Verfahrensgang
SG Aurich (Entscheidung vom 06.12.2019; Aktenzeichen S 19 AS 115/17) |
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 08.02.2023; Aktenzeichen L 13 AS 27/20) |
Tenor
Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 8. Februar 2023 werden als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG sind als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG), weil die Kläger die mit der Begründung geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und des Verfahrensmangels nicht schlüssig dargelegt oder bezeichnet haben (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Verwerfung der Beschwerden erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Revision ist ua zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG erfordert die Formulierung einer bestimmten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSG vom 16.11.1987 - 5b BJ 118/87 - SozR 1500 § 160a Nr 60, juris RdNr 3). Erforderlich ist, dass das BSG die Rechtsfrage in einem etwaigen Revisionsverfahren mit einer verallgemeinerungsfähigen Aussage beantworten kann (BSG vom 3.5.2023 - B 7 AS 19/23 B - RdNr 4 mwN). Dazu ist regelmäßig erforderlich, dass die Rechtsfrage mit "ja" oder "nein" beantwortet werden kann. Unzulässig ist eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalles abhängt und damit auf die Antwort "kann sein" hinausläuft (stRspr; vgl zB BSG vom 27.5.2020 - B 1 KR 8/19 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 40 RdNr 5; BSG vom 3.5.2023 aaO). Die Rechtsfrage ist so zu formulieren, dass an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG geprüft werden können (Meßling in Krasney/Udsching/Groth/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl 2022, IX. Kap, RdNr 284).
Mit der Beschwerdebegründung machen die Kläger geltend, es sei die Frage zu klären, wie weit entsprechende Darlegungen von Tatsachen erfolgen müssen, die insgesamt streitig sind, deren Annahme jedoch plausibel benannt in jedem Fall vorgelegen hat. Mit dieser Frage formulieren die Kläger schon keine verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage, die mit einer ebenso verallgemeinerungsfähigen Aussage beantwortet werden könnte, welche nicht auf ein "kann sein" hinausliefe. Denn im Ergebnis zielt die Frage - wie die Kläger auch selbst darlegen - auf die Überprüfung der freien richterlichen Beweiswürdigung, die auf einer Würdigung des Gesamtergebnisses des - einzelnen - Verfahrens einschließlich der Beweisaufnahme beruht. Wegen dieses Bezugspunkts kann die formulierte Frage im Übrigen schon dem Grunde nach nicht zur Zulassung der Revision führen. Denn eine - vermeintlich - fehlerhafte Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) kann gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 Variante 2 SGG nicht zum Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde gemacht werden. Es würde der Absicht des Gesetzgebers bei Einführung der Nichtzulassungsbeschwerde zuwiderlaufen, wenn ein derartiger Verstoß gegen die Beweiswürdigung im Rahmen einer Grundsatzrüge geltend gemacht werden könnte, um auf diese Weise eine Nachprüfung des Berufungsurteils hinsichtlich der Beweiswürdigung zu erreichen (BSG vom 15.7.2019 - B 13 R 3/18 B - RdNr 12 mwN).
Die unmittelbar als Verfahrensrüge erhobene Rüge der Beweiswürdigung stützt wegen § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 Variante 2 SGG erst recht keinen schlüssig bezeichneten Zulassungsgrund.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
S. Knickreh |
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Siefert |
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Neumann |
Fundstellen
Dokument-Index HI15912577 |