. Die Klage erweise sich lediglich insofern als begründet, als es die Beklagte unterlassen habe, den Zahlbetrag von 2.700,00 DM gemäß § 307b Abs 3 Satz 2 SGB VI zum 1. Januar 1992 um 6,84 vH zu erhöhen. Im übrigen sei der Bescheid vom 19. August 1993 jedoch rechtmäßig. Die Beklagte habe zu Recht § 10 Abs 1 Satz 2 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) idF des Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetzes (RÜ-ErgG) vom 24. Juni 1993 (BGBl I S 1038) zur Anwendung gebracht. Die Norm stehe auch mit dem Grundgesetz (GG) im Einklang. Die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 GG sei nicht berührt, da es sich bei dem Versorgungsanspruch des Klägers bzw dem im Hinblick hierauf seit dem 1. Januar 1992 weiter gezahlten Auffüllbetrag in Ermangelung von Eigenleistungen nicht um eigentumsrechtlich geschützte vermögenswerte Rechte handele. Allenfalls die nach Überführung der Versorgungen in die Rentenversicherung nach allgemeinen Regeln zu berechnenden Versichertenrenten, nicht aber der vom Einigungsvertrag (EV) aus Gründen des Vertrauensschutzes als systemfremde und abzuschmelzende Position gewährleistete Zahlbetrag könnten Eigentumsschutz genießen. Auch ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liege nicht vor, weil die Zahlbetragsbegrenzung auf 2.700,00 DM lediglich zu einer sachlich gerechtfertigten Gleichbehandlung mit allen anderen Erwerbstätigen führe. Bei der Bewertung des in der DDR zurückgelegten Berufslebens und des daraus erzielten Einkommens habe es dem bundesdeutschen Gesetzgeber freigestanden, in Ausübung seiner weitgehenden Gestaltungsfreiheit alle Erwerbstätigen der DDR in das Rentenversicherungssystem der Bundesrepublik einzubeziehen; demgegenüber sei er weder gehalten gewesen, sein Überführungsprogramm am überkommenen Renten- und Versorgungssystem der DDR auszurichten noch Angehörige bestimmter Berufsgruppen so zu stellen, wie dies in den alten Bundesländern der Fall sei. Schließlich verstoße die Zahlbetragsbegrenzung auch nicht gegen Art 2 Abs 1 GG iVm dem aus Art 20 Abs 3 GG folgenden Grundsatz des Vertrauensschutzes. Bei der durch § 10 Abs 1 Satz 2 AAÜG vorgenommenen Aufhebung der Zahlbetragsgarantie der Anlage II Kap VIII Sachgebiet H Abschn III Maßgabe 9b Satz 4 EV handele es sich um eine zulässige tatbestandliche Rückanknüpfung. Jedenfalls bei einer Kürzung im Bereich von knapp 20 % – wie im Falle des Klägers – überwiege das öffentliche Interesse an der Annäherung der Zahlbeträge an die im Einzelfall rentenversicherungsrechtlich maßgeblichen Anwartschaften. § 10 Abs 1 Satz 2 AAÜG verstoße auch insoweit nicht gegen den Vertrauensschutzgrundsatz, als er für den Zeitraum vom 1. August 1991 bis zum 30. Juni 1993 eine echte Rückwirkung enthalte. Auf die sich aus § 10 Abs 1 AAÜG aF ergebende unklare und verworrene Rechtslage, wie sie sich insbesondere aus den Entscheidungen des BSG vom 27. Januar 1993, 4 RA 40/92 (BSGE 72, 50 ff) ua ergebe, habe sich der Kläger nämlich nicht verlassen dürfen. Demgegenüber sei der Gesetzgeber, der sich über den Inhalt der Rechtslage im Irrtum befunden habe, zu einer rückwirkenden Richtigstellung berechtigt gewesen. Der von Art 20 Abs 1 GG geforderte soziale Mindeststandard für ein menschenwürdiges Dasein sei ebenfalls nicht tangiert.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 7. Februar 1994 die vom LSG zugelassene Revision eingelegt: Die Neufassung von § 10 Abs 1 AAÜG verstoße gegen die Rentenbestandsgarantie des EV sowie gegen Art 3 und 14 GG. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erledige die Neufassung der Vorschrift die vom BSG an der früheren Fassung geübte Kritik nicht. Statt die Bestandsgarantie durch eine entsprechende rentengesetzliche Regelung zu sichern, würden weiterhin rechtmäßig erworbene Versorgungsansprüche generell verkürzt. Die relativ wenigen Personen, deren Versorgungsansprüche den Betrag von 2.700,00 DM überschreiten, blieben den Kürzungen nach § 10 AAÜG unterworfen, obwohl die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) festgestellt habe, daß sie nicht unter § 6 Abs 2 und 3 bzw § 14 Abs 2 AAÜG fielen. Entgegen der Begründung der Neuregelung sei es nicht das Anliegen des BSG gewesen, ein deutliches Rentengefälle zwischen unterschiedlichen Personengruppen herzustellen, sondern der Rechtslage entsprechend den Personengruppen, deren Einkommen nach § 6 Abs 1 AAÜG bis zur Beitragsbemessungsgrenze in die Rentenversicherung übernommen werde, einheitlich die nach DDR-Recht erworbenen und bundesgesetzlich bindend anerkannten Versorgungsansprüche aus Rente und Zusatzversorgung zu erhalten. Ein den Kriterien der Rechtsprechung genügender verfassungsmäßiger öffentlicher Zweck, der einen Eingriff in die nach Bundesrecht verbindlich anerkannten vermögenswerten Ansprüche auf Altersversorgung rechtfertigen könnte, sei weder dem Wortlaut des Ergänzungsgesetzes noch seiner Begründung zu entnehmen. Darüber hinaus habe der EV als völkerrechtlicher Vertrag nicht zur Disposition des bundesdeutschen Gesetzgebers gestanden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Halle vom 16. Dezember 1993, Az: L 1 An 13/92, mit Ausnahme von Punkt 1 – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Rentenbescheides vom 19. August 1993 zur Zahlung eines – ab 1. Januar 1992 anzupassenden – Rentenbetrages von 3.364,00 DM über den 31. Juli 1991 hinaus zu verurteilen.
Die Beklagte hat während des Revisionsverfahrens mit Bescheid vom 19. April 1994 die Regelaltersrente des Klägers gemäß § 307b Abs 5 SGB VI neu berechnet. Da die um 6,84 % erhöhte Summe aus Altersrente (1.019,00 DM), Ehegattenzuschlag (200,00 DM) und Zusatzversorgung (1.481,00 DM) von 2.884,68 DM durchgehend höher als die zustehende monatliche Rente war, wurde weiterhin von diesem Betrag ausgegangen bzw gelangte nach Abzug des Krankenversicherungsbeitrags ein Betrag von etwa 2.700,00 DM zur Auszahlung.
Mit weiterem Bescheid vom 21. Juli 1994 hat die Beklagte schließlich für den Zeitraum ab dem 1. Juli 1990 die endgültige Rentenberechnung nach dem SGB VI durchgeführt. Auch hiernach erwies sich durchgehend die Summe aus Rente und Leistung der Zusatzversorgung jeweils erheblich höher als die für insgesamt 64,5944 Entgeltpunkte (Ost) bei einem Zugangsfaktor von 1,000 und dem Rentenartfaktor für die Altersrente 1,0 individuell zustehende Rente.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, daß § 10 Abs 1 AAÜG als geltendes Recht anzuwenden sei. Durch die Neufassung der Vorschrift sei klargestellt, daß bei Angehörigen der AVI-Zusatzversorgung aus rentensystematischen Gründen eine vorläufige Höchstbetragsbegrenzung vorzunehmen sei, wobei dem Gesichtspunkt des Besitz- und Vertrauensschutzes in weitergehendem Umfang als bisher Rechnung getragen worden sei. Der Gesetzgeber habe damit kein grundgesetzlich geschütztes Vertrauen des Klägers verletzt. Es sei nicht ersichtlich, daß Staats- und Einigungsvertrag zum Ziel gehabt hätten, unter der Ägide der DDR erworbene individuelle Rechtspositionen zu wahren und aufrechtzuerhalten. Während des Prozesses der Vereinheitlichung der Lebensbedingungen und erst recht nach Inkrafttreten der einschlägigen Rechtsvorschriften könne es den betroffenen Personenkreisen nicht verborgen geblieben sein, daß für sie leistungsrechtliche Einschränkungen vorgesehen waren. Für den Kläger hätten darüber hinaus weder die Regelungen des DDR-Gesetzgebers im Rentenangleichungsgesetz (RAnglG) noch die Begründung des BSG-Urteils vom 27. Januar 1993 vertrauensbildend wirken können. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, daß diese Entscheidung „für den Kläger und die Beklagte” in Rechtskraft erwachsen sei.
Beide Parteien haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Der Rechtsstreit ist gemäß Art 100 Abs 1 Satz 1 GG (iVm §§ 13 Nr 11, 80 des Gesetzes über das BVerfG) auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG darüber einzuholen, ob § 10 Abs 1 Satz 2 AAÜG gültig ist. Die Vorschrift ist nach der Überzeugung des Senats verfassungswidrig; sie kann auch nicht verfassungskonform ausgelegt werden.
I. Entscheidungserheblich ist, ob § 10 Abs 1 Satz 2 AAÜG gültig ist. Sollte die Vorschrift gültig sein, so hat das LSG zu Recht die Klage auf Zahlung von insgesamt 3.364,00 DM über den 31. Juli 1991 hinaus im wesentlichen abgewiesen. Der Bescheid vom 19. August 1993 (iVm dem Kürzungsbescheid vom 31. Juli 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 1991) sowie die weiteren Bescheide vom 26. November 1991, 1. Dezember 1992, 9. November 1993 und 1. Dezember 1993 waren dann insofern rechtmäßig, als dem Kläger eine höhere Bruttorente als 2.884,68 DM monatlich nicht zusteht. Nicht Gegenstand der revisionsgerichtlichen Prüfung sind demgegenüber die weiteren Bescheide vom 19. April 1994 und 21. Juli 1994; sie gelten gemäß § 171 Abs 2 SGG als mit der Klage beim Sozialgericht angefochten. Die Revision gegen das Urteil des LSG wäre mithin zurückzuweisen. Sollte die Vorschrift jedoch nicht gültig sein, so hätte der Kläger in dem genannten Zeitraum weiterhin Anspruch auf einen Zahlbetrag von 3.364,00 DM.
1. Die Voraussetzungen für eine Anwendung von § 10 Abs 1 Satz 2 AAÜG idF von Art 3 Nr 6 Buchst a bb des RÜ-ErgG vom 24. Juli 1993 liegen, seine Gültigkeit unterstellt, vor.
a) Der Kläger gehörte als ehemaliger Angehöriger des Zusatzversorgungssystems der Anlage 1 der Nr 4 des AAÜG zu dem von der Vorschrift erfaßten Personenkreis, da die Summe der Zahlbeträge aus der Sozialpflichtversicherungsrente (1.219,00 DM) und der Leistung aus der Zusatzversorgung (2.145,00 DM) 2.700,00 DM überstieg; die Rechtsfolgen der Vorschrift traten nach Erlaß der Kürzungsbescheide ein: der – seit Juli 1990 unverändert gezahlte – Gesamtzahlbetrag seiner Altersversorgung wurde von 3.364,00 DM auf 2.700,00 DM herabgesetzt.
b) § 10 Abs 1 Satz 2 AAÜG ist mit Wirkung vom 1. August 1991 in Kraft getreten (Art 18 Abs 3 RÜ-ErgG). Die Vorschrift wird weder verdrängt durch EV Nr 9 Buchst b Satz 4 noch durch andere bundesrechtliche Normen. EV Nr 9 Buchst b Satz 4 enthält – einfaches – Bundesrecht, das der Gesetzgeber innerhalb seiner Regelungskompetenz auch ändern kann (BVerfG, Beschlüsse vom 9. August 1995, 1 BvR 2263/94, 1 BvR 229/95, 1 BvR 534/95), und kein höherrangiges Recht. Da das jüngere Gesetz gemäß Art 20 Abs 3 Regelung 1 GG älteres Recht verdrängt, greift § 10 Abs 1 Satz 1 AAÜG bei Gültigkeit ein.
c) § 10 Abs 1 Satz 2 AAÜG hat Auswirkungen für den mit der Klage und der Revision geltend gemachten Anspruchszeitraum ab 1. August 1991. Denn der zum 1. August 1991 durch den Bescheid vom 19. August 1993 (iVm dem Kürzungsbescheid zum 1. August 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 1991) auf 2.700,00 DM herabgesetzte Zahlbetrag war so lange zu zahlen, bis die dynamisierte SGB VI-Rente den Zahlbetrag erreicht (§ 307b Abs 3 Satz 2 SGB VI); infolgedessen erstreckte sich die Wirkung des einmal im Bescheid gemäß § 10 Abs 1 Satz 2 AAÜG festgesetzten Zahlbetrages über den 31. Dezember 1991 hinaus. Die materielle Rechtsgrundlage für den Zahlbetrag im Verfügungssatz 2 des Umwertungsbescheides vom 26. November 1991, in dem die Sozialpflichtversicherungsrente und die zum 31. Dezember 1991 in die Rentenversicherung überführte Leistung aus der Zusatzversorgung (§ 2 Abs 2 AAÜG) zum 1. Januar 1992 in eine dynamisierungsfähige SGB VI-Rente zusammengefaßt worden waren (Verfügungssatz 1 des Bescheides), änderte sich allerdings zum 1. Januar 1992. Neben die SGB VI-Rente trat ein aus den allgemeinen Regelungen des SGB VI nicht herleitbarer Anspruch auf eine zusätzliche Leistung der Rentenversicherung, der Höhe nach als bloßer Bestandsschutzbetrag ausgestaltet, ein variabler, der Abschmelzung unterliegender Differenzbetrag zwischen dem dem Kläger bis zum 31. Dezember 1991 zustehenden Gesamtzahlbetrag und dem jeweiligen Betrag der Rente nach dem SGB VI (vgl BSGE 72, 50, 56 f = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 8). Bis zur Gewährung einer zumindest gleich hohen SGB VI-Rente war dieser – lediglich materiell-rechtlich ab 1. Januar 1992 anders zu wertende – Zahlbetrag jedoch gemäß § 307b Abs 3 Satz 2 SGB VI weiterhin maßgebend.
d) Der Bescheid, in dem der Zahlbetrag von 3.364,00 DM auf 2.700,00 DM herabgesetzt worden ist (Kürzungsbescheid vom 31. Juli 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 1991 iVm dem Bescheid vom 19. August 1993), ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat als zuständiger Versorgungsträger iS von § 8 Abs 4 Nr 1 AAÜG (Funktionsnachfolgerin iS von Art 13 Abs 2 EV) die in der Eingriffsermächtigung des § 10 Abs 1 iVm Abs 5 AAÜG zwingend vorgeschriebene Begrenzung der Leistung zum 1. August 1991 – zunächst nach dem damals anwendbaren § 10 Abs 1 AAÜG idF vom 25. Juli 1991 (BGBl I 1606, 1677), nach dem bei Angehörigen bestimmter Zusatzversorgungssysteme der Zahlbetrag auf 2.010,00 DM zu begrenzen war – verfahrensfehlerfrei durch Bescheid vorgenommen; mit Bescheid vom 19. August 1993 hat sie diesen Bescheid teilweise zurückgenommen, indem sie den Zahlbetrag von 2.010,00 DM auf 2.700,00 DM festgesetzt hat. Von einer Anhörung war die Beklagte durch die spezialgesetzliche verfassungsgemäße Regelung in § 10 Abs 5 Satz 3 AAÜG entbunden (vgl BSGE 72, 50, 57 f = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 9 f; BSGE 74, 184, 190 = SozR 3-8570 § 11 Nr 1 S 7).
2. Eine andere Rechtsgrundlage, die dem Kläger ab 1. August 1991 einen Anspruch auf eine höhere, den Betrag von 2.700,00 DM übersteigende Altersversorgung in dem fraglichen Zeitraum einräumen könnte, ist nicht ersichtlich.
Nach § 307b Abs 2 SGB VI, der die im EV getroffene, im AAÜG und im SGB VI durchgeführte verfassungsgemäße (BSGE 72, aaO, 67 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 20) Systementscheidung individuell umsetzte, erfolgt zwar anstelle der pauschalierten Rentenberechnung eine Neuberechnung der Rente für die Zeiten des Bezugs der als Rente überführten Leistung frühestens für die Zeit ab 1. Juli 1990. Aber auch nach dieser Vorschrift kann der Kläger wegen der nur theoretischen, dh praktisch nicht erreichbaren Höchstrente (nach Angaben der BfA im Rechtsstreit 4 RA 40/92 – BSGE 72, 50, 58 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 10 – beträgt die Regelaltersrente nach dem SGB VI eines Hochschullehres im Beitrittsgebiet: am 1. August 1991 = 1.544,00 DM, am 1. Januar 1992 = 1.649,00 DM, am 1. Juli 1992 = 1.841,00 DM und am 1. Januar 1993 = 2.002,00 DM) eine Altersversorgung in Höhe des ursprünglichen Zahlbetrages in dem fraglichen Zeitraum – und im übrigen bis heute – nicht erlangen.
II. Der Senat ist davon überzeugt, daß § 10 Abs 1 Satz 2 AAÜG ungültig ist, weil er in eine eigentumsgeschützte Rechtsposition des Klägers, nämlich in einen Anspruch auf einen Zahlbetrag in bestimmter Höhe nach EV Nr 9 Buchst b Satz 4 AAÜG, eingreift, ohne daß Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit einen solchen Eingriff rechtfertigen (vgl BVerfGE 58, 81, 118 f; 75, 78, 97; siehe im übrigen Teilurteil und ≪Vorlage-≫Beschluß vom 14. Juni 1995, 4 RA 28/94).
1. Durch EV Nr 9 Buchst b Satz 4 ist dem Kläger – was seine Altersversorgung betrifft – erstmals eine eigentumsgeschützte Rechtsposition eingeräumt worden; sie ist so stark, daß ihre Entziehung dem rechtsstaatlichen Gehalt des GG widersprechen würde (vgl hierzu BVerfGE 72, 175, 195; 78, 249, 277).
a) Nach EV Nr 9 Buchst b Satz 4 darf im Rahmen der Überleitung der Ansprüche aus Zusatzversorgungssystemen bei Personen, die am 3. Oktober 1990 leistungsberechtigt waren, bei der Anpassung nach Satz 3 Nr 1 der Zahlbetrag nicht unterschritten werden, der im Juli 1990 aus der Sozialpflichtversicherung und dem Zusatzversorgungssystem zu erbringen war. Damit erkennt der Gesetzgeber in seinem Überführungsprogramm zukunftsorientiert nicht nur die Überführbarkeit der sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche sowie der Ansprüche aus den Versorgungssystemen in die gesetzliche Rentenversicherung an, sondern gewährleistet gleichzeitig auch – „darf nicht unterschritten werden” –, daß den Bestandsrentnern der als Nominalwert ausgestaltete Zahlbetrag (vgl hierzu BSGE 72, 50, 65 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 18) erhalten bleibt, der ihnen am 1. Juli 1990 nach DDR-Recht (soweit dies mit dem GG und dem EV vereinbar ist) rechtmäßig zugestanden hat. Das war hier der gemäß § 23 Abs 1 des Rentenanpassungsgesetzes ≪RAG≫ im Verhältnis 1:1 von Mark auf DM aufgewertete Zahlbetrag aus Sozialpflichtversicherungsrente und Rente aus dem Zusatzversorgungssystem. Daß der bestandsgeschützte Zahlbetrag in EV Nr 9 Buchst b Satz 4 als Nominalwertgarantie (in DM) und nicht als Realwertgarantie (in Mark der DDR) gestaltet war (vgl aber Merten: „Realwert”-Garantie in DM, Verfassungsprobleme der Versorgungsüberleitung, 2. Aufl, S 86 ff), ergibt sich aus dem die einfache bundesrechtliche Rechtsordnung und das Geldschuldensystem beherrschenden Nominalwertsystem. Es ist im Hinblick auf die derzeitigen Entwertungsraten (der DM) keine Störungssituation erkennbar, die den Gesetzgeber zur Aufgabe dieses Grundsatzes zwingen würde (vgl Papier in Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art 14 RdNrn 186 ff).
b) EV Nr 9 Buchst b Satz 4 geht entgegen Papier (Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes, S 30; ebenso Heintzen, Vergangenheitsbewältigung durch Rentenversicherungsrecht – dargestellt am Beispiel der hauptberuflichen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR –, VSSR 1995, S 1, 16 f) über einen Regelungsauftrag an den Gesetz- bzw Verordnungsgeber hinaus und ist auch keine bloße Absichtserklärung, der Gesetzgeber möge bei der Umsetzung von EV Nr 9 den Bestandsschutz beachten. EV Nr 9 Buchst b Satz 4 ist vielmehr bereits die Rechtsgrundlage für einen konkreten sozialrechtlichen Anspruch, der dem Berechtigten das Recht gibt, von dem Versicherungsträger eine Geldleistung zu fordern (§ 38 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil -≪SGB I≫, § 194 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch ≪BGB≫). EV Nr 9 Buchst b Satz 4 ist hinreichend bestimmt. Hierfür genügt es, wenn der Berechtigte die Rechtslage erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann (BVerfGE 78, 205, 212). Diese Voraussetzung liegt hier vor. Der Inhalt von EV Nr 9 Buchst b Satz 4 ist ohne Regelungsspielraum (entgegen Papier, aaO, und Heintzen, aaO). Denn die Zahlbetragsgarantie steht nicht unter dem Anpassungsvorbehalt des EV Buchst b Satz 3 Nr 1. Dies ergibt bereits eine Wortauslegung der Bestimmung; hiernach wird der Zahlbetrag nicht in Bezug zu dem Anpassungsvorbehalt von Satz 3 Nr 1 aaO gesetzt; seine Anwendbarkeit ist gerade für diesen Fall ausgeschlossen. Denn der Zahlbetrag aus Sozialversicherungsrente und Rente aus dem Zusatzversorgungssystem „darf bei der Anpassung nach Satz 3 Nr 1 … nicht unterschritten werden”; er soll vielmehr den Bestandsrentnern, soweit er das Äquivalent von Arbeit und Leistung ist, als bestandsgeschützter Betrag erhalten bleiben. Dem widerspricht Art 30 Abs 5 EV nicht. Denn dort wird lediglich im Rahmen einer Maßgaberegelung ein nicht genau definierter grundsätzlicher Bestandsschutz für Renten aus der Sozialpflichtversicherung „ohne Berücksichtigung von Leistungen aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen” ausgesprochen. Für die Überführung der Renten aus Versorgungssystemen ist im EV Nr 9 Buchst b Satz 4 eine Spezialregelung getroffen, die die Regelung in Art 30 Abs 5 EV mitumfaßt. Die Höhe des Zahlbetrages läßt sich auch nach EV Nr 9 Buchst b Satz 4 ohne weiteres bestimmen. Denn danach setzt sich der Zahlbetrag aus den für Juli 1990 (rechtmäßig – s oben) zu erbringenden Renten aus der Sozialversicherung und dem Versorgungssystem zusammen. Entgegen der Ansicht von Heintzen (aaO, S 16 f) werden durch die Regelung ungerechtfertigte und überhöhte Leistungen nicht fortgeschrieben (vgl zuletzt Urteil des Senats vom 16. November 1995, 4 RA 33/93, zur Veröffentlichung vorgesehen). Denn EV Nr 9 Buchst b Satz 4 stellt auf den Betrag ab, der den Bestandsrentnern nach dem Recht der ehemaligen DDR am 1. Juli 1990 „zu zahlen war” (nicht: gezahlt wurde). Zu diesem Zeitpunkt hatte jedoch die ehemalige DDR im Hinblick auf Art 20 des Staatsvertrages zur Angleichung an das lohn- und beitragsbezogene Rentenversicherungsrecht der Bundesrepublik Deutschland bereits Regelungen getroffen, die sicherstellen sollten, daß überhöhte Leistungen nicht in die Rentenversicherung überführt werden. So war gemäß § 23 Abs 1 RAG den Bestandsrentnern der ihnen zum 1. Juli 1990 zustehende Zahlbetrag aus beiden Renten zu zahlen, aber nicht zu erhöhen. Renten für Mitglieder bestimmter staatsnaher zusätzlicher Versorgungssysteme und Sonderversorgungssysteme wurden darüber hinaus nach § 23 Abs 2 RAG auf einen Höchstbetrag von 1.500,00 DM und für Mitarbeiter des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit (Mfs) gemäß § 2 des Gesetzes über die Aufhebung der Versorgungsordnung des ehemaligen Mfs vom 29. Juni 1990 (BGBl I Nr 38 S 501) auf einen Höchstbetrag von 990,00 DM begrenzt.
Dem Kläger ist durch den EV Nr 9 Buchst b Satz 4 somit kraft Gesetzes ein konkreter Anspruch – und nicht nur eine vage in der Zukunft bestehende Aussicht (vgl hierzu BVerfGE 68, 193, 222; 74, 129, 148) – auf Zahlung des Betrages von 3.364,00 DM eingeräumt worden, der ihm am 1. Juli 1990 nach DDR-Recht aus der Sozialpflichtversicherung und dem Zusatzversorgungssystem zustand.
c) Dieser Anspruch auf den Zahlbetrag unterliegt der Eigentumsgarantie und damit dem Schutz des Art 14 GG.
aa) Die Eigentumsgarantie hat die Aufgabe, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum in vermögensrechtlichem Bereich zu sichern und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen (BVerfGE 68, 193, 222). Der durch die Eigentumsgarantie gewährte Schutz kommt hier den Bestandsrentnern bei der Zahlbetragsgarantie des EV Nr 9 Buchst b Satz 4 zugute. Der im Hinblick auf seine rentenversicherungsrechtlichen Grundlagen sozialversicherungsrechtliche Leistungsanspruch ist nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem berechtigten Bestandsrentner privatnützig zur ausschließlichen eigenverantwortlichen Gestaltung, also zur privaten Nutzung und eigenen Verfügung zugeordnet und dient der Sicherung seiner Existenz (vgl hierzu BVerfGE 69, 272, 300) und seiner weiteren Lebensplanung. Durch diese Begünstigung sollte nicht nur das Vertrauen der Bestandsrentner in das vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber der DDR zum 1. Juli 1990 geschaffene Recht (einschließlich des Überführungsprogramms) geschützt werden, sondern in erster Linie auch Berücksichtigung finden, daß der Kreis der Bestandsrentner nicht mehr in der Lage war, seine Versicherungsbiographie noch günstig zu beeinflussen oder durch eigene Erwerbstätigkeit eine zweite Säule für eine Altersversorgung zu erwerben (vgl BSGE 72, 50, 67 f = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 20; vgl im übrigen zu dem Vorstehenden BVerfGE 53, 257, 290 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 2; BVerfGE 69, 272, 300). Damit hat der Anspruch nach EV Nr 9 Buchst b Satz 4 sogar ausschließlich existenzsichernde Bedeutung. Er genießt ebenso Eigentumsschutz wie ein privatrechtlich durchsetzbarer Leistungsanspruch (vgl hierzu BVerfGE 45, 142, 149; 77, 370, 376 f; 83, 201, 210).
bb) Dieser sozialversicherungsrechtlichen Rechtsposition liegen auch nicht unerhebliche Eigenleistungen der berechtigten Personengruppe der Bestandsrentner zugrunde; denn die Höhe des Anspruchs wird durch die persönliche Arbeitsleistung der Berechtigten wesentlich mitbestimmt (vgl hierzu BVerfGE 53, 257, 291 f = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 3 f; BVerfGE 69, 272, 300 f), wobei hier unerheblich ist, daß die gewährten Leistungen selbst steuerfinanziert sind. Zwar wurde diese Arbeitsleistung nicht im Geltungsbereich des GG der Bundesrepublik Deutschland erbracht. Der Gesetzgeber hat jedoch durch sein Überführungsprogramm nach der Wiedervereinigung und damit unter dem Geltungsbereich des GG diese in der ehemaligen DDR aufgrund eigener Arbeitsleistung erworbenen Rentenansprüche als in die gesetzliche Rentenversicherung überführbar gewertet und damit als Rechtsgrund für die Leistungen nach Bundesrecht und als Schutzgrund für die Eigentümerposition (s BVerfGE 69, 272, 300 f; 53, 257, 291 f = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 3 f) auch die in der DDR erbrachten Arbeitsleistungen anerkannt (vgl hierzu ≪Vorlage-≫Beschluß des Senats vom 14. Juni 1995 – 4 RA 98/94). Der Anspruch nach EV Nr 9 Buchst b Satz 4 ist somit nicht etwa ein Anspruch, den der Staat in Erfüllung seiner Fürsorgepflicht durch Gesetz eingeräumt hat und der nicht dem Schutz des Art 14 GG unterliegt (so aber Papier, aaO, S 34 ff; vgl im übrigen hierzu BVerfGE 69, 272, 301 f). Dem steht die Entscheidung in BVerfGE 29, 22, 33 f = SozR Nr 83 zu Art 3 GG, A b 80) nicht entgegen. Diese setzte sich mit der Frage auseinander, ob den Fremdrentenempfängern bei ihrer sozialen Eingliederung die gleiche Rechtsstellung zu gewähren ist wie den in der Bundesrepublik Deutschland Rentenversicherten. In diesem Zusammenhang hat das BVerfG im Hinblick auf Art 14 GG festgestellt, daß das den Betroffenen durch Bundesgesetz erstmals eingeräumte vermögenswerte Recht keinen größeren Inhalt haben könne als das Gesetz selbst, das ihnen diesen Anspruch eingeräumt hat. Damit ist tragender Gesichtspunkt der Entscheidung: Die durch den Gesetzgeber zuerkannte Rechtsposition unterliegt dem Schutz des Art 14 GG. Auf die weiteren Ausführungen in diesem Beschluß kommt es nicht mehr an, zumal das BVerfG in einer späteren Entscheidung (BVerfGE 53, 164, 176 = SozR 2200 § 1318 Nr 5 S 10 f) diesen Gesichtspunkt erneut hervorgehoben hat. Unabhängig davon liegen diesen Entscheidungen und dem hier zu entscheidenden Fall verschiedene Sachverhalte zugrunde. Denn mit dem Überführungsprogramm des EV hat der Gesetzgeber die Ansprüche der früher in der ehemaligen DDR Erwerbstätigen auf Altersversorgung grundsätzlich im wesentlichen als auf Arbeitsleistung beruhend und damit entsprechend den Grundsätzen des gesetzlichen Rentenversicherungsrechts der Bundesrepublik Deutschland in die Rentenversicherung überführbar gewertet; mit der „Zahlbetragsgarantie” liegt eine (erste) inhaltsbestimmende Regelung vor. § 10 Abs 1 AAÜG ist also auch an der individual-grundrechtlichen Eigentumsgarantie zu messen.
2. In die eigentumsgeschützte Rechtsposition (hier auf den Zahlbetrag in Höhe von 3.364,00 DM) hat der Gesetzgeber durch § 10 Abs 1 Satz 2 AAÜG eingegriffen, indem er den Zahlbetrag auf 2.700,00 DM begrenzt hat. Damit wurde dem Kläger die Verfügungsbefugnis über den vollen Betrag langfristig entzogen.
Unabhängig davon, daß die SGB VI-Rente des Klägers im Hinblick auf die praktisch nicht erreichbare Höchstrente nach dem SGB VI (s oben: I.2) und auch nach der endgültigen Berechnung bis heute noch nicht den ursprünglichen Zahlbetrag von 3.364,00 DM erreicht hat, wäre sogar ein zeitlich befristeter Entzug dieser monatlichen, der Sicherung seiner Existenz dienenden Leistung – selbst wenn entgegen der heutigen Gesetzeslage irgendwann einmal eine Nachzahlung für den gesamten Zeitraum erfolgen sollte – als eigenständige Eigentumsbeeinträchtigung und damit als Rechtsentzug und nicht als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums anzusehen, also als Eingriff in das geschützte Rechtsgut; dies ist mit der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Eigentums durch Art 14 Abs 1 Satz 1 GG unvereinbar.
Die verfassungsrechtliche Gewährleistung schützt als Bestandsgarantie die konkrete (Verfügungs-)Befugnis in der Hand des einzelnen Berechtigten (so BVerfGE 78, 58, 75) und damit das Vertrauen des Bürgers auf das Fortbestehen des durch verfassungsmäßige Gesetze ausgeformten Eigentums (BVerfGE 58, 81, 120 f; 76, 220, 244). Dieser Vertrauensschutz hat in der Regelung des EV Nr 9 Buchst b Satz 4 eine besondere Ausprägung erhalten. Damit sollte nicht nur – wie ausgeführt – Vertrauen in das Überführungsprogramm geschaffen werden, sondern insbesondere den Bestandsrentnern Mittel zur Verfügung gestellt werden, die an ihre bisherige Arbeitsleistung anknüpfen und nach Beendigung ihres Berufs- und Arbeitslebens ihnen eine Lebensplanung für die Zukunft ermöglichen. Diesem Vertrauensschutz kommt im Hinblick auf das Lebensalter der Berechtigten ein erhebliches Gewicht zu (vgl hierzu entsprechend BVerfGE 70, 191, 201): Werden die Mittel entzogen oder auch nur über einen längeren Zeitraum hinweg vorenthalten, so wird – wenn zwingende Gründe nicht vorliegen – dieses Vertrauen – sogar auch willkürlich – verletzt; zB können Verpflichtungen, die im Hinblick auf die zu erwartenden Mittel eingegangen worden sind, dann nicht mehr eingehalten werden.
3. Gründe, die den gesetzlichen Eingriff rechtfertigen, sind nicht vorhanden.
Zwar kann grundsätzlich auch in rentenversicherungsrechtliche Rechtspositionen eingegriffen werden; denn bei der Bestimmung des Inhalts und der Schranken dieser rentenrechtlichen Positionen kommt dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsfreiraum zu, insbesondere bei Regelungen, die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten, zu verbessern oder den veränderten wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen (vgl BVerfGE 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4). Voraussetzung ist jedoch, daß Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit den Eingriff rechtfertigen. Der Eingriff muß also dem Gemeinwohl dienen (vgl BVerfGE 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4 sowie BSGE 72, 50, 60 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 12). Ein derartiger Zweck ist nicht erkennbar.
a) Nach den Materialien (BT-Drucks 12/4810 S 21) sollte durch die Kürzung des Zahlbetrages auf 2.700,00 DM eine Modifizierung der „vorläufigen Begrenzung von Zahlbeträgen für ehemals Zusatzversorgte” erfolgen. Bereits der Begriff „vorläufig” ist hier irreführend. Denn dem Berechtigten wird der Anspruch über den gesamten, ihm nach EV Nr 9 Buchst b Satz 4 zustehenden Zahlbetrag zumindest für einen erheblichen Zeitraum (im Falle des Klägers bisher bereits nahezu fünf Jahre) entzogen. Darüber hinaus sind die Materialien insoweit auch widersprüchlich. Einerseits wird dabei zur Begründung auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats vom 27. Januar 1993 (BSGE 72, 50 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 1) verwiesen. Damals hatte der Senat zu § 10 Abs 1 AAÜG aF entschieden, daß der zuständige Versorgungsträger einen Zahlungsanspruch aus gleichartigen Renten der Rentenversicherung und der Zusatzversorgung mit Wirkung zum 1. August 1991 bei Versicherten nur dann auf 2.010,00 DM begrenzen dürfe, wenn der Versorgungsanspruch auf politischer Vergünstigung beruhe, wie etwa bei den Berechtigten, deren Renten nach §§ 6, 14 AAÜG aF gekürzt würden. Wenn diese Rechtsprechung, auf die in den Materialien Bezug genommen wird, konsequent umgesetzt worden wäre, dürften jedenfalls die Zahlbeträge von Angehörigen der Zusatzversorgungssysteme, deren SGB VI-Rente, wie die des Klägers, auf der Grundlage von § 6 Abs 1 AAÜG iVm der Anlage 3 zu berechnen ist, und damit nach denselben Regeln wie bei allen anderen Versicherten, deren Arbeitsentgelt bzw -einkommen bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen ist, – wegen der og Zahlbetragsgarantie – nicht gekürzt werden. Bei dieser Personengruppe wird nämlich gerade nicht vermutet, ihr Versorgungsanspruch beruhe auf politischer Vergünstigung. Dies – so das BSG aaO weiter – ergebe die dreistufige Typik der §§ 6 und 7 AAÜG; differenziert werde dort nach Versorgungsansprüchen, die auf qualitativ herausgehobener Arbeit und Leistung beruhen, solchen, die nur zum Teil Gegenwert für Arbeit und Leistung seien und solchen, die im wesentlichen wegen der Regimenützlichkeit gewährt worden seien. Eine derartige Stufung hat der Gesetzgeber bei der Neufassung von § 10 Abs 1 AAÜG aber gerade nicht vorgesehen. Vielmehr hat er unterschiedslos die über 2.700,00 DM liegenden Zahlbeträge gekürzt.
Auch die weitere Begründung in den Materialien (BT-Drucks 12/4810 S 21) enthält keinen den Eingriff rechtfertigenden Zweck. Denn nicht nachvollziehbar ist der Hinweis, die Zahlbetragsbegrenzung knüpfe an die Versorgungsbezüge eines Angehörigen der Intelligenz an, der über ein Bruttogehalt zwischen 3.000,00 und 3.500,00 M, eine Versorgungszusage zwischen 60 und 80 vH und eine Rente aus der Sozialpflichtversicherung von 340,00 M verfügt habe; dasselbe gilt für die Angabe, die Zahlbetragsbegrenzung sei als Vorgriff auf die nach Überführung der Ansprüche in die gesetzliche Rentenversicherung erreichbare maximale Leistungshöhe gedacht, mit ihr seien auch Gesichtspunkte des Besitz- und Vertrauensschutzes berücksichtigt worden. Die Vertrauensschutzregelung des EV Nr 9 Buchst b Satz 4 wurde nämlich nicht geschaffen, um sicherzustellen, daß die erreichbare SGB VI-Rente möglichst nicht oder nicht erheblich überschritten werde. Sie wurde vielmehr gerade in Kenntnis der Tatsache normiert, daß Bestandsrentner der ehemaligen DDR mit einer Gesamtaltersversorgung auch von mehr als 2.700,00 DM am 1. Juli 1990 diese Leistungshöhe nach Überführung ihrer Ansprüche in die gesetzliche Rentenversicherung in absehbarer Zeit nicht (und zT: nie) würden erreichen können. Die „Zahlbetragsgarantie” in EV Nr 9 Buchst b Satz 4 wurde somit als eine bei der Neuordnung eines Rechtsgebietes angemessene, zumutbare Übergangsregelung im Sinne eines Bestandsschutzes ausgestaltet. Sie wiederum abzuändern, würde die Ausgewogenheit des mit dem GG zu vereinbarenden (s BSGE 72, 50 ff, 67) Überführungsprogramms erheblich beeinträchtigen.
b) Es sind auch keine weiteren Gründe für einen legitimierenden Eingriff erkennbar.
Die bei der Kürzung von Sozialleistungen mitzubedenkenden finanziellen Erwägungen, etwa im Sinne einer Erhaltung und Verbesserung des Rentenversicherungssystems, hatten – nach den Materialien – keine tragende Bedeutung. Es kommt hinzu, daß nach einer Aufstellung der BfA (Schreiben an das BVerfG vom 30. November 1994 – 1 BvL 2/94) von insgesamt 85.195 Versichertenrenten mit Leistungen aus Zusatzversorgungssystemen der Anlage 1 Nrn 1 oder 4 bis 18 des AAÜG lediglich 955 (dh 1,121 %) der Höchstbetragsbegrenzung von 2.700,00 DM unterlagen. Finanzielle Gesichtspunkte konnten demnach für die – weitere – Begrenzung auf nunmehr 2.700,00 DM keine Rolle gespielt haben, da die damit verbundenen Einsparungen im Verhältnis zu dem Gesamtaufwand gering wären. Es wäre im übrigen insoweit im Hinblick auf Art 3 GG nicht nachvollziehbar, weshalb allein die Gruppe der „Besserverdienenden” diese finanziellen Nachteile tragen soll.
§ 10 Abs 1 Satz 2 AAÜG dient ausschließlich der Selbstkorrektur des Gesetzgebers. Gesetz und Materialien läßt sich lediglich der politische Wille des Gesetzgebers entnehmen, einem Teil der Zusatzversorgungsberechtigten den bundesrechtlich gewährleisteten Gesamtanspruch teilweise zu entziehen. Damit ist § 10 Abs 1 Satz 2 AAÜG Ausdruck der Einschätzung des Bundesgesetzgebers, er selbst habe durch die bundesrechtliche Zahlbetragsgarantie ua den Bestandsrentnern aus Zusatzversorgungssystemen mehr zuerkannt, als ihnen nach seiner jetzigen Einschätzung zustehen solle. Die Kappung ist somit Ausdruck des Willens, eine bereits bundesgesetzlich verfestigte eigentumsgeschützte Position zum Teil zurückzunehmen und durch eine davon abweichende Regelung zu ersetzen. Der Eingriffsgehalt des § 10 Abs 1 Satz 2 AAÜG nF erschöpft sich mithin in dem Willen des Bundesgesetzgebers zur politischen „Selbstkorrektur”.
Art 143 Abs 1 GG rechtfertigt dieses Verhalten der gesetzgebenden Gewalt nicht. Denn § 10 Abs 1 Satz 2 AAÜG enthält kein „längstens bis zum 31. Dezember 1992” vom GG abweichendes Recht, sondern gilt dauerhaft für alle erfaßten Zusatzversorgungsansprüche, bis die SGB VI-Rente (ohne den Rentenzuschlag) den Zahlbetrag übersteigt. Auch war durch EV Nr 9 Buchst b Satz 4 „die völlige Anpassung an die grundgesetzliche Ordnung” bereits verwirklicht, weil die sog Zahlbetragsgarantie von Bestimmungen des GG nicht abwich.
Art 135a Abs 2 GG greift bereits deshalb nicht ein, weil diese Bestimmung lediglich für Verbindlichkeiten gilt, die bei Abschluß des EV noch nicht bekannt waren (vgl BT-Drucks 11/7760 S 359). Im übrigen sind keine „Vermögenswerte der DDR” übergegangen, auf denen die Ansprüche beruhen könnten, welche durch die „Zahlbetragsgarantie” geschützt sind; ferner beruht diese „Verbindlichkeit” nicht auf Maßnahmen der DDR oder ihrer Rechtsträger, sondern auf originärem Bundesrecht.
Mithin verstößt § 10 Abs 1 Satz 2 AAÜG zur Überzeugung des Senats gegen Art 14 Abs 1 Satz 1 Regelung 1 und Satz 2 GG. Aus diesem Grunde kann dahinstehen, ob die rückwirkend zum 1. August 1991 in Kraft getretene, im RÜ-ErgG vom 24. Juni 1993 beschlossene Vorschrift (Art 3 Nr 6a und Art 18 Abs 3 RÜ-ErgG wegen ihres Eingriffs in die – in der Vergangenheit durch EV Nr 9 Buchst b Satz 4 am 3. Oktober 1990 begründete eigentumsgeschützte – Zahlbetragsgarantie wegen ihrer Rückbewirkung von Rechtsfolgen auch Art 2 Abs 1 und 20 Abs 1 GG verletzt.
III. Eine verfassungskonforme Auslegung von § 10 Abs 1 Satz 2 AAÜG ist nicht möglich. Es ist kein Weg ersichtlich – ein solcher wird in der Literatur auch nicht aufgezeigt – wie diese Vorschrift verfassungskonform ausgelegt werden könnte. Der erkennende Senat hat in der og Entscheidung (BSGE 72, 50 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 1) zwar im Wege verfasungskonformer teleologischer Reduktion des persönlichen Anwendungsbereichs des § 10 Abs 1 Satz 1 AAÜG aF entschieden, daß die Bestandsrentner aus den nicht „systemnahen” Zusatzversorgungssystemen von der Begrenzung der Zahlbetragsgarantie nicht betroffen sind; der Gesetzgeber hat jedoch nunmehr in § 10 Abs 1 Satz 3 AAÜG ausdrücklich festgeschrieben, daß die Begrenzung auf 2.700,00 DM auch dann vorzunehmen ist, wenn bei der Neuberechnung der Rente den Pflichtbeitragszeiten das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nach § 6 Abs 1 AAÜG zugrunde zu legen ist, somit auch bei denjenigen Zusatzversorgungsberechtigten, deren Einkommen nach der Typisierung des AAÜG nicht auf politischen Vergünstigungen beruht (s oben: II.3a).
Fundstellen