Verfahrensgang
SG Nürnberg (Entscheidung vom 23.03.2016; Aktenzeichen S 8 AS 1303/14) |
Bayerisches LSG (Urteil vom 07.03.2018; Aktenzeichen L 11 AS 456/16) |
Tenor
Der Klägerin wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 7. März 2018 wird als unzulässig verworfen.
Die am 17. Januar 2020 von der Klägerin persönlich gestellten Anträge werden als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des Bayerischen LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG). Ungeachtet des Umstands, dass der Klägerin wegen der versäumten Frist zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war, ist die Beschwerde unzulässig, weil die Klägerin zur Begründung ihrer Beschwerde den allein geltend gemachten Zulassungsgrund des Verfahrensmangels iS des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht schlüssig bezeichnet hat.
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (Nr 3). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig.
Die Klägerin rügt mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG), weil das LSG zum einen ihren zwei Tage vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung gestellten und mit einem Antrag auf PKH verbundenen Terminverlegungsantrag abgelehnt und zum anderen das Urteil auf neue Feststellungen gestützt habe, die erst in der mündlichen Verhandlung erfolgt seien und zu denen ihr die Gelegenheit zur Stellungnahme habe gegeben werden müssen.
Mit ihrer Beschwerdebegründung hat die Klägerin Verfahrensmängel nicht im für die Zulassung erforderlichen Maß dargelegt.
Für den gerügten Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör aufgrund der Ablehnung des Terminverlegungsantrags fehlt es schon an der Darlegung eines Verfahrensmangels. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet es, den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern. Soll eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden, begründet ein ordnungsgemäß gestellter (§ 227 Abs 1 Satz 1 ZPO) Terminverlegungsantrag mit einem hinreichend substantiiert geltend gemachten Terminverlegungsgrund grundsätzlich eine Pflicht des Gerichts zur Verlegung des Termins, sofern der Beteiligte alles getan hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl BSG vom 7.7.2011 - B 14 AS 35/11 B - RdNr 7 mwN). Für eine Terminverlegung müssen gemäß § 202 Satz 1 SGG iVm § 227 Abs 1 ZPO erhebliche Gründe vorliegen; dazu zählen insbesondere nicht das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist (§ 227 Abs 1 Satz 2 Nr 1 ZPO) oder die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt (§ 227 Abs 1 Satz 2 Nr 2 ZPO).
Der Beschwerdebegründung fehlt es an der Darlegung erheblicher Gründe für die Terminverlegung.
Nach den Darstellungen der Klägerin war ihr der Verhandlungstermin seit dem 13.2.2018 bekannt. Für die Zeit bis zum Tag der mündlichen Verhandlung am 7.3.2018 stand ihr damit genügend Zeit zur Verfügung, sich auf die Verhandlung vorzubereiten. Angesichts der Statthaftigkeit der Berufung nur zu einem der Verfahrensgegenstände - eines erledigten Eingliederungsverwaltungsakts - sowie des zeitlichen Abstands zwischen Zustellung der Ladung und Verhandlungstermin musste dem geltend gemachten Verlegungsgrund, die Ladung sei für eine angemessene Vorbereitung zu spät erfolgt, wegen ungenügender Entschuldigung nicht weiter nachgegangen werden.
Soweit die Klägerin nach den Darstellungen der Beschwerde wegen des zugleich mit dem Terminverlegungsantrag gestellten PKH-Antrags darauf verwiesen hat, dass sich ein noch beizuordnender Rechtsanwalt erst in den Fall einarbeiten müsse, fehlt es an jeder näheren Darlegung dazu, dass ihr PKH zu bewilligen gewesen wäre. Die Ausführungen beschränken sich darauf, mitzuteilen, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH vorgelegen hätten und erkennbarer Beratungsbedarf bestanden habe. Dass nach den Vorgaben des § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO ein Anspruch auf PKH außerdem hinreichende Aussichten auf Erfolg für die beabsichtigte Rechtsverfolgung erfordert und dass diese Voraussetzung vorgelegen hätte, erwähnt die Beschwerdebegründung nicht.
Wegen der außerdem gerügten Gehörsverletzung aufgrund der Verwertung der Erklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 7.3.2018 zum Nichtabschluss von Eingliederungsvereinbarungen oder Nichterlass solcher Vereinbarungen ersetzender Verwaltungsakte sowie zu unverbindlichen Beratungsangeboten durch das Urteil fehlt es in der Beschwerdebegründung jedenfalls an näheren Darlegungen dazu, dass die Entscheidung auf dem Gehörsverstoß beruhen kann. Denn die bloße Behauptung, ein Verfahrensmangel habe Auswirkungen auf das Urteil, ist etwas anderes als die erforderliche substantiierte Darlegung, welches zur Beeinflussung der Entscheidung des LSG geeignete zusätzliche Vorbringen der Klägerin ihr durch das Verhalten des LSG abgeschnitten worden ist (vgl zu diesem Darlegungserfordernis BSG SozR 1500 § 160a Nr 36; BSG vom 24.9.2014 - B 9 SB 11/14 B - RdNr 6). Zwar kann eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Sinne einer Überraschungsentscheidung vorliegen, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrenslauf nicht zu rechnen braucht (vgl nur BSG vom 8.12.2016 - B 2 U 123/16 B - SozR 4-1920 § 52 Nr 17 RdNr 7 mwN). Doch ist die Verletzung des rechtlichen Gehörs im sozialgerichtlichen Verfahren nicht als absoluter Revisionsgrund geregelt (vgl § 202 Satz 1 SGG iVm § 547 ZPO), sodass die Möglichkeit einer Beeinflussung der ergangenen Gerichtsentscheidung durch den Gehörsverstoß gegeben sein muss (BSG vom 3.12.2015 - B 4 AS 169/15 B - RdNr 9). Dies muss mit der Beschwerdebegründung vorgetragen werden. Das gilt hier umso mehr, als der vom Beklagten vorgetragene Geschehensablauf der Klägerin bekannt und von ihr tatsächlich nicht infrage gestellt worden ist.
Andere Verfahrensmängel sind in der Beschwerdebegründung nicht bezeichnet.
Die wegen der Auskünfte zur Akteneinsicht durch die Klägerin selbst gestellten Anträge sind unzulässig, weil die Klägerin im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht postulationsfähig ist (vgl § 73 Abs 4 SGG).
Wegen des sinngemäß gestellten Antrags auf Aufhebung des Beschlusses vom 18.10.2019, mit dem der Senat einen vorangegangenen Beiordnungsbeschluss aufgehoben und eine zur Vertretung bereite Rechtsanwältin beigeordnet hat, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis, nachdem die Klägerin von ihrem Anwaltswahlrecht keinen Gebrauch gemacht hat, ein Auftragsverhältnis mit dem zunächst beigeordneten Rechtsanwalt nicht zustandegekommen ist und die Klägerin ihrer nunmehrigen Prozessbevollmächtigten Vollmacht erteilt hat.
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter. Diese Zuständigkeit der Berufsrichter des Senats für die Verwerfung der Anträge ergibt sich aus § 40 Satz 1, § 33 Abs 1 Satz 2 und § 12 Abs 1 Satz 1 SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13890796 |